Tödliche Gebote
Roman. Deutsche Erstausgabe
Atemberaubend spannend und mörderisch gut: In ihrem zweiten Fall jagt Esme Stuart einen brutalen Internetkiller.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Tödliche Gebote “
Atemberaubend spannend und mörderisch gut: In ihrem zweiten Fall jagt Esme Stuart einen brutalen Internetkiller.
Klappentext zu „Tödliche Gebote “
Die Gebote: Vernichte Leben.
Vernichte alles, was auf dieses Leben hinweist.
Wer verbirgt sich hinter Cain42? Auf seiner Website erklärt der mysteriöse Professor seinen Schülern den perfekten Mord. Die FBI-Profilerin Esme Stuart ist schockiert, als sie die Gebote liest. Erst glaubt sie noch, es handle sich nur um die Ausgeburt eines kranken Hirns. Dann aber wird der Fall schnell persönlich: Cains Musterschüler tötet eine alte Freundin von Esmes Mann. Und er droht, ein entführtes Baby grausam zu ermorden, wenn Polizei und FBI die Ermittlungen nicht sofort einstellen. Doch Esme kann nicht tatenlos zusehen, wie Cain seine Schüler öffentlich zum Amoklauf aufruft
Die Gebote: Vernichte Leben. Vernichte alles, was auf dieses Leben hinweist. - Wer verbirgt sich hinter Cain42? Auf seiner Website erklärt der mysteriöse 'Professor' seinen Schülern den perfekten Mord. Die FBI-Profilerin Esme Stuart ist schockiert, als sie die Gebote liest. Erst glaubt sie noch, es handle sich nur um die Ausgeburt eines kranken Hirns. Dann aber wird der Fall schnell persönlich: Cains Musterschüler tötet eine alte Freundin von Esmes Mann. Und er droht, ein entführtes Baby grausam zu ermorden, wenn Polizei und FBI die Ermittlungen nicht sofort einstellen. Doch Esme kann nicht tatenlos zusehen, wie Cain seine Schüler öffentlich zum Amoklauf aufruft ...
Lese-Probe zu „Tödliche Gebote “
Tödliche Gebote von Joshua CorinPROLOG
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Wir sind eine Nation von Gesetzlosen.
Es liegt an unserer Geschichte. Es liegt in unserem Blut.
Unsere erste Kolonie in Massachusetts wurde als Zufluchtsort für jene tapferen Seelen gegründet, die sich gegen die anglikanische Kirche auflehnten. Diese Männer und Frauen waren die ersten amerikanischen Helden - und samt und sonders Rebellen. Es war unvermeidlich, dass ihre Nachkommen hundertfünfzig Jahre später die Fesseln der britischen Tyrannei abwarfen. Und auch der Bürgerkrieg war im Grunde doch nichts anderes als eine Revolution. Aus der Sicht der Südstaaten zumindest.
Wir gehören nicht zu den Menschen, die sich bereitwillig Autoritäten unterwerfen.
Verwundert es daher, wem unsere Sympathien gehören? Selbstverständlich haben die Chronisten des Wilden Westens den Mörder Billy the Kid seinem Jäger Pat Garrett vorgezogen. Selbstverständlich kennen wir alle die Geschichte der Viehdiebe und Bankräuber Butch Cassidy und Sundance Kid. Aber wie viele von uns kennen die Detektive der Pinkerton -Agentur, die hinter ihnen her waren?
Schaut euch doch nur unsere Literatur an! Betrachtet unsere Theaterstücke! Immer wieder sind wir fasziniert von den Schurken, schlagen wir uns auf die Seite der Gauner und Kriminellen.
Wer ist die populärste amerikanische Comicfigur? Die Verkaufszahlen sprechen eine klare Sprache. Auf keinen Fall dieser pfadfinderbrave "Superman". Ebenso wenig der schuldbeladene Spider Man. Nein, die höchsten Verkaufszahlen im zwanzigsten Jahrhunderts hatte Batman. Selbstverständlich war es der zwielichtige Batman!
