Was wir aus Liebe tun
Mit achtunddreißig steht Angela DeSaria vor den Trümmern ihres Lebens: Sie wird niemals Mutter werden und ihr Mann hat sie deswegen verlassen. Um sich abzulenken, kehrt sie in ihr idyllisches Heimatstädtchen zurück. Dort hilft sie ihrer Mutter und den...
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Mit achtunddreißig steht Angela DeSaria vor den Trümmern ihres Lebens: Sie wird niemals Mutter werden und ihr Mann hat sie deswegen verlassen. Um sich abzulenken, kehrt sie in ihr idyllisches Heimatstädtchen zurück. Dort hilft sie ihrer Mutter und den Schwestern, das italienische Familienrestaurant wieder in Schwung zu bringen. Doch erst die Freundschaft mit der jungen Kellnerin Lauren verschafft Angela eine zweite Chance auf das Glück ...
Was wir aus Liebe tun von Kristin Hannah
LESEPROBE
Eins
An diesemüberraschend sonnigen Tag war einiges los auf den Straßen von West End. Überallstanden Mütter in weitgeöffneten Türen, hielten dieHände schützend vor die Augen und sahen ihren Kindern beim Spielen zu. Jeder wußte, daß bald, spätestensmorgen, klebriger Dunst den blauen Himmel überziehen und die Frühlingssonneverdunkeln mußte. Und dann würde es wieder zu regnenanfangen. Schließlich war es Mai im amerikanischen Nordwesten. Regen gehörtenun einmal zu diesem Monat wie Gespenster zu Halloweenund die Rückkehr zu den Laichgründen zu Lachsen.
»Es ist echtwarm«, stellte Conlan am Steuer des schwarzen BMW-Cabriosfest. Es waren die ersten Worte, die er seit fast einer Stunde äußerte.
Offenbarwollte er ein harmloses Gespräch beginnen. Angie hätte den Ball aufnehmen undvielleicht eine Bemerkung über den in prachtvoller Blüte stehenden Weißdornmachen sollen. Der Gedanke schoß ihr durch den Kopf,aber sie schwieg. In nur wenigen Monaten würden die Blätter welken, in kaltenNächten ihre Farbe verlieren und schließlich unbemerkt zu Boden fallen.
Was sollte esda schon für einen Sinn haben, einem so flüchtigen Moment überhaupt Beachtungzu schenken?
Angieblickte aus dem Fenster auf ihre Heimatstadt. Seit Monaten war sie nicht mehrhier gewesen. Obwohl West End nur knapp zweihundert Kilometer von Seattle trennten,hatte sie in letzter Zeit das Gefühl, daß dieEntfernung immer größer wurde. Sie hing zwar an ihrer Familie, konnte sich abernicht dazu aufraffen, das Haus zu verlassen. Draußen sah sie ja doch überallnur Babys.
Sieerreichten den ältesten Teil von West End, in dem viktorianische Häuser engnebeneinander auf schmalen Grundstücken standen. Gewaltige Ahornbäume warfenSchatten auf die Straße, verschlungene Muster aus Dunkel und Licht auf denAsphalt. In den siebziger Jahren war hier der pulsierende Mittelpunkt, das Herzvon West End gewesen. Damals hatte es hier von Kindern nur so gewimmelt, dieauf ihren Big Wheels oder Swinn-Fahrrädernvon einem Haus zum anderen flitzten. Jeden Sonntag wurden nach dem Gottesdienstausgelassene Parties veranstaltet und in jedem GartenRed Rover gespielt.
Seitherhatte sich in diesem Teil des Staates Oregon viel verändert, und das Lebenschien aus den alten Wohnvierteln gewichen. Die Laichwanderungen der Lachseließen nach, und die Holzindustrie lag am Boden. Alteingesessene Bürger, die früherihren Lebensunterhalt mit Gemüseanbau, Holzeinschlag und Fischfang verdienthatten, sahen sich nun ins Abseits gedrängt, fühlten sich vergessen. NeueBewohner errichteten sich Häuser am Rand von West End, in Siedlungen, die sienach Bäumen benannten, die für die Neubauten gefällt worden waren.
Aber hieram Maple Drive schien die Zeit stehengebliebenzu sein. Das letzte Haus an der Straße sah aus wie immer. Sein weißerFarbanstrich war makellos, die Zierleisten schimmerten smaragdgrün. KeinUnkraut hatte jemals den Rasen des Vorgartens verunzieren dürfen. VierJahrzehnte lang hatte sich Angies Vater um dieses Haus gekümmert, es war sein ganzerStolz und steter Quell der Freude gewesen. Nach den anstrengenden Wochenendenim familieneigenen Restaurant hatte er jeden Montag notwendigen Reparaturen imHaus und der Gartenarbeit gewidmet. Nach seinem Tod bemühte sich Angies Mutter,seinem Beispiel zu folgen. Es war für sie eine Art Trost, eine Möglichkeit, demMann nahezusein, den sie fast fünfzig Jahre langgeliebt hatte. Und wenn sie die schwere Arbeit ermüdete, war immer jemandbereit, ihr zu helfen. Das sei eben der Vorteil, drei Töchter zu haben,erklärte sie häufig. Der Lohn dafür, daß sie ihre Teenagerjahreso geduldig ertragen hatte.
