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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    mabuerele, 21.02.2024

    „...Ein Sklavenleben besteht zum großen Teil aus Warten – Warten, Warten und nochmal Warten. Warten auf Anweisungen. Warten auf Essen. Warten aufs Tagesende...“

    Es ist der Sklave Jim, der sich selbst James nennt, der sein Leben so beschreibt. James ist ein hellhäutiger Sklave von Miss Watson. Hier leben auch die beiden Jungen Huck und Tom.
    Der Autor hat den Klassiker „Huckleberry Finn“ auf völlig neue Art erzählt.
    Der Schriftstil hat mich sofort begeistert. Auf subtile Art wird deutlich, wie Jim die Vorurteile der weißen Bevölkerung für sich nutzt. Obwohl er die Sprache perfekt beherrscht, bedient er sich des Südstaatenenglischs. Außerdem darf niemand wissen, dass er Lesen und Schreiben kann. Heimlich unterrichtet er die Kinder.

    „...Die Weißen erwarten, dass wir auf eine bestimmte Art klingen, und es kann nur nützlich sein, sie nicht zu enttäuschen...“

    Als Jim erfährt, dass er verkauft werden soll, flieht er. Dann gesellt sich Huck zu ihm. Der Junge hat es nicht einfach. Sein Vater ist ein Säufer und Schläger.
    Beide bewegen sich entlang des Flusses erst einmal gen Süden. Jim wird gesucht, nicht nur als entlaufener Sklave, sondern auch als mutmaßlicher Mörder von Huck, denn keiner weiß, dass der Junge noch lebt.

    „...Ein Sklave zu sein war schlimm genug, aber ein flüchtiger Sklave zu sein war noch schlimmer, und flüchtig zu sein und sich direkt vor der Nase der Weißen zu verstecken wäre unerträglich...“

    Auf ihren Weg haben die beiden manch Begegnung mit Weißen. Dann gibt Huck Jim als seinen Sklaven aus. Das bringt aber auch Gefahren mit sich, denn als Junge kann er normalerweise keinen Sklaven haben.
    Die Beschreibung der Reise ist sehr detailliert. Sie ist einerseits von einem feinen Humor durchzogen, zeigt anderseits aber die Grausamkeit der Sklavenhalterei. Schläge sind die Regel, nicht die Ausnahme. Frauen sind Freiwild für ihre weißen Herren. Manche Situationen wirken skurril, andere nur traurig und menschenverachtend. Der Autor hat die Vielzahl der Gefühle gekonnt in die Handlung integriert.
    James ist sehr intelligent. Das hilft ihm, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Gleichzeitig unterhält er sich in seinen Träumen mit Voltaire und anderen Persönlichkeiten. Er hat nur ein Ziel vor Augen. Er möchte Frau und Tochter freikaufen und ein gemeinsames Leben führen.
    Auch für Huck ist die Reise sehr lehrreich. Er erkennt, wovor sich Jim in Acht nehmen muss und wann es gilt, vernünftig zu handeln.
    Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt auf feinsinnige und doch stellenweise humorvolle Art die gesamte Brutalität gegenüber den Sklaven. Erniedrigung und Gewalt sind die Mittel der Wahl.

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  • 3 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Christian B., 03.03.2024

    Spannende Idee, zu wenig daraus gemacht

    Die Bücher von Percival Everett lese ich immer sehr gerne, die zuletzt erschienenen Roman "Die Bäume" und "Erschütterung" haben mir besonders gut gefallen. Leider konnte mich der neue Roman "James" nicht überzeugen. Die Grundidee die Geschichte "Die Abenteuer des Huckleberry Finn" aus Sicht des Sklaven "James" zu erzählen finde ich sehr spannend, allerdings ist der Roman eher langweilig geraten. Bis auf die Idee, dass die Sklaven bewusst mit einem bestimmten Akzent sprechen um unter den Weißen nicht aufzufallen, war mir das Buch nicht provokant genug. Dagegen war "Die Bäume" viel provokanter und besser umgesetzt. Durch die sehr kurzen Kapitel kommt auch kein richtiger Lesefluss auf, da die Handlung nach den kurzen Kapitel teilweise sofort wechselt und so nicht wirklich fortlaufend ist. Bis auf Anfang und Ende konnte mich der Roman leider nicht überzeugen.

