Was kostet der Tod? / Black CATs Bd.1
Roman
FBI-Agent Dean Taggert schließt sich einer neuen Spezialeinheit an - dem Cyber Action Team. Aufgabe dieses Teams ist es, Mordfälle zu lösen, die mit dem Internet in Verbindung stehen. Taggert wird sofort mit einem äußerst brisanten Fall betraut: Er soll...
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Produktinformationen zu „Was kostet der Tod? / Black CATs Bd.1 “
Klappentext zu „Was kostet der Tod? / Black CATs Bd.1 “
FBI-Agent Dean Taggert schließt sich einer neuen Spezialeinheit an - dem Cyber Action Team. Aufgabe dieses Teams ist es, Mordfälle zu lösen, die mit dem Internet in Verbindung stehen. Taggert wird sofort mit einem äußerst brisanten Fall betraut: Er soll einen Serienmörder aufspüren, der auf einer Internetseite namens "Satan's Playground" live Frauen umbringt. Seine Ermittlungen führen ihn in die Kleinstadt Hope Valley, wo ihm die äußerst fähige und attraktive Polizistin Stacey Rhodes zur Seite steht. Gemeinsam verfolgen sie die Spur des Täters. Und sie müssen sich beeilen, denn der Mörder hat bereits sein nächstes Opfer im Visier ...
Lese-Probe zu „Was kostet der Tod? / Black CATs Bd.1 “
Was kostet der Tod? von Leslie ParrishProlog
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In den letzten Augenblicken ihres Lebens wurde Lisa Zimmerman klar, dass sie ihren Mörder kannte. Als das Mondlicht die schwarz verhüllte Gestalt der Finsternis entriss, brauchte es nur ein geflüstertes Wort, und die Wahrheit stand ihr trotz der Schmerzen mit ganzer Deutlichkeit vor Augen.
Plötzlich waren ihre müden Gehirnzellen wieder voll da. »Du?« Es tat weh, die geschwollenen Lippen zu bewegen, auf denen eine Kruste aus Blut, Dreck und kleinen Kieselsteinen klebte. Mit großer Anstrengung setzte sie hinzu: »Das ist ... unmöglich.«
Aber es stimmte.
Sie wusste, wer sie an diesen Baum gebunden hatte, die Arme qualvoll über ihren Kopf gestreckt, sodass sie an ihren verrenkten Schultern hing und nur die Zehen ihrer nackten Füße den Boden berührten. Wusste, wer ihr mit der Klinge brutal den Unterleib aufgeschlitzt hatte, bis sie spürte, wie ihr das warme, klebrige Blut die Beine hinunter auf die Füße tropfte. Wusste, wer sie unter der schwarzen Kapuze hervor beobachtete, ohne dass seine ausdruckslosen Augen eine Gefühlsregung zeigten - als ob sie keine Todesqualen litte.
Sie kannte ihn.
Bis zu diesem Moment war sie nur dahingedämmert, völlig benommen und fast ganz in einer Welt versunken, die sie sich im Geist erschaffen hatte -- einer Welt, in der das alles jemand anders widerfuhr und sie nur zuschaute. Jetzt allerdings brachte der Schock ihr ausgeblutetes, erlahmendes Herz auf Hochtouren, bis es in einem drängenden, verzweifelten Rhythmus pochte. Ihr flacher Atem, der einen seltsamen pfeifenden Ton in ihrer Brust verursachte, beschleunigte sich.
Den Mörder zu kennen machte es nur schlimmer. Dass er zu so etwas fähig war ...
Jedenfalls linderte diese Erkenntnis nicht die Schmerzen, die mit dem ersten Messerstich begonnen hatten. Sie hatte ihnen zu entfliehen versucht, indem sie sich der langsamen Lethargie des Blutverlusts hingab. Jetzt kam das Grauen, das sie am Anfang heimgesucht hatte, als ihr aufging, dass sie gekidnappt wurde, wie eine Kugel auf sie zugeschossen und traf sie mitten ins Herz.
