Vorher ist man immer klüger
Überraschende Erkenntnisse eines Familienvaters
Was haben Angela Merkel und die Zahnfee gemeinsam?
Kommt »Vielfalt« von »vielen Falten«?
Hat Gott eine Freundin? Was ist das Huckepack-Glück?
Ist Unheil heilsam? Und wie schmeckt ein Honigbrot mit Thunfisch?
Die Welt ist voller Fragen.
Gemeinsam...
Kommt »Vielfalt« von »vielen Falten«?
Hat Gott eine Freundin? Was ist das Huckepack-Glück?
Ist Unheil heilsam? Und wie schmeckt ein Honigbrot mit Thunfisch?
Die Welt ist voller Fragen.
Gemeinsam...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Vorher ist man immer klüger “
Klappentext zu „Vorher ist man immer klüger “
Was haben Angela Merkel und die Zahnfee gemeinsam? Kommt »Vielfalt« von »vielen Falten«?
Hat Gott eine Freundin? Was ist das Huckepack-Glück?
Ist Unheil heilsam? Und wie schmeckt ein Honigbrot mit Thunfisch?
Die Welt ist voller Fragen.
Gemeinsam mit seiner Familie sucht Georg Cadeggianini täglich nach Antworten. Er erlebt, was Feuchttücher mit Doktorarbeiten zu tun haben, warum Flüsterpost und Steuererklärung zusammengehören und wie Panini-Bilder die Finanzkrise erklären: Aus der Familienperspektive sieht die Welt immer ein bisschen anders aus.
Lese-Probe zu „Vorher ist man immer klüger “
Vorher ist man immer klüger von Georg CadeggianiniBankenkrise und Paninibilder
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Die Hand ist zur Kelle gekrümmt, aufs äußerste gespannt und sieben Jahre alt. Sie gehört meinem Sohn Lorenzo. Gleich haut er sie wieder auf den Boden, nur ganz kurz, als ob der Asphalt eine riesige, heiße Herdplatte wäre. Er schlägt auf eine Sammelkarte: Dreht sich die Karte um, gehört sie ihm. Bleibt sie liegen, ist der andere dran und darf auf die Karte hauen. Wer dreht, kassiert. Fast alle Jungs, die Lorenzo kennt, machen das. Sie nennen es Zocken.
Starwars, Pokémon, EM, WM. Mein Sohn verwendet große Teile seiner Freizeit - und nicht nur dieser - mit Tauschen, Sortieren, Einkleben - vor allem aber mit Zocken. Er tut es in der Schule und auf dem Fußballplatz, nach dem Klavierunterricht und vor dem Tischabdecken, morgens zwischen Schlafanzugoberteil ausziehen und T-Shirt suchen. Flachhand, Hohlhand, Knickshand - runter, rauf: Der Arm bewegt sich wie ein Scheibenwischer auf Stufe vier. Kreuzzock, Stapelzock, Lotterie.
»Du musst mit dem Untergrund arbeiten«, sagt Lorenzo. Manchmal bläst er vorher unter die Karte. »Papa, ich weiß, was ich tue.«
Heiner Geißler, der CDU-Krawallo und Streitschlichter, sagte einmal: »Ich bin überzeugt: Wir wären nie in die Krise geraten, in der wir uns heute befinden, wenn Frauen an den Positionen der Banker gesessen hätten.«
Ich schaue auf meinen Scheibenwischerzockersohn, der gerade eine Hexentreppe legt, die er mit Doppelhand zocken will, und denke: Ja, vielleicht hat dieser Geißler recht? Es gibt Tage, da zocken die Jungs nicht um einzelne Karten oder Reihen, da türmen sie Stapel so hoch wie Pausenbrotboxen. Halbjahrestaschengeldgehälter stehen auf dem Spiel. Ein Schlag entscheidet. Alles gewonnen, alles zerronnen. Alles aus der hohlen Hand.
Meine Tochter Elena ist drei Jahre älter als Lorenzo. Sie kann nicht zocken. Ihr tue die Hand dann immer gleich weh, sagt sie. Aber ihr Klassenkamerad, »der zockt dir alles«. Für die große Pause gibt sie ihm ihre Karten.
»Der gewinnt immer«, und nach der Pause wird der Gewinn aufgeteilt.
Vier Tage später kommt Lorenzo verheult nach Hause.
