Wie viel Mensch braucht ein Hund
Tierisch menschliche Geschichten
Der neue Bestseller der erfolgreichen »Hundeflüsterin«
Humorvoll und fesselnd erzählt die Hundeflüsterin Maike Maja Nowak von ihren faszinierenden Begegnungen mit Hunden und ihren Menschen: Von dem alten Ehepaar, das einen...
Humorvoll und fesselnd erzählt die Hundeflüsterin Maike Maja Nowak von ihren faszinierenden Begegnungen mit Hunden und ihren Menschen: Von dem alten Ehepaar, das einen...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Wie viel Mensch braucht ein Hund “
Der neue Bestseller der erfolgreichen »Hundeflüsterin«
Humorvoll und fesselnd erzählt die Hundeflüsterin Maike Maja Nowak von ihren faszinierenden Begegnungen mit Hunden und ihren Menschen: Von dem alten Ehepaar, das einen Straßenhund rettet und sich ärgert, dass der ehemalige Rudelführer sich in ihrem Wohnzimmer gar nicht wohl fühlt, von den Snobs, die ihrem West Higland Terrier Leibchen anziehen, und von der Polizistin, die nicht mehr erträgt, dass ihr Hund durch die Arbeit süchtig gemacht wird. Aber auch vom riesigen Mastiff, der nur Ruhe gibt, wenn er an Crème fraîche schnüffeln darf, und von dem Mischling, der seinem Frauchen neuen Lebensmut gibt.
Mit ihrem außergewöhnlichen Einfühlungsvermögen zeichnet Maike Maja Nowak erneut tierisch menschliche Beziehungsstrukturen nach und stellt sich und ihren Lesern die Frage: Wie viel Hund braucht ein Mensch? Und wie viel Mensch verträgt ein Hund?
Humorvoll und fesselnd erzählt die Hundeflüsterin Maike Maja Nowak von ihren faszinierenden Begegnungen mit Hunden und ihren Menschen: Von dem alten Ehepaar, das einen Straßenhund rettet und sich ärgert, dass der ehemalige Rudelführer sich in ihrem Wohnzimmer gar nicht wohl fühlt, von den Snobs, die ihrem West Higland Terrier Leibchen anziehen, und von der Polizistin, die nicht mehr erträgt, dass ihr Hund durch die Arbeit süchtig gemacht wird. Aber auch vom riesigen Mastiff, der nur Ruhe gibt, wenn er an Crème fraîche schnüffeln darf, und von dem Mischling, der seinem Frauchen neuen Lebensmut gibt.
Mit ihrem außergewöhnlichen Einfühlungsvermögen zeichnet Maike Maja Nowak erneut tierisch menschliche Beziehungsstrukturen nach und stellt sich und ihren Lesern die Frage: Wie viel Hund braucht ein Mensch? Und wie viel Mensch verträgt ein Hund?
Klappentext zu „Wie viel Mensch braucht ein Hund “
Der neue Bestseller der erfolgreichen "Hundeflüsterin"Ergreifend und fesselnd erzählt die Hundeflüsterin Maike Maja Nowak von ihren faszinierenden Begegnungen mit Hunden und ihren Menschen: von dem alten Ehepaar, das einen Straßenhund rettet und sich ärgert, dass der erfahrene Leithund sich ihnen und ihrem Leben verweigert, von der jungen Frau, die über ihren Hund ihre tiefsten Ängste überwindet und von der Polizistin, die darum kämpft, dass ihr Hund an seiner Sucht nicht zu Grunde geht. Humorvoll wird es bei einem riesigen Mastiff und seinem duftenden Geheimnis und bei einem West Highland Terrier, der ein unglaubliches Hobby verfolgt.
Mit ihrem außergewöhnlichen Einfühlungsvermögen zeichnet Maike Maja Nowak tierisch menschliche Beziehungsstrukturen nach und stellt sich und ihren Lesern die Frage: Wie viel Mensch braucht ein Hund wirklich? Und wie viel Mensch verträgt er?
Lese-Probe zu „Wie viel Mensch braucht ein Hund “
Wie viel Mensch braucht ein Hund von Maike Maja Nowak Vorwort
Man muss einen Ort nicht verlassen, um Neues zu entdecken - besonders wenn es dort Wesen und Dinge gibt, die man zu kennen meint.
Alle Geschichten in diesem Buch sind wahr. Ich wählte sie nach einem ganz persönlichen Aspekt aus: Sie berühren mich.
Namen und Orte wandelte ich so ab, dass die Anonymität der Protagonisten gewahrt bleibt - es sei denn, die Inhalte sind in keiner Weise bedenklich und/oder es wurde mir ausdrücklich gestattet, sie zu beschreiben.
Heute geht es immer mehr um eine neue Lebensform mit Hunden, die ich Mensch-Hund-Kommunikation nennen möchte. Auf erlernte Reaktionen bei einem Hund zu verzichten, die lediglich durch Bestechung oder die Anwendung von Gewalt konditioniert wurden, und instinktiv mit seinen Instinkten umzugehen, bringt uns etwas sehr Wichtiges nahe - unsere eigene Natur.
