Und ewig grüßt das Moppelich
"Ein Leben jenseits Konfektionsgröße 40 ist möglich."
Warum bloß ist Schlanksein so wichtig? Was passiert, wenn man von der Diätfront desertiert und einfach mal wieder herzhaft zubeißt? Kommt man dann...
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Produktinformationen zu „Und ewig grüßt das Moppelich “
"Ein Leben jenseits Konfektionsgröße 40 ist möglich."
Warum bloß ist Schlanksein so wichtig? Was passiert, wenn man von der Diätfront desertiert und einfach mal wieder herzhaft zubeißt? Kommt man dann an den Fettpranger? Darf man nicht mehr glücklich sein oder stellt man, wie Susanne Fröhlich fest, dass auch Moppel ein gar feines Leben haben können?
Lese-Probe zu „Und ewig grüßt das Moppelich “
Und täglich grüßt das Moppelich von Susanne FröhlichDer Glücksfresser
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Sie sind das verdammte Thema »Idealgewicht« einfach leid? Sie wollen nichts mehr darüber hören, wie man eben mal im Schlaf ohne Mühe abnehmen kann, würden aber dennoch natürlich sehr gerne Ihren Speck über Nacht irgendwie loswerden? (Falls es mal so weit sein sollte, melde ich mich hiermit unverbindlich an ich hätte am nächsten Morgen gerne den Körper von Shakira!)
Sie finden das ganze Thema Diät und Co. überbewertet und langweilig, grämen sich aber insgeheim trotz allem und befinden sich schon deshalb in einem Dauerdilemma? Dann geht es Ihnen ähnlich wie mir. Ich bin komplett genervt, bekomme eine Art unsichtbaren Ganzkörperhautausschlag, wenn ich das Wort »Diät« nur höre, und würde wirklich gerne auch mal über etwas anderes sprechen.
Warum aber schaffe ich das genauso wenig wie viele andere da draußen in der kaloriendominierten Welt? Was ist an diesem Thema eigentlich so weltbewegend? Wie ist es dazu gekommen? Wieso hat Übergewicht ein ebensolches in den Medien? Wieso vergeht kein verdammter Tag mehr, an dem nicht irgendetwas über Zu- und Abnehmen eines »Promis« in den Zeitungen steht? Passiert sonst nichts? Woran liegt das alles? Ist es heutzutage wirklich entscheidend, was man wiegt?
Ist Dünnsein mittlerweile das neue Jungsein? Das neue Reichsein? Definitiv ja. Dünnsein ist die Währung, die aktuell zählt. Unlängst sagte Kate Moss: »Nichts schmeckt so gut wie das Gefühl, dünn zu sein.«
Und: »Man kann nie zu reich oder zu dünn sein«, hatte schon die Herzogin von Windsor gesagt, und nie war zumindest der letzte Satz wahrer als heute. Das Streben nach der Idealfigur eint selbst extrem unterschiedliche Frauen und mittlerweile auch Männer. Der Druck wächst. Ein Zeitalter wie unseres, in dem über Fünfzigjährige der Magersucht verfallen und laut Untersuchung mehr als 70 Prozent der Frauen bereit wären, auf fünf zusätzliche Lebensjahre zu verzichten, um in der Restzeit in Größe 36 zu passen, in einem solchen Zeitalter kann man kaum mehr ungestraft einen Body-Mass-Index jenseits der 25 haben.
Sind wir alle bekloppt? Wer setzt uns eigentlich unter diesen Zwang? Wer sagt eigentlich, dass wir da mitspielen müssen? Kann man einfach aussteigen wie beim Kartenspiel »Ich passe« sagen , ohne sozial geächtet zu werden? Kann man es tatsächlich schaffen, entspannt zu essen und eine Waage zu betreten, ohne Schweißausbrüche zu haben? Endlich mal wieder ein Weißbrot nur als das sehen, was es ist: ein Brot?
Okay ein Brot ohne Körner und mit viel weißem Mehl. Bösem weißen Mehl. Eine Kohlenhydratbombe. Aber letztlich halt doch nur ein Brot. Eines, von dem unsere dünnen französischen Nachbarn nicht genug bekommen können. Warum nur tun wir uns das alles an? Viele von uns sogar immer wieder? Vom Hin und Her und der daraus resultierenden Erkenntnis handelt dieses Buch. Nun werden Sie sich vielleicht fragen: Warum noch ein Buch zu diesem Thema? Ist mit »Moppel-Ich« nicht alles gesagt gewesen? Ich dachte eigentlich ja. Zu meinem großen Erstaunen musste ich feststellen, dass Moppel-Ich als etwas gesehen wurde, was es auf keinen Fall sein sollte: ein Diätbuch.
