Sieben Minuten nach Mitternacht
Roman. Ausgezeichnet mit der Carnegie Medal 2012, der Kate Greenaway Medal 2012 und dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2012, Kategorie Preis der Jugendjury
"Eine Geschichte, bei der kaum ein Auge trocken bleibt. Wunderschön, unvergesslich!"
LESER-WELT.DE
Ein zutiefst bewegender Roman über den Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen.
Es ist sieben...
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Produktinformationen zu „Sieben Minuten nach Mitternacht “
"Eine Geschichte, bei der kaum ein Auge trocken bleibt. Wunderschön, unvergesslich!"
LESER-WELT.DE
Ein zutiefst bewegender Roman über den Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen.
Es ist sieben Minuten nach Mitternacht. Wie jede Nacht erwartet Conor den Alptraum, der ihn quält, seit seine Mutter unheilbar an Krebs erkrankt ist. Doch diese Nacht klopft etwas an sein Fenster und ruft seinen Namen: ein Wesen, das uralt ist und wild und weise - und das wie niemand sonst Conors geheime Ängste kennt. Von da an kommt das Wesen jede Nacht und allmählich begreift Conor, dass es der einzige Freund ist, der ihm in dieser schweren Stunde zur Seite steht.
Klappentext zu „Sieben Minuten nach Mitternacht “
Wir müssen die, die wir lieben, manchmal gehen lassen, um sie im Herzen zu behaltenManchmal fällt es unsäglich schwer, einen geliebten Menschen loszulassen. Manchmal fällt es unsäglich schwer, über das zu reden, was uns am meisten bedrückt. Und manchmal sind wir gerade in unserem tiefsten Leid mutterseelenallein. Es ist sieben Minuten nach Mitternacht. Wie jede Nacht erwartet Conor bange den Alptraum, der ihn quält, seit seine Mutter unheilbar an Krebs erkrankt ist. Doch diese Nacht klopft etwas an sein Fenster und ruft seinen Namen: ein Wesen, das uralt ist und wild und weise - und das wie niemand sonst Conors Seele und seine geheimsten Ängste kennt. Von da an kommt das Wesen Nacht für Nacht, und allmählich begreift Conor, dass es der einzige Freund ist, der ihm in den schwersten Stunden seines Lebens zur Seite steht. Denn Conor wird zerrissen von der einen Frage, die er sich nicht zu denken und nicht auszusprechen wagt. Der Frage, ob er seine Mutter, die er über alles liebt, loslassen darf? Ob er sie nicht gar loslassen muss, um selbst nicht verloren zu sein?
Autoren-Porträt von Patrick Ness
Patrick Ness Patrick Ness wuchs in den Vereinigten Staaten und auf Hawaii auf. Geboren wurde er 1971 auf einem Stützpunkt der US-Army in Virginia - sein Vater war Drill Sergeant. Als Kind erfand er ständig Geschichten, auch wenn er meist zu schüchtern war, sie jemandem zu zeigen.
Patrick Ness wollte nie etwas anderes, als Schriftsteller werden. Nachdem er Englische Literatur an der Universität von Südkalifornien studiert hatte, begann er als Texter für einen Kabelanbieter in Los Angeles zu arbeiten. Seine erste Geschichte publizierte er 1997 im New Yorker Magazin Genre und arbeitete zeitgleich an seinem ersten Roman.
Seit Ende der 90er-Jahre lebt er in London und ist dort als Dozent für kreatives Schreiben und Literaturkritiker für die Tageszeitung The Guardian tätig. Für seine Kinder-und Jugendbücher wurde er mehrfach ausgezeichnet, er gewann unter anderem den renommierten Costa Children‘s Book Award und war auf der Auswahlliste für die Carnegie Medal.
