Wilde Rose der Prärie / McKettrick Bd.4
Arizona, 1888.
Hell lodern die Flammen auf dem Markplatz von San Antonio: Lorelei Fellows verbrennt ihr Brautkleid! Nach dem Betrug ihres Verlobten will sie nicht mehr heiraten, stattdessen stolz und frei ihr eigenes Land bewirtschaften. Doch das grenzt an...
Hell lodern die Flammen auf dem Markplatz von San Antonio: Lorelei Fellows verbrennt ihr Brautkleid! Nach dem Betrug ihres Verlobten will sie nicht mehr heiraten, stattdessen stolz und frei ihr eigenes Land bewirtschaften. Doch das grenzt an...
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Produktinformationen zu „Wilde Rose der Prärie / McKettrick Bd.4 “
Arizona, 1888.
Hell lodern die Flammen auf dem Markplatz von San Antonio: Lorelei Fellows verbrennt ihr Brautkleid! Nach dem Betrug ihres Verlobten will sie nicht mehr heiraten, stattdessen stolz und frei ihr eigenes Land bewirtschaften. Doch das grenzt an die Weiden der McKettricks. Kein Tag vergeht ohne Herausforderungen: Ausbrechende Rinder, ausbleibender Regen und vor allem Holt McKettrick! Erbittert streitet Lorelei mit dem dickköpfigen Rancher, bis sie mit ihm nach Texas reiten muss. Denn als er sie unter dem hellen Präriemond leidenschaftlich küsst, fragt sie sich voller Sehnsucht: Ist diese Liebe doch den Preis der Freiheit wert?
Hell lodern die Flammen auf dem Markplatz von San Antonio: Lorelei Fellows verbrennt ihr Brautkleid! Nach dem Betrug ihres Verlobten will sie nicht mehr heiraten, stattdessen stolz und frei ihr eigenes Land bewirtschaften. Doch das grenzt an die Weiden der McKettricks. Kein Tag vergeht ohne Herausforderungen: Ausbrechende Rinder, ausbleibender Regen und vor allem Holt McKettrick! Erbittert streitet Lorelei mit dem dickköpfigen Rancher, bis sie mit ihm nach Texas reiten muss. Denn als er sie unter dem hellen Präriemond leidenschaftlich küsst, fragt sie sich voller Sehnsucht: Ist diese Liebe doch den Preis der Freiheit wert?
Lese-Probe zu „Wilde Rose der Prärie / McKettrick Bd.4 “
Die McKettricks - Wilde Rose der Prärie von Linda Lael Miller1. Kapitel
Arizona, 12. August 1888
Holt McKettrick zog mit einem Finger an seinem Hemdkragen, um ihn ein wenig zu lockern. Doch seine Bemühung war vergebens. Auf der weitläufigen Rasenfläche neben dem Hauptgebäude der Triple M Ranch tummelten sich die Hochzeitsgäste. Über ihre elegante Kleidung spielten die fleckigen Schatten der jungen Eichen, die dort in die Höhe schossen. Zwei Geiger fiedelten eine schmachtende Version von "Lorena". Die drei Halbbrüder von Holt hatten ein Erdloch ausgehoben, in der ein ganzes Schwein schmorte. Der Rand der Grube war mit flachen Steinen aus dem Fluss befestigt.
Holts Schwägerin hatte die Hochzeitstorte gebacken, die die Ausmaße einer kleinen Kutsche aufwies. Und ein langer Tisch, der eigentlich nur aus einigen Brettern auf einem halben Dutzend Fünfzig-Gallonen-Fässern bestand, bog sich unter dem Gewicht der feinen Speisen, die gut und gern für eine Woche gereicht hätten. Der alte Mann und die übrigen McKettricks hatten weder Kosten noch Mühe gescheut, um dieses Fest zu etwas Unvergesslichem zu machen. Holt hätte sich gut vorstellen können, den Tag genauso zu genießen wie jeder seiner Gäste wäre er nicht der Bräutigam gewesen. Jemand klopfte ihm vergnügt auf den Rücken, sodass Holt beinahe den Obstpunsch aus seinem Becher verschüttet hätte und dabei hatte sein Bruder Rafe ihn so großzügig mit Whiskey aus einer Flasche versorgt, die er unter seinem teuren Anzug verborgen bei sich trug. "Ich schätze, das dahinten ist der Priester", sagte Holts Vater Angus McKettrick.
Mit einer Kopfbewegung deutete er auf einen herannahenden Reiter, der sein Pferd quer durch den von der Sonne beschienenen kleinen Fluss jagte. "Wird auch Zeit, dass er sich
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blicken lässt. Ich dachte schon, wir müssten jemanden zur Mission schicken, damit er den verkrüppelten Padre abholt." Holt musste schlucken, während er die Augen zusammenkniff. Plötzlich machte sich ein Kribbeln in seinem Nacken bemerkbar, und etwas regte sich in ihm eine angenehme Sehnsucht, wie er sie an manchem heißen Sommerabend verspürte, wenn die leichte Brise wie eine Stimme klang, die ihn zurück nach Texas locken wollte. "Würde ich auch sagen", murmelte er und fragte sich, wohin Rafe mit dieser Flasche verschwunden war. Trotzdem wandte er seinen Blick nicht von dem Reiter ab. Der Neuankömmling, dessen Gesicht durch die blendende Nachmittagssonne nicht zu erkennen war, trieb sein Pferd das Flussufer hinauf, wobei das Wasser in kleinen glitzernden Fontänen aufspritzte.