Ich habe mich mit dem unendlichen Kampf gegen die überflüssigen Pfunde beschäftigt, und wahrgenommen wurde das Ganze als Anleitung zum Abnehmen. Etwas, was nie in meiner Absicht lag. Klar, ich habe damals abgenommen, aber es ging um mehr. Um das ganze Drumherum. Um eine komplette Industrie. Um den Druck. Um den Verzicht, die verdammte Plackerei und den elendigen Kampf. Die skurrilen Begleiterscheinungen. Und natürlich die ganz große Frage nach dem Warum. Und dem »Wofür das alles?« Steht der Aufwand im Verhältnis zum Benefit? Was hat man eigentlich vom Schlanksein? Verspricht Schlanksein eventuell mehr, als es halten kann?
Die Reaktionen, als ich wieder zugenommen hatte (etwas, was ich nie für ausgeschlossen gehalten hatte!), waren vehement. Hämisch, gehässig und so drastisch, dass ich erschrocken bin. Schließlich bin ich weder die Einzige, der das passiert ist, noch die Erste. Den meisten geht es ähnlich. Was führt also zu solchen Reaktionen? Zu übelsten Beschimpfungen und Körperkontrollen mitten auf der Fußgängerzone, als eine Frau mir ungefragt die Jacke aufmachte, um zu gucken, wie es gewichtsmäßig um mich steht?
Wieso schreibt jemand E-Mails mit der Anrede: »Fette Sau!« Was macht Menschen ausgerechnet bei diesem Thema derart aggressiv? Gäbe es nicht jede Menge andere Themen, über die man sich herrlich ereifern könnte? Politik zum Beispiel, mangelnde Hilfsbereitschaft, Kinderarbeit oder Ähnliches. Wie wäre es mit der Tatsache, dass Frauen immer noch etwa 22 Prozent weniger Gehalt für die gleiche Arbeit bekommen als Männer und das in Deutschland?
Ich könnte eine sehr lange Liste mit diversen Aufregern erstellen, komischerweise führt keines dieser Themen je zu solch tollwutartigen Reaktionen. Was ist es, was Menschen beim Thema Dicksein zu Furien werden lässt? Wie kann man sich über Gewichtsschwankungen einer fremden Person derart ereifern? Ist das »Scheitern« etwas, das auch ihnen die Hoffnung raubt? Ist es eine Stellvertretersache? Oder nur pure Schadenfreude, die man in diesem Fall auch hemmungslos ausleben darf? Schließlich gilt für Moppel keinerlei Political Correctness.
Über dicke Menschen darf man sich offen empören. Obwohl sie niemandem etwas tun. Wäre da nicht eine Form von Mitleid oder Verständnis die normalere Reaktion?
Ein »Schade!« statt ein »O Gott, wie ekelhaft!« Oder ein »Kenne ich, gibt Schlimmeres!« Da werden Fotos von Pierce Brosnan und seiner Frau Keely Shaye Smith am Strand gezeigt, und die Zeitung titelt: »James Bond mit seinem Lieblingswal«.
Ist das jetzt witzig, nur weil die bildschöne Keely nicht in Size Zero passt? Anscheinend ist es für Zeitungsmacher unvorstellbar, dass ein Mann wie Pierce Brosnan, im Filmleben umgeben von Top-Figürchen der Bond-Girls, im echten Leben ein bisschen mehr Frau mag? Gilt das jetzt schon als Charity, wenn ein schöner Mann sich mit einer Frau jenseits Kleidergröße 42 abgibt? Und das, obwohl er sicherlich auch andere Möglichkeiten hätte ...
Natürlich weiß ich, dass ich selbst freiwillig mit dem Thema an die Öffentlichkeit gegangen bin. Mit anderen Worten: Wer mit seinem Speck offensiv umgeht, muss mit den Reaktionen leben. Schließlich bin ich die Autorin von »Moppel-Ich«, und es war klar, dass man nach der Veröffentlichung eines solchen Buches unter einer gewissen Beobachtung steht. Ich hatte aber, vielleicht für viele erstaunlich, angenommen, dass Menschen ein Buch auch lesen und die vorhandene Botschaft verstehen. Eine Botschaft, die eben nicht lautete: Nimm sofort ab und ja nie wieder zu. Natürlich war mir bewusst, dass man mit einem solchen Thema einer gewissen medialen Gewichtskontrolle unterliegt.