»Alles weg«, presst er. »Meine ganzen Karten.«
»Ich gehe nie wieder in die Schule.« Elenas Meisterzocker, dem auch Lorenzo längst seine Karten anvertraut hatte, hatte nur noch den Stapel zu Ende zocken wollen, nach der Pause, unter der Bank, nur noch kurz ... Irgendwann stand die Lehrerin direkt hinter ihm.
Herr Geißler, übernehmen Sie?
Als Elena nach Hause kommt und von der Malaise erfährt, sagt sie leichtfüßig, und auch das hätte Heiner Geißler sagen können: »Es gibt nichts Langweiligeres als ein volles Sammelalbum.«
Gerechtigkeit und Kalaschnikow
Das Knie ist auf jeden Fall blutig, so viel ist schon mal klar. Ich schneide ein Pflaster zurecht, großzügig. Puste, desinfiziere, verarzte. Es ist aussichtslos.
»Der hat das absichtlich gemacht«, sagt Lorenzo. Und, das ist ihm besonders wichtig: »Der wurde nicht bestraft.« Schuld und Sühne, Vergehen und Vergeltung, Schubsen und Strafe.
»So gehört sich doch die Welt«, meint Lorenzo, sieben Jahren alt - und exakt genauso lang auf der Suche nach Gerechtigkeit. Ein kleines Kniepflaster ist da genauso hilfreich wie Kristina Schröder beim Kitaausbau. Ich nehme ihn in den Arm, hole beim Trösten sehr weit aus.
»Menschen sind nun mal nicht nur rationale Wesen. Kinder nicht und Erwachsene auch nicht. Jeder hat ein Recht darauf, mal unvernünftig zu sein; manchmal ist das dann auch ungerecht. Und ja, manchmal wird dann sogar geschubst.« Lorenzo schaut mich fragend an. Immerhin blutet das Knie nicht mehr. Ich fasse noch mal zusammen: »Jeder regt sich mal auf. Sogar die Mama.«
Gerechtigkeit ist die Pest der Kindheit: einnehmend, ansteckend, ruinös. Eine Krankheit mit drei Eskalationsstufen: Sie beginnt mit lauten »Unfair«-Rufen. Stufe zwei lautet wahlweise: »Dann gebe ich dir nie wieder was von meinen Süßigkeiten.« / »Dann schubse ich dich.« / »Dann bin ich nie wieder dein Freund.« / »Dann verhaue ich dich.« Und Stufe drei ist dann - und zwar unabhängig davon, wie Stufe zwei lautete - das Verhauen. Anschließend beginnt alles wieder von vorn, nur mit vertauschten Rollen.
Wladimir Putin, der Schwarzgurt-Präsident der Russischen Föderation, reitet und fischt gern oben ohne. Kraft zeigen. Muskeln spielen lassen. Er dirigiert Glotze, Geheimdienst und Gerichte. Er fliegt Kampfjets, kann Judo, Kalaschnikow und KGB. Auch Putin spricht gern von Gerechtigkeit. So wie meine Kinder.
Mein Sohn Jim ist drei Jahre alt. Die Übergänge zwischen aus Versehen, fahrlässig und mutwillig sind bei ihm noch fließend. Fakt ist: Wenn er in der Nähe ist, fällt ständig was um oder runter. Wasser und Saft, Fischstäbchen und Honigbrot, Buch und Gitarre. Inzwischen haben wir die dritte Butterschale. Was wohl Schwarzgurt-Putin mit Jim machen würde? Ab in den Plexiglaskäfig zu Chodorkowski und den Punkerinnen aus der Erlöserkirche?
Ich nehme mir Jim zur Brust, versuche es ganz ruhig.
Ob. Er. Bitte. Besser. Aufpassen. Kann. Verdammtnochmal. Jim hat sich währenddessen das nasse Shirt ausgezogen. Jetzt steht er da, oben ohne, zuckt mit den Schultern und sagt: »Ich habe einen Schubsengel.«
Schubsengel? Rowdytum aus religiösem Hass? Was würde Putin da raten? Der hat den Kathedralen-Punkerinnen kurz seine milde Seite gezeigt: »Ich denke nicht, dass sie dafür zu hart verurteilt werden sollten.« Milde im Stil der KGB-Kampfjet-Gerechtigkeit: Nicht zu hart verurteilen. Hart reicht.
