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  • 4 Sterne

    Michel P., 20.02.2020

    Als Buch bewertet

    Mit "Rote Kreuze" gelingt Autor Sasha Filipenko ein hoch emotionaler Roman über das Leben zweier Menschen und den Einblick in eine vergangene Zeit - der eine jung und die andere alt . Die ältere Dame von Alzheimer geplagt am Ende ihres (Lebens-)Weges. Der junge Mann geplagt vom Schicksal.
    "Rote Kreuze" handelt von einer ungewöhnlichen Freundschaft zweier interessanter Protagonisten - zweier Leben, geprägt von Schrecken, Dramatik, Verlust - interessant, rührend und bedrückend zugleich. Gespickt ist der Roman mit vielen historischen Fakten einer vergangenen Zeit.
    Der Autor hat einen detailstarken emotionalen Schreibstil, der dem Leser bei der Lektüre die gesamte Bandbreite zwischen weinen und lachen beschert.
    Insgesamt ein fesselnder Roman, welcher nie langweilig wird. Daher starke vier Sterne.

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  • 3 Sterne

    Herbstrose, 30.03.2020

    Als Buch bewertet

    Nach dem Tod seiner Frau braucht Sascha Veränderung, deshalb zieht er in eine neue Wohnung nach Minsk. Er möchte eigentlich nur in Ruhe gelassen werden, doch im Treppenhaus spricht ihn seine neue Nachbarin, eine über 90jährige Frau, an und beginnt, ihm aus ihrem Leben zu erzählen. Zunächst interessiert sich Sascha nicht sonderlich dafür, doch dann merkt er, dass ihn dies von seinem eigenen Kummer ablenkt. Bevor ihre Alzheimer-Erkrankung fortschreitet und sie sich nicht mehr erinnern kann, möchte Tatjana Alexejewna, so ist ihr Name, ihre Erinnerungen weitergeben. Es ist die schier unglaubliche Lebensgeschichte einer Frau, die 1910 in London geboren wurde, 1920 mit ihren russischen Eltern nach Moskau zog, dort ab 1930 für das Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten als Übersetzerin arbeitete, später den Architekten Alexej, genannt Ljoscha, heiratete und 1937 Mutter einer Tochter wurde. Dann kommt der II. Weltkrieg - und das Schicksal schlägt zu …

    Laut Angaben auf dem Buch ist der Autor Sasha Filipenko ein weißrussischer Schriftsteller, der 1984 in Minsk geboren wurde und Literatur in St. Petersburg studierte, wo er auch heute mit seiner Familie lebt. Er schrieb bisher vier Romane, von denen „Rote Kreuze“ der erste ist, der auf Deutsch erschienen ist.

    Es sind hauptsächlich Tatjanas schockierende Erlebnisse, ihr Überleben während der Stalin-Ära, was das Buch so interessant macht. Man erfährt, dass das Internationale Rote Kreuz sich während des II. Weltkriegs ständig bemühte, der Regierung Russlands die Namen ihrer in Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten zukommen zu lassen – ohne Erfolg. Für Stalin und seine Genossen waren Soldaten, die sich lieber in Gefangenschaft begeben als bis zum Tod zu kämpfen, Deserteure, ihre Familien und Angehörigen waren Verräter und entsprechend zu behandeln und zu verhaften. Auch Tatjanas Mann geriet in Gefangenschaft, ihr Schicksal und das ihrer kleinen Tochter war somit besiegelt …

    Die Originaldokumente aus dem Archiv des Roten Kreuzes in Genf waren, lt. Aussage des Autors, die Grundlagen des teils dokumentarisch rekonstruierten und teils fiktiven Romans. Den Schreibstil empfand ich als zu sehr sachlich, sodass bei mir als Leserin kaum Emotionen aufkamen. Vermutlich ist das jedoch so gewollt um auszudrücken, dass man in dieser Zeit der Staatswillkür nur überleben konnte, wenn man jede Gemütsbewegung unterdrückte. In einem sehr interessanten Interview am Schluss des Buches sagt der Autor u.A.: „Der Staat tut alles, damit die Menschen die Grausamkeiten des Sowjetregimes vergessen, und unsere Aufgabe ist es, das nicht zuzulassen.“ Ich meine, dem ist nichts hinzuzufügen.

    Fazit: Ein Roman über ein wichtiges Kapitel der Geschichte – leider viel zu emotionslos erzählt.

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  • 3 Sterne

    Lia48, 23.03.2020

    Als Buch bewertet

    INHALT:
    Alexander zieht mit seiner kleinen Tochter nach Minsk in eine Wohnung. Neben ihm wohnt die über 90-jährige Tatjana, die an Alzheimer erkrankt ist und ein rotes Kreuz auf seiner Haustür hinterlässt um wieder nach Hause zu finden. Da fängt die alte Dame an, ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte zu erzählen...

    Mit 10 Jahren zieht Tatjana 1920 mit ihrem Vater von England nach Russland.
    Eine Zeit, in der viele Einheimische aus Russland vor der Stalin-Herrschaft flüchten.
    Nach ihrem Studium arbeitet Tatjana schließlich als Fremdsprachensekretärin im NKID - dem damaligen Außenministerium. Eines Tages fällt ihr ein bedeutender Brief in die Hände: Auf der Liste vom Roten Kreuz findet sie auch ihren Mann unter den russischen Kriegsgefangenen in Rumänien. Kriegsgefangene und ihre Familien werden normalerweise verfolgt. Tatjana muss eine Entscheidung treffen...


