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  • 5 Sterne

    caro_phie, 05.02.2024

    Als Buch bewertet

    Die Unbegreiflichkeit des Grauens

    Harry Tallert ist “Mischling ersten Grades”, zumindest wird er dazu gemacht, durch die Nürnberger Rassengesetze, durch die Gefangennahme und Deportation in das Arbeitslager Lenne, wo er bis zur Befreiung 1945 für die deutsche Rüstungsindustrie schuften muss. Es ist ein Stempel, eine Identität, die ihm als Jugendlicher aufgedrückt wird und die ihn sein ganzes Leben bestimmen wird.

    Als “Halbjude” zwischen den Stühlen von Opfern und Tätern sitzend, versucht er das Unbegreifliche zu erklären, die Absurdität, die Unmenschlichkeit der NS-Zeit zu verstehen. Ein Unterfangen, dass ihn bis zu seinem Tod nicht mehr loslassen soll, ihn seinen Schmerz in Alkohol und Schmerzmitteln ertränken lässt.

    “Die Einteilung der Menschen in Täter und Opfer und die gleichzeitige Einsicht in die phänomenologische Fragwürdigkeit einer solchen Einteilung ließen meinen Vater zu einer Zeit über die ganze Menschheit stolpern, in der er eigentlich erst einmal eine Person hätte werden sollen.” (S.17)

    So beschreibt es sein Sohn Kurt Tallert in diesem Buch, einer Mischung aus Erinnerungen an seinen Vater und seiner persönlichen Auseinandersetzung mit dem grauenhaften Schicksal seiner Familie während des Holocausts.

    Mit viel Einfühlungsvermögen schafft es Kurt Tallert die Verzweiflung seines Vaters zu beschreiben und liefert gleichzeitig einen essenziellen Beitrag zu gesellschaftspolitischen Diskursen der Schuld und Erinnerungskultur. Wo erinnert man sich? Wie anders erinnert man sich, wenn man selbst Holocaust-Opfer in der Familie hat? Und wie geht man mit Schuld in der eigenen Familie um?

    Viele Stellen habe ich unterstrichen, oft hat mich das Buch zum Nachdenken angeregt und doch war ich am Ende ratlos, als ich es zuklappte. Kurt Tallert scheint sich im Kreis zu drehen, findet keinen roten Faden in seiner Geschichte. Immer wieder reist er nach Buchenwald, nach Lenne, nach Theresienstadt, versucht die Lücke zwischen Geburts- und Todesdatum seiner Verwandten zu füllen, einen Ort des Erinnerns zu finden, zu begreifen. In seinem Schreibstil spiegelt sich die eigene Verzweiflung wider, das über Generationen vererbte Trauma. Vielleicht muss es deshalb so sein. Vielleicht muss das Buch einen verwirrt und ratlos zurücklassen, denn das Unbegreifliche kann nicht begreifbar gemacht werden. Aber es muss erinnert werden.

    Ein, trotz aller Schwierigkeiten den Gedankengängen Tallerts zu folgen, wichtiges Buch! Insbesondere in Zeiten, in denen geschichtsrevisionistische Tendenzen wieder an Zuspruch gewinnen.