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  • 5 Sterne

    Ruth L., 25.04.2024

    Aus Jim wird James
    Percival Everett ist einer der renommiertesten schwarzen Schriftsteller der USA. Er hat über dreißig Bücher verfasst, darunter dreiundzwanzig Romane, von denen bisher nur wenige ins Deutsche übersetzt wurden. Doch spätestens seit seinem letzten Buch „ Die Bäume“ ist er auch bei uns mehr als ein Geheimtipp.
    Mit dem Roman „ James“ ist er ein Wagnis eingegangen. Hat er doch einen Klassiker der amerikanischen Literatur, ja der Weltliteratur, genommen und seinen Fokus auf eine andere Figur gerichtet.
    Bei Mark Twains „ Die Abenteuer des Huckleberry Finn“, 1884 erstmals erschienen, spielt der Sklave Jim eine wesentliche Rolle . Everett nennt ihn nun „ James“ und macht ihn zur Hauptfigur seines Romans. Und zeigt uns so durch dessen Perspektive, wie anders sich hier die Geschichte liest.
    Anfangs ist Everett noch sehr nah am Original. Jim und Huck treffen sich auf einer Insel im Mississippi. Beide sind hierher geflohen, Huck vor seinem gewalttätigen Vater und Jim, weil er verkauft werden soll. Mit einem Floß versuchen sie Richtung Süden zu kommen, in einen jener Staaten, in denen die Sklaverei schon abgeschafft worden ist. Dabei erleben sie viele gefährliche Situationen und treffen auf einige Gauner und Betrüger. Doch was sich bei Twain als vergnügliches Abenteuer liest, bekommt bei Everett, bei allem Witz, den der Roman hat, eine bittere, ernste Note. Denn für James ist das alles kein Spiel, sondern lebensbedrohend.
    Wenn sich die Wege der beiden ungleichen Flüchtenden trennen, gibt das Everett die Möglichkeit, völlig neue Episoden dieser Geschichte hinzuzufügen. James wird Teil einer Minstrel-Show, wo er zwischen lauter schwarz geschminkten Sängern auftritt; er wird verkauft und muss in einem Sägewerk schuften. Dabei muss er ständig um sein Leben fürchten. Hier zeigt Everett das ganze Ausmaß und die Brutalität des Rassismus und erspart uns dabei keine Grausamkeit. So wird z. B. ein Sklave, der James einen Bleistiftstummel zukommen lässt, erst gefoltert, dann gelyncht.
    Schon von Beginn an aber ist die Figur Jim/ James anders, wesentlich komplexer angelegt. Das zeigt sich schon in der Eingangsszene. Wie bei Twain wird Jim hier Opfer eines Streiches von Tom und Huck. Doch bei Everett durchschaut der Sklave das Spiel und stellt sich nur dumm, denn „ Es lohnt sich immer, Weißen zu geben, was sie wollen,…“
    So ist James höchst gebildet, hat in Richter Thatchers Bibliothek die großen Philosophen studiert und führt in seinen Träumen Diskussionen mit Voltaire und Locke. Dabei entlarvt er sie als nicht die großen Freiheitsdenker, sondern als Kinder ihrer Zeit.
    Auch lässt Everett seinen James zweisprachig auftreten. Unter seinesgleichen sprechen die Schwarzen ein gepflegtes Englisch. Erst in der Begegnung mit Weißen verfallen sie in ihren Südstaatenslang. „ Die Weißen erwarten, dass wir auf eine bestimmte Weise klingen, und es kann nur nützlich sein, sie nicht zu enttäuschen…. Wenn sie sich unterlegen fühlen, haben nur wir darunter zu leiden.“ Da ist es nur folgerichtig, wenn James Kinder unterrichtet, wie sie mit Weißen zu sprechen haben. „ Sie genießen es, euch zu verbessern und zu glauben, dass ihr dumm seid.“ Hiermit entlarvt der Autor gar nicht subtil die Dummheit der Sklavenhaltergesellschaft. Und gleichzeitig wirft er einen Blick auf unsere Gegenwart, in denen schwarze Eltern ihren Kindern Verhaltensregeln im Umgang mit weißen Polizisten auf den Weg geben.
    Everett verweist nicht nur auf die subversive Kraft des Lesens und von Bildung, sondern lässt James seine Geschichte aufschreiben. „ Mit meinem Bleistift schrieb ich mich ins Dasein. Ich schrieb mich ins Hier.“
    James‘ Geschichte steht stellvertretend für die vieler. Es ist wichtig und notwendig, die Geschichte der Schwarzen im ( literarischen ) Gedächtnis zu behalten, deshalb schreibt James, deshalb schreibt Everett.
    Ein weiterer Unterschied zu Twain liegt in der zeitlichen Verortung. Spielte „ Huckleberry Finn“ in den 1840er Jahren, so verlegt Everett seinen „ James“ ins Jahr 1861, rund um den Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs. Aber auch hier macht sich die Hauptfigur keine Illusionen. „ Eins wusste ich: Was auch immer zu diesem Krieg geführt hatte, die Befreiung der Sklaven war ein Nebenmotiv und würde ein Nebenergebnis sein.“
    Am Ende sieht James keine andere Lösung, als sich mit Gewalt sein Recht zu verschaffen.
    Im Verlaufe der Handlung wird Jim zu seinem eigenen Herr; er legt seinen alten Sklavennamen ab und nennt sich fortan James. „ Mein Name gehörte endlich mir.“
    Mit viel Phantasie und großer Sprachmacht hat Percival Everett einen Roman geschaffen, der zwar in der Vergangenheit spielt, aber aktuelle Debatten aufgreift und auf die Gegenwart verweist.
    Lobenswert ist die Leistung des Übersetzers Nikolaus Stingl. Denn es war kein Leichtes, die spezielle Sprache, derer sich James bedient, in ein glaubwürdiges Deutsch zu transportieren. Diese Aufgabe hat er bravourös gemeistert.
    Zwei Fragen stellen sich manche bei diesem Buch:
    Die eine ist die nach der Legitimation. Darf Percival Everett das? Ja, denn Literatur darf alles. Außerdem ging es dem Autor nicht darum, Mark Twain zu demontieren. Mark Twain war kein Rassist, aber natürlich ein Kind seiner Zeit. Wie Everett in seiner Danksagung schreibt, sei der Roman eine Referenz vor Mark Twain. „ Sein Humor und seine Menschlichkeit haben mich beeinflusst, lange bevor ich Schriftsteller wurde.“
    Die zweite Frage ist, ob es überhaupt eine Neu- Erzählung dieses Klassiker braucht? Ja, denn es ist ein Buch für Schwarze und weiße Leser gleichermaßen. Den einen bietet er als Identifikationsfigur statt eines dümmlich- naiven Sklaven einen intelligenten, mutigen und selbstbewussten Mann, der für seine Freiheit und die seiner Familie kämpft und die anderen lässt er miterleben, wie sich die Welt einem Schwarzen zeigt.
    „ James ist ein kluges, ein wichtiges Buch; eine fesselnde und bedrückende Lektüre.

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  • 5 Sterne

    Magnolia, 06.04.2024

    „Man nennt mich Jim“

    Die Abenteuer des Huckleberry Finn, die erstmals 1864 erschienen sind, hat Percival Everett neu interpretiert. Dabei gibt er einen tiefen Einblick in die Sklaverei der Südstaaten Amerikas im 19. Jahrhundert, die an Brutalität nicht zu überbieten war. Das alles wird hier aus James Perspektive erzählt, beginnend mit Huck und Tom, den weißen Jungs, denen es Spaß macht, mit den Sklaven ihren Schabernack zu treiben. Und die Sklaven müssen mitmachen, sie stellen sich dumm, obwohl so mancher klüger ist als die Weißen. James zumindest ist es. Er ist intelligent und sehr belesen, er schreibt – wie ich es später lese - mit einem Bleistiftstummel sein Dasein auf. Diesen Bleistiftstummel hat ihm ein anderer Sklave beschafft, dieser wurde erwischt und aufs Härteste bestraft.

    Wer kennt sie nicht, die Abenteuer des Huckleberry Finn. Auch wenn es schon eine ganze Weile her ist, so war es ein Buch meiner Kindheit. Gut, meine Erinnerungen sind weitgehend verblasst und doch sind sie mir dank „James“ wieder allgegenwärtig, denn nach dem Lesen wollte ich mit der Original-Geschichte aus Hucks Sicht meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.

    Nun aber zu „James“, dem Sklaven, der Jim genannt wird. Er ist mit Frau und Kind einer von Mrs. Watsons Sklaven. Und natürlich hat ein Sklave dumm zu sein, auch wenn so mancher intelligenter als die Weißen ist, so drückt schon der Slang der Schwarzen ihre Beschränktheit aus. Diese Sklavensprache dient ihnen auch als Schutzwall, denn wer so redet, kann in der Vorstellung der überlegenen Weißen nicht allzu viel Grips haben. Percival Everett hat eine eigene, grammatisch falsche Sprache mit einer verwaschenen Aussprache verwendet. Auch die deutsche Übersetzung von Nikolaus Stingl, die ich hier lese, finde ich sehr gelungen. Das Einfinden in diesen ganz speziellen Dialekt ist mir leicht gefallen, dieser Slang gehört hier zu den Sklaven, zu James, zu Jim.
    Als Jim erfährt, dass Mrs. Watson ihn verkaufen will, flüchtet er auf eine nahe gelegene Insel mit dem Vorsatz, sobald er in Sicherheit ist und Geld hat, seine Familie nachzuholen. Er will weiter gen Norden, weg von der Sklaverei des Südens. Auch Huck muss verschwinden, denn sein gewalttätiger Vater ist wieder aufgetaucht, es kommt zwischen den beiden zur Rangelei, Huck nimmt Reißaus, ladet auf der Insel und trifft hier auf Jim. Ihre abenteuerliche Reise auf dem Mississippi beginnt.

    Ihre Flucht mit einem Boot und einem selbstgebauten Floß ist ein gar tollkühnes Unterfangen, sie begegnen allerlei seltsamen Typen und nicht nur einmal soll Jim verkauft werden. Der Rassismus jener Zeit ist allgegenwärtig, die Denkweise und vor allem die schweren Misshandlungen, die Brutalität der weißen Herrschaften den Schwarzen gegenüber ist kaum auszuhalten. Ein Schwarzer gilt nicht als Mensch, er ist Besitz, mit dem man machen kann, was immer man will.