    MEINUNG:

    Die erste Begegnung von Alexander und der alten Dame verläuft nicht wirklich harmonisch. Denn eigentlich hat der neue Nachbar gar kein Interesse daran, sich irgendwelche alten Geschichten anzuhören und würde viel lieber in Ruhe gelassen werden. Doch Tatjana gibt so schnell nicht auf. Und irgendwann hört Alexander gespannt zu...

    Tatsächlich kenne ich mich bei der Geschichte Russlands nicht besonders gut aus, wollte aber schon länger mal ein Buch lesen, welches dort spielt. In „Rote Kreuze“ steht die politische Situation während der Zeit Stalins mit im Vordergrund, und damit verbunden auch die schwere Zeit, die Tatjana damals mit all ihren Auswirkungen erleben musste.
    Ich fand es ganz gut, um einen Einblick zu bekommen, was damals vonstatten ging.

    Tatsächlich hätte ich mir mehr von der Gegenwart und damit auch von der Interaktion zwischen den Protagonisten gewünscht. Ich mochte, wie sie miteinander harmonierten, obwohl sie sich erst nicht leiden konnten. Letztendlich spielt jedoch fast die ganze Geschichte in der Vergangenheit.

    Das Buch beinhaltet politische und eher traurige, schwere Themen, weshalb ich etwas Zeit zum Lesen benötigt habe. Es ist kein Buch für zwischendurch. Dadurch war es für mich nicht der richtige Zeitpunkt für diese Lektüre, für die man sich besser etwas Zeit nehmen sollte.

    Die Briefe, die Tatjana zum Übersetzen bekommt, bremsten leider meinen Lesefluss, da sie sehr sachlich geschrieben sind.
    Emotional konnte mich das Buch nur wenige Male erreichen und eher bei den wenigen Sequenzen, die sich in der Gegenwart zwischen den Nachbarn abspielten.
    Häufig war mir der Verlauf sonst etwas zu nüchtern geschildert.

    FAZIT: Interessante Thematik und gute Ansätze, doch man hätte meiner Meinung nach mehr daraus machen können, besonders auf der emotionalen Ebene. 3/5⭐️!

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  • 4 Sterne

    Barbara F., 28.02.2020

    Als Buch bewertet

    Sasha Filipenko schafft mit Rote Kreuze ein Buch das sehr zum Nachdenken anregt.
    Die Geschichte von Tatjana Alexejwna ist sehr berührend und man wird sehr direkt mit den Vorgehensweisen in der Sowjetunion in der Stalin-Zeit konfrontiert.
    Paralell dazu gibt es kurze Einblicke in die ebenfalls tragische Geschichte des Alexander, der als Witwer mit einer drei Monate alten Tochter neben der an Alzheimer erkrankten Dame einzieht.
    Rote Kreuze zieren das Haus, damit Tatjana sich zurechtfindet, Rote Kreuze zieren auch ihr Leben.

    Ein stark geschichtebezogener Roman, der manchmal etwas sprunghaft scheint, am Ende jedoch abgerundet und in sich abgeschlossen ist.
    Für alle Russland- und Geschichteinteressierten ein tolles Buch finde ich.

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  • 3 Sterne

    Dajobama, 27.02.2020

    Als Buch bewertet

    Rote Kreuze - Sasha Filipenko

    Vor einigen Jahren habe ich Solschenizyns Archipel Gulag schockiert abgebrochen. Streckenweise fühlte ich mich hier wieder daran erinnert. Denn auch in diesem Roman eines jungen weißrussischen Schriftstellers geht es zum großen Teil um die dunkelsten Kapitel russischer Geschichte.

    Alexander, auch Sascha genannt, zieht mit seiner kleinen Tochter in die Nachbarschaft der über 90jähirgen Tatjana. Diese leidet unter Alzheimer und scheint nur darauf gewartet zu haben, jemandem ihre dramatische Lebensgeschichte erzählen zu dürfen. Sie hat vor vielen Jahrzehnten im Strudel des stalinistischen Terrors alles verloren und lebt nun sehr einsam.

    Ein ganzes Leben und ein knappes Jahrhundert geschichtliche Hintergründe in nicht einmal 300 Seiten. Und gerade damit hat sich der Autor meiner Meinung nach etwas übernommen. Vieles wird quasi im Zeitraffer betrachtet, wirkt auf mich möglichst schnell abgehandelt.
    Sascha ist im Prinzip nur Statist, damit so etwas wie ein Dialog stattfinden kann. Seine Geschichte hat nämlich weder mit der Tatjanas etwas zu tun, noch mit der russischen Geschichte.
    Generell wirken sehr viele Situationen arg gestellt und unglaubwürdig, nur dazu da, Tatjanas Geschichte weiterzuerzählen. Erzähltechnisch fand ich diesen Roman oft sehr ungeschickt vorangetrieben. Dazu kommen mir viel zu viele Unterbrechungen, verschiedene Zeitstränge, Wechsel zwischen Tatjana und Alexander, Einschübe von vielen Textdokumenten. Das alles stört den Lesefluss enorm und schafft unnötige Distanz zu den Figuren.

    Dabei ist Tatjanas Geschichte wirklich lesenswert und berührend. Der Autor erzählt mit einer nüchternen Distanz, die mich anfangs eher störte, im Verlauf war ich darüber allerdings sehr froh, denn nur diese Distanz macht dieses Schicksal überhaupt erträglich zu lesen.

    Wie ein roter Faden durchziehen diverse rote Kreuze die Geschichte, das hat mir gefallen.
    Es ist wichtig über die Gräuel der Zeit zu schreiben und zu lesen. Besonders angesichts der Tatsache, dass das russische Regime bis heute darüber schweigt. Trotzdem hätte ich mir hier mehr Seiten, mehr Raum für Erklärungen und Kennenlernen der Figuren gewünscht. Vieles wirkt zu schnell abgehandelt, Alexanders Geschichte nimmt zusätzlich Platz weg. Da wünschte ich mir doch die dicken, opulenten russischen Klassiker zurück.