Ness ist überzeugt, dass ein jugendliches Publikum ihm als Autor sowohl Herausforderungen als auch Möglichkeiten bietet: »Es sind Leser, die sich ein Autor wirklich verdienen muss, denn sie merken sofort, wenn man versucht, sie auszutricksen. Aber wenn man Jugendliche mit Respekt behandelt, wird man damit belohnt, dass sie einem folgen, auch wenn man einen unerwarteten Pfad einschlägt oder sie an irgendeinen anderen Ort des Universums führt. Es ist eine Herausforderung, aber auch eine Befreiung.«
Siobhan Dowd
Siobhan (sprich Schyvonne) Dowd wurde 1960 in London geboren. Ihre Eltern stammten aus County Waterford, Irland, wo sie einen großen Teil ihrer Kindheit verbrachte. Nach der Schulzeit in London studierte sie in Oxford und begann als Redakteurin für PEN International und als freischaffende Autorin zu arbeiten.
Zum Schreiben von Büchern kam Siobhan
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Dowd erst relativ spät - mit 46 Jahren - obwohl sie bis dahin bereits zahlreiche Kurzgeschichten, Kolumnen und Artikel verfasst hatte. 2006 erschien ihr Debütroman »Ein reiner Schrei«, der vielfach ausgezeichnet und unter anderem auch für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde. Siobhan Dowd erlebte nur noch die Publikation ihres zweiten Buches: Sie starb 2007 nach schwerer Krankheit im Alter von 47 Jahren an einem Krebsleiden. Zwei weitere Bücher Siobhan Dowds wurden postum veröffentlicht und prämiert. Kurz vor ihrem Tod gründete sie den »Siobhan Dowd Trust« zur Leseförderung von benachteiligten Kindern. Etwas, das ihr immer schon sehr am Herzen lag.
Jim Kay (Illustrator)
Jim Kay lebt als selbstständiger Illustrator in Northamptonshire, England. Nach seinem Universitätsabschluss arbeitete er zwei Jahre im Archiv der Tate Gallery in London. Danach war er für vier Jahre stellvertretender Kurator der Kunstsammlung der Royal Botanic Gardens, Kew. Zurzeit ist er hauptsächlich als Illustrator für Kinderbuchverlagetätig und hat selbst angefangen, Bücher für Kinder zu schreiben.
Jim Kay (Illustrator)
Jim Kay lebt als selbstständiger Illustrator in Northamptonshire, England. Nach seinem Universitätsabschluss arbeitete er zwei Jahre im Archiv der Tate Gallery in London. Danach war er für vier Jahre stellvertretender Kurator der Kunstsammlung der Royal Botanic Gardens, Kew. Zurzeit ist er hauptsächlich als Illustrator für Kinderbuchverlagetätig und hat selbst angefangen, Bücher für Kinder zu schreiben.
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Autoren-Interview mit Patrick Ness
Ihre Art des Erzählens, Ihre Stimme, ist so authentisch und mühelos, dass es beim Lesen fast scheint, als wären die Worte beim Schreiben einfach aus Ihnen herausgeflossen. Als hätte es keiner Vorarbeit, keiner Konstruktion bedurft. Wie müssen wir uns Ihre schriftstellerische Arbeit an diesem Buch wirklich vorstellen? Patrick Ness: Das Nachdenken über die Geschichte gehört zum Schreiben dazu - die Überlegung, welche Ideen sich aus anderen Ideen entwickeln und wohin diese führen können. Außerdem fange ich nie an zu schreiben, bevor ich nicht den letzten Satz kenne. Das muss nicht unbedingt die Klimax sein, aber die Empfindung, die Situation oder das Gefühl, mit dem ich den Leser zurücklassen möchte. Bis dahin habe ich hinsichtlich des Aufbaus der Geschichte schon ein paar Dinge lose im Kopf arrangiert, sodass ich beim Schreiben nicht ganz orientierungslos bin, allerdings lose genug, damit ich unterwegs noch Entdeckungen machen kann. Im Fall von Sieben Minuten sind diese Dinge sehr, sehr schnell aus Siobhans ersten Ideen erwachsen. Daher wusste ich auch, dass es eine wirklich gute und kraftvolle Geschichte war, die nur darauf wartete, erzählt zu werden.