Es überrascht wenig, dass unsere gesamte Nation von Serienmördern in den Bann geschlagen wird. Während eine verschwenderische Regierung versucht, unsere Überzeugungen auszulöschen und unsere Leidenschaften abzutöten, sehen wir im Serienmörder einen Menschen von unbändigem Freiheitsdrang - und fühlen uns ihm nahe.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Mord ist abscheulich. In diesem Artikel geht es um den Mythos des Gesetzlosen. Und um eine wissenschaftliche Analyse der Morde, die Henry "Galileo" Booth begangen hat. Falls Sie eine Verteidigung von Booth erwarten, muss ich Sie enttäuschen. Es gibt eine Grenze zwischen der Anziehungskraft und der Billigung des Bösen.
John Dillinger ist viel verlockender, wenn man ihn bloß aus der Ferne betrachtet.
In "Jenseits von Gut und Böse" hat Nietzsche geschrieben: "Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein." Ergreifen Sie meine Hand. Holen Sie tief Luft. Der Abgrund, in den wir jetzt hineinschauen werden, lässt uns direkt in das dunkle Herz Amerikas blicken - und seine Aufrichtigkeit ist das Ergebnis einer Reinigung mit Säure.
Sind Sie bereit?
Dann lassen Sie uns beginnen.'
1. KAPITEL
Timothys erstes Haustier war ein Hamster, der Dwight hieß und gelbes Fell hatte. Dwight lebte in einem gläsernen Käfig mit einem Hamsterrad. Timothys Eltern hatten den Käfig auf einen Klapptisch vor das Fenster des Kinderzimmers gestellt. Timothy war damals sechs Jahre alt, und Dwight war sein Geburtstagsgeschenk. Am nächsten Morgen, nachdem er Dwight zusammen mit seiner Mutter das Frühstück gegeben hatte (ein Salatblatt), blieb Timothy mit dem Tier allein. Mit Dwight in der Hand machte er es sich mitten auf dem pfefferminzgrünen Teppich im Schneidersitz bequem. Neugierig strich er mit dem Finger über die Wirbelsäule des Nagetiers. Die Wirbelknochen erinnerten ihn an einen Pfeifenreiniger. Im Kindergarten hatte er einen Mann und eine Frau aus Pfeifenreinigern geformt. Timothy bog das Rückgrat des Hamsters in alle Richtungen. Dabei trat und strampelte das Tier, sodass Timothy ihn mit der linken Hand festhalten musste, während er mit den Fingerspitzen der Rechten über die harten Ausbuchtungen unter dem gelben Fell strich. Auch diese Hubbel fühlten so biegsam wie ein Pfeifenreiniger an - aber wie biegsam waren sie tatsächlich? Timothy packte Dwights Hinterteil und drehte es. Dwight trat und trat und trat und trat mit seinen Pfötchen. Dann hörte er auf einmal auf zu treten, und Timothy hatte seine Antwort.
Er öffnete das Fenster und warf den leblosen Körper hinaus. Seinen Eltern erzählte er schluchzend, dass Dwight hingefallen sei. Sie trösteten ihn. Sein Vater, ein Reisebürokaufmann, half Timothy, das Tier zu begraben, und danach ging er mit seinem Sohn Eis essen. Drei Wochen später schenkte ihm seine Mutter, eine überzeugte Vegetarierin, ein getigertes Kätzchen. Timothy nannte die Katze Boots. Zu seiner Ehre sei gesagt, dass die Katze Dwight um viele Monate überdauerte - bis Timothy endlich groß genug war, um an die Werkzeugkiste seines Vaters zu gelangen, die auf einem Wandregal in der Garage stand. Timothy wählte den Tischlerhammer, der in doppelter Hinsicht nützlich war, weil er ihn später als Schaufel benutzen konnte, um Boots im Garten der Nachbarn zu vergraben.
Also kauften ihm seine Eltern eine neue Katze.
Und noch eine.
Danach einen Welpen.
Anschließend einen Wellensittich.
Und schließlich zwei Fische in einem Aquarium.
Die Fische vergiftete er mit Abflussreiniger. Damals war er neun Jahre alt. Die Goldfische waren für lange Zeit seine letzten Haustiere.
Bis jetzt.