Sie spürte, dass sie sich wieder bewegen konnte, und verwendete das letzte bisschen Energie auf den vergeblichen Versuch, dem nächsten langsamen, sorgfältig geführten Hieb auszuweichen, der sie eher quälen denn verwunden sollte. Mit dem ersten Stich hatte er sie bereits schwer verletzt. Jetzt spielte er nur noch mit ihr.
Ich kenne dich schon fast mein ganzes Leben lang. Wie konntest du nur?
Das Wissen um seine Identität barg nicht die geringste Hoffnung auf Rettung. Sandte keinen Geistesblitz, wie sie entkommen konnte, an ihr halb totes Gehirn, das bereits kurz vorm Abschalten stand und nur noch darauf hoffte, dass das Ganze bald vorüber wäre. Flößte ihr keinen Mut ein oder den Willen, sich zu wehren wie am Anfang, als er sie gepackt hatte, während sie aus Dicks Taverne gestolpert war. Das war ... vor Tagen gewesen? Vor Wochen? Jahrhunderten?
Nein. Es mochte ihr zwar wie eine Ewigkeit erscheinen, aber wahrscheinlich hatte sie die Bar vor nur einer, höchstens zwei Stunden verlassen. Sie war so betrunken gewesen, dass sie erst dachte, irgendeiner der Typen, die ihr einen ausgegeben hatten, hoffte auf eine Gegenleistung in der Dunkelheit des mit Schotter ausgestreuten Parkplatzes. Oder dass der eine echte Freund, den sie in dieser Stadt noch hatte, gekommen wäre, um sie wohlbehalten nach Hause zu bringen, ob sie nun wollte oder nicht. Wohlbehalten ... nach Hause?
Als seine Faust unbarmherzig auf ihren Kiefer gekracht war, hatte sie sich von dieser Vorstellung schnell verabschiedet. Ihr Entführer hatte sie über den Boden geschleift, während sie lediglich halb bei Bewusstsein gewesen war und nicht in der Lage, auch nur zu wimmern, geschweige denn, um Hilfe zu rufen. Nicht, dass irgendjemand da draußen sie hätte hören können.
Er hatte sie auf die Ladefläche eines Lieferwagens geworfen und hierher ins absolute Nirgendwo gefahren. Sie war überzeugt gewesen, dass er sie vergewaltigen würde. Aber mit jeder Minute seither war klar geworden, dass er sie nicht vögeln wollte. Früher schon - Himmel, warum hast du ihn bloß ausgelacht? -, aber jetzt wollte er nur eins: sie sterben sehen.
Der Schmerz, stechend zunächst, war in ein dumpfes Brennen übergegangen. Obwohl sie wusste, dass es nichts bringen würde, flehte sie um Gnade. »Bitte, lass mich gehen! Ich werd's niemandem erzählen. Ich kann ein Geheimnis für mich behalten.«
»Halt den Mund!«, antwortete er. Seine Worte klangen abgehackt, als ob er trotz seiner äußerlichen Ruhe und Gefasstheit doch etwas empfinden würde bei dem, was er ihr antat.
Vielleicht ...
So schnell, wie sie aufgekeimt war, erlosch die Hoffnung auch wieder, dass er vielleicht doch einen Funken Menschlichkeit besaß. Durch ihre verquollenen, halb geschlossenen Augenlider sah sie, wie er sich an den Schritt fasste.
Klar. So was von empfindsam. »Du krankes Arschloch!«, fauchte sie.
»Halt's Maul, dreckige Schlampe!« Er holte weit aus, aber diesmal brachte er sie nicht mit dem Messer, sondern mit der bloßen Faust zum Schweigen. Er wollte nicht, dass es zu schnell vorbei war. Ihn zu provozieren, damit er sie rasch tötete, war nicht drin. »Du bekommst nur, was du verdienst.«
Es riss ihr den Kopf in den Nacken, und sie sah Sterne. Nicht im übertragenen Sinne - ein Meer von richtigen Sternen übersäte den mitternächtlichen Himmel über ihr. Man bräuchte tausend Nächte, sie zu zählen - ein Leben, sie schätzen zu lernen.
Ihr blieben höchstens einige Minuten. Sekunden, wenn sie Glück hatte.
