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  • 5 Sterne

    13 von 17 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    mimitati, 04.10.2022

    Als Buch bewertet

    Rentiere sterben, werden gequält und bestialisch zu Tode gefoltert, ihr Fleisch auf dem Schwarzmarkt verkauft. In der samischen Gemeinde weiß jeder, wer der Täter ist, auch im Dorf ist dies bekannt, aber die Polizei unternimmt nichts dagegen. Hunderte Anzeigen werden eingestellt, eine Ermittlung kommt nicht zustande. Die neunjährige Sámi Elsa ertappt den Täter auf frischer Tat, als dieser ihr Rentier tötet. Eingeschüchtert und mit dem Tode bedroht, schweigt das Kind und trägt diese Last fortan mit sich. Der Täter aber macht weiter, geschützt durch die Dorfgemeinschaft und die Untätigkeit der Polizeibehörde.

    Elsa ist im ersten Drittel des Buches neun Jahre alt, der zweite Teil macht einen Zeitsprung von zehn Jahren und springt dann immer wieder Tage, Wochen, manchmal Monate nach vorne. Dies ist nie verwirrend, obwohl entsprechende Zeitangaben fehlen. Anhand der Geschichte ergibt es sich von selbst, wieviel Zeit vergangen ist. Der Schreibstil ist bildlich, aber nicht ausschweifend, zudem gibt es eine große Fülle an Informationen über die Samen (veraltet: Lappen), ein indigenes Volk im Norden Fennoskandinaviens. Die Autorin hat viele Begriffe aus dem Samischen übernommen, diese werden manchmal direkt übersetzt, meistens ist man aber auf das angehängte Glossar angewiesen. Im Laufe der Zeit behält man die wichtigsten Worte, sodass ich es nicht übermäßig störend fand, ab und zu blättern zu müssen. Es ist eine faszinierende Kultur, über die ich nun unbedingt mehr lesen möchte.

    „Samisch zu sein bedeutete, seine Geschichte in sich zu tragen, als Kind vor dem schweren Rucksack zu stehen und sich zu entscheiden, ihn zu schultern oder nicht. Aber woher sollte man den Mut nehmen, sich für etwas anderes zu entscheiden, als die Geschichte der eigenen Sippe zu tragen und das Erbe weiterzuführen?“ (Seite 213)

    Ich habe nicht erwartet, dass dieses Buch mich so unglaublich fesselt, habe nicht gedacht, dass mir Elsa und ihr Volk so ans Herz wachsen würden. Die Geschichte ist tragisch, ich habe eine große Palette an Gefühlen durchlebt, habe mit Elsa und ihrer Familie gelitten, ich war wütend, entsetzt und empört. Die Passagen über das Jagen und Töten der Rentiere haben mir zudem einiges abverlangt. Für die Dramatik waren diese sicherlich sehr wichtig und ebenfalls, um das Unrecht aufzuzeigen, das dort geschieht, beruht dieser Teil der Geschichte doch größtenteils auf Tatsachen, wenn auch Orte und Personen alleine der Phantasie der Autorin entsprungen sind. Dennoch war es für mich schwer zu ertragen, über die Tierquälerei zu lesen, den Tätern über die Schulter zu schauen, ihrer perversen Freude am Quälen und Töten beiwohnen zu müssen.

    Der Autorin ist hier ein wahres Meisterwerk gelungen, für mich fast ein Kriminalroman, so spannend wurde es. Der Mix aus Familiengeschichte, Krimi und einem Buch über das Leben, die Sorgen und Nöte des samischen Volkes ist mehr als gelungen, für mich ein weiteres Highlight diesen Monat, wenn nicht sogar in diesem Jahr. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung. Grandios!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lia48, 18.11.2022

    Als Buch bewertet

    (CN: Depressionen, Suizidalität, Suizid, Tierquälerei & Tötung von Tieren, Demenz)

    „Es (das Rentier) schien sich zu bedanken, sah ihr in die Augen, und sie wurde fast schüchtern. Hatte man einmal in die Augen eines Rentiers geschaut und verstanden, dann wusste man, dass es keine andere Wahl gab, als genau dort zu sein.“

    INHALT:
    Die 9-jährige Elsa lebt mit ihrer Familie im Norden Europas im Siedlungsgebiet Sápmi. Sie gehören dem indigenen Volk der Samen (früher „Lappen“ genannt) an und leben von der Rentierzucht.
    Als Elsa eines Tages allein zum Rentiergehege geht, muss sie mit Entsetzen feststellen, dass jemand ihr Rentierkalb Nástegallu umgebracht hat!
    Sie erkennt den Täter mit dem blutigen Messer, welcher ihr grinsend mit dem Tode droht und ihr von da an noch viele Jahre das Leben schwer machen wird …