Dieser Tag war ein sehr besonderer Tag - nicht nur, weil er zum Geburtstag wieder einmal ein neues Haustier bekommen hatte, sondern weil er sich dieses Geschöpf ganz allein besorgt hatte. Niemand wusste etwas davon, was ihm sehr recht war. Haustiere waren schließlich etwas sehr Persönliches. Und dieses hier gehörte ihm ganz allein.
Sie hieß Lynette. Sie hatte gelbes Haar - fast so wie Dwight - und Augen, die so blau waren wie die Adern an Timothys Handgelenken. Seine Adern traten derart deutlich hervor, dass er sich manchmal fragte, ob er wirklich genauso viele Hautschichten wie andere Menschen hatte. Ein kleiner Schnitt mit einer Rasierklinge (vom Rasierapparat seines Vaters) und ein Mikroskop (aus seiner ehemaligen Schule) halfen ihm bei der Rätsellösung.
Lynettes Glieder waren fleischig - wie übrigens ihr ganzer Körper. Wer immer sie vor ihm besessen hatte, hatte sie gut ernährt. Sie zu fangen war eine Kleinigkeit, aber der Transport war eine große Herausforderung gewesen. Timothy hatte sie schließlich in einen strapazierfähigen Seesack gestopft, den er in einem Armyshop gekauft hatte, und sie hinter sich hergeschleift. Niemand hatte ihm Fragen gestellt. Warum auch? Als er sie endlich über die Holztreppe in den nicht ausgebauten Keller hinuntergezogen und in einer Ecke abgelegt hatte, raste sein Herz, und die Sicht verschwamm ihm vor Augen. Deshalb ließ er Lynette zunächst in ihrem Sack liegen, stieg hinauf in die Küche und trank ein großes Glas Eiswasser. Danach fühlte er sich wieder besser.
Anschließend ging er zurück in den Keller und öffnete den Verschluss. Lynette war immer noch bewusstlos. Ihre nackte Brust, genauso unförmig wie der Rest von ihr, hob und senkte sich langsam. Timothy vergewisserte sich, dass der Elektroschocker keine Verbrennungen am Nacken hinterlassen hatte. Bei dieser Gelegenheit entdeckte er das centgroße Muttermal an der Krümmung von Lynettes linkem Schlüsselbein. Vorsichtig berührte er das schwammige Gewebe. Hmm. Vielleicht würde er mit ihr zum Arzt gehen müssen. Das Muttermal konnte Krebs sein. Das musste er sich für später merken. Er schnallte die Ledermanschette um ihren fetten Hals und zerrte den Seesack unter ihrem Körper hervor. Mit dem Sack unter dem Arm stieg er die Holzstufen hinauf. Auf halber Höhe hörte er ein Geräusch aus Lynettes Richtung.
Stöhnte sie, weil sie zu sich gekommen war? Er war sich nicht sicher. Reglos blieb Timothy auf der Treppe stehen und betrachtete sie aufmerksam. Sie war knapp fünf Meter von ihm entfernt und ... ja, sie wachte tatsächlich auf. Gut. Sehr gut. Behutsam legte er den Seesack auf eine der oberen Treppenstufen, ohne den Blick von ihrem Körper zu wenden. Sie bewegte die Arme. Streckte die Beine aus. Öffnete die Augen. Diese Augen, die so blau waren wie die Adern an seinem Handgelenk. Und jetzt gehörten sie ihm. Es war Zeit, sich vorzustellen.
"Hallo", sagte er. Seine Stimme zitterte eine wenig. War er nervös? Natürlich war er das. Lynette war das erste Haustier, das er wirklich besaß. "Ich bin Timothy. Ich habe heute Geburtstag. Willkommen in deinem neuen Zuhause."
Ihre blauen Augen wurden groß. Sie sah ihn vor sich stehen. Mit den Lippen formte sie unhörbare Worte, und ihre Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. Ihr Blick wanderte von Timothy zu den nackten Zementwänden um sie herum, zu der vier Meter langen schweren Kette, die am einen Ende an ihrem Hals und am anderen an einem wuchtigen Holzbalken drei Meter über ihr befestigt war, und schließlich zu ihren nackten Schenkeln und Brüsten und zu ihren Armen, die in schönen Händen mündeten, aber nun abrupt ...
Na ja, er hatte ihr die Hände abgehackt.
Gott, wie sie schrie. Und schrie und schrie und schrie.