    Insgesamt fand ich die Geschichte sehr interessant, jedoch literarisch nicht gut umgesetzt. Schade.
    3 Sterne

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  • 3 Sterne

    Maria B., 12.02.2020

    Als Buch bewertet

    Vermeintlich alte Schuld

    Tatjana Alexejewna dachte, sie hätte vor 30 Jahren einen Mann in den Tod geschickt, indem sie ihren eigenen Ehemann aus einer quasi Todesliste löschte. Diese Schuld verfolgte sie in die eigene Verhaftung und ins Straflager hinein. Nun ist sie 90 und alzheimerkrank. Ihre gesamte Familie ist in der Stalinzeit umgekommen. Es gibt vieles, das sie jahrzehntelang gequält hat und das sie jetzt ihrem neuen Wohnungsnachbarn Alexander erzählt. Denn das Langzeitgedächtnis funktioniert noch gut.
    Ich hätte mir gewünscht, etwas mehr vom jungen Mann und seiner Familie zu erfahren. Doch auch so ist dieser Roman ein wichtiges Zeitzeugnis einer Welt, die uns meist wenig bekannt ist, die Russlands in den Nachkriegsjahren, aber auch ein wenig der heutigen Zeit.
    Viel Schockierendes wurde bereits von Alexander Solschenizyn aus dem GULAG erzählt. Dieser Bericht ergänzt ihn beinahe nahtlos. Die grosse Tragik des Inhalts besteht darin, dass das Rote Kreuz sich bemüht hat, Nachrichten zu übermitteln und den Gefangenenaustausch voranzutreiben, dass aber Molotow jede Beantwortung der Gesuche verbot. Und dass sich der Staat bis heute bemüht, alle Erinnerungen an die furchtbare Zeit auszulöschen.
    Der Text ist zwar zügig geschrieben und durchaus ansprechend mit fremdartig klingender Lyrik durchsetzt. Doch die kursiv gesetzten Stellen verleiten zum Querlesen, besonders die angeführten Briefe und Telegramme. Doch ist es ein sehr nahegehender Roman, von Ruth Altenhofer in ein modernes, lebendiges Deutsch übersetzt. Und das ist nicht unwichtig.
    Auf den letzten Seiten ist ein Interview mit Sasha Filipenko wiedergegeben. Er erklärt, wie er seine Recherchen vorangetrieben hat und wie weit seine eigene Grossmutter als Vorbild und Modell gedient hat.
    Ein Buch, das all jenen gefallen wird, die sich gern etwas tiefer über die Geschichte Europas begeben.

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  • 3 Sterne

    Fornika, 22.03.2020

    Als Buch bewertet

    In Alexanders neuer Wohnung gibt es noch nicht einmal Möbel, da wird er schon von seiner 90jährigen Nachbarin zugequatscht. Tatjana leidet an Demenz und will noch schnell ihre Lebensgeschichte erzählen; bevor sie die vergisst. Sascha ist zunächst genervt, doch bald hat er die alte Dame ins Herz geschlossen.
    Filipenkos Roman liest sich wie ein kurzer Abriss der jüngeren russischen Geschichte. Trotz der geschilderten Gräuel und Ungerechtigkeiten liest sich der Roman ganz angenehm, vielleicht auch, weil Tatjana alles mit dem Abstand der Jahrzehnte berichtet. Sie hat viel erlebt, und noch viel mehr erleiden müssen. Ihr Schicksal zeigt die ganze Idiotie des Systems und steht beispielhaft für viele. Trotzdem werden viele Aspekte bloß angerissen, da hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht. Alexander dagegen ist ein sehr blasser Zuhörer, sein „Schicksal“ wirkt extrem unrealistisch und effektheischend. Ich hätte mir den Roman sehr viel besser als z.B. Tagebuch von Tatjana vorstellen können, Sascha gnadenlos rausgekürzt. Die Rahmenhandlung empfand ich als unnötig. Der Erzählstil gefiel mir nicht immer, einerseits lässt sich das Buch gut lesen, andererseits fehlten mir Emotionen, gerade die Willkür des Systems hätten Wut, Ohnmacht… irgendetwas auslösen sollen. Die eingestreuten Dokumente wirken (sind?) sehr authentisch, z.T. aber in epischer Breite vorhanden. Briefwechsel werden zu sehr ausgewalzt und bremsen die Geschichte aus, auch wenn sie natürlich zeigen sollen wie zermürbend Tatjanas Arbeit oft war. Das ändert nichts daran, dass so die Handlung zusätzlich an Schwung verliert.
    Ich fand den Roman nicht ganz schlecht, hätte mir aber die Aufarbeitung dieses sensiblen Themas doch anders vorstellen können.

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  • 3 Sterne

    Bücherfreundin, 23.03.2020

    Als Buch bewertet

    Tatjana und Alexander werden Nachbarn und haben auf den ersten Blick nichts gemeinsam. Tatjana ist über 90 Jahre alt und leidet unter Alzheimer, während Alexander ein junger Witwer ist, der mit seiner kleinen Tochter neu einzieht.