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  • 5 Sterne

    Elisabeth U., 22.01.2024

    Als Buch bewertet

    Ein Buch, das tief in die deutsche Geschichte eingreift und uns die schrecklichste Zeit aufzeigt. Es ist voller Emotionen und der Leser wird in das damalige Geschehen mit hineingezogen. Man kann nur immer einen Teil davon lesen und muß sich dann das Gelesene nochmals durch den Kopf gehen lassen. Kurt Tallert hat umfangreich recherchiert und ist dabei bis auf seine Urgoßmutter gestoßen, die im hohen Alter aus dem Altenheim in ein Konzentrationslager gebracht wurde. Der Autor ist das jüngste von vier Kindern und sein Vater war bei seiner Geburt schon 58 Jahre alt. 12 Jahre später verstarb er dann an Krebs. Kurt hat nicht viel Zeit mit seinem Vater verbringen können, jedoch hat ihm dieser einiges aus seinem Leben erzählt. Harry Tallert war Halbjude. Sein Vater jüdischer Abstammung, die Mutter Arierin. Eine Mischehe, bei der die Juden zunächst noch verschont blieben. Aber mit 17 Jahren wurde Harry deportiert und kam nach der Befreiung durch die Amerikaner teilweise gebrochen, aber dennoch stark genug zurück, sein Leben als Journalist und Politiker in den Griff zu bekommen. Allerdings sprach er sehr viel dem Alkohol zu. Sein Sohn Kurt beginnt eine Zeitreise in die Vergangenheit. Listet Briefe und Gedanken seines Vaters auf, findet alte Fotos und zitiert Gedichte. Er macht sich auf, die Stätten der Grausamkeiten zu besuchen, um seinen dort verstorbenen Angehörigen näher zu sein. Ich finde es sehr mutig, sich als Nachkommen eines Holocausüberlebenden nochmals dieser zeitliche Epoche zu widmen. Das Cover zeigt Harry Tallert in seinem Büro sitzend. Auf seinem Schreibtisch wälzt sich ein Krokodil. Das Foto wurde gemacht, als Tallert in seinem Büro Besuch von einem Zirkusdirketor bekommen hat. Ein Buch, das für die Nachwelt große Bedeutung hat.

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  • 5 Sterne

    Anna S., 15.02.2024

    Als Buch bewertet

    Spuren verfolgen und auf Abwege geraten
    Bisher war mir noch kein Buch untergekommen, wo der Titel so genau passt.
    Aber zurück zu den Anfängen. Das Cover ließ mir keine Ruhe, als ich es das erste mal gesehen habe. Welche Verbindung gibt es zwischen den beiden Bildausschnitten? Als ich das Buch in den Händen hielt klärte sich das schnell auf. Ein Schutzumschlag mit Ausschnitten bedeckt das Gesamtbild. Meine Vermutung war ein Foto mit Zusammenhang. Es befanden sich viele Fotos nebeneinander, aber immer das gleiche. Kann man viel hineininterpetrieren, Fakt ist, dass Kurt Tallert seine Spuren nur mit solchen Informationen verfolgen kann und nicht mit Gesprächen.
    Erschreckend ist für mich immer noch die Tatsache, wie nah eigentlich die Zeit des Nationalsozialismus ist. Es wird immer berichtet, die letzten Zeitzeugen sterben, hier schreibt ein junger Mann über seinen Vater der verfolgt wurde.
    Ein wichtiges Buch, an das ich vor allem den Anspruch stelle, dass es jemand geschrieben hat und es uns wachrütteln sollte!. Wenn der Autor bei seiner Spurensuche auch auf Abwege gerät, die man vielleicht gerne überliest, ist die Grundidee doch so wichtig, dass das für mich in den Hintergrund gerät.

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  • 5 Sterne

    v_im_wunderland, 23.01.2024

    Als Buch bewertet

    sehr interessant und berührend

    Ich finde das Cover des Buches sehr interessant und auch anders gestaltet. Es hat verschiedene Ausstanzungen. Die Gestaltung hat mir zwar keine Hinweise auf den Inhalt des Buches gegeben, aber die Gestaltung hat auf jeden Fall meine Aufmerksamkeit erregt. Doch der Inhalt des Buches ist natürlich viel beeindruckender als das Cover. Denn dieses Sachbuch ist eine Aufarbeitung und Aufbereitung, doch vor allem eine Spurensuche der Familiengeschichte des Autors. Es geht um den Vater der dem NS-Regime als Halbjude ausgesetzt war. Das Buch ist tiefgründig und vielschichtig und es zeigt auf eine intensive und bewegende Art und Weise die Geschichte des Vaters und der Familie. Dieses Thema und diese Familiengeschichten verlieren nie an ihrer Aktualität und deshalb kann ich es allen Geschichtsinteressierten und allen anderen Lesern empfehlen.