"Armes Ding", murmelte Timothy. "Du musst erst noch stubenrein werden."
Verzweifelt zerrte sie an ihrer Kette. Schon wieder versuchte sie sich zu befreien. Natürlich erfolglos. Sie bleckte die Zähne. Sie schrie so etwas wie "Was tust du mit mir?", aber Timothy beachtete sie nicht. Er hatte inzwischen den obersten Treppenabsatz erreicht und schlug die Kellertür hinter sich zu.
Zeit fürs Mittagessen.
Der beste Weg, ein Tier zu zähmen, war Futter. Hatten seine Eltern ihn nicht auf die gleiche Weise zu zähmen versucht? Timothy leerte den Seesack und warf ihn achtlos beiseite. Der Inhalt bestand größtenteils aus Kleidungsstücken, die Lynette gehörten. Später würde er sie vielleicht noch gebrauchen können; im Moment freilich waren sie nutzlos. Deshalb faltete er sie sorgfältig zusammen, wie man es ihm beigebracht hatte, und stapelte sie auf dem Seesack. Er hatte noch nie einen Büstenhalter zusammengelegt. Das war gar nicht so einfach. Schließlich stülpte er die Körbchen einfach übereinander. So machte man es wohl. Dann ging er in die Küche, wo er die restlichen Sachen aus dem Seesack holte und auf die Küchentheke legte.
Es war nicht sein Haus; deshalb musste er erst nach einer Pfanne und anderen Kochutensilien suchen. Nachdem er gefunden hatte, was er brauchte, stellte er die Pfanne auf den Gasherd. Kurz bevor er das Feuerzeug an den Brenner hielt, fiel ihm ein, dass er einen wichtigen Schritt ausgelassen hatte. Seine Mutter wäre sehr böse mit ihm gewesen. Ehe er das Fleisch briet, musste er zunächst den Knochen entfernen.
Dafür brauchte er eine Weile - nicht weil er damit keine Erfahrung gehabt hätte, sondern weil es so viele kleine Knochen gab, die er herausschneiden musste. Allmählich füllte sich der Abfalleimer unter der Spüle mit dünnen Knochen und Sehnen, während die ganze Zeit Lynettes gedämpfte Schreie von unten heraufdrangen. Ein schuhkartongroßer Fernsehapparat war unter einem der Hängeschränke befestigt. Timothy schaltete ihn ein. Lynettes Stimme, die schon heiser geworden war, wurde übertönt von der Wiederholung einer Folge von "Die Aufrechten". Zu Beginn der Gerichtssitzung zischten das Maisöl und die Sojasoße in der Bratpfanne. Als das schockierende Urteil verkündet wurde, hatte Timothy das Fleisch braun gebraten.
In der Küche roch es nach Sommer.
Aufgeregt drehte Timothy das Gas ab. Mit der Gabel arrangierte er mehrere Scheiben auf einen grünen Teller, streute ein paar Kräuter darüber, die er in dem Schrank über dem Fernseher gefunden hatte, und trug das Essen und Besteck zur Kellertür. Lynette musste hungrig sein, und das gebratene Fleisch duftete so köstlich, dass selbst ein Veganer nicht hätte widerstehen können. Nicht dass Lynette eine Veganerin gewesen wäre - danach sah sie nun wirklich nicht aus. Timothy öffnete die Kellertür und begann in ihr neues Zuhause hinunterzusteigen.
Sie lag zusammengekrümmt auf dem Boden in der Ecke. Ihr langes blondes Haar war schweißnass und klebte an ihrem Gesicht. Durch die feuchten Strähnen musterte sie ihn mit ihren blauen Augen. Er erkannte den Hass in ihrem Blick. Das würde sich ändern.
"Ich habe dir dein Mittagessen gebracht", erklärte er. "Riecht es nicht köstlich?"
"Lass ... mich ... gehen", krächzte sie mit rauer Stimme. Das Schreien hatte seinen Tribut von ihren Stimmbändern gefordert. Timothy bedauerte, dass er ihr kein Glas Wasser zum Essen mitgebracht hatte. Wie gedankenlos! Aber jetzt war keine Zeit, sich deswegen Vorwürfe zu machen. Das verschob er auf später.