    Schon die Kinder der Samen werden in der Schule oft ausgegrenzt und diskriminiert.
    Von jungen Männern wird erwartet, dass sie die Rentierzucht der Eltern und die Traditionen einmal fortführen werden.
    „Samisch zu sein bedeutete, seine Geschichte in sich zu tragen, als Kind vor dem schweren Rucksack zu stehen und sich zu entscheiden, ihn zu schultern oder nicht. Aber woher sollte man den Mut nehmen, sich für etwas anderes zu entscheiden, als die Geschichte der eigenen Sippe zu tragen und das Erbe weiterzuführen?“

    Immer mehr Rentiere der Samen werden in der Gegend zu Tode gequält und umgebracht. Doch die Polizei, die lange Anfahrtswege und stets angeblich Wichtigeres zu tun hat, ordnet die schrecklichen Vergehen lediglich als Diebstähle ein, ohne weiter zu ermitteln.
    Doch für viele Samen bedeuten die Rentiere ihr ganzes Leben!
    Elsa hat es satt, dass die Polizei nichts unternimmt und niemand sie ernst nimmt! Schließlich gerät sie selbst in Gefahr …


    MEINUNG:
    Wie ihr meinen Content Notes zu Beginn entnehmen könnt, beinhaltet das Buch einige schwere Themen. Leichtigkeit, werdet ihr hier weniger finden.
    Manchmal schrecke ich vor solchen Büchern zurück, doch hier bin ich froh, mich darauf eingelassen zu haben – ich hätte sonst eine Menge verpasst!

    Die Stimmung in der Geschichte spiegelt Melancholie und manchmal etwas Schwermut wider.
    Das Leben der Samen ist nicht einfach. Ihre Geschichte, die Unterdrückung und Diskriminierung haben Spuren bei den Menschen hinterlassen.
    Und dann ist da noch das Gefühl von Wut und Machtlosigkeit. Denn noch immer erfährt das Volk Hass, Ausgrenzung, es wird nicht mal von der Polizei ernst genommen und die Tierquäler machen einfach weiter. Das ist beim Lesen nicht einfach auszuhalten!

    Elsa tat mir daher sehr leid. Ihre Figur mochte ich besonders gerne und sie ist mir mit jeder Seite mehr ans Herz gewachsen. Sie liebt die Rentierzucht und hat als eine der wenigen Frauen vor, sich dieser auch später weiterhin zu widmen.
    Von ihrem Kampfgeist für die Rentiere und auch für ihr Volk war ich begeistert!
    Manchmal habe ich Probleme mit Schilderungen von Kindern in Romanen, da sie mir nicht altersgemäß oder authentisch genug erscheinen. Bei Elsa hat aber alles wie die Faust aufs Auge gepasst und ich war gerne an ihrer Seite!
    Nach knapp 150 Seiten springt die Geschichte zehn Jahre in die Zukunft, sodass Lesende anschließend die erwachsenen Elsa durch das Buch begleiten. Auch dies habe ich gerne getan.

    Schön fand ich die Naturbeschreibungen von Schnee, Eis, Kälte, gefrorene Seen und Rentieren. Sie wirken atmosphärisch und lassen einen regelrecht in diese winterliche, kalte Welt abtauchen.
    Perfekt für kalte Wintertage!

    Interessant war für mich, etwas über das Leben der Samen zu erfahren. Tatsächlich war mir der heutige Begriff für dieses indigene Volk, vorher nicht bekannt. Wieder etwas dazugelernt!
    Das Buch enthält einige Wörter auf samisch (das Glossar gibt es hinten im Buch) und Einblicke in ihre Kultur und Traditionen.

    Besonders eindrücklich und gleichzeitig erschreckend fand ich, wie die Menschen noch heute aufgrund ihrer Abstammung und ihrem Leben auf Diskriminierung, Unterdrückung und Stigmatisierung stoßen.
    Dabei wurde ich außerdem darauf aufmerksam, dass die Suizidrate allgemein bei indigenen Völkern im Verhältnis erhöht ist, vor allem bei jungen Menschen. Laut Internet sehen Experten die Gründe dabei vor allem beim Verlust kultureller Identität (zu schnelle Anpassung an Veränderungen, z. B. waren manche Völker früher Nomaden und sind heute sesshaft; teilweise wurden sie von Regierungen gezwungen, sich dem modernen Leben anzupassen, usw.), Stigmatisierung, hoher Anpassungsdruck sowie Armut und Umweltbedrohungen.