Jeder, der den Roman gelesen hat, war unglaublich tief berührt. Nicht wenige haben dabei Tränen vergossen. Wie ist es Ihnen beim Schreiben ergangen? Das muss für Sie doch eine ständige emotionale Achterbahnfahrt gewesen sein.
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Patrick Ness: Ja, aber wenn Sie selbst beim Schreiben nicht berührt sind, dann wird es auch Ihr Leser nicht sein, davon bin ich fest überzeugt. Genauso ist es mit Komik (wenn Sie nicht lachen, lacht auch kein Leser) oder Action (was Sie langweilt, wird auch den Leser nicht packen). Ich wusste, dass ich meine Leser nicht würde berühren können, ohne mir die traurigen und bewegenden Elemente der Geschichte so genau wie möglich anzusehen. Das kann schwierig sein, aber es ist unabdingbar. Andernfalls wäre die Geschichte nicht wahrhaftig. An den traurigsten Stellen weine ich immer noch, aber ich lächle auch über die witzigen Passagen! Auf diese Weise beweise ich mir selbst, dass das, was ich geschrieben habe, funktioniert. Wenn ich nicht bewegt bin, habe ich etwas falsch gemacht und muss es noch einmal versuchen.
Welche Leser hatten Sie beim Schreiben des Buches vor Augen? Kinder? Jugendliche? Erwachsene?
Patrick Ness: Wenn ich ehrlich bin, schreibe ich nur für eine einzige Person, und das bin ich selbst. Denn wenn mir die Geschichte nicht gefällt, wird sie auch sonst niemandem gefallen; das ist einer meiner Glaubenssätze. Ich hoffe, dass es ein Buch für jeden ist und auf vielen verschiedenen Ebenen gelesen werden kann, sowohl von jungen wie von alten Menschen, aber ich versuche, während des Schreibens nicht darüber nachzudenken, weil ich eben der Meinung bin, dass es zuallererst für den Schriftsteller selbst gedacht sein muss. Auf diese Weise fließt die eigene Freude ins Schreiben ein, und darauf sprechen die Menschen an.
Glauben Sie, dass junge Leser Ihre Erzählung anders aufnehmen werden als Erwachsene? Und wenn ja, inwiefern?
Patrick Ness: Egal, wie alt wir sind, wir sprechen alle auf Geschichten an. Diese Geschichte handelt natürlich von einem jungen Menschen und davon, wie einsam man sich in diesem Alter fühlen kann (und das kann man wirklich), und ich könnte mir vorstellen, dass junge Leser damit - mit Conors Isolation - sehr viel anfangen können. Ältere Leser versetzen sich vielleicht eher in die Lage seiner Mutter, mit der zu leben im Grunde genommen unmöglich ist, aber ich glaube, auch sie können sich noch daran erinnern, wie es war, Conor zu sein.
Egal ob Jugendlicher oder Erwachsener, dieser Roman wird jeden Leser packen. Nun richtet sich das Buch aber vor allem an junge Leser. Warum glauben Sie, ist diese Geschichte gerade für Jugendliche so wichtig?
Patrick Ness: Ich versuche, eine Geschichte so gut und so wahrhaftig zu erzählen, wie ich irgend kann, und wenn ich das mit genügend Sorgfalt und Sensibilität getan habe (was sehr schwierig ist, aber ich bemühe mich), dann werden all die Dinge, die mir wichtig sind - Liebe und Tapferkeit und das Wissen darum, dass man nicht allein ist -, hoffentlich zum Vorschein kommen.
Was würden Sie Eltern antworten, die meinen, die Geschichte sei zu traurig für ihre Kinder?