Conlanfuhr an den Straßenrand und hielt. Während sich das Verdeck automatisch schloß, wandte er sich Angie zu. »Bist du auch sicher, daß es nicht zuviel für dich wird?«»Ich bin schließlich freiwillig hier, oder?« Endlichsah sie ihn an. Er war erschöpft, mutlos. Das sah sie in seinen blauen Augen, wußte aber, daß er nichts weitersagen würde. Nichts, das sie an das Baby erinnern könnte, das sie vor wenigen Monatenverloren hatten.
Stumm saßensie nebeneinander. Die Klimaanlage surrte leise.
Früherhätte Conlan sie an sich gezogen, sie geküßt, ihr gesagt, daß er sieliebte, und diese wenigen, zärtlichen Worte hätten ihr unendlich gutgetan. Aber das gehörte mittlerweile der Vergangenheitan. Die Liebe zwischen ihnen schien nicht mehr zu existieren, war so verblichenund verloren wie ihre Kindheit.
»Wirkönnten einfach wieder verschwinden. Vielleicht sagen, daßdas Auto seinen Geist aufgegeben hat«, schlug er vor und versuchte der Mann zusein, der er einmal gewesen war, der Mann, der seine Frau mit einer kleinenBemerkung zum Lächeln bringen konnte.
Sie senkteden Blick. »Machst du Witze? Sie glauben doch alle, daßwir für den Wagen zuviel gezahlt haben. Abgesehen davon weiß Mama längst, daß wir da sind. Sie mag ja hin und wieder mit Totensprechen, aber sie hat Ohren wie ein Luchs.« »Sie istbestimmt in der Küche, um zehntausend Cannelloni für zwanzig Leutezuzubereiten. Und deine Schwestern reden ohne Punkt und Komma, seit sie dasHaus betreten haben. Wir könnten uns ganz unbemerkt wieder aus dem Staub machen.« Er lächelte. Einen Moment lang kam es ihr vor, als wärezwischen ihnen wieder alles in Ordnung, als säßen keine Gespenster mit ihnen imAuto. Angie wünschte, die - Sorglosigkeit wäre von Dauer.
»Wie ich Livvy kenne, hat sie drei Töpfe Gulasch gekocht«, murmeltesie. »Und Mira vermutlich eine neue Tischdecke gehäkelt und uns allen passendeSchürzen genäht.«
»In derletzten Woche hattest du zwei wichtige Konferenzen über Anzeigenkampagnen undAufnahmen für einen Werbespot. Da blieb dir kaum Zeit zum Kochen.«
Der arme Conlan. Auch nach vierzehnjähriger Ehe fehlte ihm jedeVorstellung von den Wertmaßstäben der DeSarias. Fürihre Familie war Kochen mehr als ein Job oder ein Hobby.
Es war eineArt Zahlungsmittel, das Angie jedoch fehlte. Ihrem Vater hatte es gefallen, daß sie nicht kochen konnte. Für ihn war das einKennzeichen für Erfolg. Als Immigrant, der mit vier Dollar in der Tasche in dieStaaten gekommen war und dann sein Geld mit dem Kochen für andere Einwandererfamilienverdiente, machte es ihn stolz, daß seine jüngsteTochter ihr Geld mit dem Kopf verdiente und nicht mit den Händen.
»Laß uns endlich reingehen.« Siewollte sich nicht an ihren Vater erinnern.
Angie stiegaus und lief zum Kofferraum. Sie öffnete ihn und holte einen Karton heraus. Inihm befanden sich eine opulente Schokoladentorte und eine köstliche Limonentarte.
Sie hörtebereits die Kommentare, die mit Sicherheit folgen würden, weil sie bei derPacific Dessert Company eingekauft hatte, anstatt selbst zu backen. Als jüngsteSchwester - »die Prinzessin« - hatte sie stets malen, mit Freundinnen telephonieren oder fernsehen dürfen, wenn ihre Schwesternin der Küche helfen mußten. Ihre Schwestern ließensie nie vergessen, daß Papa sie maßlos verwöhnthatte. Als Erwachsene waren Livvy und Mira noch immerim Restaurant der Familie beschäftigt. Und das war richtige Arbeit, wiesie stets betonten, etwas anderes als Angies Tätigkeit in der Werbebranche.
»Komm«,sagte Conlan und hakte sich bei ihr ein.
© UllsteinBuchverlage
Kristin Hannah, Jahrgang 1960, studierte zunächst Jura, obwohl ihre Mutter ihr schon früh prophezeite, dass sie Schriftstellerin werden würde. Heute ist sie eine international erfolgreiche Bestsellerautorin, deren preisgekrönte Romane auch schon verfilmt wurden. Kristin Hannah lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einer kleinen Stadt in der Nähe von Seattle, Washington.
- Autor: Kristin Hannah
- 2007, 473 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Engl. v. Hedda Pänke
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548267149
- ISBN-13: 9783548267142
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