"Hast du keinen Appetit auf ein leckeres Steak, Lynette? Ich habe es extra für dich gebraten."
"Woher ... kennst du meinen ... Namen?"
"Warum sollte ich ihn nicht kennen? Du gehörst mir schließlich." Er lächelte sie an. "Außerdem habe ich in deinem Portemonnaie nachgesehen."
Sie warf einen kurzen Blick auf das Fleisch. Dann schaute sie zu ihm zurück. "Warum ... tust du das?"
...
Übersetzung: Rainer Nolden
© MIRA Taschenbuch
Wir sind eine Nation von Gesetzlosen.
Es liegt an unserer Geschichte. Es liegt in unserem Blut.
Unsere erste Kolonie in Massachusetts wurde als Zufluchtsort für jene tapferen Seelen gegründet, die sich gegen die anglikanische Kirche auflehnten. Diese Männer und Frauen waren die ersten amerikanischen Helden - und samt und sonders Rebellen. Es war unvermeidlich, dass ihre Nachkommen hundertfünfzig Jahre später die Fesseln der britischen Tyrannei abwarfen. Und auch der Bürgerkrieg war im Grunde doch nichts anderes als eine Revolution. Aus der Sicht der Südstaaten zumindest.
Wir gehören nicht zu den Menschen, die sich bereitwillig Autoritäten unterwerfen.
Verwundert es daher, wem unsere Sympathien gehören? Selbstverständlich haben die Chronisten des Wilden Westens den Mörder Billy the Kid seinem Jäger Pat Garrett vorgezogen. Selbstverständlich kennen wir alle die Geschichte der Viehdiebe und Bankräuber Butch Cassidy und Sundance Kid. Aber wie viele von uns kennen die Detektive der Pinkerton -Agentur, die hinter ihnen her waren?
Schaut euch doch nur unsere Literatur an! Betrachtet unsere Theaterstücke! Immer wieder sind wir fasziniert von den Schurken, schlagen wir uns auf die Seite der Gauner und Kriminellen.
Wer ist die populärste amerikanische Comicfigur? Die Verkaufszahlen sprechen eine klare Sprache. Auf keinen Fall dieser pfadfinderbrave "Superman". Ebenso wenig der schuldbeladene Spider Man. Nein, die höchsten Verkaufszahlen im zwanzigsten Jahrhunderts hatte Batman. Selbstverständlich war es der zwielichtige Batman!
Es überrascht wenig, dass unsere gesamte Nation von Serienmördern in den Bann geschlagen wird. Während eine verschwenderische Regierung versucht, unsere Überzeugungen auszulöschen und unsere Leidenschaften abzutöten, sehen wir im Serienmörder einen Menschen von unbändigem Freiheitsdrang - und fühlen uns ihm nahe.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Mord ist abscheulich. In diesem Artikel geht es um den Mythos des Gesetzlosen. Und um eine wissenschaftliche Analyse der Morde, die Henry "Galileo" Booth begangen hat. Falls Sie eine Verteidigung von Booth erwarten, muss ich Sie enttäuschen. Es gibt eine Grenze zwischen der Anziehungskraft und der Billigung des Bösen.
John Dillinger ist viel verlockender, wenn man ihn bloß aus der Ferne betrachtet.
In "Jenseits von Gut und Böse" hat Nietzsche geschrieben: "Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein." Ergreifen Sie meine Hand. Holen Sie tief Luft. Der Abgrund, in den wir jetzt hineinschauen werden, lässt uns direkt in das dunkle Herz Amerikas blicken - und seine Aufrichtigkeit ist das Ergebnis einer Reinigung mit Säure.
Sind Sie bereit?
Dann lassen Sie uns beginnen.'