"Margaret ist eine anständige Frau", warf Angus ein. Er hatte die Angewohnheit, ohne jede Vorrede und ohne ersichtlichen Anlass irgendwelche Aussagen in die Welt zu setzen. "Wer?", fragte Holt, ohne hinzuhören. Zwischen seinen Schulterblättern juckte es, und seine Haut unter der gestärkten Baumwolle der Hemdbrust fühlte sich klatschnass an. "Deine Braut!" Angus klang aufgebracht. Aus dem Augenwinkel sah Holt, wie sein Vater am Knoten seiner Fliege zerrte, als hätte seine Frau Concepcion ihn nicht längst wie ein Korsett zusammengeschnürt. Der Reiter erreichte den Rand des Hofs, saß mit der Eleganz eines erfahrenen Cowboys ab, wobei er die Zügel einfach herabhängen ließ, und kam geradewegs auf Holt zu. "Das ist ja gar nicht der Prediger", ließ Angus völlig unnötigerweise und mit sorgenvoller Stimme verlauten. Obwohl er so gut wie keine Schulbildung genossen hatte, war Holts alter Herr sehr belesen.
Für einen Moment sah Holt zum Haus, wo seine Zukünftige, Miss Margaret Tarquin, sich im Schlafzimmer im ersten Stock eingeschlossen hatte, um sich für die Hochzeit herauszuputzen. Dann kehrte sein Blick zu dem Mann zurück, der soeben auf der Ranch eingetroffen war. Das Geigenspiel nahm mit einem letzten durchdringenden Akkord ein jähes Ende, und die Gäste verfielen in Schweigen. Nicht einmal von den Kindern oder den Hunden kam noch ein Laut. "Ich bin auf der Suche nach Holt Cavanagh", ließ der junge Mann die Menge wissen. Seine Jeans war von der Flussdurchquerung nass geworden, und trotz der brütenden Hitze an diesem Augustnachmittag zitterte der Fremde unübersehbar. "Das müssen wohl Sie sein, nehme ich an." Holt nickte knapp und dachte überhaupt nicht daran, dem anderen Mann zu erklären, dass er den Namen Cavanagh abgelegt hatte und er sich inzwischen McKettrick nannte seit es ihm und seinem alten Herrn gelungen war, Frieden zu schließen.
Angus blieb dicht bei ihm, die buschigen Brauen argwöhnisch zusammengezogen, während seine bis dahin unauffindbaren Brüder Rafe, Kade und Jeb geistergleich wie aus dem Nichts bei ihm auftauchten. In den drei Jahren, die er sie nun kannte, hatte es zwischen Holt und ihnen immer wieder Differenzen gegeben, und es gab sie sogar jetzt noch aber sie waren blutsverwandt, und das war stärker als alles andere. Brachte der Reiter gute Neuigkeiten, dann würden sie mit ihm feiern. Bei schlechten würden sie alles tun, um ihm zu helfen. Und standen Probleme ins Haus, dann waren sie bereit, auf der Stelle für ihn in den Kampf zu ziehen und erst danach Fragen zu stellen. Holts Zuneigung für sie lag ihm im Blut, auch wenn er sich das manchmal nur widerwillig eingestehen wollte. Der Besucher hielt einen Zettel in der Hand. "Frank Corrales sagte mir, ich solle Ihnen das hier geben. Er hat Ihnen ein Telegramm geschickt, und als Sie nicht geantwortet haben, nahm er an, dass es Sie nicht erreicht hat. Daher wies er mich an loszureiten. Den Brief da habe ich von Texas bis hierher getragen.
" Sorge überflutete seinen ganzen Körper, als würde sich das Gift einer Schlange in ihm ausbreiten. Einen Augenblick lang zögerte er, dann entriss er seinem Gegenüber das feucht gewordene, zusammengefaltete Blatt aus braunem Papier und öffnete es mit einer knappen Handbewegung. Er spürte, dass sein Vater und seine Brüder sich ihm einen Schritt näherten. Ein Blick genügte, um den Text zu überfliegen, dann dachte er kurz über die Konsequenzen nach und las die Zeilen noch ein zweites Mal. Diesmal langsamer, um Gewissheit zu bekommen, dass er sie richtig erfasst hatte. John Cavanagh soll von seinem Land vertrieben werden. Gabe soll am 1. Oktober als Pferdedieb und Mörder an den Galgen. Komm schnell. Frank Corrales Holt hatte die Nachricht noch nicht ganz verarbeitet, da holte ihn eine Frauenstimme aus seiner Erstarrung, und jemand legte eine schlanke Hand auf seinen Ärmel.
"Holt? Stimmt etwas nicht?" Er zuckte leicht zusammen und drehte den Kopf so weit, bis er seiner Zukünftigen ins Gesicht sehen konnte. Mit ihrem blonden Haar und den ausdrucksstarken blauen Augen war sie eine hübsche Frau, eine bestellte Braut, die man den weiten Weg von Boston bis zu ihm gebracht hatte. Jedes Mal, wenn er sie ansah, versetzten seine Schuldgefühle ihm einen Stich ins Herz. Margaret verdiente einen Mann, der sie liebte, aber nicht jemanden, der für seine kleine Tochter eine Mutter und für sich selbst eine Bettgespielin suchte, mehr von ihr jedoch nicht wollte. "Ich muss zurück nach Texas." In seinem Kopf waren diese Worte seit Langem umhergegeistert, doch jetzt sprach er sie zum ersten Mal auch aus. Angus räusperte sich, was wie ein Signal für die anderen wirkte, die sich auf einmal ebenfalls wieder rührten. Widerstrebend zogen sich Rafe, Kade und Jeb zurück, Angus drückte dem Reiter eine Goldmünze im Wert von fünf Dollar in die Hand, dann steuerte er auf den Tisch zu, auf dem die Speisen angerichtet waren.