Patrick Ness: Ich glaube auf keinen Fall, dass die Geschichte zu traurig oder zu dunkel ist, schon gar nicht angesichts der täglichen Schwierigkeiten, über die so viele Kinder praktisch ganz allein nachdenken, ohne sich jemandem mitzuteilen. Ich glaube, junge Leser werden voll und ganz verstehen, dass es eine Geschichte ist, und sich hoffentlich freuen, dass sie als Leser ernst genommen werden. Meiner Meinung nach liegt eine gesunde Art von Traurigkeit darin; der Bogen, den diese Geschichte beschreibt - dass Conor von echter Not zu einer Art tieferem Verstehen gelangt -, ist zwar traurig, aber heilsam.
Sie geben die Gefühle von Conor - die Trauer, die Angst, die Wut - angesichts des Verlusts seiner Mutter mit großer Glaubwürdigkeit wieder. Dürfen wir fragen, ob Sie eine ähnliche Erfahrung gemacht haben?
Patrick Ness: Ich glaube, dass diese Gefühle - nicht nur der Umgang mit Verlust, sondern die Angst vor drohendem Verlust - universal sind. Wir kennen sie alle, denke ich. Es sind die Dinge, die uns nachts den Schlaf rauben, und immer haben sie mit den Menschen zu tun, die wir am meisten lieben. Aber noch einmal - ich muss sie mir so genau wie möglich ansehen und aufschreiben, was ich sehe. Die Versuchung, wegzuschauen oder es sich leichter zu machen, ist stark, aber dann hätte ich das Gefühl gehabt, Conor und Siobhan einen Bärendienst zu erweisen. Denn wenn es gelingt, all die schlimmen Gefühle, die Conor hat - den Kummer, die Wut, die Angst -, ehrlich zu beschreiben, dann wird auch die Liebe, die er empfindet, werden all die guten Gefühle glaubhafter.
Was gab für Sie den entscheidenden Ausschlag, die Arbeit von Siobhan Dowd weiterzuführen?
Patrick Ness: Meine englische Verlegerin, Denise Johnston-Burt, kam mit Siobhans Ideen zu mir und bat mich zu überlegen, ob ich ein Buch daraus machen wolle. Obgleich die Bücher, die wir bis dahin geschrieben hatten, oberflächlich betrachtet sehr verschieden scheinen, glaube ich, dass es Siobhan wie mir um die emotionale Wahrheit einer Geschichte geht, wo immer sie auch spielt. Wir sind beide darauf aus herauszufinden, was unsere Figuren fühlen, und das ist es, denke ich, was mich an jeder Geschichte am allermeisten reizt. Und ich glaube und hoffe, dass ich die mir angetragene Aufgabe aus dem besten aller Gründe angenommen habe: weil Siobhans Ideen spontane Begeisterung und Freude in mir auslösten und einen Sturm weiterer Ideen entfachten. Ich spürte ganz deutlich, dass dies eine Geschichte war, die nur darauf wartete, erzählt zu werden - und das ist für jeden Schriftsteller ein Geschenk.
Dürfen wir Ihnen ein bisschen in die Karten schauen? Wie viel von der Geschichte stammt von Siobhan Dowd und was steckt von Ihnen darin?
Patrick Ness: Siobhan hatte schon die Hauptpersonen, das Vorwort und ein paar erste Prosaskizzen. Außerdem hatte sie sich eine Menge Notizen darüber gemacht, wohin sich der Roman ihrer Meinung nach entwickelte. Zum Beispiel war sie sicher, dass das Monster drei Geschichten erzählen würde, und in einer E-mail schreibt sie, sie habe wunderbare Ideen, was für Geschichten das sein würden. Sie hat sie nur nicht aufgeschrieben! Mein Beitrag bestand darin, diese schon vorhandenen Elemente zu nehmen, sie wachsen zu lassen - genauso wie Siobhan es getan hätte - und einen vollständigen Roman daraus zu machen. Dabei habe ich nie darüber zu spekulieren versucht, was sie wohl geschrieben hätte (denn dann hätte sich die Geschichte nicht organisch entwickeln können), sondern ich habe einfach versucht, eine Geschichte zu schreiben, die ihr genauso gut hätte gefallen können, wie sie mir gefiel. Es war, als würde ich ein wunderbares Zwiegespräch mit ihr führen.