    Als die beiden sich das erste Mal im Treppenhaus treffen, verwickelt Tatjana den jungen Mann schnell in ein Gespräch und drängt ihm quasi ihre Lebensgeschichte auf. Tatjana ist bewusst, dass sie immer mehr ihrer Erinnerungen verlieren wird und möchte der Nachweilt ein wenig ihrer Lebenserfahrung hinterlassen. Am Anfang macht Alexander einen ziemlich genervten Eindruck, aber nach und nach erkennt er, dass Tatjanas Leben doch erzählenswert ist. Sie überlebte mehrere Jahre in einem Arbeitslager und musste den Verlust ihres Mannes und ihrer Tochter verkraften. Schließlich ist es kein einfaches Leben in der stalinistischen Sowjetunion . Aber auch Alexanders Leben war nicht ohne Tiefschläge verlaufen, besonders der tragische Tod seiner Frau hat seine Spuren hinterlassen.

    Eigentlich fand ich die Thematik des Buches - die Lebenserfahrungen der älteren Generation an die Jugend weiterzugeben, sehr gut und auch wichtig. Allerdings bleibt das Buch für mich viel zu sehr an der Oberfläche und es fehlt an der entsprechenden Tiefe. Das wichtige und prägende Geschichtskapitel wird für mich nur sehr am Rande thematisiert. Somit ist das Buch für mich eher eine Enttäuschung gewesen, denn ich hatte wohl andere Erwartungen gehabt.

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  • 3 Sterne

    brauchnix, 11.03.2020

    Als Buch bewertet

    Die über 90-jährige Russin Tatjana Alexejewna bekommt einen neuen Nachbarn. Schon am ersten Tag zerrt sie ihn in ihre Wohnung und erzählt ihm Stück für Stück ihr ganzes Leben. Vor allem aus der Angst heraus, dass sie durch ihre Alzheimer-Erkrankung bald alles vergessen haben wird.

    Dieser Ausgangspunkt ist von Anfang an das für mich unglaubwürdig und aufgesetzt wirkende Rahmengerüst einer Geschichte, die dann hauptsächlich im stalinistischen Russland vom Leben einer Frau erzählt, die durch den Vater eigentlich zu einer modernen starken Frau erzogen wurde, die sich aber dem herrschenden Regime anpassen muss und an den Repressalien und menschlichen Verlusten fast zu zerbrechen droht.

    Eigentlich eine durchaus interessante Story und hi und da blitzt auch das Sprachtalent des Autors durch. Aber mir gefiel einfach das Gesamtkonzept und der Grundton nicht. Die Hauptdarsteller waren mir nicht besonders sympathisch. Nach der Leseprobe hatte ich andere Erwartungen an die beiden und hoffte auf eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen zwei Menschen, die Schicksalsschläge erlitten haben. Stattdessen wird auf relativ wenigen Seiten ein komplexes marxistisches System beschrieben aber leider ohne die Erzählungen der Frau wirklich zu reflektieren.

    Mir hat das Buch nur mäßig gefallen.

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  • 3 Sterne

    Lacastra, 18.05.2020

    Als Buch bewertet

    Eine unerwartete Freundschaft.

    Als die über neunzigjährige Tatjana einen neuen, jungen Nachbarn namens Alexander bekommt, könnten die beiden auf den ersten Blick wohl unterschiedlicher nicht sein.
    Doch beide merken schon bald, dass eine unerwartete Freundschaft zwischen ihnen entsteht, nicht zuletzt wegen der vielen eindringlichen Gepsräche die sie miteinander führen. Beide haben viel erlebt, mussten viel erdulden, beispielsweise erlebte Tatjana hautnah die Geschichte Russlands mit, unter anderem die Ära Stalins. Und genau weil dieses Wissen nicht in Vergessenheit geraten sollte, erzählt sie Alexander ihre Geschichte...denn aufgrund ihres Alters beginnt sie langsam zu vergessen. Auch Alexander hat für sein junges Leben schon so einiges durchgemacht und beide können durch ihre Erzählungen füreinander da sein.
    So weit so emotional, doch leider kommt das durch den relativ sachlichen Schreibstil des Autors beim Lesen lange Zeit nicht so rüber.
    Daher nehme ich an, die Intention lag eher auf einem in Romanform gepackten Tatsachenbericht, wenn dies der Fall ist, trifft das Buch so ziemlich ins Schwarze.

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  • 3 Sterne

    Gerda, 29.03.2020

    Als Buch bewertet

    Ich hatte nach dem Lesen der Leseprobe mir ein gänzlich anderes Buch vorgestellt.

    "Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt."

    Ja, Tatjana ist alt, sehr alt und hat ein furchtbares Leben gehabt. Alexander zieht in die Nachbarwohnung ein. So treffen sie sich. Alexander, der seine eigene Geschichte zu verarbeiten hat, freundet sich eher wiederwillig mit Tatjana an.

    Mich hat dieses Buch nicht wirklich berührt. Tatjanas Leben wird minutiös erzählt, viel zu ausufernd. Alexander bleibt eher im Hintergrund, seine Geschichte ist anscheinend nicht so wichtig.

    Die beschriebene Alzheimer Krankheit kann ich leider dem Schriftsteller nicht so abnehmen. Im Familienkreis verlief die Krankheit völlig anders.

    Auch diese Freundschaft zwischen den beiden habe ich anders empfunden. Die so beschriebene Erzählung war viel zu emotionslos. Nein, kein Buch für mich.

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  • 2 Sterne

    gagamaus, 02.03.2020

    Als Buch bewertet

    Um die Geschichte der 90jährigen Tatjana erzählen zu können, greif der Autor Sasha Filipenko zu einem Stilmittel. Er lässt einen neuen Nachbarn im Haus der alten Dame einziehen und eben jenem berichtet sie dann in einem sehr ausufernden Gespräch von ihrem Leben. Dieser Kunstgriff wirkte aber schon bald sehr gestellt für mich und ich hätte es besser gefunden, einfach ihr Leben als Rückblick zu erzählen, denn der Nachbar, der wie der Autor Sasha heißt, störte für mich den Gesamteindruck, da er wenig zur Handlung beitrug und mit seiner eigenen Geschichte nicht zum Rest passte.