Geheimnis und Honigbrot mit Thunfisch
Meine neue Geheimwaffe ist das Geheimnis. Ich gehe ganz nah ans Kinderohr, forme verschwörerisch meine Hand zur Flüstertüte.
»Jim, ich will nicht, dass du mir noch mal eine Scheibe Räucherlachs auf den Kopf legst.« Dann Nicken, Augenzwinkern - soll heißen: Davon wissen jetzt wirklich nur wir beide. »Streng vertraulich, Kumpel.«
Geheimnisse gehören zum Leben. Vom Colarezept bis zu Steinbrücks Steuererklärung - die wirklich wichtigen Dinge in der Welt bleiben erst mal geheim. Hat Gott eine Freundin? Der Iran die Bombe? Seehofer eine Ahnung, wie es mit dem Betreuungsgeld weitergeht?
Bei uns in der Familie hat das Geheimnis einen festen Platz: Es ist walnussbraun, hat einen schweren Deckel, Beschläge und ein Vorhängeschloss. Und den Schlüssel dafür hat ausgerechnet ein Siebenjähriger.
Lorenzo.
Es ist seine Schatztruhe - und Lorenzo der Gralshüter. Ein Zehntel-Kubikmeter Geheimreich, darin: ein ferngesteuerter Helikopter, gebunkerte Süßigkeiten und - ach, was weiß denn ich. Kinder lieben Geheimnisse. Sollen sie doch. Wer seinen Kaugummi unter meine Computermaus geklebt hat? Wann Elena ihre Hausaufgaben macht? Wie ein Honigbrot mit Thunfisch schmeckt? Ich will ja gar nicht alles wissen.
Es gibt auch Dinge, die halte ich vor meinen Kindern geheim. Wie man einen Singvogel fängt zum Beispiel, dass unser DVD-Player wieder funktioniert, dass es früher keine Fahrradhelme gab.
Neulich fehlten in Lorenzos Schatztruhe alle Süßigkeiten. Der Gralshüter selbst hatte vergessen abzuschließen. Und die Spur führte direkt zum kleinen Bruder. Und nein, der Gralshüter flüsterte auch nicht mehr. Ich drängelte mich dazwischen, nahm Jim ins Verhör.
»Jim, weißt du, wo Lorenzos Süßigkeiten sind?«
Darauf Jim, selbstbewusst, ein bisschen pikiert, Marke Steinbrück: »Also ich habe sie nicht genommen. Auf keinen Fall. Nein, nein, nein.«
Ich: »Jim, ich glaub dir das. Wenn du das sagst, dann glaube ich dir das auch.«
Jim überlegt kurz, dann sagt er: »Ich glaub mir das auch.«
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Die Hand ist zur Kelle gekrümmt, aufs äußerste gespannt und sieben Jahre alt. Sie gehört meinem Sohn Lorenzo. Gleich haut er sie wieder auf den Boden, nur ganz kurz, als ob der Asphalt eine riesige, heiße Herdplatte wäre. Er schlägt auf eine Sammelkarte: Dreht sich die Karte um, gehört sie ihm. Bleibt sie liegen, ist der andere dran und darf auf die Karte hauen. Wer dreht, kassiert. Fast alle Jungs, die Lorenzo kennt, machen das. Sie nennen es Zocken.
Starwars, Pokémon, EM, WM. Mein Sohn verwendet große Teile seiner Freizeit - und nicht nur dieser - mit Tauschen, Sortieren, Einkleben - vor allem aber mit Zocken. Er tut es in der Schule und auf dem Fußballplatz, nach dem Klavierunterricht und vor dem Tischabdecken, morgens zwischen Schlafanzugoberteil ausziehen und T-Shirt suchen. Flachhand, Hohlhand, Knickshand - runter, rauf: Der Arm bewegt sich wie ein Scheibenwischer auf Stufe vier. Kreuzzock, Stapelzock, Lotterie.