1. KAPITEL
Timothys erstes Haustier war ein Hamster, der Dwight hieß und gelbes Fell hatte. Dwight lebte in einem gläsernen Käfig mit einem Hamsterrad. Timothys Eltern hatten den Käfig auf einen Klapptisch vor das Fenster des Kinderzimmers gestellt. Timothy war damals sechs Jahre alt, und Dwight war sein Geburtstagsgeschenk. Am nächsten Morgen, nachdem er Dwight zusammen mit seiner Mutter das Frühstück gegeben hatte (ein Salatblatt), blieb Timothy mit dem Tier allein. Mit Dwight in der Hand machte er es sich mitten auf dem pfefferminzgrünen Teppich im Schneidersitz bequem. Neugierig strich er mit dem Finger über die Wirbelsäule des Nagetiers. Die Wirbelknochen erinnerten ihn an einen Pfeifenreiniger. Im Kindergarten hatte er einen Mann und eine Frau aus Pfeifenreinigern geformt. Timothy bog das Rückgrat des Hamsters in alle Richtungen. Dabei trat und strampelte das Tier, sodass Timothy ihn mit der linken Hand festhalten musste, während er mit den Fingerspitzen der Rechten über die harten Ausbuchtungen unter dem gelben Fell strich. Auch diese Hubbel fühlten so biegsam wie ein Pfeifenreiniger an - aber wie biegsam waren sie tatsächlich? Timothy packte Dwights Hinterteil und drehte es. Dwight trat und trat und trat und trat mit seinen Pfötchen. Dann hörte er auf einmal auf zu treten, und Timothy hatte seine Antwort.
Er öffnete das Fenster und warf den leblosen Körper hinaus. Seinen Eltern erzählte er schluchzend, dass Dwight hingefallen sei. Sie trösteten ihn. Sein Vater, ein Reisebürokaufmann, half Timothy, das Tier zu begraben, und danach ging er mit seinem Sohn Eis essen. Drei Wochen später schenkte ihm seine Mutter, eine überzeugte Vegetarierin, ein getigertes Kätzchen. Timothy nannte die Katze Boots. Zu seiner Ehre sei gesagt, dass die Katze Dwight um viele Monate überdauerte - bis Timothy endlich groß genug war, um an die Werkzeugkiste seines Vaters zu gelangen, die auf einem Wandregal in der Garage stand. Timothy wählte den Tischlerhammer, der in doppelter Hinsicht nützlich war, weil er ihn später als Schaufel benutzen konnte, um Boots im Garten der Nachbarn zu vergraben.
Also kauften ihm seine Eltern eine neue Katze.
Und noch eine.
Danach einen Welpen.
Anschließend einen Wellensittich.
Und schließlich zwei Fische in einem Aquarium.
Die Fische vergiftete er mit Abflussreiniger. Damals war er neun Jahre alt. Die Goldfische waren für lange Zeit seine letzten Haustiere.
Bis jetzt.
Dieser Tag war ein sehr besonderer Tag - nicht nur, weil er zum Geburtstag wieder einmal ein neues Haustier bekommen hatte, sondern weil er sich dieses Geschöpf ganz allein besorgt hatte. Niemand wusste etwas davon, was ihm sehr recht war. Haustiere waren schließlich etwas sehr Persönliches. Und dieses hier gehörte ihm ganz allein.
Sie hieß Lynette. Sie hatte gelbes Haar - fast so wie Dwight - und Augen, die so blau waren wie die Adern an Timothys Handgelenken. Seine Adern traten derart deutlich hervor, dass er sich manchmal fragte, ob er wirklich genauso viele Hautschichten wie andere Menschen hatte. Ein kleiner Schnitt mit einer Rasierklinge (vom Rasierapparat seines Vaters) und ein Mikroskop (aus seiner ehemaligen Schule) halfen ihm bei der Rätsellösung.
Lynettes Glieder waren fleischig - wie übrigens ihr ganzer Körper. Wer immer sie vor ihm besessen hatte, hatte sie gut ernährt. Sie zu fangen war eine Kleinigkeit, aber der Transport war eine große Herausforderung gewesen. Timothy hatte sie schließlich in einen strapazierfähigen Seesack gestopft, den er in einem Armyshop gekauft hatte, und sie hinter sich hergeschleift. Niemand hatte ihm Fragen gestellt. Warum auch? Als er sie endlich über die Holztreppe in den nicht ausgebauten Keller hinuntergezogen und in einer Ecke abgelegt hatte, raste sein Herz, und die Sicht verschwamm ihm vor Augen. Deshalb ließ er Lynette zunächst in ihrem Sack liegen, stieg hinauf in die Küche und trank ein großes Glas Eiswasser. Danach fühlte er sich wieder besser.