Jim Kay hat das Buch auf hohem künstlerischem Niveau mit kongenialen Illustrationen versehen. Haben Sie bei der Auswahl des Illustrators mitgewirkt, und von wem stammt die Idee, den Auftrag an Jim Kay zu vergeben?
Patrick Ness: Jim war von Anfang an ein sehr starker Mitstreiter; ich hatte einige seiner Zeichnungen gesehen, und sie entsprachen genau dem, was ich vor Augen hatte. Dann zeichnete er das erste Monster, und es war offensichtlich perfekt. Was er da gemacht hat, ist einfach fantastisch. Es ist in großes Privileg, ihn mit im Boot zu haben. Die Illustrationen sind brillant.
Sie schreiben im Vorwort zum Buch, dass Geschichten nicht bei denen aufhören, die sie schreiben, und fordern Ihre Leser zum Unruhestiften auf. Das scheint Ihnen sehr am Herzen zu liegen. Können Sie genauer erklären, was Sie damit meinen?
Patrick Ness: Ich meine damit nur, dass jeder Leser sehr viel Eigenes mitbringt, wenn er ein Buch in die Hand nimmt. Er ist ja selbst kein unbeschriebenes Blatt. Und eine Geschichte ist das Zusammenspiel zwischen ihr und der Persönlichkeit des Lesers. Mehr habe ich damit gar nicht gemeint. Was das Buch für mich bedeutet, weiß ich ja, aber wenn man so will, bin ich nur ein Leser. Ich bin sehr, sehr froh, wenn andere beim Lesen der Geschichte etwas ganz anderes erleben als ich. Das macht ja den Reichtum des Lesens aus.
Interview: Katharina Göring / cbj-Presse
Übersetzung: Bettina Abarbanell
Patrick Ness: Ja, aber wenn Sie selbst beim Schreiben nicht berührt sind, dann wird es auch Ihr Leser nicht sein, davon bin ich fest überzeugt. Genauso ist es mit Komik (wenn Sie nicht lachen, lacht auch kein Leser) oder Action (was Sie langweilt, wird auch den Leser nicht packen). Ich wusste, dass ich meine Leser nicht würde berühren können, ohne mir die traurigen und bewegenden Elemente der Geschichte so genau wie möglich anzusehen. Das kann schwierig sein, aber es ist unabdingbar. Andernfalls wäre die Geschichte nicht wahrhaftig. An den traurigsten Stellen weine ich immer noch, aber ich lächle auch über die witzigen Passagen! Auf diese Weise beweise ich mir selbst, dass das, was ich geschrieben habe, funktioniert. Wenn ich nicht bewegt bin, habe ich etwas falsch gemacht und muss es noch einmal versuchen.
Welche Leser hatten Sie beim Schreiben des Buches vor Augen? Kinder? Jugendliche? Erwachsene?
Patrick Ness: Wenn ich ehrlich bin, schreibe ich nur für eine einzige Person, und das bin ich selbst. Denn wenn mir die Geschichte nicht gefällt, wird sie auch sonst niemandem gefallen; das ist einer meiner Glaubenssätze. Ich hoffe, dass es ein Buch für jeden ist und auf vielen verschiedenen Ebenen gelesen werden kann, sowohl von jungen wie von alten Menschen, aber ich versuche, während des Schreibens nicht darüber nachzudenken, weil ich eben der Meinung bin, dass es zuallererst für den Schriftsteller selbst gedacht sein muss. Auf diese Weise fließt die eigene Freude ins Schreiben ein, und darauf sprechen die Menschen an.