Dass man aber tatsächlich und wahrhaftig auf eine Waage gezwungen wird, hatte ich schlicht nicht für möglich gehalten. Vor allem nicht im öffentlichrechtlichen Fernsehen. Aber ein Gutes hatte die unselige Wiegeaktion bei »Wetten, dass . .?« (später mehr dazu) immerhin.
Nach der Bild-Schlagzeile am nächsten Tag: »Wiegt Frau Moppel-Ich wirklich 108 Kilo?« kann einen in puncto Gewicht wirklich nichts mehr schrecken. Vor allem weil alle, die mich danach getroffen haben, eher angenehm überrascht waren. 108 Kilo. Eine stattliche Zahl. Übrigens, nur nebenbei bemerkt, ich habe noch nie so viel gewogen, aber nach einer solchen Schlagzeile auf der Titelseite kann man auch im Bikini in den Supermarkt gehen.
Wenn Oliver Pocher Mariah Carey in einer »Wetten, dass . .?«-Sendung als »Presswurst« bezeichnet, ist das laut Thomas Gottschalk frech und unverschämt. Aber macht es automatisch ein Verhalten salonfähig, erwachsene Frauen auf eine Waage zu zerren? Der Moderator der Sendung findet: »Wenn man wie Susanne Fröhlich das Thema Diät als Geschäftsmodell entdeckt hat, ist das auch zumutbar!« So hat er sich wörtlich geäußert. Diät als Geschäftsmodell? Bin ich Miss Weight-Watchers? Vertreibe ich »Du darfst«-Salami? Verticke ich dubiose Pillen im Internet? Verspreche ich etwas, was ich selbst nicht halten kann?
Ich habe ein Buch geschrieben, nicht das Thema Diät als Geschäftsmodell entdeckt. Und es hätte schon gelangt, den Untertitel des Buches zu lesen. Vorne drauf steht, groß und deutlich: »Moppel-Ich. Der Kampf mit den Pfunden«. Nicht etwa »Der Sieg über die Pfunde«. Und auch nicht: »Der ultimative Abnehm-Guide«. Oder: »So nehmen Sie rasant und dauerhaft ab«. Dass ich eindeutig zugenommen hatte, war offensichtlich. Das Wiegen hatte etwas Demonstratives. Ein Strafwiegen.
Man soll, besonders als Frau, sein »Maul eben nicht so voll nehmen!« In jeder Hinsicht. Aber wer einmal vor etwa 13 Millionen Menschen auf einer Waage stand, dem ist so schnell nichts mehr peinlich. So gesehen hat alles am Ende doch noch was Gutes. Wie kann es sein, dass heutzutage Doofheit absolut salonfähig ist, ein Moppel-Dasein aber eigentlich mindestens eine Burka verlangt? Selbstbewusstsein und Dicksein schließen sich in der Öffentlichkeit aus. Wer ein Moppel ist, hat gefälligst demütig zu sein. Kleinlaut und leise, schließlich hat sich der Moppel offensichtlich nicht unter Kontrolle. Ein Moppel hat in der westlichen Welt wenig zu lachen. Und muss sich ständig rechtfertigen. Damit ist bei mir jetzt Schluss. Ich will mich nicht für meinen Körper entschuldigen.
Warum auch: Immerhin ist er meiner. Also kann ich wohl auch entscheiden, wie ich mit ihm umgehe. Das heißt nicht, dass ich in Ekstase gerate, wenn ich mich morgens nackt im Spiegel sehe. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die sich Mantra-artig ständig sagen, wie toll sie sind. Ich bin Realistin und kann erkennen, wenn es Optimierungspotential gibt. Mir ist klar, dass man aus einem meiner Oberschenkel auch gut zwei durchschnittliche machen könnte. Oder drei sehr dünne. Aber soll ich mich deshalb vor die nächste UBahn werfen? Ist es inzwischen strafbar, Mops-Schenkel zu haben? Wenn sie mich nicht stören, was regen sich dann andere darüber auf?
Immerhin ist das Gute an diesen Schenkeln: Es sind meine und nicht Ihre. Und wenn Sie Ihre neben meine halten, dann sehen Ihre garantiert richtig dünn aus! Ist das nicht wunderbar? Braucht es nicht Moppel-Schenkel, damit normale Schenkel was hermachen? Es gibt nun mal keine Norm-Schenkel! Genauso wenig wie Norm-Körper.
Trotzdem streben wir immerzu danach. Und glauben, nur weil wir nicht ganz im »Normbereich« (der wirklich nur noch winzigen Spielraum lässt) sind, müssen wir uns eben auch einiges gefallen lassen. Wenn Sie dazu bereit sind Ihre Entscheidung. Ich spiele nicht mehr mit. Ziehe nicht brav den Kopf ein, wenn über irgendeins meiner Körperteile gewitzelt wird. Ich werde nicht mehr nett sein, wenn andere frech sind. Warum auch?