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  • 4 Sterne

    lindi s., 23.01.2024

    Als Buch bewertet

    Von lindi.st
    Der junge Autor Kurt Tallert erzählt in seinem Buch die Geschichte seiner Familie in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus. Sein Vater ist Halbjude mit einem jüdischen Vater und einer arischen Mutter. Vor allem die Auseinandersetzung mit seinem stark traumatisierten Vater macht betroffen.
    Auf der Suche nach der eigenen Identität, kann der Autor auf unzählige Aufzeichnungen und Briefe zurück greifen., die immer wieder in seinen Bericht einfließen.
    Schon die Aufmachung des Buches ist originell und macht neugierig. Zwei offene Fenster lassen einen in das jüdische Leben und die Kultur blicken. Den genauen Sinn wird man allerdings erst während der Lektüre erkennen.
    ich verstehe diesen autobiographischen Roman vor allem als Mahnung und als Achtungszeichen gerade in der gegenwärtigen Zeit.
    Zu empfehlen ist dieses Buch auf jeden Fall.
    Der junge Autor Kurt Tallert erzählt in seinem Buch die Geschichte seiner Familie in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus. Sein Vater ist Halbjude mit einem jüdischen Vater und einer arischen Mutter. Vor allem die Auseinandersetzung mit seinem stark traumatisierten Vater macht betroffen.
    Auf der Suche nach der eigenen Identität, kann der Autor auf unzählige Aufzeichnungen und Briefe zurück greifen., die immer wieder in seinen Bericht einfließen.
    Schon die Aufmachung des Buches ist originell und macht neugierig. Zwei offene Fenster lassen einen in das jüdische Leben und die Kultur blicken. Den genauen Sinn wird man allerdings erst während der Lektüre erkennen.
    ich verstehe diesen autobiographischen Roman vor allem als Mahnung und als Achtungszeichen gerade in der gegenwärtigen Zeit.
    Zu empfehlen ist dieses Buch auf jeden Fall.

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  • 5 Sterne

    Rico G., 24.01.2024

    Als Buch bewertet

    Zwischen den Stühlen
    Kurt Tallert interessiert sich für Geschichte. Für die Zeit des Nationalsozialismus, die Verfolgung der Juden, das Elend in den Konzentrationslagern. Er ist heute 37 Jahre alt, Zeit sich mal mehr mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Kurt hat aber noch ein ganz größeres Interesse. Irgendwie geht ihm die Geschichte mehr an, ist etwas persönliches. Sein Vater Harry ist Halbjude gewesen, wurde als junger Mann von den Nazis verfolgt. Hier wird es persönlich und das macht das Plus des Buches aus.

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  • 5 Sterne

    Rico G., 24.01.2024

    Als Buch bewertet

    Zwischen den Stühlen
    Kurt Tallert interessiert sich für Geschichte. Für die Zeit des Nationalsozialismus, die Verfolgung der Juden, das Elend in den Konzentrationslagern. Er ist heute 37 Jahre alt, Zeit sich mal mehr mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Kurt hat aber noch ein ganz größeres Interesse. Irgendwie geht ihm die Geschichte mehr an, ist etwas persönliches. Sein Vater Harry ist Halbjude gewesen, wurde als junger Mann von den Nazis verfolgt. Hier wird es persönlich und das macht das Plus des Buches aus.

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  • 4 Sterne

    Andrea S., 26.02.2024

    Als Buch bewertet

    Vergangenheit und doch aktuell
    Spur und Abweg ist das Debüt von Kurt Tallert. Er macht sich auf die Suche nach der Geschichte seines Vaters, den er schon im Alter von 12 Jahren verloren hatte.
    Sein Vater, mit jüdischer Abstammung musste die Grausamkeitem im 2. Weltkrieg am eigenen Leib miterleben. Kurt Tallert berichtet wie er durch Briefe und Schriftstücke und den Besuch im Konzentrationslager auf die Suche nach Vaters Vergangenheit geht. Er berichtet auch aus seiner Heimstadt, in der wichtige jüdische Orte drohen in Vergessenheit zu geraten.