Instinktiv sein zu dürfen, in einer Welt, die »kopfgemacht« ist, hat etwas von Nachhausekommen und von einer großen Freiheit.
So wie man einem Kind von Beginn an die Welt zeigt und nicht erst in einer künstlichen Parallelwelt für den »Ernstfall « trainiert, kann man auch einem Hund situativ mitteilen, wie er mit einer neuen Gegebenheit umgehen soll. Dafür muss man nur seine Art zu kommunizieren kennen und eigene Instinkte nutzen. Die Parallelwelt des Hundeplatzes darf sich dabei in eine Schule für Menschen wandeln, die diese Kommunikation erlernen wollen. Gelehrt werden dann Hundesprache, Neugier, Kompetenz und das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung.
... mehr
Viele Hunde werden nur als das behandelt, was unter dem Aspekt menschlicher Bedürfnisse in ihnen gesehen wird. Wer und was sie jedoch selbst sind - als einzelnes Hundeindividuum, als Angehörige einer bestimmten Hunderasse und als funktionales Rudelmitglied - bleibt dem Menschen häufig verborgen.
Oft führen sie, unerkannt in ihren angeborenen Fähigkeiten, in ihrer Form der Kommunikation und sozialen Struktur, ein ganz anderes Leben in unseren Wohnstuben und stützen einen Menschen, der die Unterstützung seiner eigenen Artgenossen verloren hat.
Hunde sind häufig nicht nur damit beschäftigt, ihr eigenes fehlendes Rudelgefüge auszugleichen, sondern auch damit, unsere emotionalen Defizite aufzufangen.
Jeder, der mit ihnen lebt, weiß, wie viel Hunde zu geben vermögen. Sie befrieden uns, machen uns glücklich, stimmen uns zärtlich, bringen uns in Kontakt mit anderen Menschen. Sie lassen uns lächeln, bewegen uns, bringen uns zum Staunen und lassen uns an uns selbst glauben.
Es ist an der Zeit, ihnen etwas davon zurückzugeben und sie dort zu entlasten, wo sie durch Verhaltensstörungen - die immer häufiger anzutreffen sind - eine deutliche Überlastung zeigen.
Hunde verdienen, im Wesentlichen mit uns leben zu dürfen, wie sie selbst miteinander leben: In einer sozialen Struktur aus Regeln, Grenzsetzungen, Zuneigung und Freiheit.
Ein Hund ist nicht dazu da, die Sehnsüchte, die unser eigener unangemessener Umgang miteinander hervorbringt, zu stillen. Wir schufen eine Menschenwelt, in der nicht nur Länder und Weltmächte gegeneinander Kriege führen, sondern jeder unzufriedene Privatmensch anonym, leise und ohne Blutvergießen seinen ganz persönlichen »Krieg« im Internet führen darf, oder, sich stark fühlend, mit anderen Anonymen »in den Krieg ziehen« kann. Die menschliche Sehnsucht nach Harmonie scheint inzwischen so groß, dass viele Hunde für eine künstliche Eintracht herhalten müssen, die mit Bestechung und Vermeidung von Regeln erreicht werden soll.
Nur weil wir untereinander unsere Grenzsetzungen gewalttätig missbrauchen, darf man sie einem Hund nicht vorenthalten. Hunde leben von Natur aus mit Regeln und angemessenen körperlichen Grenzsetzungen untereinander. Wir dürfen von ihnen lernen, wie so etwas auch ohne Gewalt funktioniert.
Das traurige Gegenteil der Menschen, die einen Hund ausschließlich mit Licht, Liebe und Bestechung erziehen wollen, ist die Tatsache, dass es noch immer Menschen gibt, die ihre eigene Ohnmacht im Leben in der Gewalt gegen und über ihren Hund loszuwerden suchen. Jeder aber, der über einen Hund nur Macht haben möchte, wird nur Macht haben, mehr nicht. Ein vertrauensvolles Miteinander wird er so nicht kennenlernen, obwohl ihm genau dieses Geschenk helfen könnte, sich selbst zu vertrauen und der Ohnmacht zu entkommen.
Auch in anderen Bereichen besteht Handlungsbedarf: Darf man aus Gründen des »Tierschutzes« frei lebende Hunde ihrer Freiheit berauben, die diese »Rettung« weder wollen noch ihrer bedürfen? Sollten sich nicht auch Tierschützer, die wie jede Personengruppe der Welt aus kompetenten und nicht kompetenten Menschen besteht, mitunter dafür verantworten müssen? Warum kann man auf der anderen Seite aufgrund unzureichender Gesetze nur ganz wenigen Tieren helfen, die unter unzumutbaren Verhältnissen in deutschen Haushalten leben, ohne sich strafbar zu machen?
Warum ist so wenig bekannt darüber, dass auch Hunde - ähnlich wie wir Menschen - Ängste, Süchte und Traumata zeigen, und warum gibt es bislang so wenig therapeutische Ansätze für sie?
Ich danke den Protagonisten meines Buches dafür, dass sie mir erlauben abzubilden, wie wir alle leben.