Einer der Rancharbeiter nahm sich des erschöpften Pferdes an. Margarets Lächeln wurde etwas schwächer, als sie Holt abwartend in die Augen sah. "Vielleicht, wenn ich zurück bin ...", setzte er unbeholfen an. Dann jedoch versagte seine Stimme. Mit einem leisen Seufzer schüttelte sie den Kopf. "Ich glaube, ich möchte nicht warten, Holt", erklärte sie. "Falls es das ist, worum du mich bitten willst." Er strich mit den Fingern über ihre Wange und ließ die Hand wieder sinken. "Es tut mir leid", sagte er mit rauer Stimme. Er sprach die Wahrheit, aber er bezweifelte, dass dies angesichts der Situation noch etwas ausmachen konnte. Auf Drängen seiner Brüder hatte er diese Frau aus dem Osten des Landes herkommen lassen, und nun stand sie hier in Brautkleid und Schleier, die halbe Nachbarschaft war anwesend und es würde keine Hochzeit geben. "Wir machen weiter, wie geplant, und ich werde dich heiraten", sagte er, obwohl all seine Instinkte ihn davon abzubringen versuchten. Aber er war der Sohn von Angus McKettrick, und in dessen Familie wurde ein gegebenes Versprechen gehalten.
Dennoch kamen diese Worte nicht so über seine Lippen, als würde er es ernst meinen, und Margaret war keine dumme Frau. "Trotzdem werde ich nach Texas zurückkehren müssen." Eine Träne schimmerte auf ihrer Wange, dennoch hielt sie das Kinn trotzig erhoben und schüttelte erneut den Kopf. "Nein", widersprach sie mit einer Mischung aus Trauer und Stolz. "Würdest du mich wirklich lieben, dann hätten wir die Zeremonie zu Ende gebracht. Du hättest mir einen Ring an den Finger gesteckt, damit jeder wüsste, ich bin verheiratet. Und vielleicht hättest du mich sogar gebeten, dich zu begleiten." "Es wird eine anstrengende Reise sein", gab Holt zurück. Er kam sich vor wie eine lahmende Kuh, die immer nur im Kreis läuft und nach einem Ausweg sucht.
Dennoch bemühte er sich weiter, Margaret einsichtig zu stimmen. "Und wenn ich dort angekommen bin, warten sehr schwierige Aufgaben auf mich." Sie brachte ein Lächeln zustande und sagte: "Viel Erfolg damit, Holt McKettrick." Dann wandte sie sich zu seiner großen Verärgerung an die versammelten Gäste. Sofort war die ausgelassene Stimmung wie weggeweht, und gebanntes Schweigen machte sich breit. "Es wird heute keine Hochzeit stattfinden", verkündete sie mit klarer, lauter Stimme, während sie von allen mitfühlend angesehen wurde. Holt bemerkte voller Bewunderung, dass sie aufrecht dastand wie ein frisch gesetzter Zaunpfahl. "Aber es wird ein Fest geben", fuhr sie fort. "Ich gehe jetzt nach oben und ziehe mir etwas erheblich Bequemeres an. Und wenn ich wieder nach unten komme, dann erwarte ich von jedem von Ihnen gute Laune." Mit diesen Worten entfernte sich Margaret in Richtung Ranchhaus.
Holts Schwägerinnen Emmeline, Mandy und Chloe warfen ihm giftige Blicke zu und eilten zu seiner Beinahe-Braut. Nur Lizzie, Holts zwölf Jahre alte Tochter, besaß die Kühnheit, sich ihm zu nähern. Ihre Wangen glühten vor Wut und Entrüstung. "Papa!", rief sie und blieb direkt vor ihm stehen. "Wie konntest du nur so was machen?" Holt liebte seine Tochter sehr, auch wenn er von deren Existenz erst letztes Jahr erfahren hatte. Und von Margaret abgesehen, war Lizzie diejenige, der er im Moment am liebsten nicht in die Augen gesehen hätte. "Ich muss etwas in Texas erledigen", erwiderte er. Das war eine Tatsache, an der es nichts schönzureden gab. "Etwas, das keinen Aufschub duldet." Lizzie versteifte sich, blinzelte ein paar Mal, sah ihn mit ihren großen braunen Augen an und biss sich auf die Unterlippe. "Du lässt mich allein?" Er wollte eine Hand auf ihre Schulter legen, aber das Mädchen wich zurück. "Lizzie", flüsterte er. Sie machte auf der Stelle kehrt und flüchtete sich zu ihrem Großvater. Angus legte einen Arm um sie und bedachte Holt mit einem finsteren Blick. Der alte Mann wirkte dabei wie Zeus persönlich, der aus seinen Augen Blitze auf ihn abfeuerte.
"Verflucht", murmelte Holt und ging in Richtung Scheune. Seine Brüder folgten ihm mit verbissener Miene. Als Holt größere Schritte machte, klebten sie trotzdem förmlich an seinen Fersen. Sture Kerle, die alle aus dem gleichen groben Holz geschnitzt waren wie ihr Vater. "Was zum Teufel ist hier eigentlich los?", knurrte Rafe. Der älteste von Angus' drei jüngeren Söhnen war ein Bulle von einem Mann, und er war stets der Erste, wenn es darum ging, eine Erklärung zu verlangen. Er, Kade und Jeb bildeten vor Holt einen Halbkreis, um ihm den Weg zur Scheune zu versperren. Dort war sein Pferd untergebracht, das noch nichts von der anstehenden strapaziösen Reise ahnte. Holt hätte versuchen können, die drei aus dem Weg zu schieben, doch das hätte unweigerlich zu einem Handgemenge geführt. Davor hatte er zwar keine Angst, jedoch würde es nur unnötig Zeit kosten. Und sein Gefühl sagte ihm, dass er eben diese Zeit nicht hatte. Er zog den zerknitterten Brief aus der Westentasche, in die er ihn nur Minuten zuvor gesteckt hatte, und drückte ihn Kade in die Hand, der direkt vor ihm stand.