    Ebenfalls enttäuschend fand ich den Erzählstil, der oft abgehackt oder kurzatmig schien, der holprig und dünn bei mir ankam und durch den ich wenig Empathie für die Hauptdarsteller entwickeln konnte. Die Handlung ist eigentlich ein Panoptikum der politischen Geschehnisse des 20.Jahrhunderts in Russland mit dem Fokus auf den Geschehnissen im Krieg, dem Leiden der Soldaten, den Verletzungen der Menschen durch Krieg, Tod und Regime. Tatjana und ihre Familie haben einiges durchgemacht. Das ist durchaus interessant aber in einem Menschenleben und auf so wenigen Buchseiten zu viel. Mir jedenfalls. Ich wurde mit dem Buch überhaupt nicht warm und war am Ende sogar froh, dass es so kurz war.

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  • 3 Sterne

    1 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 14.04.2020

    Als Buch bewertet

    Dieser Roman konnte mich leider nicht erreichen

    Inhalt:
    Alexander bezieht seine neue Wohnung. Da macht er die ungewollte Bekanntschaft seiner Nachbarin, der über 90-jährigen Tatjana, die ihm sogleich ein Gespräch aufdrängt. So erfährt Alexander zwischen Tür und Angel die Lebensgeschichte der alten Frau.

    Meine Meinung:
    Hauptsächlich geht es hier um die Stalin-Ära, um die „Säuberungen“, willkürliche Unterdrückung der Sowjetbürger. Eigentlich ein sehr interessantes Thema, wie ich finde. Ich hatte hohe Erwartungen an die Erzählungen der alten Tatjana. Doch leider konnte mich die Geschichte überhaupt nicht abholen. Ich schreibe dies dem nüchternen, relativ emotionslosen, mehr berichtartigen Schreibstil zu.

    Im Klappentext ist die Rede von einer unerwarteten Freundschaft und dass die beiden Protagonisten ineinander das eigene gebrochene Herz erkennen. Weder das eine noch das andere konnte ich aus der Erzählung herauslesen.

    Fazit:
    Der Roman ist sicher nicht schlecht, aber mich konnte der Autor leider nicht begeistern.

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  • 5 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge W., 08.05.2020

    Als Buch bewertet

    Gegen das Vergessen. Aber ist Vergessen Fluch oder Segen? Der Autor Sasha Filipenko ist eine mutige junge Stimme aus St.Petersburg. In "Rote Kreuze" führt er zwei Biografien zusammen. Die des jungen Alexander und der 90-jährigen Tatjana. Die alte Dame erzählt dem neuen Nachbarn ihre Geschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Tatjana kämpft gegen das Vergessen, Alexander möchte hingegen nichts lieber als das .... Vielleicht, weil das Leben ohne Lebenslügen nicht zu bewältigen ist? Alexander ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde, Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen. Kurz und bündig, nach dem lesen dieses Romans kam ich zu dem Schluß, wer sensible Bücher voll menschlicher Zwischentöne mag, wird bei Sasha Filipenko gut aufgehoben sein. Klarsichtig und scharfsinnig zeigt er, was uns am Ende bleibt: Zuneigung, Mitgefühl, Dankbarkeit. Und zugleich würdigt er in "Rote Kreuze" all diejenigen, die uns zu den Menschen gemacht haben, die wir sind. Eine richtig schöne Entdeckung, erinnert an Gavaldas "Zusammen ist man weniger allein". Aber, es ist kein Buch für entspannte Lesestunden, sondern lässt einen nachdenklich und sprachlos zurück. Wer russische Literatur schätzt, kommt an dieser neuen modernen Stimme nicht vorbei. Ein meisterlich geschriebener, großartiger Einblick auch in unsere Geschichte. Das Buch führt heutige Leser sehr anschaulich und aufwühlend hinein in die abgründige Mentalität jener Epoche voller gläubiger Revolutionäre. Eine klare Empfehlung! Beklemmend und absolut lesenswert! Ein Plädoyer für die Freundschaft! Glänzend erzählt.

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  • 5 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marianna T., 24.02.2020

    Als Buch bewertet

    Ergreifend und schonungslos

    "Das Glück hat immer eine Vergangenheit (...) und jeder Kummer hat eine Zukunft."

    Die 90 jährige Tatjana hat Alzheimer, doch es gibt vieles, das sie nicht vergessen kann und möchte. Ihr Leben ist eng mit den tragischen Geschehnissen des 20. Jahrhunderts in Russland verknüpft. Gegen das Vergessen drängt sie sich mit ihrer "Biographie der Angst" ihrem neuen Nachbarn Alexander auf. Dieser trägt jedoch selber schwer am Leben.

    Die Geschichte von der Tatjana erzählt, hat ein ungeheures Gewicht. Ihre Erlebnisse während und nach dem Krieg, die Repressionen gegen die eigene Bevölkerung und der Umgang mit Kriegsgefangenen sind zutiefst erschreckend. Gleichzeitig wird deutlich wie geschichtliche Fakten von Bevölkerungsteilen verharmlost und beschönigt werden. Die kritische und vielstimmige Herangehensweise an diese Thematik ist sehr bereichernd.