Maike Maja Nowak
Rette sich, wer kann
Eingeschneit
Die Reifen meines Geländewagens fräsen sich einen Weg durch den unberührten Schnee. Vor einer der kleineren Villen im Grunewald halte ich. Ich arbeite mich, bis zu den Knöcheln im Schnee versinkend, zum Tor der Villa vor. Während meine Hände nach der Klingel tasten, bleibt mein Blick an der Statue eines riesigen, würdevollen Hundes im Garten hängen, die fast im Weiß verschwunden ist.
Meine Finger finden den Klingelknopf. Kaum habe ich ihn berührt, ertönt schon der Summer. Ein wohl vor Kurzem freigeschippter und bereits fast wieder zugeschneiter Pfad führt zum Haus. Um die etwas weiter entfernte Hundestatue näher zu betrachten, beuge ich mich so weit nach vorn, wie es meine Balance zulässt. Der Ausdruck der Statue wirkt aus dieser Perspektive nicht mehr ruhig, sondern abweisend und seltsam verschlossen. Ich meine jedoch, ein lebendiges Glänzen in den Pupillen zu erkennen, und stelle mich hoch auf die Zehenspitzen, um mich noch weiter nach vorne beugen zu können. Im selben Moment rutsche ich aus und kippe vornüber in den Schnee.
Als ich mich hochrappeln will, spüre ich etwas Heißes über mir. Ich drehe mich um und blicke auf die Schnauze eines Hundes, der mir mit großer Gelassenheit seinen warmen Atem entgegenbläst. Er ist, soweit ich unter all dem Schnee erkennen kann, ein riesiger Herdenschutzhund. Obwohl seine Schnauze auf mich gerichtet ist, bleibt sein Blick abgewandt. Ich muss nicht zu der Statue schauen, um mich zu vergewissern, dass sie verschwunden ist.
Der Hund steht ruhig über mir und wartet. Im selben Moment höre ich, wie sich eine Tür öffnet. Ein Mann ruft: »Komme gleich, ich bekomme die Stiefel nicht an!«
Der Hund verharrt währenddessen weiter über mir und jeder, der schon einmal einen Herdenschutzhund im Einsatz erlebt hat, weiß, warum auch ich ruhig liegen bleibe. Aus meiner Perspektive sehe ich nur zwei Gummistiefel auf mich zukommen, in denen braune Cordhosen stecken.
Ich höre, wie ein Karabiner in das Halsband des Hundes klickt. Sein Kopf wird nach hinten gezogen. »Kommst du runter, aber dalli!« Der Mann reißt hart und ruckartig an der Leine. Die Lefzen des Hundes heben sich und sein Kopf wendet sich drohend in Richtung des Mannes.
»Würden Sie bitte ruhig bleiben«, sage ich, unter dem Hund hervorblickend. »Das ist gerade nicht ganz ungefährlich. «
»Aber der hört ja sonst nicht«, antwortet der Mann. »Den muss man immer erst anbrüllen. Das ist es ja.«
Ich kläre ihn nicht darüber auf, um wen ich Angst habe, und versuche es dieses Mal mit Nachdruck: »Es wäre gut, wenn Sie zurücktreten und den Hund ruhig rufen!«
Tatsächlich entfernen sich die Gummistiefel und kurz darauf höre ich den Mann etwas weniger zackig sagen: »Henry! Zurück da!« Der Hund dreht sich zu dem Mann um, in seinem Blick liegt ein Zögern. Das plötzliche Ablassen des Mannes scheint ihn zu überraschen. Er tritt gemächlich nach hinten und geht zur Seite weg. Ein kleiner, schlanker, weißhaariger Herr taucht in meinem Blickfeld auf und beugt sich über mich, um mir aufzuhelfen. Ich rappele mich hoch und klopfe mir den Schnee ab: »Das wäre eine tolle Schlagzeile geworden: Hundetrainerin von Hund im Schnee begraben. Es hätte mir jedoch geholfen, vorher zu wissen, dass er bereits im Garten ist und es sich um einen Herdenschutzhund handelt.«
Der alte Herr schaut mich mit großen Augen an: »Ein Herdenschutzhund? Uns wurde gesagt, es ist ein reinrassiger Mastin Español. Wir wollten nämlich was Reinrassiges.«
Nun werden meine Augen groß: »Aber das sind doch Herdenschutzhunde! «, sage ich und weise dabei auf den ungefähr achtzig Kilo schweren und etwa fünfundsiebzig Zentimeter hohen Hund. Er wirkt bullig und bärenstark. Sein Fell ist sandfarben, mit einer schwarzen Fellfärbung im Gesicht. »Ich staune, dass er mich nicht verwarnt hat, als ich hereinkam, und auch nicht aufstand, als ich Ihr Grundstück betreten habe«, füge ich hinzu. »Das ist sehr untypisch für diese Rasse.«
Der alte Herr hebt seine rechte Hand und antwortet mit einer wegwerfenden Bewegung: »Dieser Hund ist entweder total apathisch oder aggressiv. Irgendetwas in der Mitte haben wir bei ihm noch nicht erlebt.«
Ich blicke auf den Hund, der sich wieder in den Schnee gelegt hat und von uns wegsieht. Auf mich wirkt er weder apathisch noch aggressiv. Ich habe eher den Eindruck, dass er einfach nichts mit uns zu tun haben will.
