Tod auf leisen Pfoten
Dixie Hemingway war Polizistin aus Leidenschaft. Doch nach einem Schicksalsschlag hat sie ihren Job an den Nagel gehängt. Heute ist sie mit ihrem beschaulichen Leben als Katzen-Betreuerin im sonnigen Florida vollkommen zufrieden. Hier wähnt sie...
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Dixie Hemingway war Polizistin aus Leidenschaft. Doch nach einem Schicksalsschlag hat sie ihren Job an den Nagel gehängt. Heute ist sie mit ihrem beschaulichen Leben als Katzen-Betreuerin im sonnigen Florida vollkommen zufrieden. Hier wähnt sie sich weit weg von Mord und Totschlag. Doch eines Tages findet sie eine Leiche. Und sofort ist ihr kriminalistischer Spürsinn wieder geweckt - und der ihrer Samtpfoten ebenfalls!
Tod auf leisen Pfoten von Blaize Clement
LESEPROBE
1. Kapitel
Es war Donnerstagnachmittag gegen 15.30 Uhr, als ich bei Marilee Doerring klingelte, ummir einen neuen Schlüssel abzuholen. Ich habe von all meinen Klienten einenHausschlüssel und trage sie an einem großen runden Schlüsselring mit mir herumwie eine französische Concierge. Ein Einbrecher, der bei mir eindringen würde,hätte es bestimmt nicht auf meine Patsy-Cline-CDsabgesehen, sondern auf meinen Schlüsselring.
Ich heiße Dixie Hemingway, weder verwandt nochverschwägert mit Sie wissen schon. Ich bin Tiersitterin. Ich lebe, genau wie alle meine Klienten, aufSiesta Key in Sarasota, Florida. Vor drei Jahren,bevor sich die ganze Welt um mich herum in einen Trümmerhaufen verwandelt hat,war ich Deputy im Sheriff'sDepartment des Sarasota County.Jetzt kümmere ich mich um Haustiere. Wenn ihre Besitzer verreist sind, kommeich zu ihnen nach Hause, füttere sie, kämme sie, spiele mit ihnen. Sie stellenmir keine Fragen und haben keine allzu hohen Erwartungen an mich, und ich mussnicht mehr Kontakt zu Menschen aufnehmen, als ich möchte. Zumindest imNormalfall. An diesem Nachmittag jedoch sollte ich es mit sehr viel mehrMenschen zu tun bekommen, als mir lieb gewesen wäre.
Siesta Key ist eine gut zwölf Kilometer lange, der Küste vorgelagerte Insel, die über zwei Brücken mit dem Festlandverbunden ist. Das westliche Ufer grenzt an den Golf von Mexiko, das östlichean die Sarasota Bay sowie an den IntracoastalWaterway, die fünftausend Kilometer lange Binnenwasserstraßeentlang der US-amerikanischen Ostküste. Auf der Insel selbst gibt es einachtzig Kilometer langes Kanal netz, sodass wir hier mindestens ebenso vieleBoote und Anleger wie Seevögel haben, und das will etwas heißen. Hier gibt esalles, was man sich nur denken kann: Seeschwalben, Bachstelzen, Möwen,Silberreiher, Graureiher, Kraniche, Löffelreiher, Störche, Ibisseund Pelikane, die sich allesamt vergnügt auf unseren Stränden und in unserenGärten mit ihren Lieblingsleckereien versorgen, während im warmen Wasser vorder Küste Delfine und Seekühe spielen.
Einschließlich aller Teilzeitbewohner wird Siesta Key von ungefähr 24 000sonnengebräunten Menschen bewohnt. Mit Ausnahme der »Saison«, wenn wir vonWinterflüchtlingen aus dem Norden überfallen und mit deren Geld überschwemmtwerden, und der Collegeferien im Frühjahr, wennirgendwelche Studenten sich betrinken und in die Hibiskusbüsche pinkeln, gehtes auf Siesta Key ruhig und beschaulich zu. Aus der Vogelperspektive betrachteterinnert die Form der Insel an einen Alligatorenkopf mit einer extrem langenund dünnen Schnauze. Der Kopf wird von Siesta Villageund Roberts Bay gebildet, der Crescent Beach liegtda, wo die Augen sein müssten. Die Nase ist gerade breit genug für eineeinzige Straße - die Midnight Pass Road, die zubeiden Seiten von Privatwegen und Touristenunterkünften und einemgelegentlichen unbebauten Wäldchen gesäumt wird.
