Wenn die Dunkelheit fällt
Natürlich hatte Banks schon Schlimmeres gesehen als in diesem neuen Fall, sogar viel Schlimmeres, doch was ihm jetzt zu schaffen machte, war das Mitgefühl, dieses tiefe...
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Natürlich hatte Banks schon Schlimmeres gesehen als in diesem neuen Fall, sogar viel Schlimmeres, doch was ihm jetzt zu schaffen machte, war das Mitgefühl, dieses tiefe Mitleid, das er für die Opfer empfand. Es nagte an seiner Psyche und hielt ihn nächtelang wach. Jedes Verbrechen empfand er inzwischen wie eine immer wieder aufplatzende, gerade verheilte Wunde. Besonders das hier ...
Wenn die Dunkelheit fällt vonPeter Robinson
LESEPROBEPROLOG
Als sie zu bluten begann, wurdesie in den Käfig gesperrt.
Tom war schon seit drei Tagendrin. Er weinte nicht mehr,
aber er zitterte. Es war Februar,der Keller war nicht geheizt,
und beide waren nackt. Zu essenwürde es auch nichts geben,
das wusste sie. Erst dann wieder,wenn sie so viel Hunger
hatte, dass es sich anfühlte, alswürde sie von innen aufgefressen.
Es war nicht das erste Mal, dasssie in den Käfig gesperrt
wurde, aber diesmal war es etwasanderes. Früher
wurde sie reingesteckt, weil sieetwas falsch gemacht oder
nicht getan hatte, was von ihrverlangt wurde. Jetzt gab es
einen anderen Grund: Sie hattesich verändert, und das
machte ihr große Angst.
Sobald die Tür oben an der Treppeverschlossen wurde,
hüllte die Dunkelheit sie ein wieein Pelz. Die Dunkelheit
strich ihr über die Haut,schmiegte sich an ihre Beine wie eine
Katze. Sie begann zu zittern. Siehasste den Käfig mehr als
alles andere, mehr als dieSchläge, mehr als die Demütigungen.
Aber sie würde nicht weinen. Sieweinte nie. Das konnte
sie nicht. Der Gestank warunerträglich; es gab keine Toilette,
nur einen Eimer in der Ecke, dererst geleert wurde, wenn sie
herausgelassen wurden. Und werwusste, wie lange das noch
dauern würde.
Noch schlimmer als der Gestankwaren die leise scharrenden
Geräusche, die begannen kurznachdem sie eingeschlossen
worden waren. Gleich würde esanfangen, kleine
Füße würden über ihre Beine oderihren Bauch huschen, sobald
sie wagte, sich hinzulegen. Beimersten Mal hatte sie
versucht, in Bewegung zu bleibenund Krach zu machen, um
sich die Tiere vom Hals zuhalten. Aber irgendwann war sie
müde geworden und eingeschlafen,irgendwann war ihr egal
gewesen, wie viele es waren undwas sie machten. Die Bewegungen
und das Gewicht verrieten ihrauch im Dunkeln,
ob es Ratten oder Mäuse waren.Die Ratten waren schlimmer.
Eine hatte sie sogar malgebissen.
Sie versuchte Tom zu trösten. Sienahm ihn in den Arm,
damit ihnen beiden ein wenigwärmer wurde. Um ehrlich zu
sein, hätte sie selbst einbisschen Trost gebrauchen können,
aber es war niemand da, der ihnhätte spenden können.
Mäuse huschten ihr über die Füße.Hin und wieder ruckte
sie mit dem Bein, und quiekendprallte eine Maus gegen die
Wand. Oben wurde laute Musikgespielt, der Bass brachte
die Käfigstangen zum Vibrieren.
Sie schloss die Augen undversuchte, tief in sich eine Zuflucht
zu finden, einen Ort, an demalles warm und golden
war, an dem sich das dunkelblaueMeer am Strand brach,
das Wasser warm war und angenehmwie Sonnenlicht. Aber
es gelang ihr nicht. Sie konnteden Sandstrand und das blaue
Meer, den Garten voll bunterBlumen, den kühlen grünen
Sommerwald nicht finden. Wenn siedie Augen schloss, gab
es nur rot gestreifte Dunkelheit,fernes Gemurmel, Schreie
und eine entsetzliche Angst.
Immer wieder nickte sie ein, dieMäuse und Ratten beachtete
sie nicht mehr. Sie wusste nicht,wie lange sie unten
gewesen war, als es oben lautwurde. Ein anderer Lärm. Die
Musik war längst aus, es war ganzstill im Keller, abgesehen
vom Gescharre und Toms Atem. Siemeinte, draußen ein
Auto halten zu hören. Stimmen.Noch ein Auto. Dann ging
jemand oben durchs Zimmer.Fluchte.
Plötzlich war die Hölle los. Esklang, als würde ein Baumstamm
gegen die Haustür gerammt, danngab es ein knirschendes
Geräusch, gefolgt von einemlauten Knall. Die Tür
hatte nachgegeben. Tom wachte aufund wimmerte in ihren
Armen. Sie hörte Geschrei undGetrampel, als liefen oben
viele Erwachsene herum. Nacheiner Ewigkeit wurde das
Schloss der Kellertüraufgestemmt. Ein bisschen Licht fiel
herein. Unten war keine Lampe.Dann stachen die Lichtkegel
greller Taschenlampen ins Dunkel,kamen näher, so nah,
dass sie sie blendeten. Sie hieltsich die Augen zu. Der Lichtstrahl
blieb auf ihr ruhen, und eineseltsame Stimme rief:
»Du meine Güte! Ach, du meineGüte!«
© Ullstein Verlag
Übersetzung: Andrea Fischer
- Autor: Peter Robinson
- 2005, 479 Seiten, Maße: 12,3 x 19,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Fischer, Andrea
- Übersetzer: Andrea Fischer
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548259839
- ISBN-13: 9783548259833
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
4 von 5 Sternen
5 Sterne 0Schreiben Sie einen Kommentar zu "Wenn die Dunkelheit fällt".
Kommentar verfassen