»Wo bleibst du denn mit Frau Nowak?«, ruft in diesem Moment eine ältere Dame, die in der Haustür aufgetaucht ist. Sie ist klein und zierlich, und das Weiß ihrer Haare changiert ein wenig ins Lilafarbene.
»Guten Tag. Endlich. Jetzt wird hoffentlich alles gut«, - mit diesen Worten schüttelt sie mir überschwänglich mit beiden Händen die rechte Hand. »Bitte treten Sie ein.«
Sie geht voran und weist mir den Weg in das Wohnzimmer. Der Raum ist klein und wirkt mit seinen alten schweren Möbeln eng und dunkel. Nur die überall verteilten weißen Spitzendeckchen hellen die Atmosphäre etwas auf. Ich nehme in dem mir zugewiesenen Sessel Platz und versuche, die bisherigen Eindrücke zu verarbeiten: Ein desinteressiert wirkender Herdenschutzhund und zwei nette ältere Leute, die leider nicht wissen, was für einen Hund sie da haben ...
»Sie sagten ja bereits am Telefon, dass Sie sich mit Henry überfordert fühlen«, leite ich das Gespräch ein.
»Ja«, ergreift der alte Herr sogleich das Wort.
»Wir haben ihn über den Tierschutz bekommen. Er saß in einem spanischen Tierheim, nachdem er gerettet wurde. Wir wohnen ja so schön hier am Grunewald im Hundeauslaufgebiet. Aber dieser Hund weiß das überhaupt nicht zu schätzen. Wenn er ohne Leine läuft, rennt er weg. Also läuft er an der Leine, aber wir können ihn gar nicht mehr halten, seit er nun plötzlich auf andere Hunde losgeht. Meine Frau und ich sind sehr enttäuscht von ihm. Wir hätten mehr Dankbarkeit erwartet.«
Der Mann stößt laut die Luft aus, als habe ihm diese Klage schon lange auf der Brust gelegen.
Ich frage, um das Gesagte für mich zu sortieren: »Weshalb wurde er denn von Tierschützern gerettet?«
»Na, weil er auf der Straße lebte«, erwidert der Mann mit großen Augen.
»War er denn in Gefahr?«, frage ich nach.
»Natürlich!« Empörung färbt plötzlich seine Stimme. »Schließlich kann der Hund ja überfahren werden oder Giftköder fressen, sagen die Tierschützer.«
Ich nicke und schweige, weil ich spüre, dass es besser ist, seinen Bericht erst einmal nicht weiter mit meinen Fragen zu stören. Er erzählt mir daraufhin Folgendes:
»Wir sind jetzt beide siebzig Jahre alt. Wir hatten immer Hunde, alle vom Züchter. Jetzt wollten wir einmal einem Hund, der noch kein gutes Leben hatte, ein schönes Heim bieten. Henry bekommt das beste Futter und hat ein schönes Hundesofa, auf dem er übrigens nicht schläft! Er kommt inzwischen gar nicht mehr ins Haus. Anfangs gingen wir mit ihm in den Grunewald, und er durfte dort auch frei laufen. Aber er rannte dann überallhin, und wir hatten mit unseren Rufen überhaupt keinen Einfluss auf ihn. Unsere anderen Hunde haben immer gehört. Henry bewegt nicht einmal die Ohren. Er ignoriert uns völlig. Also holten wir einen Hunde trai ner. Der sagte uns, dass dieser Hund ein Dominanz pro blem hat. Er versuchte, Henry auf den Rücken zu werfen, woraufhin Henry ihn in den Arm geschnappt hat. Es hat nicht geblutet, aber der Trainer hat das Training sofort beendet und gesagt, dass wir richtige Probleme mit so einem Hund bekommen werden. Zu der Zeit hat sich Henry aber noch mit allen Hunden verstanden, er war bei einer Begegnung die Ruhe selbst. Wir beschäftigten dann sofort einen neuen Trainer, und der arbeitete mit einem Vibrations halsband. Damit sollte Henry lernen zurückzukommen, wenn wir ihn rufen. Da wir ja aus der Distanz keinen Einfluss haben, sollte das Halsband ihn bestrafen, wenn er nicht kommt.«
»Ich wollte das nicht«, unterbricht die alte Dame ihren Mann. »So etwas macht man doch nicht mit einem Hund, hab ich ihm gesagt. Mit Fernbedienung.« Sie schüttelt den Kopf.