    Percival Everett lässt Jim träumen, von John Locke etwa, den Philosophen und Vordenker der Aufklärung, mit dem er im Traum Zwiesprache hält. Auch begegnet Jim den Virginia Minstrels, einer Gruppe von Weißen, die in Blackface einen Schwarzen mimen, sich schwarz anmalen. Es sind aber auch ganz furchtbare Szenen von brutalster, blutiger Sklavenhaltung bis hin zu deren gewaltsamen Tod zu verkraften, barbarisch und unerbittlich von den Sklavenhaltern ausgeführt. Die ganze Brutalität und Skrupellosigkeit der Sklaverei der amerikanischen Südstaaten des 19. Jahrhunderts zeigt Everett aus „James“ Perspektive. Diese andere Sicht, die Sicht eines Insiders sozusagen auf die Sklavenhaltung, hätte durchaus schief gehen können. Ist es aber beileibe nicht, es ist ein grandioses Werk geworden, eine unterhaltsame Neuinterpretierung von Mark Twains Klassiker, der einen tiefen Einblick in den Rassismus gewährt. Ein Buch, das nachdenklich macht. Ein Buch, das ich nicht missen möchte.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    MeinSohnPrinzAndreas, 19.02.2024

    Hannibal, eine Kleinstadt am Ufer des mächtigen Mississippi: hier verbringt Jim seine Tage, verstellt sich, spielt eine Rolle, die nur diejenigen durchschauen, die ebenfalls eine Rolle spielen. Denn er ist nicht dumm, sondern ein dunkelhäutiger Sklave. Und so ist es für sein eigenes Wohlergehen das beste, wenn er die Weißen glauben lässt, er sei, ungebildet, dumm, einfältig und einfach nicht so viel wert, wie sie selbst. Doch als er erfährt, dass er den Fluss hinab verkauft werden, von seiner Frau und seiner Tochter getrennt werden soll, nimmt er sein Schicksal selbst in die Hand. Er wagt die Flucht. Und von nun an erlebt er mit seinem jungen Freund Huck ein Abenteuer auf dem großen Strom nach dem anderen, immer kurz davor entdeckt oder getötet zu werden.

    Auch wenn ich das Standardwerk Mark Twains noch nicht gelesen habe, wollte ich mich dennoch an diese Adaption, bzw. an diese Erweiterung des Tom Sawyer und Huckleberry Finn - Kosmos heranwagen. Und ich bereue es keineswegs, das Buch gelesen zu haben. Von Anfang an entwickelt der Schreibstil eine Sogwirkung, vor allem, da dieser recht Dialoglastig ist, und wir sehr viel Inhalt durch Gespräche, aber auch die Wahrnehmung von Jim, der unser Ich-Erzähler ist. Und so ist unsere Wahrnehmung einerseits sehr eingeschränkt, auf der anderen Seite liegt der Fokus wirklich nur auf den Geschehnissen und so entsteht dieses rasante Tempo eines jugendlich anmutenden Abenteuerromans. Dennoch hatte ich in der ersten Hälfgte des Romans zeitweise meine Probleme damit, dass man sich komplett in Zeit und Raum verliert. Auch werden manche Ereignisse für meinen persönlichen Geschmack etwas zu rasch abgehandelt. Bedingt durch die Erzählperspektive und die eingeschränkte Wahrnehmung, ist dies allerdings unabdingbar für die Geschichte und dementsprechend leicht verzeihbar.

    Eine Besonderheit ist, dass viele der Dialoge versuchen, die Umgangssprache der Versklavten nachzustellen, mit der sich diese von der weißen Herrenrasse versuchten abzugrenzen. Gut gelungen, da sich nach einer kurzen Einstellungsühase sich diese Textstellen sehr flüssig lesen lassen, authentisch wohl kaum, da es immer einer Meisterleistung bedarf, dialektale Eigenheiten in einer anderen Sprache wiederzugeben. Wie dem auch sie, Gefühl und Botschaft, dass Sprache einerseits Gemeinschaft schafft, andererseits auch ausgrenzt und an Narrative verknüpft ist, werden uneingeschränkt vermittelt.

    Hinsichtlich der Figuren lässt sich sagen, dass einem vor allem die Hauptfigur sehr stark ans Herz wächst. Er ist das zentrum der Geschichte. Wir erfahren seine gedanken, seine Geschichte, seine Gefühle, durchleben mit ihm die Abenteuer und Gefahren. Die anderen, wie Huck sind nur Wegbegleiter, die kommen und gehen, oder bleiben. Doch Jim wird zu einem komplexen Kosmos der Gefühle, so nachvollziehbar, dass selbst Taten und Entscheidungen, die man unter objektiver Betrachtung als moralisch verwerflich oder gar falsch ansehen müsste, beim Lesen nicht angezweifelt werden.

    Kurzum, ein Buch, das fesselt, kindliche Begeisterungsstürme für Schaufelraddampfer und Flussabenteuer lostritt, auch wenn es mir manchmal schon zu rasant vorbeizog. Die Botschaft über die Dummheit und Grausamkeit des Menschen bleibt dennoch klar und unverwaschen erhalten.

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  • 5 Sterne

    Hilal T., 15.03.2024

    Zum Inhalt:
    Als der Sklave Jim erfährt, dass er verkauft werden soll, verlässt er Frau und Tochter und läuft davon. Während er noch auf der Flucht ist, trifft er auf den kleinen Huck, der ebenfalls von zu Hause weggelaufen ist. Huck hat seinen Tod vorgetäuscht, um ein für allemal seinem gewalttätigen Vater zu entkommen. Jim befürchtet, dass ihm als Sklave der Tod des Jungen angehaftet wird, und nimmt ihn mit auf eine abenteuerliche Reise, bei der sie sich gemeinsam vielen Gefahren stellen müssen. Doch Jim hat nur ein Ziel vor Augen: Seine Frau und seine Tochter aus den Fängen der Sklaverei zu befreien. Wird er sie je wiedersehen?

    Meine Leseerfahrung:
    Percival Everett war mir bisher kein Begriff, was ich zutiefst bedaure. Auf "James" bin ich nur zufällig aufmerksam geworden und habe überraschenderweise nach langer Zeit wieder ein Meisterwerk lesen dürfen. Es ist nicht einfach für Autoren, berühmte Klassiker neu zu interpretieren, insbesondere wenn die Fussstapfen, die gefüllt werden sollen, so groß sind. Mark Twains "Huckleberry Finn" ist ein Meilenstein in der amerikanischen Literatur und wurde bereits mehrfach verfilmt. Eine Neuinterpretation aus der Sicht des Sklaven Jim war für mich allerdings neu. 

    Jim ist ein intelligenter, gebildeter Sklave, der Lesen und Schreiben kann. Wie alle anderen Sklaven  gibt er jedoch vor, dumm und einfältig zu sein, um nicht die Aufmerksamkeit der Weißen auf sich zu lenken. So nutzen alle Sklaven in Anwesenheit von Weißen eine Art Sklaven-Dialekt, der von ihnen tatsächlich auch so von Seiten der Weißen erwartet wird. Diese Sprechweise dürfte in der Originalsprache sicher sehr authentisch klingen. Die Übersetzung ins Deutsche ist mE aber auch richtig gut gelungen. Zu Beginn des Buches empfand ich die Passagen, in denen es zum Wechsel der Sprache unter den Sklaven kam durchaus noch komisch. Aber bereits ab den Kapiteln über die Flucht Jims merkt man, wie ernst die Situation eigentlich für Schwarze zu dieser Zeit ist. Als entflohener und unter Mordverdacht stehender Sklave läuft Jim ständig Gefahr, erkannt und gefasst zu werden, wo er auch hinkommt und mit wem er es auch zu tun hat. Was ihm dann blühen würde, möchte man sich gar nicht ausmalen. Everett gibt allerdings sehr anschauliche Einblicke in das Sklavenleben, so dass man mit der Hauptfigur mitfiebert und -leidet. So baut sich eine konstante Spannung auf, die das Buch zum Pageturner macht.

    "James" hat mich sehr bewegt und ich schätze, ich mag diese neue Version sogar ein wenig mehr. Percival Everett ist absolut überzeugend und hat ein überragendes Talent, Komik und Leichtigkeit in eine schwer verdauliche dramatische Geschichte einzuarbeiten. Für mich bereits mein Lesehighlight dieses Jahr!