Sie versuchte, nicht daran zu denken, und starrte weiter nach oben, konzentrierte sich auf den Mond, den Himmel. »Daddy«, flüsterte sie und sehnte sich nach etwas, das sie vor langer Zeit verloren hatte.
Wie konnte sich die Welt immer noch drehen, wie konnte das Leben überall weitergehen, während sie zu Tode gequält wurde? Unter all diesem Licht, dieser Unendlichkeit war sie völlig allein mit diesem Ungeheuer, das sie töten wollte.
»Es tut mir leid.« Tränen rannen ihr aus den Augenwinkeln und vermischten sich mit dem Blut und dem Schmutz auf ihren Wangen. Sie wusste nicht, mit wem sie sprach. Mit irgendeinem Gott, an den sie schon lange nicht mehr glaubte? Mit sich selbst, weil sie in diese Falle getappt war?
Vielleicht versuchte sie, die eine Sache zu sagen zu dem einen Menschen, der wirklich verdiente, es zu hören. Es wird ihr das Herz brechen.
Das Bild ihrer traurigen, abgekämpften Mutter, die so liebevoll gewesen war und gleichzeitig so unwahrscheinlich blind, brachte Klarheit in ihre Gedanken. Sie wandte sich wieder ihrem Angreifer zu.
Er war kein Dämon. Nur ein bösartiger, furchtbarer Mensch.
»Warum?« Ein schwaches Wispern war alles, was sie zustande brachte. Sie musste sehr viel Blut verloren haben. Es sprudelte nicht länger hervor, sondern rann langsam an ihr herunter. Seine Wärme auf ihrer nackten Haut bildete einen scharfen Kontrast zur Kälte der Märznacht. Nicht mehr lange.
»Weil du eine Hure bist und niemand dich vermissen wird«, antwortete er mit einem Schulterzucken.
Wieso war niemandem je aufgefallen, dass er völlig verrückt war?
»Warte hier!« Als ob ihr etwas anderes übrig blieb.
Er warf einen Blick nach rechts, schüttelte leicht den Kopf und schritt zum Rand der kleinen Lichtung, auf der er sie gefangen hielt.
Da sah sie die Videokamera.
Sie war auf einem Stativ befestigt und direkt auf Lisa ausgerichtet. Ein kleines rotes Licht durchdrang die Dunkelheit und zeigte an, dass die Kamera lief und alles aufzeichnete. Er hielt ihre Qualen fest, bannte ihre letzten Augenblicke in eine blutige Abfolge zweidimensionaler Bilder.
»Du wirst berühmt werden«, erklärte er, während er die Kamera justierte.
Er neigte sie etwas nach unten. Ein surrendes Geräusch verriet, dass er heranzoomte.
»Du krankes Schwein«, murmelte sie, aber ihre Worte waren so leise, dass sie sie selbst fast nicht hörte. Sie bekam nicht mehr genug Luft, um irgendwelche vernehmbaren Laute von sich zu geben.
»Wir werden beide berühmt.«
Beide berühmt. Lisa fielen die Augen zu. Ihre Muskeln gehorchten ihr nicht mehr, ihre Beine wurden taub. Den Schmerz in ihren Schultern, an denen sie mit dem ganzen Gewicht eines fast toten Körpers hing, spürte sie kaum noch.
Berühmt.
Das Wort blitzte durch ihr Gehirn, ließ sie ein letztes Mal hoffnungsvoll aufseufzen. Sie hörte das Knistern des trockenen Laubes unter seinen Füßen, als er zurückkam, um zu Ende zu führen, was er so grausam begonnen hatte. Dennoch konnte sie nicht anders, sie verspürte ein leises Triumphgefühl.
Er war mit ihr auf diesem Band. Verhüllt, das ja, mit einem schwarzen Umhang und einer Kapuze. Aber sie hatte ihn erkannt. Jemand anders würde ihn auch erkennen. Lange nachdem sie tot war, würde jemand dieses Video sehen und ihn fassen. Ein kleiner Trost, aber immerhin.