"Lies es selbst", forderte er ihn auf. Kade überflog die Zeilen, Jeb und Rafe schauten von der Seite auf das Papier. "Ich werde dein Pferd satteln", erklärte Kade und gab ihm die Nachricht zurück. Er war der mittlere Bruder, der nachdenkliche, der praktisch denkende. "Am besten nimmst du dir für unterwegs noch etwas vom Hochzeitsessen mit." "Sprich mit Lizzie, bevor du aufbrichst, Holt", warf Rafe ein. "Sie macht nicht den Eindruck, als würde sie das Ganze so auf die leichte Schulter nehmen." "Ich könnte mitreiten", schlug Jeb mit dem für ihn typischen Eifer vor. Als jüngster Bruder war er zugleich der ungestümste von ihnen und unbestritten der beste Reiter. Aus diesen und noch ein paar anderen Gründen wäre es durchaus praktisch, Jeb an seiner Seite zu wissen. Aber Tatsache war auch, dass Holt nicht auch noch auf ihn aufpassen wollte. Allerdings war er nicht so dumm, das Jeb auf die Nase zu binden. Unter anderen Umständen hätte er mit einem Grinsen reagiert, doch er hatte soeben eine gute Frau öffentlich gedemütigt und erfahren müssen, dass zwei seiner besten Freunde in Schwierigkeiten waren. Jeb hatte eine Frau und die gemeinsame kleine Tochter.
Ähnliches galt für Rafe und Kade, hatten ihre Frauen doch alle drei letztes Jahr zum Unabhängigkeitstag ihre Kinder zur Welt gebracht. "Diesen Kampf muss ich allein kämpfen", erwiderte Holt. Rafe zog eine nachdenkliche Miene. "John Cavanagh. Das ist doch der Mann, der dich großgezogen hat, stimmt's?" "Ja, ihm gehört ein Stück Land in der Nähe von San Antonio", bestätigte Holt. Rafes Worte konnte nicht einmal im Ansatz beschreiben, wie viel Cavanagh ihm bedeutete. "Und dieser Gabe?", hakte Jeb nach. "Wer ist das?" "Wir waren beide bei den Rangern", antwortete Holt. Gabe Navarro war ein wilder Kerl zum Teil Komantsche, zum Teil Mexikaner und zum Teil Teufel , aber weder ein Mörder noch ein Pferdedieb. Holt kannte ihn zu gut und schon zu lange, als dass er auch nur eine der Anschuldigungen hätte glauben können. Kade begnügte sich mit dieser knappen Erklärung und ging zur Scheune, um Holts Pferd Traveler reisefertig zu machen. In der Zwischenzeit stellten Rafe und Jeb ihm aus dem Hochzeitsmahl den Reiseproviant zusammen. Holt sah sich nach Lizzie um und stellte fest, dass Angus sie noch immer in seinen Armen hielt und ihr Kopf auf der breiten Schulter des alten Mannes ruhte.
"Nun komm", murmelte Angus, der seinen ältesten Sohn unfreundlich, aber resigniert musterte, während er näher kam. "Du musst jetzt mit deinem Papa reden, Lizziebeth. Es ist nicht gut, wenn sich eure Wege trennen, ohne das zu sagen, was gesagt werden muss." Schniefend hob Lizzie den Kopf und sah Holt an. Angus übergab ihm seine Tochter, und nachdem er Holt einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, zog er sich zurück. "Kommst du wieder?", wollte Lizzie wissen. "Ja", versicherte er ihr überzeugt. Er war mit Texas noch nicht fertig, zu viele Dinge hatte er ungelöst hinter sich gelassen. Doch tief in seinem Herzen wusste er, diese Region von Arizona und die Triple M waren sein Zuhause. Er gehörte in diese Gegend mit dem groben roten Staub, mit seinem unmöglichen Vater, seinen nicht zu bändigenden Brüdern und seiner lebhaften Tochter. Mit dem Handrücken fuhr sie sich durchs Gesicht. "Versprichst du's mir?" "Ich gebe dir mein Wort."
"Und wenn du nicht zurückkommen kannst? Wenn dich jemand erschießt?"
"Ich komme wieder, Lizzie." "Ich werd's dir wohl glauben müssen." Lachend streckte er einen Arm aus, und nach kurzem Zögern drückte sich Lizzie gegen seine Brust. "Du wirst ein braves Mädchen sein", sagte er und ließ sein Kinn auf ihrem dunklen Haar ruhen. Er wünschte, er müsste sie nicht hier zurücklassen. "Kümmere dich ein bisschen um Concepcion und deinen Großvater." Zitternd zog sie ihr geliebtes blaues Band aus ihrem Haar und steckte es in Holts Westentasche. "Damit du immer an mich denkst", flüsterte sie und versetzte seinem Herzen damit einen Stich. Bevor er aber seiner Tochter versichern konnte, auch ohne dieses Band immer an sie zu denken, zumal es völlig unmöglich wäre, sie zu vergessen, redete sie bereits weiter: "Wirst du auch Mamas Grab besuchen? Sie ist in San Antonio beerdigt, auf dem Friedhof hinter Saint Ambrose's." Er nickte nur stumm, da seine Kehle nach wie vor wie zugeschnürt war. Lizzies Mutter Olivia hatte viel mit den Dingen zu tun, die es für ihn in Texas zu erledigen gab. Von ihr musste er sich noch angemessen verabschieden, sie in seinem Kopf und seinem Herzen zur ewigen Ruhe betten. Auch wenn sie alle seine Worte längst nicht mehr hören konnte.