Schließlich wahre auch ich zumeist die Grenzen der Höflichkeit. Wenn demnächst ein glatzköpfiger kleiner Mann mit ziemlich fiesem Mundgeruch meint, einen Witz über mein Gewicht machen zu müssen (natürlich vor einer herrlich großen Runde), werde ich nicht mitlachen, sondern verbal zurückschlagen und dann lachen. Anderen ungefragt etwas zu ihrem Äußeren zu sagen, ist übergriffig. Unverschämt und dreist. Aber wie schon erwähnt: Political Correctness ist etwas, was für Moppel nicht gilt.
Niemand würde sich heutzutage erdreisten, lautstark zu behaupten, dass Südländer stinken oder Ähnliches. Bemerkungen über Moppel hingegen sind absolut in Ordnung. Da gibt es keinerlei Beißhemmung. Aber es gibt die Möglichkeit, zurückzubeißen, und ich verspreche, ich werde sie nutzen.
Hinzu kommt: Ich habe schlicht keine Lust mehr, mich dem »Glücksfresser« Abnehmen zu unterwerfen. Denn das ist es, was die ständige Beschäftigung mit dem nervigen Thema ist: Ein absoluter Glücksfresser. Wir sind nicht glücklich, während wir essen, weil wir uns natürlich sofort schämen und grämen für jeden Bissen, den wir in den Mund schieben. Wenn wir nicht essen, uns also alles verkneifen, was verlockend erscheint, sind wir auch nicht glücklich. Verzicht ist eben kein Glücksbringer.
Wir sind nicht glücklich, wenn wir in Modezeitschriften blättern und sehen, wie wir nie sein können. Unzufriedensein macht dann auch noch extrem schlechte Laune. Und schlechte Laune macht hungrig. Ein fataler Kreislauf. Was hat dazu geführt, dass Schlanksein eine so immense Bedeutung bekommen hat und damit ein Abweichen von idealisierten Standards so verwerflich ist? Ist es die immerwährende Hoffnung, das große Versprechen, das mit dem Schlanksein verbunden ist? Schlanksein steht für gesund sein, für Leistungsfähigkeit, Sportlichkeit, Jugendlichkeit und Diszipliniertheit.
Die schlichte Übersetzung lautet: Wer schlank ist, ist auch glücklich. Stimmt das wirklich so? Sind schlanke Menschen per se gesünder? Sehen sie wirklich jünger aus? Wo liegt der Gewinn von weniger Gewicht? Kann nicht auch ein Moppel gesund, fit, sportlich, jugendlich und diszipliniert sein? Ich glaube ja. Immerhin bin ich meiner Meinung nach all das. (Bis auf das jugendlich vielleicht aber warum auch, ich bin 47, und da ist man aus dem Alter eben raus!) Ist Schlanksein mittlerweile nicht sogar noch mehr? Die Form einer modernen Religion, Opium fürs Volk, für dessen Beschaffung Millionen von Menschen tagtäglich größte Mühen auf sich nehmen, ein Aberglaube, der sie von anderen, wichtigeren Dingen abhält und ablenkt.
Man könnte herrlich Karriere machen, Sprachen lernen und einfach nur Spaß am Leben haben, stattdessen verbringen weltweit immer mehr Frauen und mittlerweile auch Männer ihre Lebenszeit damit, Kalorien zu zählen oder sich um ihren BMI zu grämen. Das verschiebt Prioritäten und setzt neue. Prioritäten, die es definitiv nicht wert sind. Kann man es schaffen, ein entspannteres Verhältnis zu diesem Thema zu bekommen? Ich glaube, man kann. Man kann es wenigstens versuchen.
Ich habe es satt zu lesen, wie viel ich angeblich wiegen sollte. Ich werde niemals mehr so viel wiegen bzw. so wenig. (Außer man hackt mir den Kopf und die Gliedmaßen ab!) Irgendwann muss man sich entscheiden.
Ja ich bin ein Moppel und ich werde wohl einer bleiben , aber man kann auch als Moppel durchaus ein feines Leben haben. Vor allem kann man endlich mal damit anfangen, dieses Leben auch in die Tat umzusetzen. Wenn man aufhört, sich an Unmöglichem abzuarbeiten, hat man unendlich viel mehr Spaß. Falsche Vorstellungen bleiben nicht nur Vorstellungen sie bleiben auch falsch. Ewig zu warten, alles zu verschieben bis zu dem Tag, an dem man dünn ist oder wenigstens schlank , ist krank. Vielleicht kommt dieser Tag X nie.