Glauben Sie, dass junge Leser Ihre Erzählung anders aufnehmen werden als Erwachsene? Und wenn ja, inwiefern?
Patrick Ness: Egal, wie alt wir sind, wir sprechen alle auf Geschichten an. Diese Geschichte handelt natürlich von einem jungen Menschen und davon, wie einsam man sich in diesem Alter fühlen kann (und das kann man wirklich), und ich könnte mir vorstellen, dass junge Leser damit - mit Conors Isolation - sehr viel anfangen können. Ältere Leser versetzen sich vielleicht eher in die Lage seiner Mutter, mit der zu leben im Grunde genommen unmöglich ist, aber ich glaube, auch sie können sich noch daran erinnern, wie es war, Conor zu sein.
Egal ob Jugendlicher oder Erwachsener, dieser Roman wird jeden Leser packen. Nun richtet sich das Buch aber vor allem an junge Leser. Warum glauben Sie, ist diese Geschichte gerade für Jugendliche so wichtig?
Patrick Ness: Ich versuche, eine Geschichte so gut und so wahrhaftig zu erzählen, wie ich irgend kann, und wenn ich das mit genügend Sorgfalt und Sensibilität getan habe (was sehr schwierig ist, aber ich bemühe mich), dann werden all die Dinge, die mir wichtig sind - Liebe und Tapferkeit und das Wissen darum, dass man nicht allein ist -, hoffentlich zum Vorschein kommen.
Was würden Sie Eltern antworten, die meinen, die Geschichte sei zu traurig für ihre Kinder?
Patrick Ness: Ich glaube auf keinen Fall, dass die Geschichte zu traurig oder zu dunkel ist, schon gar nicht angesichts der täglichen Schwierigkeiten, über die so viele Kinder praktisch ganz allein nachdenken, ohne sich jemandem mitzuteilen. Ich glaube, junge Leser werden voll und ganz verstehen, dass es eine Geschichte ist, und sich hoffentlich freuen, dass sie als Leser ernst genommen werden. Meiner Meinung nach liegt eine gesunde Art von Traurigkeit darin; der Bogen, den diese Geschichte beschreibt - dass Conor von echter Not zu einer Art tieferem Verstehen gelangt -, ist zwar traurig, aber heilsam.
Sie geben die Gefühle von Conor - die Trauer, die Angst, die Wut - angesichts des Verlusts seiner Mutter mit großer Glaubwürdigkeit wieder. Dürfen wir fragen, ob Sie eine ähnliche Erfahrung gemacht haben?
Patrick Ness: Ich glaube, dass diese Gefühle - nicht nur der Umgang mit Verlust, sondern die Angst vor drohendem Verlust - universal sind. Wir kennen sie alle, denke ich. Es sind die Dinge, die uns nachts den Schlaf rauben, und immer haben sie mit den Menschen zu tun, die wir am meisten lieben. Aber noch einmal - ich muss sie mir so genau wie möglich ansehen und aufschreiben, was ich sehe. Die Versuchung, wegzuschauen oder es sich leichter zu machen, ist stark, aber dann hätte ich das Gefühl gehabt, Conor und Siobhan einen Bärendienst zu erweisen. Denn wenn es gelingt, all die schlimmen Gefühle, die Conor hat - den Kummer, die Wut, die Angst -, ehrlich zu beschreiben, dann wird auch die Liebe, die er empfindet, werden all die guten Gefühle glaubhafter.
Was gab für Sie den entscheidenden Ausschlag, die Arbeit von Siobhan Dowd weiterzuführen?