"Nimmst du ihr Blumen von mir mit? Die schönsten, die du finden kannst?" Holt hatte unverändert einen Kloß im Hals, sodass er auch jetzt nur stumm nicken konnte. Aufmerksam musterte Lizzie sein Gesicht, fast so, als suche sie nach einer von diesen Halbwahrheiten, die Erwachsene Kindern gern erzählen, oder sogar nach einer dreisten Lüge. Da sie in seiner Miene aber nur die Wahrheit sah, straffte sie die Schultern und schob das Kinn vor. "Na gut. Du reitest bestimmt besser los, solange es noch hell genug ist, damit du den Weg auch erkennst." Lächelnd legte er eine Hand unter ihr Kinn. "Iss nicht zu viel Kuchen", ermahnte er sie. Tränen blitzten in ihren Augen auf. "Lass du dich nicht erschießen", konterte sie. Damit hatten sie sich voneinander verabschiedet. Lizzie war eigentlich mehr eine junge Frau als ein Mädchen auf einer der größten Ranches in Arizona. Sie konnte bereits wie ein kleiner Soldat auf einem Pony reiten, und von Kades Frau Mandy, einer Scharfschützin, hatte sie gelernt, mit der Pistole und dem Gewehr umzugehen. Lizzies Mutter war an einem Fieber gestorben, und sie hatte mitansehen müssen, wie ihre Tante kaltblütig erschossen wurde.
Daher wusste sie auch, wie schnell ein Leben enden konnte, wie gefährlich es in der Welt zuging und dass ein Abschied jedes Mal auch ein Abschied für immer sein konnte. Dieser Abschied aber würde nicht für immer sein, schwor sich Holt, als er davonritt, und legte seine Hand auf die Tasche, in der Lizzies Haarband steckte.
Übersetzung: Ralph Sander
© 2005 by Linda Lael Miller
"Margaret ist eine anständige Frau", warf Angus ein. Er hatte die Angewohnheit, ohne jede Vorrede und ohne ersichtlichen Anlass irgendwelche Aussagen in die Welt zu setzen. "Wer?", fragte Holt, ohne hinzuhören. Zwischen seinen Schulterblättern juckte es, und seine Haut unter der gestärkten Baumwolle der Hemdbrust fühlte sich klatschnass an. "Deine Braut!" Angus klang aufgebracht. Aus dem Augenwinkel sah Holt, wie sein Vater am Knoten seiner Fliege zerrte, als hätte seine Frau Concepcion ihn nicht längst wie ein Korsett zusammengeschnürt. Der Reiter erreichte den Rand des Hofs, saß mit der Eleganz eines erfahrenen Cowboys ab, wobei er die Zügel einfach herabhängen ließ, und kam geradewegs auf Holt zu. "Das ist ja gar nicht der Prediger", ließ Angus völlig unnötigerweise und mit sorgenvoller Stimme verlauten. Obwohl er so gut wie keine Schulbildung genossen hatte, war Holts alter Herr sehr belesen.
Für einen Moment sah Holt zum Haus, wo seine Zukünftige, Miss Margaret Tarquin, sich im Schlafzimmer im ersten Stock eingeschlossen hatte, um sich für die Hochzeit herauszuputzen. Dann kehrte sein Blick zu dem Mann zurück, der soeben auf der Ranch eingetroffen war. Das Geigenspiel nahm mit einem letzten durchdringenden Akkord ein jähes Ende, und die Gäste verfielen in Schweigen. Nicht einmal von den Kindern oder den Hunden kam noch ein Laut. "Ich bin auf der Suche nach Holt Cavanagh", ließ der junge Mann die Menge wissen. Seine Jeans war von der Flussdurchquerung nass geworden, und trotz der brütenden Hitze an diesem Augustnachmittag zitterte der Fremde unübersehbar. "Das müssen wohl Sie sein, nehme ich an." Holt nickte knapp und dachte überhaupt nicht daran, dem anderen Mann zu erklären, dass er den Namen Cavanagh abgelegt hatte und er sich inzwischen McKettrick nannte seit es ihm und seinem alten Herrn gelungen war, Frieden zu schließen.
Angus blieb dicht bei ihm, die buschigen Brauen argwöhnisch zusammengezogen, während seine bis dahin unauffindbaren Brüder Rafe, Kade und Jeb geistergleich wie aus dem Nichts bei ihm auftauchten. In den drei Jahren, die er sie nun kannte, hatte es zwischen Holt und ihnen immer wieder Differenzen gegeben, und es gab sie sogar jetzt noch aber sie waren blutsverwandt, und das war stärker als alles andere. Brachte der Reiter gute Neuigkeiten, dann würden sie mit ihm feiern. Bei schlechten würden sie alles tun, um ihm zu helfen. Und standen Probleme ins Haus, dann waren sie bereit, auf der Stelle für ihn in den Kampf zu ziehen und erst danach Fragen zu stellen. Holts Zuneigung für sie lag ihm im Blut, auch wenn er sich das manchmal nur widerwillig eingestehen wollte. Der Besucher hielt einen Zettel in der Hand. "Frank Corrales sagte mir, ich solle Ihnen das hier geben. Er hat Ihnen ein Telegramm geschickt, und als Sie nicht geantwortet haben, nahm er an, dass es Sie nicht erreicht hat. Daher wies er mich an loszureiten. Den Brief da habe ich von Texas bis hierher getragen.