»Ach Hermine, lass mich doch erzählen. Das haben wir doch schon so oft besprochen. Schlimm ist so eine Vibration nicht. Aber bewirkt hat das Ganze sowieso das Gegenteil. Gleich beim ersten Training begann Henry auf Hunde loszugehen. Wir konnten danach nur noch mit der Leine mit ihm laufen. Er zieht aber so schlimm daran.« Der Mann hebt beide Arme und die Schultern. »Meine Frau und ich bekamen wirklich Schmerzen davon. Wenn Henry einen Hund sieht, können wir ihn gar nicht mehr halten. Deshalb können wir auch nicht mehr mit ihm spazieren gehen. Er ist jetzt nur noch im Garten. Wir wissen nicht, warum er plötzlich so ist, denn laut Aussage der Tierschützer führte er in Spanien auf der Straße lange Zeit ein ganzes Hunderudel.«
Das Ehepaar blickt mich nach diesem Bericht erwartungsvoll an. Ich habe Mühe, mir nicht die Augen zu reiben vor Unglauben. Ein erwachsener Leithund, der mit seinem Rudel frei lebte, gewohnt, Entscheidungen zu treffen, für eine ganze Gruppe zu sorgen, wird von Tierschützern prophylaktisch »gerettet«. Für ein Leben in einem winzigen Gartengefängnis in Berlin-Grunewald. Langsam bekomme ich ein Gefühl für die Teilnahmslosigkeit, die von dem Hund ausging, als ich den Garten betrat. Vielleicht gibt es für ihn hier einfach nichts zu beschützen. Außer seiner eigenen inneren Welt.
Ich schlucke meine aufsteigende Fassungslosigkeit über die Situation des Hundes hinunter. Ich spüre, dass das Ehepaar und ich in unseren Auffassungen über den Hund noch an ganz verschiedenen Haltestellen stehen und ich mich zuerst auf sie zubewegen muss, um ihnen auch meinen Eindruck nahebringen zu können.
»Möchten Sie den Hund denn behalten?«, frage ich.
»Natürlich. Er gehört ja uns«, platzt es ungehalten aus dem Mann heraus. »Er hat dreihundertfünfzig Euro gekostet, plus die Trainerkosten und den Tierarzt. Zusammen ist das mehr als ein Hund vom Züchter.« Er hebt bedeutungsvoll die Augenbrauen.
»Wie sah das Training mit dem Vibrationshalsband denn aus?«, frage ich weiter.
»Das kann ich Ihnen zeigen, wir haben das schon für Sie vorbereitet.« Der Mann springt auf, geht zu einem DVD- Player und legt eine Disc ein: »Wir haben das Training mit dem Trainer gefilmt, damit wir danach alles richtig machen. «
»Wir haben es aber gar nicht mehr benutzt. Wirklich, musst du das jetzt zeigen!«, fügt die alte Dame auffällig hastig hinzu.
Der Film startet. Grunewald. Seekulisse. Ein ungefähr vierzigjähriger, großer Mann hält den Hund rechts an einer kurzen, straffen Leine. In der linken Hand hält er die Fernbedienung des Vibrationshalsbandes, das der Hund trägt. Einige frei laufende Hunde kommen den beiden entgegen.
© Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Viele Hunde werden nur als das behandelt, was unter dem Aspekt menschlicher Bedürfnisse in ihnen gesehen wird. Wer und was sie jedoch selbst sind - als einzelnes Hundeindividuum, als Angehörige einer bestimmten Hunderasse und als funktionales Rudelmitglied - bleibt dem Menschen häufig verborgen.
Oft führen sie, unerkannt in ihren angeborenen Fähigkeiten, in ihrer Form der Kommunikation und sozialen Struktur, ein ganz anderes Leben in unseren Wohnstuben und stützen einen Menschen, der die Unterstützung seiner eigenen Artgenossen verloren hat.
Hunde sind häufig nicht nur damit beschäftigt, ihr eigenes fehlendes Rudelgefüge auszugleichen, sondern auch damit, unsere emotionalen Defizite aufzufangen.
Jeder, der mit ihnen lebt, weiß, wie viel Hunde zu geben vermögen. Sie befrieden uns, machen uns glücklich, stimmen uns zärtlich, bringen uns in Kontakt mit anderen Menschen. Sie lassen uns lächeln, bewegen uns, bringen uns zum Staunen und lassen uns an uns selbst glauben.
Es ist an der Zeit, ihnen etwas davon zurückzugeben und sie dort zu entlasten, wo sie durch Verhaltensstörungen - die immer häufiger anzutreffen sind - eine deutliche Überlastung zeigen.
Hunde verdienen, im Wesentlichen mit uns leben zu dürfen, wie sie selbst miteinander leben: In einer sozialen Struktur aus Regeln, Grenzsetzungen, Zuneigung und Freiheit.
Ein Hund ist nicht dazu da, die Sehnsüchte, die unser eigener unangemessener Umgang miteinander hervorbringt, zu stillen. Wir schufen eine Menschenwelt, in der nicht nur Länder und Weltmächte gegeneinander Kriege führen, sondern jeder unzufriedene Privatmensch anonym, leise und ohne Blutvergießen seinen ganz persönlichen »Krieg« im Internet führen darf, oder, sich stark fühlend, mit anderen Anonymen »in den Krieg ziehen« kann. Die menschliche Sehnsucht nach Harmonie scheint inzwischen so groß, dass viele Hunde für eine künstliche Eintracht herhalten müssen, die mit Bestechung und Vermeidung von Regeln erreicht werden soll.
Nur weil wir untereinander unsere Grenzsetzungen gewalttätig missbrauchen, darf man sie einem Hund nicht vorenthalten. Hunde leben von Natur aus mit Regeln und angemessenen körperlichen Grenzsetzungen untereinander. Wir dürfen von ihnen lernen, wie so etwas auch ohne Gewalt funktioniert.