Patrick Ness: Meine englische Verlegerin, Denise Johnston-Burt, kam mit Siobhans Ideen zu mir und bat mich zu überlegen, ob ich ein Buch daraus machen wolle. Obgleich die Bücher, die wir bis dahin geschrieben hatten, oberflächlich betrachtet sehr verschieden scheinen, glaube ich, dass es Siobhan wie mir um die emotionale Wahrheit einer Geschichte geht, wo immer sie auch spielt. Wir sind beide darauf aus herauszufinden, was unsere Figuren fühlen, und das ist es, denke ich, was mich an jeder Geschichte am allermeisten reizt. Und ich glaube und hoffe, dass ich die mir angetragene Aufgabe aus dem besten aller Gründe angenommen habe: weil Siobhans Ideen spontane Begeisterung und Freude in mir auslösten und einen Sturm weiterer Ideen entfachten. Ich spürte ganz deutlich, dass dies eine Geschichte war, die nur darauf wartete, erzählt zu werden - und das ist für jeden Schriftsteller ein Geschenk.
Dürfen wir Ihnen ein bisschen in die Karten schauen? Wie viel von der Geschichte stammt von Siobhan Dowd und was steckt von Ihnen darin?
Patrick Ness: Siobhan hatte schon die Hauptpersonen, das Vorwort und ein paar erste Prosaskizzen. Außerdem hatte sie sich eine Menge Notizen darüber gemacht, wohin sich der Roman ihrer Meinung nach entwickelte. Zum Beispiel war sie sicher, dass das Monster drei Geschichten erzählen würde, und in einer E-mail schreibt sie, sie habe wunderbare Ideen, was für Geschichten das sein würden. Sie hat sie nur nicht aufgeschrieben! Mein Beitrag bestand darin, diese schon vorhandenen Elemente zu nehmen, sie wachsen zu lassen - genauso wie Siobhan es getan hätte - und einen vollständigen Roman daraus zu machen. Dabei habe ich nie darüber zu spekulieren versucht, was sie wohl geschrieben hätte (denn dann hätte sich die Geschichte nicht organisch entwickeln können), sondern ich habe einfach versucht, eine Geschichte zu schreiben, die ihr genauso gut hätte gefallen können, wie sie mir gefiel. Es war, als würde ich ein wunderbares Zwiegespräch mit ihr führen.
Jim Kay hat das Buch auf hohem künstlerischem Niveau mit kongenialen Illustrationen versehen. Haben Sie bei der Auswahl des Illustrators mitgewirkt, und von wem stammt die Idee, den Auftrag an Jim Kay zu vergeben?
Patrick Ness: Jim war von Anfang an ein sehr starker Mitstreiter; ich hatte einige seiner Zeichnungen gesehen, und sie entsprachen genau dem, was ich vor Augen hatte. Dann zeichnete er das erste Monster, und es war offensichtlich perfekt. Was er da gemacht hat, ist einfach fantastisch. Es ist in großes Privileg, ihn mit im Boot zu haben. Die Illustrationen sind brillant.
Sie schreiben im Vorwort zum Buch, dass Geschichten nicht bei denen aufhören, die sie schreiben, und fordern Ihre Leser zum Unruhestiften auf. Das scheint Ihnen sehr am Herzen zu liegen. Können Sie genauer erklären, was Sie damit meinen?
Patrick Ness: Ich meine damit nur, dass jeder Leser sehr viel Eigenes mitbringt, wenn er ein Buch in die Hand nimmt. Er ist ja selbst kein unbeschriebenes Blatt. Und eine Geschichte ist das Zusammenspiel zwischen ihr und der Persönlichkeit des Lesers. Mehr habe ich damit gar nicht gemeint. Was das Buch für mich bedeutet, weiß ich ja, aber wenn man so will, bin ich nur ein Leser. Ich bin sehr, sehr froh, wenn andere beim Lesen der Geschichte etwas ganz anderes erleben als ich. Das macht ja den Reichtum des Lesens aus.