    Der Autor schafft durch seine nüchterne und distanzierte Erzählung einen Ausgleich zwischen den dramatischen Geschehnissen und dem berührenden Schicksal Tatjanas. Es ist angenehm, dass es emotional nicht so sehr in die Tiefe geht. Das scheint bei dem emotional aufgeladen Thema auch nicht nötig.

    Die Erzählung hat einen starken Spannungbogen und wirkt mitreißend. Die Sprache ist besonders durch den schwarzen/schonungslosen Humor gekennzeichnet. Viele Textpassagen sind sehr deutlich und aussagekräftig. So spielen die "roten Kreuze" in vielerlei Hinsicht eine wichtige Rolle in der Erzählung. Sie sind mit Bedeutung aufgeladen.

    Insgesamt ist das Buch sehr zu empfehlen. Eine starke Thematik, die trotz der Dramatik mit einer gewissen Distanz umgesetzt wurde.

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  • 5 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Suzann K., 26.02.2020

    Als Buch bewertet

    Erinnerungen einer Vergessenen
    Bas Buch “Rote Kreuze” von Sasha Filipenko werde ich wohl noch eine Weile gedanklich mit mir rumtragen, es ist ein Buch über das man auch nach dem lesen noch nachdenkt und eventuell auch anderweitig noch nachliest.
    Es geht hier um ein großes Stück Zeitgeschichte, es geht hier um Menschlichkeit, es geht hier um Dinge, die wir wohl alle nicht vergessen sollten.
    Alexander, 30 jährig, zieht in eine neue Wohnung in Minsk, zusammen mit seiner kleinen Tochter. Schon beim Einzug fällt ihm ein rotes Kreuz an seiner Wohnungstür auf, welches nicht das einzige in diesem Buch bleiben wird. Dieses aber hat seine Nachbarin Tatjana, 91 jährig, gezeichnet, um nach Hause zu finden. Sie leidet an Demenz und weiß, daß sie nicht mehr viel Zeit hat, ihre Geschichte zu erzählen.
    Es geht um ihr Leben zur Stalin-Zeit, um den 2. Weltkrieg, um die “Umerziehungslager”, um Kinder in Heimen, um tiefe Liebe und Vertrauen, um Schuld und Sühne.
    Das Buch ist sehr spannend geschrieben, der Autor weiß schon nach wenigen Seiten zu fesseln. Das Buch ist mit den originalen Dokumenten des Roten Kreuzes in der Schweiz untermauert, um die Eindringlichkeit der Botschaft nochmals zu verstärken.
    “Aber jetzt, wo in meinem Leben alles vorbei ist….jetzt denkt sich Gott für mich Alzheimer aus, weil er Angst hat! Er hat Angst, mir in die Augen zu schauen! Er will, das ich alles vergesse. Alzheimer ist die Zerstörung des Weges zu ihm, und mein Alzheimer ist die stärkste Bestätigung, das er mich fürchtet.”sagt Tatjana.

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  • 4 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Anne H., 02.03.2020

    Als Buch bewertet

    Lebenswege
    Minsk, Weißrussland. Anfang des Jahrtausends. Ein Mann, dreißig Jahre alt, eine Frau, neunzig Jahre alt. Zwei Schicksale, die von Verlust geprägt sind. Ein Hausflur, ein rotes Kreuz an seiner Tür, das sie angebracht hat, damit sie sich erinnern kann, wo sie wohnt, denn sie hat Alzheimer. Und Redebedarf. Als Tatjana Alexejewna ihren neuen Nachbarn Alexander im Treppenhaus geradezu überfällt, ihn in ihre Wohnung bittet, ist er komplett überfahren. Jede ehrliche Reaktion wäre eine Ausgeburt der Unhöflichkeit, also beißt er in den sauren Apfel und folgt ihr, hört zu. Erst widerwillig, dann irgendwann gespannt. Denn Tatjana hat eine Geschichte zu erzählen, eine Geschichte, die ein Spiegel der gesamten polit-sowjetischen Geschichte des 20. Jahrhunderts darstellt. Sie ist ein Teil, ein lebendiger Teil der Lenin-Ära, die sie als Kind erlebt, und hat später die Gräuel der Stalin-Ära am eigenen Leib erfahren, in all ihrer Willkür, Brutalität, Konsequenz, Endgültigkeit. All das erfährt Alexander nach und nach und öffnet sich seinerseits der alten Frau. Berichtet, wie es ihn nach Minsk verschlagen hat, was seine Geschichte ist, wie auch er neu anfangen muss, genau wie sie nach den Schicksalsschlägen ihres Lebens. Ob eine Freundschaft oder eine Schicksalsgemeinschaft entsteht, wer will das auf die Goldwaage legen, es entsteht ein empathisches Gebilde, was für beide in einer entscheidenden -überschaubaren, weil endlichen- Lebensphase eine Konstante darstellt.
    Sasha Filipenko macht es dem Leser nicht leicht. In seinem nur rund 280 Seiten starken Werk steckt eine Menge drin. Viel für verhältnismäßig wenige Seiten. Die Geschichte zweier Menschen, ein ganzes Jahrhundert Staatsgeschichte, große Fragen nach Moral, Vergangenheitsbewältigung, Menschenwürde und Schuld. Gewaltige Themen, facettierte Inhalte – und doch, heruntergebrochen auf eigentlich wenige Tage des Erzählens zwischen den beiden Protagonisten. All das bedingt einen – und fast widerspricht es sich – verknappten, berichtenden Erzählstil, der auch häufig wechselt zwischen direkten und indirekten Berichten, der ersten und dritten Person und wahnsinnig viel Gehalt. Im Grunde kommt man viel zu schnell voran in der Erzählung, um alle Fakten und alle Zwischentöne zu erfassen, so dass man letztendlich sagen muss, eine zweite Lektüre würde sich fast aufdrängen. Gebremst wird der Lesefluss allerdings durch zwei Faktoren. Zum einen sind – in meinen Augen, verzichtbare Gedichte und ähnliches in den Text eingebunden. Leider sind dies für mich immer für die Handlung irrelevante Faktoren, da ich sie in den seltensten Fällen lese – und schon gar nicht so aufmerksam, dass ich ihnen gerecht würde. Will also der Autor etwas mit diesen Texten sagen, geht es, ganz ehrlich, an mir vorbei. Das mag jetzt mein persönliches Pech sein, ich wähne mich aber nicht alleine mit diesem Problem auf der Welt. Zum anderen enthält der Roman viele Auszüge aus (Original-)Dokumenten, Briefe oder Mitteilungen, die irgendwie sich auch selten so wirklich harmonisch in den Text einfügen. Insbesondere in Passagen, in denen Tatjana in direkter Rede erzählt, und dann ein Dokument folgt, fand ich das merkwürdig. Sie wird Alexander ja das Schriftstück nicht nach Jahrzehnten wortwörtlich memoriert und vorgetragen haben. Das hat mir einfach nicht so gut gefallen. Den Stil an sich mochte ich dahingegen sehr gerne, sowohl der nicht verschnörkelte direkte Ton als auch einige sehr gelungene Vergleiche (beispielhaft: ein Abgrund in Form eines Menschen, S.9, gefangen war der Mensch nicht länger in einem Anstaltsgebäude, sondern in seinem eigenen Schicksal) haben mich durchweg begeistert und an das Buch gefesselt.
    Das -typische- Diogenes-Cover ist gelungen und passt hervorragend. Die Person, die sich voran bewegt, aber doch immer von einem Schatten in Form des Kreuzes gefolgt wird, Sinnbild für Vergangenheit, für Verluste, andere Kreuze im Leben, das fand ich hier sehr passend und aussagekräftig.
    Fazit: ein Buch, das sich schnell lesen lässt, aber vermutlich nicht schnell gelesen werden sollte, oder zumindest mit sehr viel Muße zum Denken im Nachgang, wirklich zum Sammeln und Resümieren dessen, was man da eigentlich alles in so furchtbar kurzer Zeit erfahren und hoffentlich auch erfasst hat - „ein großer russischer Roman auf nur 280 Seiten“ wie der Verlag titelt – das passt. An den Holprigkeiten – wechselnde Perspektive, Sprünge, Einschübe sollte man sich nicht allzu fest verbeißen, sondern das große Ganze im Blick haben. Klare Leseempfehlung!