Das traurige Gegenteil der Menschen, die einen Hund ausschließlich mit Licht, Liebe und Bestechung erziehen wollen, ist die Tatsache, dass es noch immer Menschen gibt, die ihre eigene Ohnmacht im Leben in der Gewalt gegen und über ihren Hund loszuwerden suchen. Jeder aber, der über einen Hund nur Macht haben möchte, wird nur Macht haben, mehr nicht. Ein vertrauensvolles Miteinander wird er so nicht kennenlernen, obwohl ihm genau dieses Geschenk helfen könnte, sich selbst zu vertrauen und der Ohnmacht zu entkommen.
Auch in anderen Bereichen besteht Handlungsbedarf: Darf man aus Gründen des »Tierschutzes« frei lebende Hunde ihrer Freiheit berauben, die diese »Rettung« weder wollen noch ihrer bedürfen? Sollten sich nicht auch Tierschützer, die wie jede Personengruppe der Welt aus kompetenten und nicht kompetenten Menschen besteht, mitunter dafür verantworten müssen? Warum kann man auf der anderen Seite aufgrund unzureichender Gesetze nur ganz wenigen Tieren helfen, die unter unzumutbaren Verhältnissen in deutschen Haushalten leben, ohne sich strafbar zu machen?
Warum ist so wenig bekannt darüber, dass auch Hunde - ähnlich wie wir Menschen - Ängste, Süchte und Traumata zeigen, und warum gibt es bislang so wenig therapeutische Ansätze für sie?
Ich danke den Protagonisten meines Buches dafür, dass sie mir erlauben abzubilden, wie wir alle leben.
Maike Maja Nowak
Rette sich, wer kann
Eingeschneit
Die Reifen meines Geländewagens fräsen sich einen Weg durch den unberührten Schnee. Vor einer der kleineren Villen im Grunewald halte ich. Ich arbeite mich, bis zu den Knöcheln im Schnee versinkend, zum Tor der Villa vor. Während meine Hände nach der Klingel tasten, bleibt mein Blick an der Statue eines riesigen, würdevollen Hundes im Garten hängen, die fast im Weiß verschwunden ist.
Meine Finger finden den Klingelknopf. Kaum habe ich ihn berührt, ertönt schon der Summer. Ein wohl vor Kurzem freigeschippter und bereits fast wieder zugeschneiter Pfad führt zum Haus. Um die etwas weiter entfernte Hundestatue näher zu betrachten, beuge ich mich so weit nach vorn, wie es meine Balance zulässt. Der Ausdruck der Statue wirkt aus dieser Perspektive nicht mehr ruhig, sondern abweisend und seltsam verschlossen. Ich meine jedoch, ein lebendiges Glänzen in den Pupillen zu erkennen, und stelle mich hoch auf die Zehenspitzen, um mich noch weiter nach vorne beugen zu können. Im selben Moment rutsche ich aus und kippe vornüber in den Schnee.
Als ich mich hochrappeln will, spüre ich etwas Heißes über mir. Ich drehe mich um und blicke auf die Schnauze eines Hundes, der mir mit großer Gelassenheit seinen warmen Atem entgegenbläst. Er ist, soweit ich unter all dem Schnee erkennen kann, ein riesiger Herdenschutzhund. Obwohl seine Schnauze auf mich gerichtet ist, bleibt sein Blick abgewandt. Ich muss nicht zu der Statue schauen, um mich zu vergewissern, dass sie verschwunden ist.
Der Hund steht ruhig über mir und wartet. Im selben Moment höre ich, wie sich eine Tür öffnet. Ein Mann ruft: »Komme gleich, ich bekomme die Stiefel nicht an!«
Der Hund verharrt währenddessen weiter über mir und jeder, der schon einmal einen Herdenschutzhund im Einsatz erlebt hat, weiß, warum auch ich ruhig liegen bleibe. Aus meiner Perspektive sehe ich nur zwei Gummistiefel auf mich zukommen, in denen braune Cordhosen stecken.
Ich höre, wie ein Karabiner in das Halsband des Hundes klickt. Sein Kopf wird nach hinten gezogen. »Kommst du runter, aber dalli!« Der Mann reißt hart und ruckartig an der Leine. Die Lefzen des Hundes heben sich und sein Kopf wendet sich drohend in Richtung des Mannes.