    Fazit:
    Mit "James" gibt Percival Everett dem Sklaven Jim aus dem Klassiker ´Huckleberry Finn´ eine eigene starke Stimme und schafft damit ein ganz neues Meisterwerk, was dem Original in keiner Weise nachsteht. Aufrüttelnd, provokativ und absolut lesenswert!

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  • 5 Sterne

    hiclaire, 17.03.2024

    Wie so viele andere, habe ich Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn geliebt und viele Male gelesen, mit Kinderaugen und ohne die Rassismusproblematik wahrzunehmen. Die Kurzbeschreibung zu James hat mein Interesse geweckt, und ich war gespannt auf die Umsetzung.
    Um es gleich an den Anfang zu setzen, es war ein beeindruckendes Leseerlebnis. Basierend auf den Mississippi-Abenteuern von Huck und Jim, öffnet der Autor den Blick auf das Leben und in die Seele der Sklaven, zeigt nicht nur Leidens- und Anpassungsfähigkeit, sondern auch Charakter, Stolz, die Suche nach Identität und ein bisschen Glück – Menschen eben…
    Jim steht als Ich-Erzähler im Mittelpunkt der Geschichte. Hätte er sich einen Namen wählen können, wäre es James geworden. Neben seiner Familie liebt er Bücher über alles, kann schreiben und lesen, ist klug und gebildet – Eigenschaften, die er vor den Weißen sorgsam verbirgt. Wenn man als Sklave einigermaßen ungeschoren überleben möchte, muss man den Weißen stets das Gefühl der Überlegenheit geben und ihren Vorurteilen entsprechen. Schon die Kleinen unterrichtet er darin wie sie sich am besten verhalten, sich möglichst unsichtbar machen, in Gegenwart der Weißen stets die Sklavensprache zu benutzen und den Eindruck zu erwecken als könnten sie nicht bis drei zählen. Die bissig-heitere Ironie dieser Szenen hat mich grinsen und im nächsten Moment tiefe Beschämung empfinden lassen.
    Diese Sklavensprache spielt eine wichtige Rolle, wie ein Schild der stets hochgehalten und nur heruntergenommen wird, wenn man sich sicher fühlt. Anfangs etwas schwierig zu lesen, doch mit der Zeit wird es leichter, war sicher eine echte Aufgabe für den Übersetzer, die er gut gelöst hat.
    Percival Everett ist für mich eine Entdeckung, ein großartiger Erzähler, von dem ich gerne mehr lesen möchte. Genial, wie er auf relativ wenigen Seiten ein so dichtes atmosphärisches Bild webt, mit prägnanten Charakteren, die symbolisch für ihre Zeit stehen können und trotzdem nicht klischeehaft werden. Erniedrigung und grauenvollen Übergriffe sind Alltag, Momente des Glücks und der Hoffnung ein Luxus, für den in der Regel ein Preis zu zahlen ist. Aber es gibt sie, diese kleinen Momente des Glücks und der Hoffnung, von Zuneigung und Solidarität, gute Gespräche und philosophische Überlegungen. Und auch sie machen dieses Buch lesenswert, zusammen mit der ironischen Weise, in der die weißen Massas in ihrer Überheblichkeit bloßgestellt werden, nicht nur die extremen Rassisten, sondern auch und gerade diejenigen, die glauben, oder glauben machen wollen, sie wären keine. Das kann er perfekt, subtil und schonungslos zugleich.
    Für mich ist James ein Roman der Extraklasse, den ich sicher noch einmal lese. Und Percival Everett ein Autor, den ich mir merken werde.

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  • 5 Sterne

    Stephanie V., 20.04.2024

    Eine Geschichte, die zur Selbstreflexion der eigenen Haltung einlädt
    Bei James geht es um die Perspektive des Sklaven Jim, der sich in den selbstbewussten und willensstarken James verwandelt. Jim ist die Koseform von James. Allein durch die "gefühlte" Namensänderung, wird die Wandlung des harmlosen, etwas stupiden Sklaven zum freien, intelligenten Mann deutlich.
    Die Geschichte ist angelehnt an Mark Twains „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ Geschichte. James soll von seiner Familie getrennt werden und flieht, um so nach seinem Plan, dann sie freikaufen zu können. Der Leser wird entführt, die Ungerechtigkeit und Willkür der weißen Sklavenhalter zu erleben und die damaligen Schutzmechanismen der afroamerikanischen Bevölkerung zu erkennen. Eine Überlebensstrategie war sich, mit Absicht dümmer zu stellen, als man ist und unterwürfig zu zeigen. Um dieses Verhalten durchhalten zu können, entwickeln die amerikanischen Sklaven Satire und Slapstick, das von der weißen Bevölkerung als Eigenart von Sklaven einsortiert wird, da diese nichts anderes sind als „menschenähnliche Wesen.“
    Das Buch hat mich gefesselt und durch die Szenen der Ungerechtigkeit und der Schutzmechanismen der unterworfenen, ausgebeuteten Sklaven zum Nachdenken gebracht. Die Wandlung von Jim in James ist sehr gelungen. Von einem gefügigen, akzeptierenden Sklaven, der bisher nur innerlich revolutionierte in einen selbstbewussten, kritischen und handlungsbereiten freien Mann ist erstaunlich gut gelungen. Die Deutlichkeit, in der die Schutzmechanismen der Sklaven dargestellt werden, ist plastisch und klar. Allerdings zu Beginn etwas irritierend. Spannend fand ich die unterschiedlichen Haltungen zu den Sklavereien sowohl von Seiten der Sklaven als auch von Seiten der Sklavenhalter. Dies ist meiner Meinung nach fantastisch gelungen. Ebenso wird angedeutet, wie ein plötzlicher „Sklaven-Besitz“ die Haltung und Einstellung ändern kann und eine Wandlung zum Freidenker in einen Besitz-Denkenden vollzieht. Etwas holperig fand ich die später herausgearbeitete Beziehung zu Huckleberry Finn, was aber dem Buch keinen Abbruch tut und eine weitere Fassette ergänzt, über die in Geschichtsbüchern eher kaum etwas zu finden sein wird.
    Vieles davon ist übertragbar auf unsere eigene Haltung im Alltag, auf unsere Denkweise gegenüber anderen Nationen und Bevölkerungsgruppen. Wozu wollen wir gehören, zu den Menschen, die sich erheben oder zu denen, die Menschen als Menschen sehen, egal, wer sie sind und woher sie kommen? Es war für mich eine fantastische Grundlage, über meine eigenen Vorurteile nachzudenken. Die Geschichte zeigt auch, dass jeder von uns nur das wahrnimmt, was er wahrnehmen möchte.