" Sorge überflutete seinen ganzen Körper, als würde sich das Gift einer Schlange in ihm ausbreiten. Einen Augenblick lang zögerte er, dann entriss er seinem Gegenüber das feucht gewordene, zusammengefaltete Blatt aus braunem Papier und öffnete es mit einer knappen Handbewegung. Er spürte, dass sein Vater und seine Brüder sich ihm einen Schritt näherten. Ein Blick genügte, um den Text zu überfliegen, dann dachte er kurz über die Konsequenzen nach und las die Zeilen noch ein zweites Mal. Diesmal langsamer, um Gewissheit zu bekommen, dass er sie richtig erfasst hatte. John Cavanagh soll von seinem Land vertrieben werden. Gabe soll am 1. Oktober als Pferdedieb und Mörder an den Galgen. Komm schnell. Frank Corrales Holt hatte die Nachricht noch nicht ganz verarbeitet, da holte ihn eine Frauenstimme aus seiner Erstarrung, und jemand legte eine schlanke Hand auf seinen Ärmel.
"Holt? Stimmt etwas nicht?" Er zuckte leicht zusammen und drehte den Kopf so weit, bis er seiner Zukünftigen ins Gesicht sehen konnte. Mit ihrem blonden Haar und den ausdrucksstarken blauen Augen war sie eine hübsche Frau, eine bestellte Braut, die man den weiten Weg von Boston bis zu ihm gebracht hatte. Jedes Mal, wenn er sie ansah, versetzten seine Schuldgefühle ihm einen Stich ins Herz. Margaret verdiente einen Mann, der sie liebte, aber nicht jemanden, der für seine kleine Tochter eine Mutter und für sich selbst eine Bettgespielin suchte, mehr von ihr jedoch nicht wollte. "Ich muss zurück nach Texas." In seinem Kopf waren diese Worte seit Langem umhergegeistert, doch jetzt sprach er sie zum ersten Mal auch aus. Angus räusperte sich, was wie ein Signal für die anderen wirkte, die sich auf einmal ebenfalls wieder rührten. Widerstrebend zogen sich Rafe, Kade und Jeb zurück, Angus drückte dem Reiter eine Goldmünze im Wert von fünf Dollar in die Hand, dann steuerte er auf den Tisch zu, auf dem die Speisen angerichtet waren.
Einer der Rancharbeiter nahm sich des erschöpften Pferdes an. Margarets Lächeln wurde etwas schwächer, als sie Holt abwartend in die Augen sah. "Vielleicht, wenn ich zurück bin ...", setzte er unbeholfen an. Dann jedoch versagte seine Stimme. Mit einem leisen Seufzer schüttelte sie den Kopf. "Ich glaube, ich möchte nicht warten, Holt", erklärte sie. "Falls es das ist, worum du mich bitten willst." Er strich mit den Fingern über ihre Wange und ließ die Hand wieder sinken. "Es tut mir leid", sagte er mit rauer Stimme. Er sprach die Wahrheit, aber er bezweifelte, dass dies angesichts der Situation noch etwas ausmachen konnte. Auf Drängen seiner Brüder hatte er diese Frau aus dem Osten des Landes herkommen lassen, und nun stand sie hier in Brautkleid und Schleier, die halbe Nachbarschaft war anwesend und es würde keine Hochzeit geben. "Wir machen weiter, wie geplant, und ich werde dich heiraten", sagte er, obwohl all seine Instinkte ihn davon abzubringen versuchten. Aber er war der Sohn von Angus McKettrick, und in dessen Familie wurde ein gegebenes Versprechen gehalten.
Dennoch kamen diese Worte nicht so über seine Lippen, als würde er es ernst meinen, und Margaret war keine dumme Frau. "Trotzdem werde ich nach Texas zurückkehren müssen." Eine Träne schimmerte auf ihrer Wange, dennoch hielt sie das Kinn trotzig erhoben und schüttelte erneut den Kopf. "Nein", widersprach sie mit einer Mischung aus Trauer und Stolz. "Würdest du mich wirklich lieben, dann hätten wir die Zeremonie zu Ende gebracht. Du hättest mir einen Ring an den Finger gesteckt, damit jeder wüsste, ich bin verheiratet. Und vielleicht hättest du mich sogar gebeten, dich zu begleiten." "Es wird eine anstrengende Reise sein", gab Holt zurück. Er kam sich vor wie eine lahmende Kuh, die immer nur im Kreis läuft und nach einem Ausweg sucht.
Dennoch bemühte er sich weiter, Margaret einsichtig zu stimmen. "Und wenn ich dort angekommen bin, warten sehr schwierige Aufgaben auf mich." Sie brachte ein Lächeln zustande und sagte: "Viel Erfolg damit, Holt McKettrick." Dann wandte sie sich zu seiner großen Verärgerung an die versammelten Gäste. Sofort war die ausgelassene Stimmung wie weggeweht, und gebanntes Schweigen machte sich breit. "Es wird heute keine Hochzeit stattfinden", verkündete sie mit klarer, lauter Stimme, während sie von allen mitfühlend angesehen wurde. Holt bemerkte voller Bewunderung, dass sie aufrecht dastand wie ein frisch gesetzter Zaunpfahl. "Aber es wird ein Fest geben", fuhr sie fort. "Ich gehe jetzt nach oben und ziehe mir etwas erheblich Bequemeres an. Und wenn ich wieder nach unten komme, dann erwarte ich von jedem von Ihnen gute Laune." Mit diesen Worten entfernte sich Margaret in Richtung Ranchhaus.