»Würden Sie bitte ruhig bleiben«, sage ich, unter dem Hund hervorblickend. »Das ist gerade nicht ganz ungefährlich. «
»Aber der hört ja sonst nicht«, antwortet der Mann. »Den muss man immer erst anbrüllen. Das ist es ja.«
Ich kläre ihn nicht darüber auf, um wen ich Angst habe, und versuche es dieses Mal mit Nachdruck: »Es wäre gut, wenn Sie zurücktreten und den Hund ruhig rufen!«
Tatsächlich entfernen sich die Gummistiefel und kurz darauf höre ich den Mann etwas weniger zackig sagen: »Henry! Zurück da!« Der Hund dreht sich zu dem Mann um, in seinem Blick liegt ein Zögern. Das plötzliche Ablassen des Mannes scheint ihn zu überraschen. Er tritt gemächlich nach hinten und geht zur Seite weg. Ein kleiner, schlanker, weißhaariger Herr taucht in meinem Blickfeld auf und beugt sich über mich, um mir aufzuhelfen. Ich rappele mich hoch und klopfe mir den Schnee ab: »Das wäre eine tolle Schlagzeile geworden: Hundetrainerin von Hund im Schnee begraben. Es hätte mir jedoch geholfen, vorher zu wissen, dass er bereits im Garten ist und es sich um einen Herdenschutzhund handelt.«
Der alte Herr schaut mich mit großen Augen an: »Ein Herdenschutzhund? Uns wurde gesagt, es ist ein reinrassiger Mastin Español. Wir wollten nämlich was Reinrassiges.«
Nun werden meine Augen groß: »Aber das sind doch Herdenschutzhunde! «, sage ich und weise dabei auf den ungefähr achtzig Kilo schweren und etwa fünfundsiebzig Zentimeter hohen Hund. Er wirkt bullig und bärenstark. Sein Fell ist sandfarben, mit einer schwarzen Fellfärbung im Gesicht. »Ich staune, dass er mich nicht verwarnt hat, als ich hereinkam, und auch nicht aufstand, als ich Ihr Grundstück betreten habe«, füge ich hinzu. »Das ist sehr untypisch für diese Rasse.«
Der alte Herr hebt seine rechte Hand und antwortet mit einer wegwerfenden Bewegung: »Dieser Hund ist entweder total apathisch oder aggressiv. Irgendetwas in der Mitte haben wir bei ihm noch nicht erlebt.«
Ich blicke auf den Hund, der sich wieder in den Schnee gelegt hat und von uns wegsieht. Auf mich wirkt er weder apathisch noch aggressiv. Ich habe eher den Eindruck, dass er einfach nichts mit uns zu tun haben will.
»Wo bleibst du denn mit Frau Nowak?«, ruft in diesem Moment eine ältere Dame, die in der Haustür aufgetaucht ist. Sie ist klein und zierlich, und das Weiß ihrer Haare changiert ein wenig ins Lilafarbene.
»Guten Tag. Endlich. Jetzt wird hoffentlich alles gut«, - mit diesen Worten schüttelt sie mir überschwänglich mit beiden Händen die rechte Hand. »Bitte treten Sie ein.«
Sie geht voran und weist mir den Weg in das Wohnzimmer. Der Raum ist klein und wirkt mit seinen alten schweren Möbeln eng und dunkel. Nur die überall verteilten weißen Spitzendeckchen hellen die Atmosphäre etwas auf. Ich nehme in dem mir zugewiesenen Sessel Platz und versuche, die bisherigen Eindrücke zu verarbeiten: Ein desinteressiert wirkender Herdenschutzhund und zwei nette ältere Leute, die leider nicht wissen, was für einen Hund sie da haben ...
»Sie sagten ja bereits am Telefon, dass Sie sich mit Henry überfordert fühlen«, leite ich das Gespräch ein.
»Ja«, ergreift der alte Herr sogleich das Wort.
»Wir haben ihn über den Tierschutz bekommen. Er saß in einem spanischen Tierheim, nachdem er gerettet wurde. Wir wohnen ja so schön hier am Grunewald im Hundeauslaufgebiet. Aber dieser Hund weiß das überhaupt nicht zu schätzen. Wenn er ohne Leine läuft, rennt er weg. Also läuft er an der Leine, aber wir können ihn gar nicht mehr halten, seit er nun plötzlich auf andere Hunde losgeht. Meine Frau und ich sind sehr enttäuscht von ihm. Wir hätten mehr Dankbarkeit erwartet.«
Der Mann stößt laut die Luft aus, als habe ihm diese Klage schon lange auf der Brust gelegen.
Ich frage, um das Gesagte für mich zu sortieren: »Weshalb wurde er denn von Tierschützern gerettet?«
»Na, weil er auf der Straße lebte«, erwidert der Mann mit großen Augen.
»War er denn in Gefahr?«, frage ich nach.