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  • 5 Sterne

    Stephanie V., 20.04.2024

    Eine Geschichte, die zur Selbstreflexion der eigenen Haltung einlädt
    Bei James geht es um die Perspektive des Sklaven Jim, der sich in den selbstbewussten und willensstarken James verwandelt. Jim ist die Koseform von James. Allein durch die "gefühlte" Namensänderung, wird die Wandlung des harmlosen, etwas stupiden Sklaven zum freien, intelligenten Mann deutlich.
    Die Geschichte ist angelehnt an Mark Twains „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ Geschichte. James soll von seiner Familie getrennt werden und flieht, um so nach seinem Plan, dann sie freikaufen zu können. Der Leser wird entführt, die Ungerechtigkeit und Willkür der weißen Sklavenhalter zu erleben und die damaligen Schutzmechanismen der afroamerikanischen Bevölkerung zu erkennen. Eine Überlebensstrategie war sich, mit Absicht dümmer zu stellen, als man ist und unterwürfig zu zeigen. Um dieses Verhalten durchhalten zu können, entwickeln die amerikanischen Sklaven Satire und Slapstick, das von der weißen Bevölkerung als Eigenart von Sklaven einsortiert wird, da diese nichts anderes sind als „menschenähnliche Wesen.“
    Das Buch hat mich gefesselt und durch die Szenen der Ungerechtigkeit und der Schutzmechanismen der unterworfenen, ausgebeuteten Sklaven zum Nachdenken gebracht. Die Wandlung von Jim in James ist sehr gelungen. Von einem gefügigen, akzeptierenden Sklaven, der bisher nur innerlich revolutionierte in einen selbstbewussten, kritischen und handlungsbereiten freien Mann ist erstaunlich gut gelungen. Die Deutlichkeit, in der die Schutzmechanismen der Sklaven dargestellt werden, ist plastisch und klar. Allerdings zu Beginn etwas irritierend. Spannend fand ich die unterschiedlichen Haltungen zu den Sklavereien sowohl von Seiten der Sklaven als auch von Seiten der Sklavenhalter. Dies ist meiner Meinung nach fantastisch gelungen. Ebenso wird angedeutet, wie ein plötzlicher „Sklaven-Besitz“ die Haltung und Einstellung ändern kann und eine Wandlung zum Freidenker in einen Besitz-Denkenden vollzieht. Etwas holperig fand ich die später herausgearbeitete Beziehung zu Huckleberry Finn, was aber dem Buch keinen Abbruch tut und eine weitere Fassette ergänzt, über die in Geschichtsbüchern eher kaum etwas zu finden sein wird.
    Vieles davon ist übertragbar auf unsere eigene Haltung im Alltag, auf unsere Denkweise gegenüber anderen Nationen und Bevölkerungsgruppen. Wozu wollen wir gehören, zu den Menschen, die sich erheben oder zu denen, die Menschen als Menschen sehen, egal, wer sie sind und woher sie kommen? Es war für mich eine fantastische Grundlage, über meine eigenen Vorurteile nachzudenken. Die Geschichte zeigt auch, dass jeder von uns nur das wahrnimmt, was er wahrnehmen möchte.

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  • 5 Sterne

    Cynthia M., 14.04.2024

    Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huck Finn haben auch mich durch meine Jugend begleitet. Nun hat Percival Everett die Abenteuer am Mississippi genommen und erzählt die Geschichte aus der Perspektive des Sklaven Jim. Das gelingt ihm nicht nur ganz hervorragend, die Geschichte bewahrt sich absolut ihren Abenteuer-Charakter, gleichzeitig wird das Leben der Sklaven facettenreich beleuchtet und in den Vordergrund gestellt. Sollte man unbedingt lesen.

    Zum Inhalt: Jim ist ein Sklave seit seiner Geburt. Schon seine Eltern waren Sklaven, seine Frau ist eine Slavin und auch seine Tochter. Zu ihrem Schutz stellen sie sich dumm, fügen sich in ihr Leben und versuchen sich klein und unsichtbar zu machen. Als man Jim verkaufen will, flieht er von der Farm. Am Mississippi trifft er auf Huck, der ebenfalls von zu Hause und seinem gewalttätigen Vater weggelaufen ist. Gemeinsam schlagen sie sich entlang des Mississippi durch, während Jim überlegt, wie er auch seine Familie retten kann.

    Ich finde es total gut umgesetzt wie in dieser Geschichte durch die Begegnungen und Weggefährten ganz viele verschiedene Eindrücke erzeugt werden und die Geschichte dadurch sehr facettenreich und durchweg mitreißend und spannend ist. Das Buch hat dadurch nicht nur einen aufklärenden Charakter, da es die Augen des Lesers für die Umstände der Sklaverei öffnet, sondern es hat sich auch diesen gewagten Charme von Abenteuergeschichten bewahrt, da sich Huck und Jim immer wieder in die Bredouille bringen.

    Der Autor arbeitet wirklich sehr gekonnt mit Sprache, schafft einerseits mit wenigen Worten große Bilder und tiefgreifende Eindrücke und gleichzeitig ist sagt er sehr viel zwischen den Zeilen aus. Das hat die Lektüre für mich nochmal bedeutsamer gemacht und ich habe versucht auch gezielt auf Wortwahlen zu achten. Dass hier viel mit dem Südstaaten-Slang der Sklaven gearbeitet wird, war für mich ein weiteres sehr gelungenes Stilmittel. Am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig zu lesen, aber ich finde, dass es den Text an sich einfach großartig ergänzt hat. Ich mochte auch den eher nüchternen Erzählton, die im krassen Gegensatz zu meinen eigenen Empfindungen während des Lesens stand, als würde Jim sich von seiner eigenen Situation distanzieren, während ich immer tiefer hineingezogen wurde.

    Das Buch macht auch Lust das Original nochmal zu lesen, um zu erfahren, wie Huck während dieser Odyssee empfunden hat und welchen Stellenwert Jim in der Originalerzählung einnimmt. Ich bin nicht unbedingt Fan von Nacherzählungen und Adaptionen, aber diese hier finde ich absolut gelungen. Ein Buch, das man lesen sollte.

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  • 5 Sterne

    Bücherfreundin, 09.04.2024

    Packendes Meisterwerk
    In seinem neuen Roman "James", der im Hanser Verlag erschienen ist, erzählt der amerikanische Schriftsteller Percival Everett, der auch als Professor für Englisch an der University of Southern California lehrt, Mark Twains "Die Abenteuer von Huckleberry Finn" aus Sicht des Sklaven Jim neu. 
     
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Sklave James, der von allen nur "Jim" genannt wird. Als ihm zugetragen wird, dass Miss Watson ihn verkaufen will, lässt er seine Frau Sadie und die gemeinsame Tochter Lizzie zurück und flieht in Richtung Norden in der Hoffnung auf Freiheit. Schon bald kreuzt sich sein Weg mit dem von Huck, der seinen eigenen Tod vorgetäuscht hat, um seinem gewalttätigen und alkoholkranken Vater zu entkommen. Wir begleiten Jim und Huck auf ihrer Reise mit einem Boot und einem Floß auf dem Mississippi. Ständig sind sie neuen Gefahren und Herausforderungen ausgesetzt, Stürme und Überschwemmungen setzen ihnen zu, sie werden getrennt, finden wieder zueinander. Jim wird zur Arbeit in einem Sägewerk und auf einem Schaufelraddampfer gezwungen und an eine Minstrelgruppe verkauft, in der er einen Weißen darstellt, der einen Schwarzen mimt.
     
    Der Autor lässt den Ich-Erzähler Jim in zwei Sprachen reden. Mit anderen Sklaven unterhält Jim sich vollkommen normal, schaltet aber sofort in eine andere Sprache um, sobald Weiße in der Nähe sind. Obwohl er intelligent ist, lesen und schreiben kann, stellt er sich dumm. Die Weißen sollen sich nicht unterlegen fühlen, deshalb spricht Jim dann in einer Art Slang, den er auch die Kinder der Sklaven lehrt. Er bringt ihnen bei, wie sie sich im Beisein Weißer zu verhalten haben, dass sie Blickkontakt vermeiden sollen und nie reden dürfen, ohne gefragt worden zu sein. Nikolaus Stingl, der Übersetzer des Buches, hat diesen ganz speziellen Slang der Sklaven großartig und nachvollziehbar umgesetzt.  