    Der Schreibstil hat mir besonders zu Beginn etwas Schwierigkeiten bereitet. Manche Kapitel lassen sich nur sehr mühsam lesen, was vielleicht auch an der Thematik liegt, teils aber auch an Gedankensprüngen die ich nicht nachvollziehen konnte. Interessant sind die vielen in Originalwortlaut angedruckten Briefe und Schriftstücke des Vaters, die das Buch sehr persönlich werden lassen. Alles in allem ein gutes Buch, wenn man sich durch die schwierigen Stellen nicht abschrecken lässt.
    Thematisch ist das Buch zudem hochaktuell.

    Das Cover, auch wenn ich nun die Bedeutung der Fotos kenne, spricht mich nicht an. Die Schrift wirkt etwas lieblos in Word zusammengebastelt.

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  • 4 Sterne

    Tanja G., 18.02.2024

    Als Buch bewertet

    Ich bin ganz erlich, wenn ich das Buch in der Buchhandlung nur vom Einband her gesehen hätte, hätte ich nicht dazu gegriffen, geschweige denn es gelesen. Das wäre aber ein großer Fehler gewesen.
    Der Autor hat anhand von Tagebüchern, Briefen, Audioaufnahmen und Notizbüchern seines Vaters ein Buch geschrieben. Darin geht es um die innere Zerissenheit seines Vaters (erst Sympathisant mit der nationalsozialistischen Bewegung, später als Halbjude zum Volksfeind erklärt), der sein ganzes Leben seinen Platz sucht. Es ist aber nicht nur die Geschichte seines Vaters, sondern auch irgendwie die eigene Geschichte.
    Der Autor springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her und so taucht man als Leser*in tief in diese Familie ein.
    Besonders bewegt hat mich der Brief an seine Uroma Berta, der nochmal all das Schreckliche zu Tage bringt und doch auch eine Liebeserklärung an Berta ist. Auch dies schreibt der Autor in seiner ruhigen, glasklaren Sprache und macht es somit noch greifbarer.
    Fazit: Sicherlich kein Buch zum Nebenher lesen, aber eines, das lange nachhallt und schon jetzt zu meinen Highlights des noch jungen Jahres zählt.

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  • 4 Sterne

    Gerhard S., 06.03.2024

    Als Buch bewertet

    In seinem autobiografischem Roman " Spur und Abweg " schreibt der
    junge Autor Kurt Tallert über die Verfolgungsgeschichte seines halbjüdischen
    Vaters während der Zeit des Nationalsozialismus und verfolgt dabei tiefliegende Spuren bis hin zu seiner Urgroßmutter, die wie alle anderen jüdischen Familienmitglieder ins Konzentrationslager gebracht wurde.
    Kurt Talert ist das jüngste von vier Kindern und sein Vater war bei seiner Geburt mit 58 Jahren schon relativ alt.
    Die Vergangenheit hat seinen Vater zeitlebens beeinträchtigt und verfolgt.
    Das hat sich auch auf sein Familienleben ausgewirkt. Er hat seinem Sohn einiges über seine Vergangenheit erzählt, jedoch blieben für Kurt noch viele Fragen offen.
    Er beginnt nach dem Tod seines Vaters zu recherchieren und macht sich auf die Suche nach der Geschichte seiner Familie.
    Der Roman ist emotional geschrieben und hat mich sehr zum Nachdenken gebracht.
    Besonders die Tatsache, dass die Geschichte der Eltern auch noch das Leben der Kinder beeinflusst und bestimmt.