Mal ehrlich: Und wenn schon. Das Leben ist zu kurz für eine Dauerdiät. Ob ich will oder nicht ich werde bleiben, wie ich bin. Um all diese Themen geht es in Moppel-Ich reloaded, denn, wie wir alle wissen: »Ewig grüßt das Moppel-Ich«.
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Sie sind das verdammte Thema »Idealgewicht« einfach leid? Sie wollen nichts mehr darüber hören, wie man eben mal im Schlaf ohne Mühe abnehmen kann, würden aber dennoch natürlich sehr gerne Ihren Speck über Nacht irgendwie loswerden? (Falls es mal so weit sein sollte, melde ich mich hiermit unverbindlich an ich hätte am nächsten Morgen gerne den Körper von Shakira!)
Sie finden das ganze Thema Diät und Co. überbewertet und langweilig, grämen sich aber insgeheim trotz allem und befinden sich schon deshalb in einem Dauerdilemma? Dann geht es Ihnen ähnlich wie mir. Ich bin komplett genervt, bekomme eine Art unsichtbaren Ganzkörperhautausschlag, wenn ich das Wort »Diät« nur höre, und würde wirklich gerne auch mal über etwas anderes sprechen.
Warum aber schaffe ich das genauso wenig wie viele andere da draußen in der kaloriendominierten Welt? Was ist an diesem Thema eigentlich so weltbewegend? Wie ist es dazu gekommen? Wieso hat Übergewicht ein ebensolches in den Medien? Wieso vergeht kein verdammter Tag mehr, an dem nicht irgendetwas über Zu- und Abnehmen eines »Promis« in den Zeitungen steht? Passiert sonst nichts? Woran liegt das alles? Ist es heutzutage wirklich entscheidend, was man wiegt?
Ist Dünnsein mittlerweile das neue Jungsein? Das neue Reichsein? Definitiv ja. Dünnsein ist die Währung, die aktuell zählt. Unlängst sagte Kate Moss: »Nichts schmeckt so gut wie das Gefühl, dünn zu sein.«
Und: »Man kann nie zu reich oder zu dünn sein«, hatte schon die Herzogin von Windsor gesagt, und nie war zumindest der letzte Satz wahrer als heute. Das Streben nach der Idealfigur eint selbst extrem unterschiedliche Frauen und mittlerweile auch Männer. Der Druck wächst. Ein Zeitalter wie unseres, in dem über Fünfzigjährige der Magersucht verfallen und laut Untersuchung mehr als 70 Prozent der Frauen bereit wären, auf fünf zusätzliche Lebensjahre zu verzichten, um in der Restzeit in Größe 36 zu passen, in einem solchen Zeitalter kann man kaum mehr ungestraft einen Body-Mass-Index jenseits der 25 haben.
Sind wir alle bekloppt? Wer setzt uns eigentlich unter diesen Zwang? Wer sagt eigentlich, dass wir da mitspielen müssen? Kann man einfach aussteigen wie beim Kartenspiel »Ich passe« sagen , ohne sozial geächtet zu werden? Kann man es tatsächlich schaffen, entspannt zu essen und eine Waage zu betreten, ohne Schweißausbrüche zu haben? Endlich mal wieder ein Weißbrot nur als das sehen, was es ist: ein Brot?
Okay ein Brot ohne Körner und mit viel weißem Mehl. Bösem weißen Mehl. Eine Kohlenhydratbombe. Aber letztlich halt doch nur ein Brot. Eines, von dem unsere dünnen französischen Nachbarn nicht genug bekommen können. Warum nur tun wir uns das alles an? Viele von uns sogar immer wieder? Vom Hin und Her und der daraus resultierenden Erkenntnis handelt dieses Buch. Nun werden Sie sich vielleicht fragen: Warum noch ein Buch zu diesem Thema? Ist mit »Moppel-Ich« nicht alles gesagt gewesen? Ich dachte eigentlich ja. Zu meinem großen Erstaunen musste ich feststellen, dass Moppel-Ich als etwas gesehen wurde, was es auf keinen Fall sein sollte: ein Diätbuch.
Ich habe mich mit dem unendlichen Kampf gegen die überflüssigen Pfunde beschäftigt, und wahrgenommen wurde das Ganze als Anleitung zum Abnehmen. Etwas, was nie in meiner Absicht lag. Klar, ich habe damals abgenommen, aber es ging um mehr. Um das ganze Drumherum. Um eine komplette Industrie. Um den Druck. Um den Verzicht, die verdammte Plackerei und den elendigen Kampf. Die skurrilen Begleiterscheinungen. Und natürlich die ganz große Frage nach dem Warum. Und dem »Wofür das alles?« Steht der Aufwand im Verhältnis zum Benefit? Was hat man eigentlich vom Schlanksein? Verspricht Schlanksein eventuell mehr, als es halten kann?