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  • 4 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nicola E., 29.02.2020

    Als Buch bewertet

    Stalin-Russland war kein Spaß, das wissen wir alle. Was die Diktatur aber mit den Menschen angerichtet hat, welches Leid es verursacht hat, das erzählt Sasha Filipenko beispielhaft und – insbesondere für russische Verhältnisse – sehr rasant in seinem Roman „Rote Kreuze“, der gerade in die deutsche Sprache übersetzt im Diogenes-Verlag erschienen ist.

    Erzählt wird die Geschichte von Tatjana Alexejewna, die sich ihrem neuen Nachbarn, dem jungen Alexander anvertraut. Tatjana ist 90 Jahre alt und hat Alzheimer „Weil Gott Angst hat vor mir.“ Warum Gott vor ihr Angst hat? Das werden wir im Lauf der Geschichte noch erfahren – wie so vieles anderes, was sie am Anfang des Buches Alexander gegenüber andeutet.

    Anfangs wurde ich etwas überrumpelt. Bei russischer Literatur erwarte ich einen eher gemächlichen Einstieg und einen eher langsamen Erzählfluss. Sasha Filipenko dagegen kommt umgehend zur Sache – und legt bis zum Ende seines Romans ein ausgesprochen rasantes Tempo hin. Kein Wunder also, dass er es schafft, Stalin-Russland und die Umbrüche danach, in einem Roman von gerade einmal 288 Seiten unterzubringen – und das auch noch, ohne den Leser*innen allzu große Lücken zuzumuten.

    Im Gegenteil: Natürlich versammelt sich in Tatjanas Lebensgeschichte außerordentlich viel Leid. Und doch ist es realistisch genug erzählt, um die Leser*innen zu packen, sie mitleiden zu lassen – obwohl Tatjana gar nicht Mitleid heischend erzählt -, ihnen das Unfassbare näher zu bringen. Vor allem aber schafft es Filipenko, die Grausamkeit des Regimes herauszuarbeiten und gleichzeitig aufzuzeigen, was das Wissen um die Grausamkeit bei der Bevölkerung bewirkte.

    Mir gefiel Filipenkos Roman sehr. Ich mochte das Tempo – ich habe das Buch binnen eines Nachmittages gelesen -, das Thema und Tatjana, die ihr Leben auf eine Weise meisterte, die für mich nachvollziehbar erzählt wurde. Tatjana ist eine dieser Figuren, wie es sie wohl nur in Romanen geben kann, die aber gleichzeitig eine ganz reale Faszination auf mich ausüben und eine gewisse Vorbildfunktion übernehmen können.

    „Rote Kreuze“ basiert auf ganz realen Ereignissen und insbesondere einige Dokumente, die im Roman zitiert wurden, sind so unfassbar, dass ich anfangs dachte, sie seien vom Autor erdacht worden. Leider ist dem aber nicht so. Die im Roman zitierten Dokumente existieren tatsächlich. Es ist schrecklich! Umso schöner, dass Filipenko es schaffte, sie so in seinen Roman zu integrieren, dass sie ihre Wirkung voll entfalten können, ohne das Filipenko den Moralapostel spielt oder permanent mit erhobenem Zeigefinger erzählt.