Holts Schwägerinnen Emmeline, Mandy und Chloe warfen ihm giftige Blicke zu und eilten zu seiner Beinahe-Braut. Nur Lizzie, Holts zwölf Jahre alte Tochter, besaß die Kühnheit, sich ihm zu nähern. Ihre Wangen glühten vor Wut und Entrüstung. "Papa!", rief sie und blieb direkt vor ihm stehen. "Wie konntest du nur so was machen?" Holt liebte seine Tochter sehr, auch wenn er von deren Existenz erst letztes Jahr erfahren hatte. Und von Margaret abgesehen, war Lizzie diejenige, der er im Moment am liebsten nicht in die Augen gesehen hätte. "Ich muss etwas in Texas erledigen", erwiderte er. Das war eine Tatsache, an der es nichts schönzureden gab. "Etwas, das keinen Aufschub duldet." Lizzie versteifte sich, blinzelte ein paar Mal, sah ihn mit ihren großen braunen Augen an und biss sich auf die Unterlippe. "Du lässt mich allein?" Er wollte eine Hand auf ihre Schulter legen, aber das Mädchen wich zurück. "Lizzie", flüsterte er. Sie machte auf der Stelle kehrt und flüchtete sich zu ihrem Großvater. Angus legte einen Arm um sie und bedachte Holt mit einem finsteren Blick. Der alte Mann wirkte dabei wie Zeus persönlich, der aus seinen Augen Blitze auf ihn abfeuerte.
"Verflucht", murmelte Holt und ging in Richtung Scheune. Seine Brüder folgten ihm mit verbissener Miene. Als Holt größere Schritte machte, klebten sie trotzdem förmlich an seinen Fersen. Sture Kerle, die alle aus dem gleichen groben Holz geschnitzt waren wie ihr Vater. "Was zum Teufel ist hier eigentlich los?", knurrte Rafe. Der älteste von Angus' drei jüngeren Söhnen war ein Bulle von einem Mann, und er war stets der Erste, wenn es darum ging, eine Erklärung zu verlangen. Er, Kade und Jeb bildeten vor Holt einen Halbkreis, um ihm den Weg zur Scheune zu versperren. Dort war sein Pferd untergebracht, das noch nichts von der anstehenden strapaziösen Reise ahnte. Holt hätte versuchen können, die drei aus dem Weg zu schieben, doch das hätte unweigerlich zu einem Handgemenge geführt. Davor hatte er zwar keine Angst, jedoch würde es nur unnötig Zeit kosten. Und sein Gefühl sagte ihm, dass er eben diese Zeit nicht hatte. Er zog den zerknitterten Brief aus der Westentasche, in die er ihn nur Minuten zuvor gesteckt hatte, und drückte ihn Kade in die Hand, der direkt vor ihm stand.
"Lies es selbst", forderte er ihn auf. Kade überflog die Zeilen, Jeb und Rafe schauten von der Seite auf das Papier. "Ich werde dein Pferd satteln", erklärte Kade und gab ihm die Nachricht zurück. Er war der mittlere Bruder, der nachdenkliche, der praktisch denkende. "Am besten nimmst du dir für unterwegs noch etwas vom Hochzeitsessen mit." "Sprich mit Lizzie, bevor du aufbrichst, Holt", warf Rafe ein. "Sie macht nicht den Eindruck, als würde sie das Ganze so auf die leichte Schulter nehmen." "Ich könnte mitreiten", schlug Jeb mit dem für ihn typischen Eifer vor. Als jüngster Bruder war er zugleich der ungestümste von ihnen und unbestritten der beste Reiter. Aus diesen und noch ein paar anderen Gründen wäre es durchaus praktisch, Jeb an seiner Seite zu wissen. Aber Tatsache war auch, dass Holt nicht auch noch auf ihn aufpassen wollte. Allerdings war er nicht so dumm, das Jeb auf die Nase zu binden. Unter anderen Umständen hätte er mit einem Grinsen reagiert, doch er hatte soeben eine gute Frau öffentlich gedemütigt und erfahren müssen, dass zwei seiner besten Freunde in Schwierigkeiten waren. Jeb hatte eine Frau und die gemeinsame kleine Tochter.
Ähnliches galt für Rafe und Kade, hatten ihre Frauen doch alle drei letztes Jahr zum Unabhängigkeitstag ihre Kinder zur Welt gebracht. "Diesen Kampf muss ich allein kämpfen", erwiderte Holt. Rafe zog eine nachdenkliche Miene. "John Cavanagh. Das ist doch der Mann, der dich großgezogen hat, stimmt's?" "Ja, ihm gehört ein Stück Land in der Nähe von San Antonio", bestätigte Holt. Rafes Worte konnte nicht einmal im Ansatz beschreiben, wie viel Cavanagh ihm bedeutete. "Und dieser Gabe?", hakte Jeb nach. "Wer ist das?" "Wir waren beide bei den Rangern", antwortete Holt. Gabe Navarro war ein wilder Kerl zum Teil Komantsche, zum Teil Mexikaner und zum Teil Teufel , aber weder ein Mörder noch ein Pferdedieb. Holt kannte ihn zu gut und schon zu lange, als dass er auch nur eine der Anschuldigungen hätte glauben können. Kade begnügte sich mit dieser knappen Erklärung und ging zur Scheune, um Holts Pferd Traveler reisefertig zu machen. In der Zwischenzeit stellten Rafe und Jeb ihm aus dem Hochzeitsmahl den Reiseproviant zusammen. Holt sah sich nach Lizzie um und stellte fest, dass Angus sie noch immer in seinen Armen hielt und ihr Kopf auf der breiten Schulter des alten Mannes ruhte.