Marilees Katze war ein silberblauerAbessinierkater namens Ghost. Grässlicher Name,niedliche Katze. Marilee hatte ihn mir schon etlicheMale zuvor anvertraut, und der einzige Unterschied zu diesen früheren Malenbestand dieses Mal darin, dass sie mich gegen Abend angerufen und mir mitgeteilthatte, dass sie die Türschlösser hatte auswechseln lassen und dass ich mir vorihrer Abreise noch einen neuen Hausschlüssel abholen musste. Sie wohnte auf derzur Bucht gewandten Seite der Midnight Pass Road,ungefähr in der Mitte zwischen Turtle Beach und der südlichen Brücke. Diekurze, kurvige Zufahrt zu ihrem Haus war von üppig blühenden Bäumen gesäumt unddas stuckverzierte, geduckte Haus mit seinen roten Mönchs- und Nonnenziegelnsowie den tiefen Bogen über Türen und Fenstern entsprach genau demmexikanisch-mediterranen Stilmischmasch, den die Floridanerso lieben. Im Vorgarten bildeten Zwerg-Schefflera undPittisporum und Stechpalmen zusammen mit etlichen Inseln aus eng beieinanderstehendenroten Geranien und Paradiesvogelpflanzen verwirrende Muster. Die Haustür hattezweifellos einmal eine Kathedrale in irgendeinem südamerikanischen Landgeziert, und die Klingel gab einen solch kräftigen, tiefen Glockenton von sich,dass sie ebenfalls aus dieser Kathedrale stammen mochte. Ich wartete und hörteaus dem Nachbarhaus leise klassische Klaviermusik herüberdringen.
Vorsichtig machte Marilee die Tür einenSpaltbreit auf und schielte zu mir heraus. Später würde ich mich darüberwundern, aber damals erschien mir das für eine Katzenhalterin nicht weiterungewöhnlich. Ob eine Katze nun auf ihrem einhundert Dollar teuren Katzenkissenein Nickerchen hält oder sich im Fernsehen eine speziell auf ihre Bedürfnisseabgestimmte Sendung anschaut - wenn irgendwo eine Außentür aufgeht, und sei esnur einen Spaltbreit, dann flitzt sie nach draußen, als ginge es darum, einerFolterkammer zu entfliehen.
Marilee war wunderschön. Ihre schwarzglänzenden Haare ergossen sich auf genau jene beiläufig-wuschelige Art undWeise über ihre Schultern, die sich nur mit sehr viel Aufwand erreichen lässt.Sie umrahmten ein ovales Gesicht wie aus einem Kosmetikwerbespot, nur dassihres nicht nachträglich retuschiert worden, sondern tatsächlich so perfektwar: dunkle, violettblaue Augen mit dichten schwarzen Wimpern und ein Mund, derso feucht und erwartungsvoll aussah, dass man bei seinem Anblick automatisch anSex denken musste. Ich roch den Duft eines teuren Parfüms, wie ich es nur ausden kleinen Werbestreifen in Frauenzeitschriften kenne, die ich mir aufsHandgelenk reibe. Sie trug einen kurzen rosafarbenen Frotteebademantel, der mehrgekostet hatte als meine gesamte Garderobe einschließlich des Wintermantels,den ich in einen Haufen Mottenkugeln eingelegt habe, sollte ich irgendwanneinmal das Bedürfnis verspüren, nach Norden zu fahren. Ihre langen, schlankenBeine waren gerade so stark gebräunt, dass es natürlich und gesund aussah,nicht so, als ob sie sich unter irgendeiner Sonnenbank künstlich aufgebrezelt hätte.
Zuerst schien sie verblüfft, mich zu sehen, doch dann sagte sie mit ihrer hauchigen Stimme: »Ach, Sie kommen wegen des Schlüssels!Gerade wollte ich unter die Dusche hüpfen. Kleinen Moment, bitte, ich hole ihn.«
Sie schloss die Tür, und ich stellte mir vor, wie ihre nackten Füße übermexikanische Kacheln huschten. Die Musik im Nachbarhaus verstummte und einenAugenblick später öffnete sich das Garagentor und ein weißer Jeep Cherokee fuhrrückwärts heraus, um dann die Midnight Pass Road anzusteuern.Beim Schwenk auf die Straße erkannte ich, dass der Fahrer ein junger Mann war,noch keine zwanzig Jahre alt. Von selbst wäre ich niemals auf die Ideegekommen, dass Teenager klassische Musik hören. Daran zeigt sich, was für eineBanausin ich bin.
Marilee machte die Haustür wieder auf, einStückchen weiter als zuvor, und streckte ihren Arm heraus. An einem Fingerbaumelte ein rotes Seidenband und daran hing, wie ein goldener Anhänger an einerHalskette, ein nagelneuer Schlüssel.
Ich fühlte mich ein klein wenig wie das Dienstmädchen, hielt ihr die Handhin und sie ließ den Schlüssel hineinfallen. »Vergessen Sie nicht, mir eineTelefonnummer zu hinterlassen, unter der ich Sie erreichen kann«, sagte ich,»und den Tag und die Uhrzeit Ihrer Rückkehr. «
Deutsch von Leo Strohm
© Verlagsgruppe WeltbildGmbH
- Autor: BLAIZE CLEMENT
- 2007, 1, 352 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Kartoniert (TB)
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3898977684
- ISBN-13: 9783898977685
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