»Natürlich!« Empörung färbt plötzlich seine Stimme. »Schließlich kann der Hund ja überfahren werden oder Giftköder fressen, sagen die Tierschützer.«
Ich nicke und schweige, weil ich spüre, dass es besser ist, seinen Bericht erst einmal nicht weiter mit meinen Fragen zu stören. Er erzählt mir daraufhin Folgendes:
»Wir sind jetzt beide siebzig Jahre alt. Wir hatten immer Hunde, alle vom Züchter. Jetzt wollten wir einmal einem Hund, der noch kein gutes Leben hatte, ein schönes Heim bieten. Henry bekommt das beste Futter und hat ein schönes Hundesofa, auf dem er übrigens nicht schläft! Er kommt inzwischen gar nicht mehr ins Haus. Anfangs gingen wir mit ihm in den Grunewald, und er durfte dort auch frei laufen. Aber er rannte dann überallhin, und wir hatten mit unseren Rufen überhaupt keinen Einfluss auf ihn. Unsere anderen Hunde haben immer gehört. Henry bewegt nicht einmal die Ohren. Er ignoriert uns völlig. Also holten wir einen Hunde trai ner. Der sagte uns, dass dieser Hund ein Dominanz pro blem hat. Er versuchte, Henry auf den Rücken zu werfen, woraufhin Henry ihn in den Arm geschnappt hat. Es hat nicht geblutet, aber der Trainer hat das Training sofort beendet und gesagt, dass wir richtige Probleme mit so einem Hund bekommen werden. Zu der Zeit hat sich Henry aber noch mit allen Hunden verstanden, er war bei einer Begegnung die Ruhe selbst. Wir beschäftigten dann sofort einen neuen Trainer, und der arbeitete mit einem Vibrations halsband. Damit sollte Henry lernen zurückzukommen, wenn wir ihn rufen. Da wir ja aus der Distanz keinen Einfluss haben, sollte das Halsband ihn bestrafen, wenn er nicht kommt.«
»Ich wollte das nicht«, unterbricht die alte Dame ihren Mann. »So etwas macht man doch nicht mit einem Hund, hab ich ihm gesagt. Mit Fernbedienung.« Sie schüttelt den Kopf.
»Ach Hermine, lass mich doch erzählen. Das haben wir doch schon so oft besprochen. Schlimm ist so eine Vibration nicht. Aber bewirkt hat das Ganze sowieso das Gegenteil. Gleich beim ersten Training begann Henry auf Hunde loszugehen. Wir konnten danach nur noch mit der Leine mit ihm laufen. Er zieht aber so schlimm daran.« Der Mann hebt beide Arme und die Schultern. »Meine Frau und ich bekamen wirklich Schmerzen davon. Wenn Henry einen Hund sieht, können wir ihn gar nicht mehr halten. Deshalb können wir auch nicht mehr mit ihm spazieren gehen. Er ist jetzt nur noch im Garten. Wir wissen nicht, warum er plötzlich so ist, denn laut Aussage der Tierschützer führte er in Spanien auf der Straße lange Zeit ein ganzes Hunderudel.«
Das Ehepaar blickt mich nach diesem Bericht erwartungsvoll an. Ich habe Mühe, mir nicht die Augen zu reiben vor Unglauben. Ein erwachsener Leithund, der mit seinem Rudel frei lebte, gewohnt, Entscheidungen zu treffen, für eine ganze Gruppe zu sorgen, wird von Tierschützern prophylaktisch »gerettet«. Für ein Leben in einem winzigen Gartengefängnis in Berlin-Grunewald. Langsam bekomme ich ein Gefühl für die Teilnahmslosigkeit, die von dem Hund ausging, als ich den Garten betrat. Vielleicht gibt es für ihn hier einfach nichts zu beschützen. Außer seiner eigenen inneren Welt.
Ich schlucke meine aufsteigende Fassungslosigkeit über die Situation des Hundes hinunter. Ich spüre, dass das Ehepaar und ich in unseren Auffassungen über den Hund noch an ganz verschiedenen Haltestellen stehen und ich mich zuerst auf sie zubewegen muss, um ihnen auch meinen Eindruck nahebringen zu können.
»Möchten Sie den Hund denn behalten?«, frage ich.
»Natürlich. Er gehört ja uns«, platzt es ungehalten aus dem Mann heraus. »Er hat dreihundertfünfzig Euro gekostet, plus die Trainerkosten und den Tierarzt. Zusammen ist das mehr als ein Hund vom Züchter.« Er hebt bedeutungsvoll die Augenbrauen.
»Wie sah das Training mit dem Vibrationshalsband denn aus?«, frage ich weiter.
»Das kann ich Ihnen zeigen, wir haben das schon für Sie vorbereitet.« Der Mann springt auf, geht zu einem DVD- Player und legt eine Disc ein: »Wir haben das Training mit dem Trainer gefilmt, damit wir danach alles richtig machen. «
»Wir haben es aber gar nicht mehr benutzt. Wirklich, musst du das jetzt zeigen!«, fügt die alte Dame auffällig hastig hinzu.
Der Film startet. Grunewald. Seekulisse. Ein ungefähr vierzigjähriger, großer Mann hält den Hund rechts an einer kurzen, straffen Leine. In der linken Hand hält er die Fernbedienung des Vibrationshalsbandes, das der Hund trägt. Einige frei laufende Hunde kommen den beiden entgegen.
© Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Maike Maja Nowak
Maike Maja Nowak, geboren in Leipzig, Sängerin und Liedermacherin, Studium der Hundetherapie. Sie lebte lange Jahre in Russland und machte dort Erfahrungen mit einem freilebenden Hunderudel. Heute leitet sie das Dog-Institut in Berlin und coacht Hund und Mensch.
Bibliographische Angaben
- Autor: Maike Maja Nowak
- 2013, 272 Seiten, Maße: 14,1 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Mosaik
- ISBN-10: 3442392209
- ISBN-13: 9783442392209
- Erscheinungsdatum: 14.10.2013
Rezension zu „Wie viel Mensch braucht ein Hund “
"Maike Maja Nowak ist erneut ein stilles und dennoch äußerst intensives Buch gelungen." Wolf Magazin
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