    Für die einen oder anderen Lesenden könnte das Buch thematisch etwas zu überladen wirken. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte genug Tiefe erreicht.
    Für mich war es ein Highlight!


    FAZIT: Ein außergewöhnliches, starkes Buch, melancholisch und perfekt für kalte Wintertage! Man lernt etwas über das indigene Volk der Samen. Durch die vielfältigen Themen und die starke Protagonistin dürfte es zahlreichen Leuten gefallen. Highlight, 4,5-5/5 Sterne und ganz viel Liebe für Elsa und die Rentiere!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    clematis, 05.10.2022

    Als Buch bewertet

    Stille des Nordens

    Elsa ist ein neunjähriges Sámimädchen und fährt erstmals alleine mit ihren Skiern zum Rentiergehege, um Säcke mit Futterpellets herzurichten und Rentierflechten zu sammeln. Als sie ankommt, entdeckt sie jedoch ihr totes Rentierkalb und dessen Mörder, der ihr die Geste des Halsabschneidens zeigt, sollte sie nicht Stillschweigen bewahren. So behält die Jüngste in der Familie ihr Geheimnis für sich, wobei sie sich gleichzeitig schuldig fühlt, weil der Täter ungestraft davonkommt. Andererseits nimmt die Polizei solche Vorfälle ohnehin nur als Diebstahl zu Protokoll.

    In drei grobe Abschnitte gegliedert und in viele einzelne Kapitel, welche mit Zahlen auf Samisch durchnummeriert sind, präsentiert Laestadius diesen Roman. Eine ruhige Schreibweise, passend zur Stille der langen Winter im hohen Norden, begleitet den Leser durch mehr als zwanzig Jahre mit detaillierten und interessanten Szenen aus dem Leben der Samen. Spannende Besonderheiten über acht Jahreszeiten, bunte Festgewänder, Kunst und Rentierhaltung, sowie die Ablehnung durch die Bewohner aus den umliegenden Dörfern werden voller Einfühlungsvermögen erzählt. Auch wenn die Darstellung da und dort lang erscheinen mag, so spiegelt genau das das Leben in Abgeschiedenheit und Einsamkeit wider, die langen dunklen Nächte, die tief verschneiten Wälder, die Weite des Landes und die Liebe zu den Rentieren. Besondere Fellschattierungen und Zeichen am Ohr lassen die Züchter ihre Herde erkennen, oftmals bekommen die Tiere sogar Namen, Elsas Kalb war für die kurze Dauer seines Lebens Nástegallu.

    Inmitten dieser scheinbar idyllischen Landschaft ist aber gar nicht alles eitel Wonne. Wilderer treiben (nicht nur im Roman – am Ende des Buches wird auf wahre Grundlagen in Sápmi hingewiesen) ihr Unwesen, was allerdings, wenn überhaupt, nicht als schweres Verbrechen geahndet wird, sondern nur als Diebstahl. Oftmals hat die Polizei nämlich weder zeitliche noch personelle Ressourcen, um solchen Anzeigen nachzugehen. Elsas Zwiespalt, sich selbstbewusst diesem harten Leben zu stellen und gleichzeitig ihre Angst vor den Gegnern vermag die Autorin gekonnt nachzuzeichnen. Dazu kommt noch so mancher Nachbar, der Zurückhaltung einfordert, um Unruhen und Streitereien zu vermeiden. Auch in den konservativen Familienverbänden geht es nicht immer unkompliziert zu, die jüngeren Mitglieder haben zu kämpfen mit den starren Erwartungen der Alten und gleiten leicht ab in Depressionen oder Alkoholsucht.

    Erst nach vielen Jahren, als die Zustände unerträglich werden, setzt Elsa einen mutigen Schritt. Damit steigt die Spannung, welche lange Zeit eher wenig spürbar ist, deutlich an. Insgesamt tut das aber der interessanten und informativen Handlung keinen Abbruch. Das Augenmerk liegt ja auf der Schilderung der extremen Lebenssituation.