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  • 3 Sterne

    Isabell R., 05.02.2024

    Als Buch bewertet

    »In den Spuren und Abwegen kann ich nur vage betrachten, was von der Vernichtung blieb, und das ist eben einerseits ein ganzes Menschenleben und andererseits nicht viel.« Kurt über seinen Vater (169)

    Mit 17 Jahren war Kurt’s Vater als Halbjude im Lager Lenne (Niedersachsen) interniert und hat das Zwangsarbeitslager der Nazis überlebt, während andere Familienangehörige durch die Nazis ermordet werden. Mit 58 Jahren wird der Journalist und Politiker Harry Tallert (1927-1997) ein letztes Mal Vater — von Kurt als Jüngstem von vier Kindern — und verstirbt 12 Jahre später. Kurt Tallert hatte also nicht viele gemeinsame Lebensjahre mit seinem Vater und nähert sich diesem mit seinem autobiografische Werk mittels einer literarischen Analyse. Welche Auswirkungen kann das erlittene Leid durch die Nazis auf nachfolgende Generationen haben? Inwiefern prägt dies die Folgegenerationen? Genau diese Fragen greift Kurt Tallert einfühlsam, eindringlich und äußert akribisch in seiner literarischen und gegenwärtigen Spurensuche auf.

    »Mein immer gut gekleideter Vater sitzt in einem Büro an einem unscheinbaren Schreibtisch, während sich zu seiner Linken ein Zirkuskrokodil an der Tischkante abstützt. […] Auf dem Foto blickt er dennoch gelassen zu dem mittels Kühlung ruhiggestellten Raubtier, als wäre dieses archaische Reptil ein Stück gezähmter Vergangenheit. Diese Bedeutung konnte das Bild wohl nur für mich haben.« 55f 🐊

    In seinem Sachbuch »SPUR UND ABWEG« setzt sich der Autor Kurt Tallert intensiv mit seinem Vater und damit schlussendlich auch sich selbst auseinander. Die Leerstellen, die sein Vater hinterlassen hat, untersucht Kurt in diesem Buch intensiv, indem er Unterlagen, Tagebücher, Aufzeichnungen, Briefe und Karten des Vaters studiert, analysiert und in historische Kontexte setzt. Zudem berichtet er von seinen eigenen Kindheitserinnerungen und setzt diese in den Kontext des Lebens seines Vaters. Mit 6 Jahren betritt Kurt zum ersten Mal gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald:

    »Heute sehe ich das Bild des sechsjährigen Jungen, der auf dem ehemaligen Appellplatz steht, sich umblickt, in sich kehrt und nicht wieder ganz aus sich herauskommt. Oder zumindest nicht als derselbe. Ich glaube, an diesem Tag wurde mir die Skepsis als eine Art Urvertrauen in die Enttäuschung eingepflanzt. Ich lernte, dass es möglich war, jederzeit möglich, dass die Umwelt sich gegen einen kehrte, dass sie mit einem brechen konnte, dass sie einen brechen würde, dass es Situationen gab, in denen ein Mensch aus allen Situationen gerissen werden konnte, und dass er nichts dazu tun musste und nichts dagegen tun konnte, außer - und das ist recht erbärmlich - Glück zu haben.« 37

    Dieses sehr persönliche, intensive Zeugnis und Auseinandersetzung mit dem Leben des eigenen Vaters sowie den eigenen Anteilen an der Erinnerung ist sehr interessant und umfangreich. Stellenweise empfand ich die Lektüre so, dass der der Autor abschweift und der roten Faden etwas verloren geht. Nichtsdesto trotz ist es ein sehr wichtiges Zeitzeugnis, das vergegenwärtigt, wie sehr die deutsche Geschichte Generationen nach wie vor prägt; wie wichtig es ist, uns immer wieder zu erinnern: NIE WIEDER IST JETZT.
    
Ein wichtiger Beitrag gegen das Vergessen!