    Percival Everetts Buch ist in intelligenter und mitreißender Sprache geschrieben, es hat mich gefesselt und betroffen gemacht. Der Autor schildert eindrucksvoll den Rassismus des 19. Jahrhunderts in den Südstaaten Amerikas und führt dem Leser die Unmenschlichkeit und unvorstellbare Grausamkeit der Sklaverei vor Augen. Der Roman ist keine leichte Kost, er ist spannend, herzzerreißend und oft nur schwer zu ertragen. Das Ende ist hoffnungsvoll, und es kommt zu einer mich vollkommen überraschenden Enthüllung.

    Absolute Leseempfehlung und 5 Sterne für diesen erschütternden Roman über eines der dunkelsten Kapitel in der amerikanischen Geschichte, der mich noch lange beschäftigen wird.

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  • 5 Sterne

    Siglinde H., 30.03.2024

    Das hässliche Antlitz der Sklaverei
    Der Sklave Jim lebt mit seiner Frau Sadie und Tochter Lizzie in Hannibal. Er versucht, nicht aufzufallen. Dazu stellt er sich dumm und benutzt einen besonderen, unter Sklaven gebräuchlichen Slang. Heimlich liest er Kierkegaard. Er kann schreiben und macht sich seine Gedanken über die Welt. Als er erfährt, dass er verkauft werden soll, flieht er. Huckleberry Finn hat seinen Tod vorgetäuscht, um sich vor seinem gewalttätigen Vater zu schützen. Man hält Jim für den Mörder. Gemeinsam beginnen die beiden ihre abenteuerliche Flucht auf dem Mississippi, die bereits von Mark Twain unterhaltsam erzählt wurde. Nur kommt dieses Mal Jim zu Wort und gibt uns durch seine Erlebnisse eine vage Vorstellung davon, was Sklaverei, was Rassismus für die Betroffenen bedeutet.

    Schon auf den ersten Seiten straft Jim die gängigen Vorstellungen von Sklaven Lügen. Er ist intelligent, hat einen guten Wissenstand und spricht ein gepflegtes Englisch. Damit ist er seinen weißen Eigentümern haushoch überlegen. Ein Lichtblick auf der Flucht, ist für mich die wachsende Freundschaft zwischen Huck und Jim. Huck betrachtet Jim als seinen Freund und versucht ihn vor Fremden so gut es geht zu schützen. Da er ein Kind ist mit wenig Erfolg. Jim hingegen fühlt sich für Huck verantwortlich. Die Gefahren, die den beiden drohen, gehen fast ausschließlich von Weißen aus, die Jim als Ware betrachten, mit der sich Geld machen lässt. Jim wird geschlagen, fast erschossen und muss erleben, wie Schwarze, die ihm helfen, dafür auf furchtbare Weise bestraft werden.

    Ist Jim zu Beginn darauf bedacht, unsichtbar zu sein und möglichst weit von seinem Heimatort Hannibal wegzukommen, ändert sich seine Haltung hin zu aktivem Widerstand. Der gewaltsame Tod eines Aufsehers ist ein Akt der Befreiung in jeder Hinsicht. Ich habe diese Tat begrüßt, denn sie war für mich kein Akt der Selbstjustiz, sondern berechtigter Widerstand gegen ein unmenschliches System.

    Das Buch hat mich tief berührt. Die emotionslose Sprache , die sachliche Schilderung der Ereignisse stand im ständigen Gegensatz zu den berichteten Grausamkeiten. Das machte für mich die Lektüre noch eindringlicher. In meinen Augen ein lesenswertes Buch , aber keine leichte Kost, denn es zeigt die tatsächliche Situation der damaligen Sklaven ohne romantische Verklärung. Dabei gibt es auch heitere Momente, mit denen man nicht rechnet und die die Stimmung zeitweise aufhellen.

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  • 5 Sterne

    KatrinB, 25.04.2024

    „James“ ist ein bemerkenswertes Buch, das den / die Leser*in mit der Hauptfigur zusammen auf eine abenteuerliche Reise nimmt. Der Autor Everett hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Sklaven Jim, der in Mark Twains „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ eine wichtige Nebenrolle spielt, neu aufzurollen und gibt ihm dazu die verdiente Hauptrolle. Die ungewohnte Perspektive fügt dem amerikanischen Klassiker eine neue Dimension hinzu und lässt den / die Leser*in die Geschichte aus einer ungewohnten Perspektive betrachten.

    Die Handlung setzt ein, als James von seinem bevorstehenden Verkauf erfährt und sich auf die Flucht begibt, um Frau und Tochter letztendlich zu befreien. Dabei trifft er auf Huckleberry Finn, der vor seinem gewalttätigen Vater davonläuft. Während ihrer Flucht treffen auf verschiedene Menschen, die ihnen nicht immer gut gesonnen sind, geraten in Lebensgefahr und in absurde Situationen, werden getrennt, treffen wieder aufeinander – es ist eine einzige Achterbahnfahrt und der / die Leser*in fiebert mit, was James denn nun als nächstes passieren und ob alles ein glückliches Ende nehmen wird.

    Die Geschichte hat mich von Anfang bis Ende gefesselt. Sie lebt von spannungsreichen Wendungen und ihren lebendig und authentisch geschilderten Akteuren. Allen voran natürlich James, der ein intelligenter und hochgebildeter Mann ist. Daneben ist er aber auch clever – so clever, dass er weiß, dass er vor den Weißen den dummen Sklaven spielen muss, um zu überleben.

    Für mich ist das ein hochaktuelles Thema in Zeiten, in denen Schwarze in den USA unvergleichlich oft Opfer von Polizeigewalt sind und schwarze Eltern jeden Tag um ihre Kinder fürchten.

    In diesem Zusammenhang ist auch die spezielle Sprache – ein grammatikalisch vom Standardenglisch abweichender Jargon – zu nennen. Im Buch verwenden die Schwarzen diesen Jargon nur gegenüber den Weißen, untereinander bedienen sie sich des Standardenglisch. Die Übersetzung dieser speziellen sprachlichen Variante war sicher kein leichtes Unterfangen, aber dem Übersetzer ist es ausgezeichnet gelungen.

    Fazit: Ein wichtiges Buch, das eine Leerstelle füllt und eine Bereicherung für alle, die sich für amerikanische (Literatur)geschichte interessieren.

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  • 5 Sterne

    Michaela E., 18.03.2024

    Percival Everett wagt sich mutig an den Stoff von Huckleberry Finn. Doch diese Geschichte erzählt uns der Sklave Jim, der vor dem Verkauf flieht, um später seine Familie freizukaufen.

    Jim ist ein schlauer Bursche und so lernen wir mit ihm die Sklavensprache kennen, denn die Weißen müssen sich unbedingt überlegen fühlen. Sie dürfen nicht wissen, dass die Sklaven einwandfreies Englisch sprechen. Da wollen sie sich lieber ein bisschen bemühen, das Genuschel zu verstehen, dass den Ohren der Weißen vorbehalten ist.

    Jim kann außerdem lesen und schreiben, was auf keinen Fall jemand merken darf. Damit würde er sein Leben riskieren.

    Auf seiner Flucht begleitet ihn der junge Huck, der ebenfalls geflohen ist. Er hat seinen Tod vorgetäuscht, um seinem gewalttätigen Vater zu entkommen. Das bringt den geflohenen Jim nur noch mehr in Gefahr, denn wer könnte verdächtiger sein, als ein entflohener Sklave.

    Während bei Mark Twain die Reise auf dem Mississippi ein einziges großes Abenteuer ist, ist sie hier geprägt von Todesangst, Verstecken und Flucht. Mal spielt ihnen das Schicksal in die Hände, mal legt es ihnen Steine in den Weg.