"Nun komm", murmelte Angus, der seinen ältesten Sohn unfreundlich, aber resigniert musterte, während er näher kam. "Du musst jetzt mit deinem Papa reden, Lizziebeth. Es ist nicht gut, wenn sich eure Wege trennen, ohne das zu sagen, was gesagt werden muss." Schniefend hob Lizzie den Kopf und sah Holt an. Angus übergab ihm seine Tochter, und nachdem er Holt einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, zog er sich zurück. "Kommst du wieder?", wollte Lizzie wissen. "Ja", versicherte er ihr überzeugt. Er war mit Texas noch nicht fertig, zu viele Dinge hatte er ungelöst hinter sich gelassen. Doch tief in seinem Herzen wusste er, diese Region von Arizona und die Triple M waren sein Zuhause. Er gehörte in diese Gegend mit dem groben roten Staub, mit seinem unmöglichen Vater, seinen nicht zu bändigenden Brüdern und seiner lebhaften Tochter. Mit dem Handrücken fuhr sie sich durchs Gesicht. "Versprichst du's mir?" "Ich gebe dir mein Wort."
"Und wenn du nicht zurückkommen kannst? Wenn dich jemand erschießt?"
"Ich komme wieder, Lizzie." "Ich werd's dir wohl glauben müssen." Lachend streckte er einen Arm aus, und nach kurzem Zögern drückte sich Lizzie gegen seine Brust. "Du wirst ein braves Mädchen sein", sagte er und ließ sein Kinn auf ihrem dunklen Haar ruhen. Er wünschte, er müsste sie nicht hier zurücklassen. "Kümmere dich ein bisschen um Concepcion und deinen Großvater." Zitternd zog sie ihr geliebtes blaues Band aus ihrem Haar und steckte es in Holts Westentasche. "Damit du immer an mich denkst", flüsterte sie und versetzte seinem Herzen damit einen Stich. Bevor er aber seiner Tochter versichern konnte, auch ohne dieses Band immer an sie zu denken, zumal es völlig unmöglich wäre, sie zu vergessen, redete sie bereits weiter: "Wirst du auch Mamas Grab besuchen? Sie ist in San Antonio beerdigt, auf dem Friedhof hinter Saint Ambrose's." Er nickte nur stumm, da seine Kehle nach wie vor wie zugeschnürt war. Lizzies Mutter Olivia hatte viel mit den Dingen zu tun, die es für ihn in Texas zu erledigen gab. Von ihr musste er sich noch angemessen verabschieden, sie in seinem Kopf und seinem Herzen zur ewigen Ruhe betten. Auch wenn sie alle seine Worte längst nicht mehr hören konnte.
"Nimmst du ihr Blumen von mir mit? Die schönsten, die du finden kannst?" Holt hatte unverändert einen Kloß im Hals, sodass er auch jetzt nur stumm nicken konnte. Aufmerksam musterte Lizzie sein Gesicht, fast so, als suche sie nach einer von diesen Halbwahrheiten, die Erwachsene Kindern gern erzählen, oder sogar nach einer dreisten Lüge. Da sie in seiner Miene aber nur die Wahrheit sah, straffte sie die Schultern und schob das Kinn vor. "Na gut. Du reitest bestimmt besser los, solange es noch hell genug ist, damit du den Weg auch erkennst." Lächelnd legte er eine Hand unter ihr Kinn. "Iss nicht zu viel Kuchen", ermahnte er sie. Tränen blitzten in ihren Augen auf. "Lass du dich nicht erschießen", konterte sie. Damit hatten sie sich voneinander verabschiedet. Lizzie war eigentlich mehr eine junge Frau als ein Mädchen auf einer der größten Ranches in Arizona. Sie konnte bereits wie ein kleiner Soldat auf einem Pony reiten, und von Kades Frau Mandy, einer Scharfschützin, hatte sie gelernt, mit der Pistole und dem Gewehr umzugehen. Lizzies Mutter war an einem Fieber gestorben, und sie hatte mitansehen müssen, wie ihre Tante kaltblütig erschossen wurde.
Daher wusste sie auch, wie schnell ein Leben enden konnte, wie gefährlich es in der Welt zuging und dass ein Abschied jedes Mal auch ein Abschied für immer sein konnte. Dieser Abschied aber würde nicht für immer sein, schwor sich Holt, als er davonritt, und legte seine Hand auf die Tasche, in der Lizzies Haarband steckte.
Übersetzung: Ralph Sander
© 2005 by Linda Lael Miller
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Autoren-Porträt von Linda Lael Miller
Linda Lael Miller wuchs in Washington, dem nordwestlichsten Bundesstaat der USA, auf. Ihre Karriere als Autorin, die 1983 begann, ermöglichte ihr, in England und Italien zu leben, bevor sie wieder in den weiten Westen zurückkehrte, dem bevorzugten Schauplatz ihrer Romane. Linda Lael Miller engagiert sich für den Tierschutz und ist Gründerin einer Stiftung zur Förderung von Frauenbildung.
Bibliographische Angaben
- Autor: Linda Lael Miller
- 2009, 476 Seiten, Maße: 12,5 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Sander, Ralph
- Übersetzer: Ralph Sander
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3899416694
- ISBN-13: 9783899416695
Rezension zu „Wilde Rose der Prärie / McKettrick Bd.4 “
"Starke Charaktere und eine Atmosphäre wie im besten Western machen den Zauber dieses historischen Romans aus." Publishers Weekly
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