Die Schritte verstummten. Lisa musste die Augen nicht öffnen, um zu wissen, dass er wieder vor ihr stand. Die Wärme seines Atems aus dem Inneren der Kapuze streifte ihre Wange. Wäre sie noch dazu in der Lage gewesen, hätte sie den Kopf gedreht und ihm die Zähne in den Hals geschlagen. Aber jegliche Kraft hatte sie schon lange verlassen. So wie der Traum, ihm zu entkommen. Gerechtigkeit hingegen - diese Hoffnung hatte sie noch nicht aufgegeben.
»Auf dieser Nahaufnahme wird etwas ganz Besonderes zu sehen sein«, flüsterte er.
Und du auch, du Arsch!
Er strich ihr mit einem schwarz behandschuhten Finger über die Wange. »Sei nicht traurig. Eine Menge Leute werden das hier sehen. Sie werden dich lieben, und sie werden niemals erfahren, was für eine billige Nutte du bist.«
Der Arm holte aus. Ein Kuss stählernen Feuers. Und einige willkürliche Gedanken, bevor das Vergessen über ihr zusammenschlug.
Warum drehte er dieses Video?
Wer würde es sehen?
Lass es nur Mama nicht sehen ...
Dann Schwärze.
Während er das Ding, das einmal eine Frau gewesen war, vom Baum schnitt, wunderte er sich selbst darüber, wie ruhig er war. Er verspürte keine Panik. Keine Angst. Keine Reue. Nichts außer dem berauschenden Gefühl, dass er es getan hatte.
»Du hättest mich nicht auslachen sollen«, sagte er, während er die Leiche über den Boden schleifte. »Es hätte jede treffen können, aber dich hat es erwischt, weil du gelacht hast.«
Jedes andere dreckige Weibsbild hätte ebenso getaugt, aber dieses hatte es am meisten verdient - so, wie sie reagiert hatte, als er sich ihr näherte, seinen eigenen niederen Trieben ausgeliefert. Er war es leid, ausgelacht zu werden. Verachtet zu werden.
Damit war es jetzt vorbei. Das Bündel, das er in eine Plane rollte und zusammenschnürte, um es zu vergraben, war der Beweis. Und mithilfe des Videos, das er nachbearbeiten würde, um sicherzugehen, dass ihn nichts darauf verriet, würde er es bald der ganzen Welt zeigen.
Zumindest seiner Welt. Der einzigen, in der er verstanden wurde. Der einzigen, die ihm noch etwas bedeutete.
Der einzigen, in der er sich zu Hause fühlte.
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
In den letzten Augenblicken ihres Lebens wurde Lisa Zimmerman klar, dass sie ihren Mörder kannte. Als das Mondlicht die schwarz verhüllte Gestalt der Finsternis entriss, brauchte es nur ein geflüstertes Wort, und die Wahrheit stand ihr trotz der Schmerzen mit ganzer Deutlichkeit vor Augen.
Plötzlich waren ihre müden Gehirnzellen wieder voll da. »Du?« Es tat weh, die geschwollenen Lippen zu bewegen, auf denen eine Kruste aus Blut, Dreck und kleinen Kieselsteinen klebte. Mit großer Anstrengung setzte sie hinzu: »Das ist ... unmöglich.«
Aber es stimmte.
Sie wusste, wer sie an diesen Baum gebunden hatte, die Arme qualvoll über ihren Kopf gestreckt, sodass sie an ihren verrenkten Schultern hing und nur die Zehen ihrer nackten Füße den Boden berührten. Wusste, wer ihr mit der Klinge brutal den Unterleib aufgeschlitzt hatte, bis sie spürte, wie ihr das warme, klebrige Blut die Beine hinunter auf die Füße tropfte. Wusste, wer sie unter der schwarzen Kapuze hervor beobachtete, ohne dass seine ausdruckslosen Augen eine Gefühlsregung zeigten - als ob sie keine Todesqualen litte.
Sie kannte ihn.