Die Reaktionen, als ich wieder zugenommen hatte (etwas, was ich nie für ausgeschlossen gehalten hatte!), waren vehement. Hämisch, gehässig und so drastisch, dass ich erschrocken bin. Schließlich bin ich weder die Einzige, der das passiert ist, noch die Erste. Den meisten geht es ähnlich. Was führt also zu solchen Reaktionen? Zu übelsten Beschimpfungen und Körperkontrollen mitten auf der Fußgängerzone, als eine Frau mir ungefragt die Jacke aufmachte, um zu gucken, wie es gewichtsmäßig um mich steht?
Wieso schreibt jemand E-Mails mit der Anrede: »Fette Sau!« Was macht Menschen ausgerechnet bei diesem Thema derart aggressiv? Gäbe es nicht jede Menge andere Themen, über die man sich herrlich ereifern könnte? Politik zum Beispiel, mangelnde Hilfsbereitschaft, Kinderarbeit oder Ähnliches. Wie wäre es mit der Tatsache, dass Frauen immer noch etwa 22 Prozent weniger Gehalt für die gleiche Arbeit bekommen als Männer und das in Deutschland?
Ich könnte eine sehr lange Liste mit diversen Aufregern erstellen, komischerweise führt keines dieser Themen je zu solch tollwutartigen Reaktionen. Was ist es, was Menschen beim Thema Dicksein zu Furien werden lässt? Wie kann man sich über Gewichtsschwankungen einer fremden Person derart ereifern? Ist das »Scheitern« etwas, das auch ihnen die Hoffnung raubt? Ist es eine Stellvertretersache? Oder nur pure Schadenfreude, die man in diesem Fall auch hemmungslos ausleben darf? Schließlich gilt für Moppel keinerlei Political Correctness.
Über dicke Menschen darf man sich offen empören. Obwohl sie niemandem etwas tun. Wäre da nicht eine Form von Mitleid oder Verständnis die normalere Reaktion?
Ein »Schade!« statt ein »O Gott, wie ekelhaft!« Oder ein »Kenne ich, gibt Schlimmeres!« Da werden Fotos von Pierce Brosnan und seiner Frau Keely Shaye Smith am Strand gezeigt, und die Zeitung titelt: »James Bond mit seinem Lieblingswal«.
Ist das jetzt witzig, nur weil die bildschöne Keely nicht in Size Zero passt? Anscheinend ist es für Zeitungsmacher unvorstellbar, dass ein Mann wie Pierce Brosnan, im Filmleben umgeben von Top-Figürchen der Bond-Girls, im echten Leben ein bisschen mehr Frau mag? Gilt das jetzt schon als Charity, wenn ein schöner Mann sich mit einer Frau jenseits Kleidergröße 42 abgibt? Und das, obwohl er sicherlich auch andere Möglichkeiten hätte ...
Natürlich weiß ich, dass ich selbst freiwillig mit dem Thema an die Öffentlichkeit gegangen bin. Mit anderen Worten: Wer mit seinem Speck offensiv umgeht, muss mit den Reaktionen leben. Schließlich bin ich die Autorin von »Moppel-Ich«, und es war klar, dass man nach der Veröffentlichung eines solchen Buches unter einer gewissen Beobachtung steht. Ich hatte aber, vielleicht für viele erstaunlich, angenommen, dass Menschen ein Buch auch lesen und die vorhandene Botschaft verstehen. Eine Botschaft, die eben nicht lautete: Nimm sofort ab und ja nie wieder zu. Natürlich war mir bewusst, dass man mit einem solchen Thema einer gewissen medialen Gewichtskontrolle unterliegt.
Dass man aber tatsächlich und wahrhaftig auf eine Waage gezwungen wird, hatte ich schlicht nicht für möglich gehalten. Vor allem nicht im öffentlichrechtlichen Fernsehen. Aber ein Gutes hatte die unselige Wiegeaktion bei »Wetten, dass . .?« (später mehr dazu) immerhin.
Nach der Bild-Schlagzeile am nächsten Tag: »Wiegt Frau Moppel-Ich wirklich 108 Kilo?« kann einen in puncto Gewicht wirklich nichts mehr schrecken. Vor allem weil alle, die mich danach getroffen haben, eher angenehm überrascht waren. 108 Kilo. Eine stattliche Zahl. Übrigens, nur nebenbei bemerkt, ich habe noch nie so viel gewogen, aber nach einer solchen Schlagzeile auf der Titelseite kann man auch im Bikini in den Supermarkt gehen.