    „Rote Kreuze“ hat mich mitgerissen, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, als ich erst einmal mit der Lektüre begonnen hatte. Keine einzige Stelle, kein einziger Abschnitt ist zäh, die Geschichte spannend, der Schreibstil knapp und doch bildhaft schön.

    Das einzige, was mich persönlich ein bisschen gestört hat, ist die mir viel zu schnell entstehende Beziehung zwischen Sascha und Lera, einer weiteren Nachbarin (in Sashas Alter). Da war mir Filipenko dann doch ein bisschen zu rasant. Und auch Sashas Geschichte – so tragisch sie auch sein mag – war mir ein bisschen zu viel des Guten.

    Trotzdem: Am Ende bleibt ein fesselnder Roman über die dunkelste Zeit russischer Geschichte, den es sich zu lesen lohnt. Kaufen und lesen!

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  • 5 Sterne

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    Leselupe84, 17.02.2020

    Als Buch bewertet

    Mit einer unerwarteten Komik wird die erste Begegnung zwischen Alexander und Tatjana geschildert. Am Anfang steht zwischen ihnen Alexanders Ansicht, dass ein alter Mensch generell zum Klagen neigt. Er nutzt diese Methode des vorurteilsbeladenen Denkens, um einen näheren Kontaktaufbau zu verhindern. Vielleicht, weil er seine eigene schwere Vergangenheit noch nicht richtig verarbeitet hat. Nach einem fast schon erzwungenen Kennenlernen, lassen die alte Dame und ihre Lebensgeschichte Alexander jedoch nicht mehr los. Auch ich wollte unbedingt erfahren, auf welchem Schicksalspfad Tatjana Alexejewna zuvor gewandelt ist und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Doch die geschilderten Erlebnisse sind keine leichte Kost und lassen an der Bedeutung des Wortes Menschlichkeit große Zweifel aufkommen. Insbesondere auch deshalb, weil die Geschichte durch Originaldokumente aus dem Archiv des Roten Kreuzes in Genf ergänzt wurde und erschreckend dokumentiert, welche Verbrechen die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg gegen die russischen Kriegsgefangenen und ihre Familien beging. Ein wichtiges Buch, ein lesenswertes Mahnmal!

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  • 4 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miriam G., 27.02.2020

    Als Buch bewertet

    Ein Teil russischer Zeitgeschichte
    Der 30-jährige Alexander hat einen schweren Schicksalsschlag hinter sich und zieht, um zu vergessen und Abstand zu gewinnen, mit seiner kleinen Tochter in eine neue Wohnung. Bereits am ersten Tag des Einzuges wird er von seiner an Alzheimer leidenden Nachbarin Tatjana mit deren Lebensgeschichte bedrängt. Zunächst entnervt, dann immer neugieriger, hört er ihr schließlich zu und lernt immer mehr über das Leben der alten Frau.
    Rote Kreuze befasst sich mit einem Stück Zeitgeschichte, über die noch heute nur wenig gesprochen und viel mehr geschwiegen wird: Der Umgang mit russischen Kriegsgefangenen während des zweiten Weltkrieges. Wer dem Feind in die Hände fiel, galt automatisch als „Kriegsverbrecher“ und wurde von der Sowjetunion zurückgelassen. Auch die Familie galt automatisch als Landesverräter und wurde in Heime und Arbeitslager deportiert. Auf nur wenigen Seiten beschreibt der Autor diese Unglaublichkeit anhand des Schicksals der Familie von Tatjana. Besonders gelungen fand ich hier die Verknüpfung von historischen Zeitdokumenten in Form von Briefen – auch wenn hier ein paar weniger durchaus ausreichend gewesen wären – in Verbindung mit Tatjanas Vergangenheit und Alexanders Leben. Hinzu kommt die Beschreibung kleiner Alltagsschwierigkeiten, die durch den Fortlauf von Tatjanas Krankheit entstehen. Dadurch wird der Roman an keiner Stelle langweilig.
    Trotz des großen Altersunterschiedes sind sich Tatjana und Alexander sehr ähnlich. Beide haben in ihrem Leben etwas sehr unterschiedlich Fruchtbares erlebt und versuchten, damit fertigzuwerden. Die Stärke von Tatjana hilft Alexander, mit seinem Schicksal umzugeben. Besonders gelungen ist dem Autor die Einbindung des Motiv des Kreuzes, welches nicht nur titelgebend ist: (Rote) Kreuze ziehen sich durch den ganzen Roman – sie kennzeichnen Gräber und Haustüren und stehen demnach nicht nur für den Tod, sondern auch gleichzeitig für die Erinnerung. Dabei handelt es sich nicht nur um die ganz persönliche Erinnerung von Tatjana, sondern auch um eine kollektive: Sasha Filipenko schreibt in Rote Kreuze ganz eindringlich gegen das Vergessen – bis heute wurde dieser Teil der Vergangenheit in keiner Art und Weise öffentlich aufgearbeitet, sondern wird bis heute verschwiegen.
    Zunächst fiel es mir schwer, in den Roman reinzukommen: Sprachlich überzeugte mich der Roman erst wenig, da ich den Schreibstil als leicht flapsig und oberflächlich empfand. Mit der fortlaufenden Geschichte störte das jedoch immer weniger, da die das Spannende die Seiten nur so dahinfliegen lässt. Ein spannendes und unglaubliches Stück Zeitgeschichte!

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