    Heftig fand ich, mit welcher Selbstverständlichkeit Weiße Besitzansprüche an einen Schwarzen stellen, der nur mit einem Jungen unterwegs ist. Und ebenfalls, wie selbstverständlich alle Weißen davon ausgehen, dass die Schwarzen dumm, schmutzig und nicht wertvoller als Vieh sind. Die Schrecken der Sklaverei werden hier eindringlich dargestellt und hallen lange nach. Vor allem die Zuchtfarm am Ende, gab mir schwer zu denken. Die Grausamkeit der Aufseher und Besitzer ist wirklich schwer zu ertragen und leider gibt es immer noch viele Menschen, die sich erhabener fühlen, weil ihre Haut heller ist, als die anderer Leute.

    Mutig hat sich der Autor an diesen klassischen Stoff gewagt und hat einen modernen historischen Roman daraus gemacht. Es ist gleichsam ein Entwicklungsroman, denn aus dem Sklaven Jim, der immer schon etwas schlauer war, wird ein selbstbestimmter zorniger Mann namens James, der sich nicht mehr unterjochen lässt und von nun an seinen Weg beschreitet. Mir hat das Buch hervorragend gefallen und somit gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    Regina K., 20.02.2024

    Wer kennt sie nicht, die Abenteuer des Huckleberry Finn. Ein Roman, der bereits 1884 von Mark Twain in Großbritannien und Kanada veröffentlicht wurde, und 1890 auch Deutschland erreichte. Und jetzt, 2024 wagt sich Percival Everett in Anlehnung dieses großen literarischen Werks, an eine andere, neue Sicht. Diesmal steht James, ein Sklave, im Vordergrund. Er erzählt mit seinen Augen, und man merkt schnell, dass er nicht der dumme und gefügige Sklave ist, für den er gehalten wird. Ganz im Gegenteil. Er kann lesen und schreiben, und besitzt einen scharfen Verstand, was er geschickt vermag zu verbergen. Sogar seine Sprache passt er der gängigen Sklavensprache an, eine spezielle Ausprägung des Südstaatenenglischs. Er ist seiner Frau und seiner Tochter ein liebevoller Mann und Vater. Aber sie können nicht selbst über ihr Leben bestimmen.

    Doch dann tritt dieser Schlüsselmoment ein, der sein Leben und das seiner Familie zerstört. Als er verkauft werden soll, flieht James, eigentlich Jim genannt, in die Sümpfe des Mississippi, und lebt fortan auf einer kleinen Insel. Der Junge Huck flieht ebenfalls vor seinem gewalttätigen Vater, und beide richten sich in einer Höhle auf der Insel ein. Huck sieht in Jim einen Freund, der ihm viel beibringt und beschützt. Doch es sollte nicht so friedlich bleiben, und so begegnen sie auf ihrer Flucht vielen Menschen, die ihnen gefährlich werden.

    Ich mochte Jim und Huck von Anfang an. Jim besitzt einen außergewöhnlichen Sprachwitz und Intelligenz, was er für sich nutzen kann. Auch interessant zu lesen, was er eigentlich über die Weißen denkt, lässt es diese aber nicht spüren, sondern passt sich geschickt deren Regeln an. Everett schildert diesen unmenschlichen Umgang der Weißen mit ihren Sklaven. Diese Überheblichkeit, über deren "Rasse" zu stehen. Wie sie skrupellos, unmenschlich behandelt werden. Es ist auch die Zeit des beginnenden Krieges zwischen den Nord- und Südstaaten, in dem es um die Abschaffung der Sklaverei ging.

    Für mich ist dieses Buch ein Meisterwerk, und ich bewundere Percival Everett dafür, dass er uns diesen besonderen Blickwinkel geboten hat. Als Leser ist von der ersten Seite an in die Handlung eingebunden und folgt ihr voller Hoffnung.

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  • 5 Sterne

    Manuela H., 29.02.2024

    Jim ist der Sklave, der damals mit Huckleberry Finn auf der Flucht war und auf und am Mississippi so mancher brenzligen Situation entkommen musste. Wie der junge Huck das gemeistert hat, gehört zur Weltliteratur. Was und wie Jim diese Reise erlebt hat, erzählt uns Percival Everett nun in seinem jüngsten Werk «James» und rechnet damit gnadenlos mit der Geschichte der Amerikanischen Südstaaten ab.
    Ich habe mir parallel zu diesem Buch das Hörspiel «Huckleberry Finn» angehört und dann jeweils das chronologisch dazugehörige Kapitel gelesen. Was für ein «3D Leseerlebnis»! Dabei sind Twains und Everetts Geschichte immer mehr zu einer geworden, was ich extrem spannend fand zu beobachten. Es sei hier vermerkt, dass das Buch auch problemlos lesbar ist, wenn man Mark Twains Buch zuvor nicht gelesen hat.
    Die Figur des Jim, bzw. James, gab es vor Everetts Buch zwar schon, aber erst jetzt wurde sie so richtig zum Leben erweckt. Der Autor verleiht Jim eine faszinierende Persönlichkeit, die klug, witzig, herzensgut und teilweise brutal sein kann. Mit Scharfsinn und sprachlicher Finesse kämpft sich der Sklave durchs Leben und entlarvt dabei wie manipulierbar die weisse Bevölkerung der damaligen Zeit, gefangen in ihrer Weissen-Überlegenheits-Bubble, eigentlich gewesen sein muss.
    Everetts Werk ist von der Idee her betrachtet – einer Nebenfigur ein eigenes Buch widmen – nichts, was nicht schon dagewesen ist. Was es jedoch von anderen Geschichten abhebt, ist die rundum hochstehende Qualität: Eine spannende, berührende Geschichte, die sich (meist) präzise ins Original einbettet und eine neue Perspektive öffnet. Eine Sprache, die gekonnt zwischen den Szenen wechselt, um ihnen die nötige Charakteristik zu verleihen. Und eine mehr oder weniger versteckte Botschaft der gnadenlosen Gesellschaftskritik zwischen den Zeilen.
    «James» ist für mich bereits heute ein rundum gelungenes Meisterwerk, das hoffentlich so lange zu reden geben wird, wie Mark Twains «Huckleberry Finn». Entsprechend, man ahnt es schon, gibt es von mir volle Punktzahl und eine dringende Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Adele, 14.04.2024

    Potential für einen neuen Klassiker!

    James erzählt ausgehend von Mark Twains Klassiker Die Abenteuer des Huckleberry Finn, die Geschichte um Huck Finn und Jim neu bzw. ergänzt sie aus Perspektive des Sklaven Jim.

    Everett schreibt mit James die Geschichte einer immer stetiger wachsenden Einsicht in die Ungerechtigkeit und Grausamkeit der Verhältnisse, der Evolution eines Zorns auf diese und in der Konsequenz einer inneren und äußeren Befreiung von Unfreiheit. Die Einsichten in die Sklaverei mit all ihren Grausamkeiten sind zum Teil schwer auszuhalten und es ist für mich fast unvorstellbar, dass dies möglich und gesellschaftlich akzeptiert war, sogar verteidigt wurde.

    Trotzdem kommt der Roman stellenweise auch mit einer seltsamen Leichtigkeit zwischen den Zeilen daher, die zunächst gar nicht so recht zu der furchtbaren Realität James’ passen mag. Diese ergibt sich jedoch insbesondere in den Gesprächen zwischen James und dem jungen Huckleberry Finn, der mit kindlichem Übermut und Neugier beginnt die gesellschaftlichen Strukturen in Frage zu stellen.