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  • 4 Sterne

    brauneye29, 13.02.2024

    Als eBook bewertet

    Zum Inhalt:
    Kurt Taller nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit seiner Familie, insbesondere seines Vaters, der in jungen Jahren noch als Halbjude verfolgt wurde. Als der Autor zur Welt kam, war der Vater bereits 58 Jahre und stirbt nur 12 Jahre später. Durch Erinnerungen, Briefe und Fotos inspiriert macht Kurt Tallert sich auf den Weg in die Vergangenheit.
    Meine Meinung:
    Das Buch ist schon etwas besonderes, es zeichnet ein Bild eines
    Mannes, der die Verfolgung der Nationalsozialisten hautnah erleben musste und dieses Trauma auch sein Leben lang nie ganz hinter sich lassen können. Es zeichnet aber auch ein Bild von der Liebe eines Sohn und eines Vaters, die viel zu wenig Zeit miteinander hatten. Mir hat das Buch gut gefallen, denn der Blick des Sohnes auf die Vergangenheit des Vaters brachte eine besondere Sichtweise mit, die mir gut gefallen hat.
    Fazit:
    Sehr persönlich

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  • 4 Sterne

    Thomas S., 08.02.2024

    Als Buch bewertet

    Familiengeschichte

    Der Autor, der eigentlich in der Musikszene zu Hause ist, versucht mit diesem Buch seine Familiengeschichte aufzuarbeiten. Er nimmt dabei in eine dunkle Vergangenheit mit: Die Wurzeln der Familie sind jüdisch, und Großeltern und Eltern geraten in die Mühlen der Nazidiktatur. Das Buch erzählt Episoden aus deren Leben und zeichnet Stationen und Orte nach. Gleichzeitig versucht der Autor seinem Vater näher zu kommen, der schon verstorben ist als sein Sohn erst zwölf Jahre alt war.
    Und natürlich spielen folgende Fragen eine wesentliche Rolle: Wie konnte es so weit kommen, warum haben so viele Deutsche weggesehen und wurden damit zu Mittätern, wie wurde im Nachkriegsdeutschland mit Tätern und Opfern umgegangen? Eine Lektüre, die viele starke Passagen hat, die zum Nachdenken anregen, leider aber auch einige Längen aufweist und den Leser stark fordert.

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  • 3 Sterne

    Leselampe, 30.01.2024

    Als Buch bewertet

    Mahnung

    Kurt Tallerts Auseinandersetzung mit seiner jüdischen Familiengeschichte ist nicht leicht zu lesen und zu verdauen. Der Autor ist Jahrgang 1986, durch seinen Vater, der bei der Geburt des Sohnes bereits 58 Jahre alt war, aber der Generation der Kriegsenkel zuzuordnen. Der Vater Harry Tallert wurde als "Halbjude" im Nationalsozialismus verfolgt, überlebte, war aber Zeit seines Lebens auf besondere Art beschädigt, suchte vielfach im Alkohol Zuflucht und konnte die Haltung vieler Mitbürger in Westdeutschland nicht verstehen, sich mit der Vergangenheit so gar nicht auseinanderzusetzen. Wer waren die Täter, wer die Opfer, wer gehört wohin und wo verschwimmen die Grenzen?

    Weit nach dem Tod des Vaters - Kurt ist zu diesem Zeitpunkt erst zwölf Jahre alt - begibt sich der Sohn auf eine Reise zu den Orten der Vergangenheit, zu Vernichtungslagern und Gedenkstätten, nutzt hinterlassene Dokumente des Vaters, um sich ihm, seiner Familie, der Verfolgung, den Qualen und Demütigungen anzunähern. Schließlich wendet er sich brieflich an seine jüdische Urgroßmutter Berta, die er natürlich nie kennenlernen konnte.

    Mit Kurt Tallerts Stil hatte ich doch häufig Schwierigkeiten. Soweit er eigene Kindheitserinnerungen an den Vater ansprach, Notizen, Fotos und Dokumente heranzog und insgesamt anschaulich blieb, konnte ich seine Gedanken gut nachvollziehen. Zudem konnte ich vermittelt durch Briefe und schriftliche Erinnerungen seines Vaters auch diesen kennenlernen - einen Zeit seines Lebens politisch aktiven Menschen, der sich mit der NS-Vergangenheit aktiv auseinandersetzte. In weiten Teilen wurde mir das Sachbuch jedoch zu theoretisch und philosophisch, teils nahezu unverständlich. Das ist schade, denn das Thema ist so ungeheuer wichtig, gerade heute und für jeden von uns. Wo und wie begegnen wir aktuell Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung?