»Du musst mit dem Untergrund arbeiten«, sagt Lorenzo. Manchmal bläst er vorher unter die Karte. »Papa, ich weiß, was ich tue.«
Heiner Geißler, der CDU-Krawallo und Streitschlichter, sagte einmal: »Ich bin überzeugt: Wir wären nie in die Krise geraten, in der wir uns heute befinden, wenn Frauen an den Positionen der Banker gesessen hätten.«
Ich schaue auf meinen Scheibenwischerzockersohn, der gerade eine Hexentreppe legt, die er mit Doppelhand zocken will, und denke: Ja, vielleicht hat dieser Geißler recht? Es gibt Tage, da zocken die Jungs nicht um einzelne Karten oder Reihen, da türmen sie Stapel so hoch wie Pausenbrotboxen. Halbjahrestaschengeldgehälter stehen auf dem Spiel. Ein Schlag entscheidet. Alles gewonnen, alles zerronnen. Alles aus der hohlen Hand.
Meine Tochter Elena ist drei Jahre älter als Lorenzo. Sie kann nicht zocken. Ihr tue die Hand dann immer gleich weh, sagt sie. Aber ihr Klassenkamerad, »der zockt dir alles«. Für die große Pause gibt sie ihm ihre Karten.
»Der gewinnt immer«, und nach der Pause wird der Gewinn aufgeteilt.
Vier Tage später kommt Lorenzo verheult nach Hause.
»Alles weg«, presst er. »Meine ganzen Karten.«
»Ich gehe nie wieder in die Schule.« Elenas Meisterzocker, dem auch Lorenzo längst seine Karten anvertraut hatte, hatte nur noch den Stapel zu Ende zocken wollen, nach der Pause, unter der Bank, nur noch kurz ... Irgendwann stand die Lehrerin direkt hinter ihm.
Herr Geißler, übernehmen Sie?
Als Elena nach Hause kommt und von der Malaise erfährt, sagt sie leichtfüßig, und auch das hätte Heiner Geißler sagen können: »Es gibt nichts Langweiligeres als ein volles Sammelalbum.«
Gerechtigkeit und Kalaschnikow
Das Knie ist auf jeden Fall blutig, so viel ist schon mal klar. Ich schneide ein Pflaster zurecht, großzügig. Puste, desinfiziere, verarzte. Es ist aussichtslos.
»Der hat das absichtlich gemacht«, sagt Lorenzo. Und, das ist ihm besonders wichtig: »Der wurde nicht bestraft.« Schuld und Sühne, Vergehen und Vergeltung, Schubsen und Strafe.
»So gehört sich doch die Welt«, meint Lorenzo, sieben Jahren alt - und exakt genauso lang auf der Suche nach Gerechtigkeit. Ein kleines Kniepflaster ist da genauso hilfreich wie Kristina Schröder beim Kitaausbau. Ich nehme ihn in den Arm, hole beim Trösten sehr weit aus.
»Menschen sind nun mal nicht nur rationale Wesen. Kinder nicht und Erwachsene auch nicht. Jeder hat ein Recht darauf, mal unvernünftig zu sein; manchmal ist das dann auch ungerecht. Und ja, manchmal wird dann sogar geschubst.« Lorenzo schaut mich fragend an. Immerhin blutet das Knie nicht mehr. Ich fasse noch mal zusammen: »Jeder regt sich mal auf. Sogar die Mama.«
Gerechtigkeit ist die Pest der Kindheit: einnehmend, ansteckend, ruinös. Eine Krankheit mit drei Eskalationsstufen: Sie beginnt mit lauten »Unfair«-Rufen. Stufe zwei lautet wahlweise: »Dann gebe ich dir nie wieder was von meinen Süßigkeiten.« / »Dann schubse ich dich.« / »Dann bin ich nie wieder dein Freund.« / »Dann verhaue ich dich.« Und Stufe drei ist dann - und zwar unabhängig davon, wie Stufe zwei lautete - das Verhauen. Anschließend beginnt alles wieder von vorn, nur mit vertauschten Rollen.
Wladimir Putin, der Schwarzgurt-Präsident der Russischen Föderation, reitet und fischt gern oben ohne. Kraft zeigen. Muskeln spielen lassen. Er dirigiert Glotze, Geheimdienst und Gerichte. Er fliegt Kampfjets, kann Judo, Kalaschnikow und KGB. Auch Putin spricht gern von Gerechtigkeit. So wie meine Kinder.
Mein Sohn Jim ist drei Jahre alt. Die Übergänge zwischen aus Versehen, fahrlässig und mutwillig sind bei ihm noch fließend. Fakt ist: Wenn er in der Nähe ist, fällt ständig was um oder runter. Wasser und Saft, Fischstäbchen und Honigbrot, Buch und Gitarre. Inzwischen haben wir die dritte Butterschale. Was wohl Schwarzgurt-Putin mit Jim machen würde? Ab in den Plexiglaskäfig zu Chodorkowski und den Punkerinnen aus der Erlöserkirche?