Anschließend ging er zurück in den Keller und öffnete den Verschluss. Lynette war immer noch bewusstlos. Ihre nackte Brust, genauso unförmig wie der Rest von ihr, hob und senkte sich langsam. Timothy vergewisserte sich, dass der Elektroschocker keine Verbrennungen am Nacken hinterlassen hatte. Bei dieser Gelegenheit entdeckte er das centgroße Muttermal an der Krümmung von Lynettes linkem Schlüsselbein. Vorsichtig berührte er das schwammige Gewebe. Hmm. Vielleicht würde er mit ihr zum Arzt gehen müssen. Das Muttermal konnte Krebs sein. Das musste er sich für später merken. Er schnallte die Ledermanschette um ihren fetten Hals und zerrte den Seesack unter ihrem Körper hervor. Mit dem Sack unter dem Arm stieg er die Holzstufen hinauf. Auf halber Höhe hörte er ein Geräusch aus Lynettes Richtung.
Stöhnte sie, weil sie zu sich gekommen war? Er war sich nicht sicher. Reglos blieb Timothy auf der Treppe stehen und betrachtete sie aufmerksam. Sie war knapp fünf Meter von ihm entfernt und ... ja, sie wachte tatsächlich auf. Gut. Sehr gut. Behutsam legte er den Seesack auf eine der oberen Treppenstufen, ohne den Blick von ihrem Körper zu wenden. Sie bewegte die Arme. Streckte die Beine aus. Öffnete die Augen. Diese Augen, die so blau waren wie die Adern an seinem Handgelenk. Und jetzt gehörten sie ihm. Es war Zeit, sich vorzustellen.
"Hallo", sagte er. Seine Stimme zitterte eine wenig. War er nervös? Natürlich war er das. Lynette war das erste Haustier, das er wirklich besaß. "Ich bin Timothy. Ich habe heute Geburtstag. Willkommen in deinem neuen Zuhause."
Ihre blauen Augen wurden groß. Sie sah ihn vor sich stehen. Mit den Lippen formte sie unhörbare Worte, und ihre Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. Ihr Blick wanderte von Timothy zu den nackten Zementwänden um sie herum, zu der vier Meter langen schweren Kette, die am einen Ende an ihrem Hals und am anderen an einem wuchtigen Holzbalken drei Meter über ihr befestigt war, und schließlich zu ihren nackten Schenkeln und Brüsten und zu ihren Armen, die in schönen Händen mündeten, aber nun abrupt ...
Na ja, er hatte ihr die Hände abgehackt.
Gott, wie sie schrie. Und schrie und schrie und schrie.
"Armes Ding", murmelte Timothy. "Du musst erst noch stubenrein werden."
Verzweifelt zerrte sie an ihrer Kette. Schon wieder versuchte sie sich zu befreien. Natürlich erfolglos. Sie bleckte die Zähne. Sie schrie so etwas wie "Was tust du mit mir?", aber Timothy beachtete sie nicht. Er hatte inzwischen den obersten Treppenabsatz erreicht und schlug die Kellertür hinter sich zu.
Zeit fürs Mittagessen.
Der beste Weg, ein Tier zu zähmen, war Futter. Hatten seine Eltern ihn nicht auf die gleiche Weise zu zähmen versucht? Timothy leerte den Seesack und warf ihn achtlos beiseite. Der Inhalt bestand größtenteils aus Kleidungsstücken, die Lynette gehörten. Später würde er sie vielleicht noch gebrauchen können; im Moment freilich waren sie nutzlos. Deshalb faltete er sie sorgfältig zusammen, wie man es ihm beigebracht hatte, und stapelte sie auf dem Seesack. Er hatte noch nie einen Büstenhalter zusammengelegt. Das war gar nicht so einfach. Schließlich stülpte er die Körbchen einfach übereinander. So machte man es wohl. Dann ging er in die Küche, wo er die restlichen Sachen aus dem Seesack holte und auf die Küchentheke legte.
