Von Rechts nach Links

Hellmut von Gerlach gehört zu den heute fast vergessenen deutschen Demokraten und Pazifisten, der in seinem Leben eine drastische Veränderung seiner politischen Ansichten durchgemacht hat. 1866 geboren und als Sohn eines Großgrundbesitzers in Niederschlesien aufgewachsen nahm er in seiner Kindheit und Jugend die Privilegien seines Standes und die ständigen Benachteiligungen der Landarbeiter als normal und gegeben hin. Erst der Eintritt in das Jurastudium in Genf begann seinen Blick zu weiten: Das Leben in der Schweiz unterschied sich in vielerlei Hinsicht von dem gewohnten und war deutlich liberaler geprägt als in Deutschland. Er durchlief mehrere Studienorte, ehe von Gerlach eine Stelle als Rechtsreferendar am Amtsgericht Lübben antrat. Alles, was er dort antraf, war das Gegenteil von Recht und Gerechtigkeit. 1892 verließ er den Staatsdienst und wurde Journalist. Seine Arbeit führte ihn in die deutschen und englischen Kolonien in Afrika, machte ihm aber wegen seiner Haltung auch viele Schwierigkeiten. Im 1. Weltkrieg wurde er zum Pazifisten und hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Seine antisemitische Haltung, die in seiner Heimat völlig normal war, legte er nach und nach ab. Am Ende seiner Entwicklung wurde ihm kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten der Pass entzogen, sein Name tauchte auf der ersten Ausbüregrungsliste auf und eines seiner Bücher fiel der Bücherverbrennung 1933 zum Opfer. Er floh zunächst nach Österreich, um von dort aus ins Exil nach Frankreich zu gehen. Eine Autobiographie, die auch Jahrzehnte nach ihrem Erscheinen nichts von ihrer Wirkung verloren hat.