Bis zu diesem Moment war sie nur dahingedämmert, völlig benommen und fast ganz in einer Welt versunken, die sie sich im Geist erschaffen hatte -- einer Welt, in der das alles jemand anders widerfuhr und sie nur zuschaute. Jetzt allerdings brachte der Schock ihr ausgeblutetes, erlahmendes Herz auf Hochtouren, bis es in einem drängenden, verzweifelten Rhythmus pochte. Ihr flacher Atem, der einen seltsamen pfeifenden Ton in ihrer Brust verursachte, beschleunigte sich.
Den Mörder zu kennen machte es nur schlimmer. Dass er zu so etwas fähig war ...
Jedenfalls linderte diese Erkenntnis nicht die Schmerzen, die mit dem ersten Messerstich begonnen hatten. Sie hatte ihnen zu entfliehen versucht, indem sie sich der langsamen Lethargie des Blutverlusts hingab. Jetzt kam das Grauen, das sie am Anfang heimgesucht hatte, als ihr aufging, dass sie gekidnappt wurde, wie eine Kugel auf sie zugeschossen und traf sie mitten ins Herz.
Sie spürte, dass sie sich wieder bewegen konnte, und verwendete das letzte bisschen Energie auf den vergeblichen Versuch, dem nächsten langsamen, sorgfältig geführten Hieb auszuweichen, der sie eher quälen denn verwunden sollte. Mit dem ersten Stich hatte er sie bereits schwer verletzt. Jetzt spielte er nur noch mit ihr.
Ich kenne dich schon fast mein ganzes Leben lang. Wie konntest du nur?
Das Wissen um seine Identität barg nicht die geringste Hoffnung auf Rettung. Sandte keinen Geistesblitz, wie sie entkommen konnte, an ihr halb totes Gehirn, das bereits kurz vorm Abschalten stand und nur noch darauf hoffte, dass das Ganze bald vorüber wäre. Flößte ihr keinen Mut ein oder den Willen, sich zu wehren wie am Anfang, als er sie gepackt hatte, während sie aus Dicks Taverne gestolpert war. Das war ... vor Tagen gewesen? Vor Wochen? Jahrhunderten?
Nein. Es mochte ihr zwar wie eine Ewigkeit erscheinen, aber wahrscheinlich hatte sie die Bar vor nur einer, höchstens zwei Stunden verlassen. Sie war so betrunken gewesen, dass sie erst dachte, irgendeiner der Typen, die ihr einen ausgegeben hatten, hoffte auf eine Gegenleistung in der Dunkelheit des mit Schotter ausgestreuten Parkplatzes. Oder dass der eine echte Freund, den sie in dieser Stadt noch hatte, gekommen wäre, um sie wohlbehalten nach Hause zu bringen, ob sie nun wollte oder nicht. Wohlbehalten ... nach Hause?
Als seine Faust unbarmherzig auf ihren Kiefer gekracht war, hatte sie sich von dieser Vorstellung schnell verabschiedet. Ihr Entführer hatte sie über den Boden geschleift, während sie lediglich halb bei Bewusstsein gewesen war und nicht in der Lage, auch nur zu wimmern, geschweige denn, um Hilfe zu rufen. Nicht, dass irgendjemand da draußen sie hätte hören können.
Er hatte sie auf die Ladefläche eines Lieferwagens geworfen und hierher ins absolute Nirgendwo gefahren. Sie war überzeugt gewesen, dass er sie vergewaltigen würde. Aber mit jeder Minute seither war klar geworden, dass er sie nicht vögeln wollte. Früher schon - Himmel, warum hast du ihn bloß ausgelacht? -, aber jetzt wollte er nur eins: sie sterben sehen.
Der Schmerz, stechend zunächst, war in ein dumpfes Brennen übergegangen. Obwohl sie wusste, dass es nichts bringen würde, flehte sie um Gnade. »Bitte, lass mich gehen! Ich werd's niemandem erzählen. Ich kann ein Geheimnis für mich behalten.«
»Halt den Mund!«, antwortete er. Seine Worte klangen abgehackt, als ob er trotz seiner äußerlichen Ruhe und Gefasstheit doch etwas empfinden würde bei dem, was er ihr antat.
Vielleicht ...