Ich nehme mir Jim zur Brust, versuche es ganz ruhig.
Ob. Er. Bitte. Besser. Aufpassen. Kann. Verdammtnochmal. Jim hat sich währenddessen das nasse Shirt ausgezogen. Jetzt steht er da, oben ohne, zuckt mit den Schultern und sagt: »Ich habe einen Schubsengel.«
Schubsengel? Rowdytum aus religiösem Hass? Was würde Putin da raten? Der hat den Kathedralen-Punkerinnen kurz seine milde Seite gezeigt: »Ich denke nicht, dass sie dafür zu hart verurteilt werden sollten.« Milde im Stil der KGB-Kampfjet-Gerechtigkeit: Nicht zu hart verurteilen. Hart reicht.
Geheimnis und Honigbrot mit Thunfisch
Meine neue Geheimwaffe ist das Geheimnis. Ich gehe ganz nah ans Kinderohr, forme verschwörerisch meine Hand zur Flüstertüte.
»Jim, ich will nicht, dass du mir noch mal eine Scheibe Räucherlachs auf den Kopf legst.« Dann Nicken, Augenzwinkern - soll heißen: Davon wissen jetzt wirklich nur wir beide. »Streng vertraulich, Kumpel.«
Geheimnisse gehören zum Leben. Vom Colarezept bis zu Steinbrücks Steuererklärung - die wirklich wichtigen Dinge in der Welt bleiben erst mal geheim. Hat Gott eine Freundin? Der Iran die Bombe? Seehofer eine Ahnung, wie es mit dem Betreuungsgeld weitergeht?
Bei uns in der Familie hat das Geheimnis einen festen Platz: Es ist walnussbraun, hat einen schweren Deckel, Beschläge und ein Vorhängeschloss. Und den Schlüssel dafür hat ausgerechnet ein Siebenjähriger.
Lorenzo.
Es ist seine Schatztruhe - und Lorenzo der Gralshüter. Ein Zehntel-Kubikmeter Geheimreich, darin: ein ferngesteuerter Helikopter, gebunkerte Süßigkeiten und - ach, was weiß denn ich. Kinder lieben Geheimnisse. Sollen sie doch. Wer seinen Kaugummi unter meine Computermaus geklebt hat? Wann Elena ihre Hausaufgaben macht? Wie ein Honigbrot mit Thunfisch schmeckt? Ich will ja gar nicht alles wissen.
Es gibt auch Dinge, die halte ich vor meinen Kindern geheim. Wie man einen Singvogel fängt zum Beispiel, dass unser DVD-Player wieder funktioniert, dass es früher keine Fahrradhelme gab.
Neulich fehlten in Lorenzos Schatztruhe alle Süßigkeiten. Der Gralshüter selbst hatte vergessen abzuschließen. Und die Spur führte direkt zum kleinen Bruder. Und nein, der Gralshüter flüsterte auch nicht mehr. Ich drängelte mich dazwischen, nahm Jim ins Verhör.
»Jim, weißt du, wo Lorenzos Süßigkeiten sind?«
Darauf Jim, selbstbewusst, ein bisschen pikiert, Marke Steinbrück: »Also ich habe sie nicht genommen. Auf keinen Fall. Nein, nein, nein.«
Ich: »Jim, ich glaub dir das. Wenn du das sagst, dann glaube ich dir das auch.«
Jim überlegt kurz, dann sagt er: »Ich glaub mir das auch.«
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Autoren-Porträt von Georg Cadeggianini
Georg Cadeggianini, geboren 1977, ist »Brigitte«-Redakteur und Kolumnist beim »WDR« und »Brigitte MOM«. Er schreibt unter anderem für »Die Zeit«, »Stern«, »Nido«. Gemeinsam mit seiner Frau hat er sieben Kinder. Die Familie lebt in München.
Bibliographische Angaben
- Autor: Georg Cadeggianini
- 2014, 1. Auflage, 256 Seiten, Maße: 9,2 x 14,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 359651312X
- ISBN-13: 9783596513123
- Erscheinungsdatum: 20.05.2014
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