Es war nicht sein Haus; deshalb musste er erst nach einer Pfanne und anderen Kochutensilien suchen. Nachdem er gefunden hatte, was er brauchte, stellte er die Pfanne auf den Gasherd. Kurz bevor er das Feuerzeug an den Brenner hielt, fiel ihm ein, dass er einen wichtigen Schritt ausgelassen hatte. Seine Mutter wäre sehr böse mit ihm gewesen. Ehe er das Fleisch briet, musste er zunächst den Knochen entfernen.
Dafür brauchte er eine Weile - nicht weil er damit keine Erfahrung gehabt hätte, sondern weil es so viele kleine Knochen gab, die er herausschneiden musste. Allmählich füllte sich der Abfalleimer unter der Spüle mit dünnen Knochen und Sehnen, während die ganze Zeit Lynettes gedämpfte Schreie von unten heraufdrangen. Ein schuhkartongroßer Fernsehapparat war unter einem der Hängeschränke befestigt. Timothy schaltete ihn ein. Lynettes Stimme, die schon heiser geworden war, wurde übertönt von der Wiederholung einer Folge von "Die Aufrechten". Zu Beginn der Gerichtssitzung zischten das Maisöl und die Sojasoße in der Bratpfanne. Als das schockierende Urteil verkündet wurde, hatte Timothy das Fleisch braun gebraten.
In der Küche roch es nach Sommer.
Aufgeregt drehte Timothy das Gas ab. Mit der Gabel arrangierte er mehrere Scheiben auf einen grünen Teller, streute ein paar Kräuter darüber, die er in dem Schrank über dem Fernseher gefunden hatte, und trug das Essen und Besteck zur Kellertür. Lynette musste hungrig sein, und das gebratene Fleisch duftete so köstlich, dass selbst ein Veganer nicht hätte widerstehen können. Nicht dass Lynette eine Veganerin gewesen wäre - danach sah sie nun wirklich nicht aus. Timothy öffnete die Kellertür und begann in ihr neues Zuhause hinunterzusteigen.
Sie lag zusammengekrümmt auf dem Boden in der Ecke. Ihr langes blondes Haar war schweißnass und klebte an ihrem Gesicht. Durch die feuchten Strähnen musterte sie ihn mit ihren blauen Augen. Er erkannte den Hass in ihrem Blick. Das würde sich ändern.
"Ich habe dir dein Mittagessen gebracht", erklärte er. "Riecht es nicht köstlich?"
"Lass ... mich ... gehen", krächzte sie mit rauer Stimme. Das Schreien hatte seinen Tribut von ihren Stimmbändern gefordert. Timothy bedauerte, dass er ihr kein Glas Wasser zum Essen mitgebracht hatte. Wie gedankenlos! Aber jetzt war keine Zeit, sich deswegen Vorwürfe zu machen. Das verschob er auf später.
"Hast du keinen Appetit auf ein leckeres Steak, Lynette? Ich habe es extra für dich gebraten."
"Woher ... kennst du meinen ... Namen?"
"Warum sollte ich ihn nicht kennen? Du gehörst mir schließlich." Er lächelte sie an. "Außerdem habe ich in deinem Portemonnaie nachgesehen."
Sie warf einen kurzen Blick auf das Fleisch. Dann schaute sie zu ihm zurück. "Warum ... tust du das?"
...
Übersetzung: Rainer Nolden
© MIRA Taschenbuch
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Autoren-Porträt von Joshua Corin
Joshua Corin ist in Warwick, Rhode Island, aufgewachsen und schreibt, seit er einen Stift halten kann. Nach Ausflügen in die Welt der Theaterstücke und Filmdrehbücher hat er sich nun auf Romane verlegt. Nebenbei arbeitet Corin weiter als Englisch- und Schauspiellehrer an einem College in Atlanta, Georgia, wo er gerade zum besten Dozenten des Campus gewählt worden ist.
Bibliographische Angaben
- Autor: Joshua Corin
- 2012, 332 Seiten, Maße: 14,1 x 21,4 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Rainer Nolden
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3862783170
- ISBN-13: 9783862783175
- Erscheinungsdatum: 14.05.2012
Rezension zu „Tödliche Gebote “
"Joshua Corin versteht es, die Leser zu fesseln. Seien Sie gewarnt: Einmal angefangen, können Sie nicht wieder aufhören - und werden vor Angst mit den Zähnen klappern!"- Manic Readers
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