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  • 3 Sterne

    Hornita, 14.02.2024

    Als Buch bewertet

    Etwas anderes erwartet;
    Aufgrund der Kurzbeschreibung habe ich mehr Informationen über die Familiengeschichte des Autors erwartet, als das Buch tatsächlich enthält. Die wenigen vorhandenen Informationen werden vollkommen willkürlich in die Erzählung eingestreut, was mir die Orientierung erschwert hat. Man spürt wohl, dass die Vergangenheit und das Trauma des Vaters nachwirken, aber die kindlichen Erinnerungsfetzen sind etwas wirr und unfertig. Gut gefallen hat mir dagegen die Erklärung, wie der Vater als Jugendlicher gezwungen wurde, die Seiten zu wechseln und das eigentliche Fehlen einer klaren Trennlinie, das plötzliche Anderssein, nur weil es verordnet wird. Das Buch ist insgesamt eine Mischung aus Erinnerungen, Zitaten, Mitschriften, Diktaten, Tonbandaufnahmen, Briefen, Akten, eigenen Ansichten und der ein oder anderen Geschichtsstunde. Es gibt viel Politisches, Philosophisches, Musiktexte, Meinungen des Autors über Erinnerungskultur und Literatur, also wirklich eine bunte Mischung. Leider mir fehlt der rote Faden, was das Lesen des ziemlich unstrukturierten Textes im Laufe des Buches immer anstrengender gemacht hat. Ein wichtiges Thema, gute Ansätze, mir aber in der Umsetzung zu abschweifend.

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  • 3 Sterne

    Karola D., 12.02.2024

    Als Buch bewertet

    Sprunghafte Gedankengänge, komplizierter Schreibstil.
    Das Cover macht neugierig, zeigt es doch Harry Tallert in einem Fenster mit Blick auf ein Krokodil im unteren Ausschnitt. Das autobiografische Werk über die deutsch-jüdische Familie Tallert verfolgt die Spur des halbjüdischen Vaters Harry, die sein Sohn Kurt anhand von diversen Unterlagen wie Notizbüchern, Fotos, Briefen, Recherchen und eigenen Erinnerungen nachzuzeichnen versucht. Besser nachvollziehbar sind die niedergeschriebenen Gedanken, Ängste und Traumata des Vaters als die manchmal sprunghaften gedanklichen Streifzüge des Autors über internationalen Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung. Diese schwer verständlichen Abwege sind zum Teil seinem zu komplizierten Schreibstil geschuldet, der auch den Lesefluss behindert. Bei zu langem, verschachteltem Satzbau vermag man schlecht den beschriebenen Inhalt herausfiltern. Der rote Faden verliert sich manchmal in nicht nachvollziehbaren philosophischen Gedankengängen. Familienbezogene Informationen dieser Familiengeschichte in Bezug auf die Nazizeit sind ebenso interessant und emotional greifbar wie darin eingeflochtene historische Gegebenheiten.

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  • 3 Sterne

    Melanie H., 27.01.2024

    Als Buch bewertet

    3 Sterne

    Genre: Unterhaltung

    Erwartung: Ein emotionales und nachdenklich machendes Buch erleben

    Meinung:

    Das Coverbild finde ich nicht so gut gelungen. Das mit dem Foto finde ich bei einer Biografie gut, jedoch gefällt mir das Krokodil nicht und das es nicht einen schönen Übergang ineinander geht. Es wirkt einfach etwas einfach gemacht.

    Ich lese gerne Bücher über die Zeit des Nationalsozialismus und die Zeit danach. Das tue ich fast ausschließlich in Biografien oder Romanen - ich möchte die Zeit aus der Sicht von Personen und nicht Zahlen sehen. Daher habe ich mich auf das Buch gefreut.