Wenn Oliver Pocher Mariah Carey in einer »Wetten, dass . .?«-Sendung als »Presswurst« bezeichnet, ist das laut Thomas Gottschalk frech und unverschämt. Aber macht es automatisch ein Verhalten salonfähig, erwachsene Frauen auf eine Waage zu zerren? Der Moderator der Sendung findet: »Wenn man wie Susanne Fröhlich das Thema Diät als Geschäftsmodell entdeckt hat, ist das auch zumutbar!« So hat er sich wörtlich geäußert. Diät als Geschäftsmodell? Bin ich Miss Weight-Watchers? Vertreibe ich »Du darfst«-Salami? Verticke ich dubiose Pillen im Internet? Verspreche ich etwas, was ich selbst nicht halten kann?
Ich habe ein Buch geschrieben, nicht das Thema Diät als Geschäftsmodell entdeckt. Und es hätte schon gelangt, den Untertitel des Buches zu lesen. Vorne drauf steht, groß und deutlich: »Moppel-Ich. Der Kampf mit den Pfunden«. Nicht etwa »Der Sieg über die Pfunde«. Und auch nicht: »Der ultimative Abnehm-Guide«. Oder: »So nehmen Sie rasant und dauerhaft ab«. Dass ich eindeutig zugenommen hatte, war offensichtlich. Das Wiegen hatte etwas Demonstratives. Ein Strafwiegen.
Man soll, besonders als Frau, sein »Maul eben nicht so voll nehmen!« In jeder Hinsicht. Aber wer einmal vor etwa 13 Millionen Menschen auf einer Waage stand, dem ist so schnell nichts mehr peinlich. So gesehen hat alles am Ende doch noch was Gutes. Wie kann es sein, dass heutzutage Doofheit absolut salonfähig ist, ein Moppel-Dasein aber eigentlich mindestens eine Burka verlangt? Selbstbewusstsein und Dicksein schließen sich in der Öffentlichkeit aus. Wer ein Moppel ist, hat gefälligst demütig zu sein. Kleinlaut und leise, schließlich hat sich der Moppel offensichtlich nicht unter Kontrolle. Ein Moppel hat in der westlichen Welt wenig zu lachen. Und muss sich ständig rechtfertigen. Damit ist bei mir jetzt Schluss. Ich will mich nicht für meinen Körper entschuldigen.
Warum auch: Immerhin ist er meiner. Also kann ich wohl auch entscheiden, wie ich mit ihm umgehe. Das heißt nicht, dass ich in Ekstase gerate, wenn ich mich morgens nackt im Spiegel sehe. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die sich Mantra-artig ständig sagen, wie toll sie sind. Ich bin Realistin und kann erkennen, wenn es Optimierungspotential gibt. Mir ist klar, dass man aus einem meiner Oberschenkel auch gut zwei durchschnittliche machen könnte. Oder drei sehr dünne. Aber soll ich mich deshalb vor die nächste UBahn werfen? Ist es inzwischen strafbar, Mops-Schenkel zu haben? Wenn sie mich nicht stören, was regen sich dann andere darüber auf?
Immerhin ist das Gute an diesen Schenkeln: Es sind meine und nicht Ihre. Und wenn Sie Ihre neben meine halten, dann sehen Ihre garantiert richtig dünn aus! Ist das nicht wunderbar? Braucht es nicht Moppel-Schenkel, damit normale Schenkel was hermachen? Es gibt nun mal keine Norm-Schenkel! Genauso wenig wie Norm-Körper.
Trotzdem streben wir immerzu danach. Und glauben, nur weil wir nicht ganz im »Normbereich« (der wirklich nur noch winzigen Spielraum lässt) sind, müssen wir uns eben auch einiges gefallen lassen. Wenn Sie dazu bereit sind Ihre Entscheidung. Ich spiele nicht mehr mit. Ziehe nicht brav den Kopf ein, wenn über irgendeins meiner Körperteile gewitzelt wird. Ich werde nicht mehr nett sein, wenn andere frech sind. Warum auch?
Schließlich wahre auch ich zumeist die Grenzen der Höflichkeit. Wenn demnächst ein glatzköpfiger kleiner Mann mit ziemlich fiesem Mundgeruch meint, einen Witz über mein Gewicht machen zu müssen (natürlich vor einer herrlich großen Runde), werde ich nicht mitlachen, sondern verbal zurückschlagen und dann lachen. Anderen ungefragt etwas zu ihrem Äußeren zu sagen, ist übergriffig. Unverschämt und dreist. Aber wie schon erwähnt: Political Correctness ist etwas, was für Moppel nicht gilt.