So schnell, wie sie aufgekeimt war, erlosch die Hoffnung auch wieder, dass er vielleicht doch einen Funken Menschlichkeit besaß. Durch ihre verquollenen, halb geschlossenen Augenlider sah sie, wie er sich an den Schritt fasste.
Klar. So was von empfindsam. »Du krankes Arschloch!«, fauchte sie.
»Halt's Maul, dreckige Schlampe!« Er holte weit aus, aber diesmal brachte er sie nicht mit dem Messer, sondern mit der bloßen Faust zum Schweigen. Er wollte nicht, dass es zu schnell vorbei war. Ihn zu provozieren, damit er sie rasch tötete, war nicht drin. »Du bekommst nur, was du verdienst.«
Es riss ihr den Kopf in den Nacken, und sie sah Sterne. Nicht im übertragenen Sinne - ein Meer von richtigen Sternen übersäte den mitternächtlichen Himmel über ihr. Man bräuchte tausend Nächte, sie zu zählen - ein Leben, sie schätzen zu lernen.
Ihr blieben höchstens einige Minuten. Sekunden, wenn sie Glück hatte.
Sie versuchte, nicht daran zu denken, und starrte weiter nach oben, konzentrierte sich auf den Mond, den Himmel. »Daddy«, flüsterte sie und sehnte sich nach etwas, das sie vor langer Zeit verloren hatte.
Wie konnte sich die Welt immer noch drehen, wie konnte das Leben überall weitergehen, während sie zu Tode gequält wurde? Unter all diesem Licht, dieser Unendlichkeit war sie völlig allein mit diesem Ungeheuer, das sie töten wollte.
»Es tut mir leid.« Tränen rannen ihr aus den Augenwinkeln und vermischten sich mit dem Blut und dem Schmutz auf ihren Wangen. Sie wusste nicht, mit wem sie sprach. Mit irgendeinem Gott, an den sie schon lange nicht mehr glaubte? Mit sich selbst, weil sie in diese Falle getappt war?
Vielleicht versuchte sie, die eine Sache zu sagen zu dem einen Menschen, der wirklich verdiente, es zu hören. Es wird ihr das Herz brechen.
Das Bild ihrer traurigen, abgekämpften Mutter, die so liebevoll gewesen war und gleichzeitig so unwahrscheinlich blind, brachte Klarheit in ihre Gedanken. Sie wandte sich wieder ihrem Angreifer zu.
Er war kein Dämon. Nur ein bösartiger, furchtbarer Mensch.
»Warum?« Ein schwaches Wispern war alles, was sie zustande brachte. Sie musste sehr viel Blut verloren haben. Es sprudelte nicht länger hervor, sondern rann langsam an ihr herunter. Seine Wärme auf ihrer nackten Haut bildete einen scharfen Kontrast zur Kälte der Märznacht. Nicht mehr lange.
»Weil du eine Hure bist und niemand dich vermissen wird«, antwortete er mit einem Schulterzucken.
Wieso war niemandem je aufgefallen, dass er völlig verrückt war?
»Warte hier!« Als ob ihr etwas anderes übrig blieb.
Er warf einen Blick nach rechts, schüttelte leicht den Kopf und schritt zum Rand der kleinen Lichtung, auf der er sie gefangen hielt.
Da sah sie die Videokamera.
Sie war auf einem Stativ befestigt und direkt auf Lisa ausgerichtet. Ein kleines rotes Licht durchdrang die Dunkelheit und zeigte an, dass die Kamera lief und alles aufzeichnete. Er hielt ihre Qualen fest, bannte ihre letzten Augenblicke in eine blutige Abfolge zweidimensionaler Bilder.
»Du wirst berühmt werden«, erklärte er, während er die Kamera justierte.
Er neigte sie etwas nach unten. Ein surrendes Geräusch verriet, dass er heranzoomte.
»Du krankes Schwein«, murmelte sie, aber ihre Worte waren so leise, dass sie sie selbst fast nicht hörte. Sie bekam nicht mehr genug Luft, um irgendwelche vernehmbaren Laute von sich zu geben.