    Eindrucksvoll waren für mich die Passagen in denen Everett über das Lesen, Wissen und Schreiben reflektiert und diese als Macht und Weltzugang, der Freiheit ermöglicht und Trost spendet, herausarbeitet. Besonders gefallen haben mir auch die kurzen ideengeschichtlichen Reflexionen James‘ über Freiheit und Gleichheit in der Auseinandersetzung mit Voltaire, Montesquieu und Locke.

    Etwas gewöhnungsbedürftig beim Lesen ist der Slang mit dem Jim und auch alle Sklaven sprechen. Eine, wie sich schnell herausstellt bewusste, vermeintlich primitiv wirkende Sprache und Ausdrucksweise mit der die Sklaven vor den Weißen eine Rolle spielen, die ihnen von diesen zugeschrieben wird und daher auch im Sprachgebrauch nicht hinterfragt wird.

    Mit James ist Percival Everett ein sowohl literarisch als auch gesellschaftspolitisch bedeutendes Werk gelungen, das als Ergänzung zu Mark Twains Huckleberry Finn unabdingbar ist und keinen Tag zu früh kommt.

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  • 5 Sterne

    lustaufbuch, 07.03.2024

    Schon jetzt eines meiner Jahreshighlights
    Was der amerikanische Autor Percival Everett mit diesem Buch geschaffen hat, ist, meines Erachtens, ein regelrechtes Meisterwerk. Er wagt sich an Weltliteratur, indem er die Abenteuer von Huckleberry Finn auf die Perspektive des Sklaven Jim umschreibt und dadurch u.a. die Sklaverei im Hinblick auf die Machtverhältnisse, einhergehend mit Rassismus und Gewalt herausarbeitet.

    Wir begleiten den Sklaven Jim auf seiner Flucht, welche weitestgehend von Huck begleitet wird. Dabei sind sie großteils auf sich alleine gestellt, müssen sich selber versorgen und vor drohenden Gefahren schützen. Die schlimmste Bedrohung ist jedoch die Sklaverei und die einhergehend dominierende, rassistische und verachtende Weltsicht der privilegierten Weißen.
    So geschieht es das ein und andere mal, dass der Protagonist, aber auch andere Beteiligten, den Zorn und Hass weißer Menschen und Herren am eigenen Leib psychisch sowie physisch zu spüren bekommen.
    Hierbei ist zu erwähnen, dass der Roman nichts für schwache Nerven ist, da u.a. körperliche sowie sexuelle Gewalt geschildert und erniedrigende rassistische Wendungen benutzt werden, um die vergangene Zeit möglichst prägnant zum Leben zu erwecken.
    Dabei schafft es der Autor einerseits eine in den Bann ziehende Spannung aufzubauen sowie andererseits beim Leser beklemmende Gefühle der Schuld und Wut über dargestellte Situationen der Hilflosigkeit zu erzeugen.
    Brilliant ist auch die Herausarbeitung der ambivalenten Machtverhältnisse anhand artikulierter Sprache zwischen weißen Sklavenhaltern und meist dunkelhäutigen Sklaven durch den Autor, aber auch den Übersetzer Nikolaus Stingl.

    Dieses Buch ist jedem zu empfehlen, der die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn liebt, sich für die Geschichte der Sklaverei in Amerika interessiert und gute, spannende Romane liebt, die einen mitreißen, gefangen halten und kaum mehr loslassen.
    Schon jetzt ist dieses Buch eines meiner absoluten Highlights diesen Jahres!

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  • 5 Sterne

    Bookwood, 13.03.2024

    Ein Roman, der beeindruckt
    „James“ ist der erste Roman, den ich von Percival Everett lese, aber ich bin jetzt schon absolut sicher, dass es nicht der letzte bleiben wird.
    Allerdings hatte ich mir zunächst die Story etwas anders vorgestellt. Ich hatte gedacht, dass die Tom-Saywer-und-Huckleberry-Finn-Geschichte in ihrer Gesamtheit vom Verfasser wieder aufgegriffen werden würde. Dies ist zwar nicht der Fall, aber durch die Fokussierung auf die Person des Sklaven Jim, eigentlich James, entwickelt sich das Buch von einem reinen Abenteuerroman zu einem gesellschaftskritischen Werk, das das Thema „Sklaverei“ innerhalb der amerikanischen Geschichte sehr sensibel aber auch schonungslos beleuchtet. Dabei schafft es der Verfasser mit immensem sprachlichen Geschick gleichzeitig zu unterhalten und dabei aber auch nicht unangemessen mit der Ernsthaftigkeit des Themas umzugehen. Betrachtet man z.B. einmal die Szene in der James den Sklavenkindern „Sprachunterricht“ erteilt: die Tatsache, dass die Sklaven sich eine eigene Sprache ausgedacht haben, damit ihre Eigentümer sie für unterlegen und einfältig halten, lässt uns als Leser*innen vielleicht zunächst einmal schmunzeln. Dass die Erfindung dieser Sprache aber eigentlich aus der Not geboren wurde, willkürlichen Strafen zu entgehen und ggf. das eigene Leben zu retten hinterlässt dann doch letztendlich einen bitteren Nachgeschmack. Mich hat das Buch von Percival Everett unheimlich beeindruckt, wenn man einmal realisiert, wieviele Menschen tatsächlich ein solches Schicksal hatten, wie das von Jim. Wie grotesk erscheint einem auch u.B. das Phänomen des „Blackface-Gesangs“. Man kann kaum glauben, dass sich weiße Menschen dadurch unterhalten ließen. Ich hoffe, dass dieser Roman sehr viele Leser*innen findet, denn er setzt sich wirklich auf eine herausragende Art und Weise sehr kritisch mit einem dunklen Kapitel der amerikanischen Geschichte auseinander. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Elke H., 22.02.2024

    Bei Retellings bin ich grundsätzlich skeptisch, da diese oft nur alter Wein in neuen Schläuchen sind. Aber nachdem Percy Everett spätestens 2022 mit seinem auf der Shortlist des Booker Prize stehenden „Die Bäume“ überzeugen konnte, sollte sein neuer Roman „James“ durchaus einen Blick wert sein. Auch, oder gerade deshalb, weil er hier eine Figur aus Mark Twains Klassiker „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ ins Zentrum stellt, die uns allen bekannt sein dürfte.

    Zwei auf der Flucht, eine Schicksalsgemeinschaft auf dem Weg in ein neues Leben. Der titelgebende James, der entlaufene Sklave, der verkauft und von seiner Familie getrennt werden soll und Huck, der vor den Misshandlungen durch seinen Vater flüchtet. Zusammen auf dem Mississippi gen Norden in Richtung Freiheit unterwegs. Wie im Original eine Reise voller Gefahren. Was allerdings diesen Roman besonders macht, ist die Perspektive, die sich aus dem geänderten Blick ergibt und so die Twain’sche Erzählung auf den Kopf stellt.

    Es ist ein Roman über Rassismus und Ungleichheit. Über Vorurteile und die Befreiung davon. Über maskierte schwarze Identität, die es zu verbergen gilt – selbst in einer Gruppe von Black Face Sängern. Über Sprache, die eine Überlebenstaktik darstellt, um den Weißen ihre Überheblichkeit zu bestätigen. Eine dunkle, erschütternde und entlarvende Odyssee, die den Spiegel vorhält. Es ist ein Roman über Rassismus und Ungleichheit. Über Vorurteile und die Befreiung davon. Über maskierte schwarze Identität, die es zu verbergen gilt – selbst in einer Gruppe von Black Face Sängern. Über Sprache, die eine Überlebenstaktik darstellt, um den Weißen ihre Überheblichkeit zu bestätigen. Eine dunkle, erschütternde und entlarvende Odyssee, die den Spiegel vorhält. Eine bitterböse Satire voll mit komischen Momenten, die allerdings dafür sorgen, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Großartig!

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