Niemand würde sich heutzutage erdreisten, lautstark zu behaupten, dass Südländer stinken oder Ähnliches. Bemerkungen über Moppel hingegen sind absolut in Ordnung. Da gibt es keinerlei Beißhemmung. Aber es gibt die Möglichkeit, zurückzubeißen, und ich verspreche, ich werde sie nutzen.
Hinzu kommt: Ich habe schlicht keine Lust mehr, mich dem »Glücksfresser« Abnehmen zu unterwerfen. Denn das ist es, was die ständige Beschäftigung mit dem nervigen Thema ist: Ein absoluter Glücksfresser. Wir sind nicht glücklich, während wir essen, weil wir uns natürlich sofort schämen und grämen für jeden Bissen, den wir in den Mund schieben. Wenn wir nicht essen, uns also alles verkneifen, was verlockend erscheint, sind wir auch nicht glücklich. Verzicht ist eben kein Glücksbringer.
Wir sind nicht glücklich, wenn wir in Modezeitschriften blättern und sehen, wie wir nie sein können. Unzufriedensein macht dann auch noch extrem schlechte Laune. Und schlechte Laune macht hungrig. Ein fataler Kreislauf. Was hat dazu geführt, dass Schlanksein eine so immense Bedeutung bekommen hat und damit ein Abweichen von idealisierten Standards so verwerflich ist? Ist es die immerwährende Hoffnung, das große Versprechen, das mit dem Schlanksein verbunden ist? Schlanksein steht für gesund sein, für Leistungsfähigkeit, Sportlichkeit, Jugendlichkeit und Diszipliniertheit.
Die schlichte Übersetzung lautet: Wer schlank ist, ist auch glücklich. Stimmt das wirklich so? Sind schlanke Menschen per se gesünder? Sehen sie wirklich jünger aus? Wo liegt der Gewinn von weniger Gewicht? Kann nicht auch ein Moppel gesund, fit, sportlich, jugendlich und diszipliniert sein? Ich glaube ja. Immerhin bin ich meiner Meinung nach all das. (Bis auf das jugendlich vielleicht aber warum auch, ich bin 47, und da ist man aus dem Alter eben raus!) Ist Schlanksein mittlerweile nicht sogar noch mehr? Die Form einer modernen Religion, Opium fürs Volk, für dessen Beschaffung Millionen von Menschen tagtäglich größte Mühen auf sich nehmen, ein Aberglaube, der sie von anderen, wichtigeren Dingen abhält und ablenkt.
Man könnte herrlich Karriere machen, Sprachen lernen und einfach nur Spaß am Leben haben, stattdessen verbringen weltweit immer mehr Frauen und mittlerweile auch Männer ihre Lebenszeit damit, Kalorien zu zählen oder sich um ihren BMI zu grämen. Das verschiebt Prioritäten und setzt neue. Prioritäten, die es definitiv nicht wert sind. Kann man es schaffen, ein entspannteres Verhältnis zu diesem Thema zu bekommen? Ich glaube, man kann. Man kann es wenigstens versuchen.
Ich habe es satt zu lesen, wie viel ich angeblich wiegen sollte. Ich werde niemals mehr so viel wiegen bzw. so wenig. (Außer man hackt mir den Kopf und die Gliedmaßen ab!) Irgendwann muss man sich entscheiden.
Ja ich bin ein Moppel und ich werde wohl einer bleiben , aber man kann auch als Moppel durchaus ein feines Leben haben. Vor allem kann man endlich mal damit anfangen, dieses Leben auch in die Tat umzusetzen. Wenn man aufhört, sich an Unmöglichem abzuarbeiten, hat man unendlich viel mehr Spaß. Falsche Vorstellungen bleiben nicht nur Vorstellungen sie bleiben auch falsch. Ewig zu warten, alles zu verschieben bis zu dem Tag, an dem man dünn ist oder wenigstens schlank , ist krank. Vielleicht kommt dieser Tag X nie.
Mal ehrlich: Und wenn schon. Das Leben ist zu kurz für eine Dauerdiät. Ob ich will oder nicht ich werde bleiben, wie ich bin. Um all diese Themen geht es in Moppel-Ich reloaded, denn, wie wir alle wissen: »Ewig grüßt das Moppel-Ich«.
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Bibliographische Angaben
- Autor: Susanne Fröhlich
- 255 Seiten, Maße: 13,3 x 19,1 cm, Flex. Einband
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828935354
- ISBN-13: 9783828935358
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