»Wir werden beide berühmt.«
Beide berühmt. Lisa fielen die Augen zu. Ihre Muskeln gehorchten ihr nicht mehr, ihre Beine wurden taub. Den Schmerz in ihren Schultern, an denen sie mit dem ganzen Gewicht eines fast toten Körpers hing, spürte sie kaum noch.
Berühmt.
Das Wort blitzte durch ihr Gehirn, ließ sie ein letztes Mal hoffnungsvoll aufseufzen. Sie hörte das Knistern des trockenen Laubes unter seinen Füßen, als er zurückkam, um zu Ende zu führen, was er so grausam begonnen hatte. Dennoch konnte sie nicht anders, sie verspürte ein leises Triumphgefühl.
Er war mit ihr auf diesem Band. Verhüllt, das ja, mit einem schwarzen Umhang und einer Kapuze. Aber sie hatte ihn erkannt. Jemand anders würde ihn auch erkennen. Lange nachdem sie tot war, würde jemand dieses Video sehen und ihn fassen. Ein kleiner Trost, aber immerhin.
Die Schritte verstummten. Lisa musste die Augen nicht öffnen, um zu wissen, dass er wieder vor ihr stand. Die Wärme seines Atems aus dem Inneren der Kapuze streifte ihre Wange. Wäre sie noch dazu in der Lage gewesen, hätte sie den Kopf gedreht und ihm die Zähne in den Hals geschlagen. Aber jegliche Kraft hatte sie schon lange verlassen. So wie der Traum, ihm zu entkommen. Gerechtigkeit hingegen - diese Hoffnung hatte sie noch nicht aufgegeben.
»Auf dieser Nahaufnahme wird etwas ganz Besonderes zu sehen sein«, flüsterte er.
Und du auch, du Arsch!
Er strich ihr mit einem schwarz behandschuhten Finger über die Wange. »Sei nicht traurig. Eine Menge Leute werden das hier sehen. Sie werden dich lieben, und sie werden niemals erfahren, was für eine billige Nutte du bist.«
Der Arm holte aus. Ein Kuss stählernen Feuers. Und einige willkürliche Gedanken, bevor das Vergessen über ihr zusammenschlug.
Warum drehte er dieses Video?
Wer würde es sehen?
Lass es nur Mama nicht sehen ...
Dann Schwärze.
Während er das Ding, das einmal eine Frau gewesen war, vom Baum schnitt, wunderte er sich selbst darüber, wie ruhig er war. Er verspürte keine Panik. Keine Angst. Keine Reue. Nichts außer dem berauschenden Gefühl, dass er es getan hatte.
»Du hättest mich nicht auslachen sollen«, sagte er, während er die Leiche über den Boden schleifte. »Es hätte jede treffen können, aber dich hat es erwischt, weil du gelacht hast.«
Jedes andere dreckige Weibsbild hätte ebenso getaugt, aber dieses hatte es am meisten verdient - so, wie sie reagiert hatte, als er sich ihr näherte, seinen eigenen niederen Trieben ausgeliefert. Er war es leid, ausgelacht zu werden. Verachtet zu werden.
Damit war es jetzt vorbei. Das Bündel, das er in eine Plane rollte und zusammenschnürte, um es zu vergraben, war der Beweis. Und mithilfe des Videos, das er nachbearbeiten würde, um sicherzugehen, dass ihn nichts darauf verriet, würde er es bald der ganzen Welt zeigen.
Zumindest seiner Welt. Der einzigen, in der er verstanden wurde. Der einzigen, die ihm noch etwas bedeutete.
Der einzigen, in der er sich zu Hause fühlte.
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
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Autoren-Porträt von Leslie Parrish
Leslie Parrish ist das Pseudonym der erfolgreichen Liebesromanautorin Leslie Kelly. Parrish lebt mit ihrem Mann und drei Töchtern in Maryland
Bibliographische Angaben
- Autor: Leslie Parrish
- 2011, 1. Aufl., 416 Seiten, Maße: 12,6 x 18,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Franck, Heide
- Übersetzer: Heide Franck
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802583752
- ISBN-13: 9783802583759
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