Interview: Katharina Göring / cbj-Presse
Übersetzung: Bettina Abarbanell
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Bibliographische Angaben
- Autor: Patrick Ness
- 2011, 213 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 17 x 21,3 cm, Gebunden, Deutsch
- Mitarbeit: Dowd, Siobhan; Übersetzung: Abarbanell, Bettina; Illustration: Kay, Jim
- Übersetzer: Bettina Abarbanell
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10:
- ISBN-13: 2000000120607
Rezension zu „Sieben Minuten nach Mitternacht “
Dieses Buch ist der Geschichte des kleinen Maulwurfs Grabowski so ähnlich wie ein großer Bruder. Conor ist eigentlich ein tapferer Junge, aber das, was das Leben von ihm fordert, ist eindeutig zu schwer für ihn zu ertragen. Sein Vater hat ihn schon lange verlassen, um im weit entfernten Amerika ein neues Leben zu führen, mit neuer Frau und neuem Kind. Und nun muss Conor sich damit auseinandersetzen, dass seine Mutter sterben wird. Es gibt zwar noch eine Großmutter, die Mutter seiner Mutter, aber die ist mit ihrem Schmerz um die Tochter selber so verzweifelt, dass sie für ihren Enkel weder Wahrnehmungsbereitschaft noch Mitgefühl aufzubringen bereit scheint. Jeder ist allein mit seiner Trauer auf dem unendlich schweren Weg des Abschiednehmens vom liebsten, wichtigsten Menschen der Welt, auch ein kleiner Junge - das ist das Thema dieses großartigen Buches, und die Erinnerung an das Entsetzen in Grabowskis Gestik, wenn sein zuhause zusammenbricht. Großartig ist es deshalb, weil es Kindern und Jugendlichen, die nicht betroffen sind, davon erzählt, wie entsetzlich dieser Prozess für denjenigen ist, der ihn erleben muss. Denn Kinder können grausam sein, Empathie müssen sie lernen, und dieses Buch ist ein hervorragender Lehrer, der sie nicht in Oberflächlichkeit entlässt, sondern sie mit ihren eigenen Ängsten konfrontiert. Conors Schicksal kann jeden treffen; viele Kinder verlieren ihre Eltern viel zu jung, auch wenn diese nicht sterben müssen: Trennungen aus lebenswichtigen Beziehungen sind lebensbedrohlich für alle unfreiwillig Beteiligten, vor allem für Kinder. Aber Märchen waren schon immer die beste Medizin. Dieses Märchen verharmlost nichts. Es stürzt auch die Leser in den Albtraum der vollkommenen Einsamkeit und der Ausgeliefertheit an die wilden Elemente der Natur in ihnen, z.B. durch das Bild eines Baumungeheuers, das Conor in den Nächten
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überfällt. Erst ganz langsam entwickeln sich Sprache, Verständigung und Verstehen in dieser Panik, die den Jungen nächtens heimsucht. Am Ende, dann, wenn Conor es endlich schafft, seine Mutter loszulassen, wird das Monster für ihn ein Freund geworden sein. Ein Freund, weil es so schrecklich bedrohlich wurde, dass der Abschied von der Mutter als Chance zur Befreiung aus der Tiefe des Todes wurde. Dieses Buch sollten junge Leser nicht alleine lesen müssen. Wenn sie beim Lesen fühlen können, worum es da geht, dann sollte ein erwachsener Gesprächspartner für sie da sein. Kinder müssen das Leben lernen, zum Leben gehört der Tod, und die Begegnung mit dem Tod ist niemals einfach und schon gar nicht witzig, wie manche Bücher Kinder glauben machen wollen. Im Gegenteil: Je lächerlicher man versucht, ihnen dieses Thema aufzubereiten, umso heftiger trifft sie die erste echte Konfrontation damit. Conor muss den Tod seiner Mutter ganz allein bewältigen, aber er gewinnt ein ganzes Leben dazu, eben weil niemand sein Entsetzen, seine Verzweiflung, seine Trauer stört. Gabriele Hoffmann (Leanders Leseladen, Heidelberg)
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