    Es konnte mich leider nicht so ganz überzeugen. Ich finde es gut, dass man sich mit seiner Vergangenheit beschäftigen muss / kann / will. Allerdings hat es mich emotional nicht so ergriffen.

    Auch mit den Schreibstil kam ich nicht so gut klar wie erhofft. Es war mir zu abschweifend und ich konnte nicht immer folgen.

    Fazit: nur 3 Sterne von mir.

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  • 2 Sterne

    Martina B., 22.02.2024

    Als Buch bewertet

    Ächz. Da ist der wieder. Der Mensch, der sich in irgendeiner Weise in der Kunst betätigt, fühlt sich plötzlich berufen, seine Familiengeschichte aufzuarbeiten. Und er taucht tief in Zeitzeugenberichte, Kartons mit Briefen und Postkarten, sucht und findet Zeugnisse und Beurteilungen, führt Interviews. Und es ist ja auch wirklich schön, eine solche Familiengeschichte dem Vati oder Opi zum letzten Runden zu überreichen. Mit all‘ den erfüllenden und erheiternden Höhepunkten der Sippenentwicklung – und natürlich auch den obligaten deutschen Leerstellen in bestimmten Jahrzehnten. Andererseits gibt es die, die sich gerade auf diese Jahrzehnte der Leere und des Schams konzentrieren und wie die Trüffelschweine in der Schuld und dem Versagen zweier Weltkriege, und wahlweise auch noch einer Diktatur, buddeln. Und dann aus diesen Funden eine Familiengeschichte in Schutt und Asche kreieren. Auch gut, wenn diese Lektüre im Familienkreis bleibt, mag noch alles gut bleiben.

    Gefährlich wird’s, wenn das Pamphlet oder dessen Autor oder Autorin den Weg in die Öffentlichkeit sucht – und findet. Und das unter tätiger Mithilfe eines Verlages wie Dumont. Hallelujah! Ich alter Knochen verband seit je her eine gewissen Qualität mit diesem Hause, nun ja.

    Kurt Tallert, geboren 1986, beschreibt in „Spur und Abweg“ das Leben seines Vaters. Ein Leben, das durch die Flucht vor den Nazis und den Kampf für die Demokratie in der jungen Republik gekennzeichnet ist. Vater Harry ist Halbjude und ein „alter Vater“. Als Kurt geboren wird, ist Harry 58 Jahre. Also muss auch der Witz vom „Na, Kleiner, gehst Du mit Deinem Opa spazieren?“ herhalten. Kurt ist zwölf Jahr, als sein Vater stirbt, und der Sohn weiß quasi nichts über diesen Mann. Der Topos der Erinnerung gewinnt sehr früh eine große Bedeutung in Kurts Denken. Nicht umsonst finden wir auf der Vorsatzseite den Satz; „Meiner Familie, die ich immer noch kennenlerne“.

    Unter dem Künstlernamen »Retrogott« prägt Taller gegenwärtig als Rapper, DJ und Produzent erfolgreich seit mehr als zwanzig Jahren die deutsche Hip-Hop-Szene und veröffentlichte zahlreiche Alben. Dazu der Verlagstext:“ „Spur und Abweg“ ist sein schriftstellerisches Debüt.“ Nein, ist er nicht. Siehe oben: das hat mit Literatur nichts zu tun. Der Stil ist hölzern, die Struktur des Textes mehr als erratisch.

    Stilistisch stellt sich wieder einmal die Frage: Roman oder historischer Essay? Da ist hat jeder IKEA Flickenteppich mehr rote Fäden. Ich gebe ehrlich zu. Nach Seite 70 hat es mich gerissen, und ich gab‘ die Lektüre auf. Aber ich darf Ihnen vorstellen: das erste gut 200 Seiten starke Werk, dass sich anfühlt wie ein 1200 Seiten Schinken. So – if not with a special interest, keep away.

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