    So tut sich dem Leser bestimmt in vielen Fällen ein völlig neuer Aspekt auf, wie das Leben nördlich des Polarkreises funktioniert. Da Ann-Helén Laestadius selbst gebürtige Sámi ist und aus dem Erfahrungsschatz ihrer Familie schöpfen kann, wirkt dieses Buch rundum authentisch. Auch, dass sie viel Zeit darauf verwandt hat, um „die richtige Form für diese Geschichte zu finden“ (kindle, Pos. 5806) merkt man bei all den so feinfühligen und taktvollen Schilderungen der einzelnen Szenen. Das Verständnis für Mensch, Tier und Natur wird jedenfalls immer wieder geschärft, jedoch die Vorkommnisse in diesem wunderbaren Roman zeigen, dass vieles trotz offizieller Grundlagen immer noch im Argen liegt.

    Danke, Ann-Helén Laestadius, für dieses Plädoyer, welches die indigene Bevölkerung Skandinaviens nicht in Vergessenheit geraten lässt. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen für dieses ruhige, aber eindringlich verfasste Werk.





    Titel Das Leuchten der Rentiere

    Autor Ann-Helén Laestadius

    ISBN 978-3-455-01294-1

    Sprache Deutsch

    Ausgabe Gebundenes Buch, 448 Seiten

    ebenfalls erhältlich als e-book

    Erscheinungsdatum 4. Oktober 2022

    Verlag Hoffmann und Campe

    Originaltitel Stöld

    Übersetzer Maike Barth, Dagmar Mißfeldt

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    LindaRabbit, 21.10.2022

    Als Buch bewertet

    Über die Sami - Kultur und ihre Rentiere

    Das Buch ist ein Plädoyer für die Völker in Europa, die anders leben, traditioneller, herkömmlicher, In Einklang mit der Natur und der Historie. Davon gibt es zum Glück noch einige und diese Völker müssen auf jeden Fall geschützt werden!

    Die Sámi - ein diskriminiertes Volk im Hohen Norden, traditionell mit den Rentieren lebend. Erzählt wird der Roman aus dem Blickwinkel der 'Kleinen Schwester' – Elsa. Das Sámi-Mädchen Elsa versteht durch die Geschehnisse, in was für einer Welt sie aufwächst und was es bedeutet Angehörige eines Volkes zu sein, dass von der Mehrheitsbevölkerung sogar verachtet wird.

    Winter 2008, Elsa fährt frühmorgens alleine auf Skien zum familieneigenen Rentiergehege. Sie will zeigen, dass sie sich schon um die Tiere kümmern kann. Ein neunjähriges Mädchen. Farben gewinnen an Bedeutung, ihre schwarzen Haare werden aus ihrem Sichtwinkel silbrig (überzogen von Reif?), der rosa Schimmer der aufgehenden Sonne!
    Doch dann muss sie den Mord an ihrem Rentierkalb Násegallu mitansehen. Ein Schock fürs Leben! Sie erkennt den Mörder und er bedroht sie, falls sie davon berichtet.

    Die Gefühlslage des kleinen Mädchens ist entsetzlich. Sie muss lügen, um sich zu schützen. Sie erfährt einen großen Verlust, ihr eigenes Rentierkalb wurde getötet und sie erkennt, was man ihrem Volk antut.
    Doch die kleine Elsa bleibt kein Opfer. Sie wächst zu einer starken, mutigen, jungen Frau heran, die sich gegen die Widerstände wehrt. Die Schwierigkeiten der Rentier haltendenden Sámi – Gemeinschaft sind nicht kleiner geworden, ganz im Gegenteil. Abbau der Bodenschätze, dadurch Raubbau und Verschandelung der Natur, Wilderei und auch der Klimawandel erschweren zunehmend das Leben der Sámi.

    Ann-Helén Laestadius, mit einem Sámi Vater, bringt uns die Welt der Sámi nahe, berichtet aus dem Leben der Rentierhalter hoch im Norden von Europa. Das ist ein einzigartiger, außergewöhnlicher und sehr einfühlsamer Roman (mit wahren Fakten und Erlebnissen, die aufwühlen und beunruhigen).

    Das Umschlagsbild - sehr schön gemacht, der hohe Himmel, grün-gelblich dunstig, unten am Rand eine Szene mit Rentieren. Sehr auffallend, gutes Layout, Kompliment.
    Der Titel: Das Leuchten der Rentiere, ungewöhnlich, erweckt Neugierde! Übersetzt aus dem Schwedischen, von zwei Übersetzer:innen, auch ungewöhnlich (wie war deren Arbeitsweise?). Der Klappentext dazu - spricht von einer großen Tragödie.

    Im Nachwort sagt die Autorin: "Was ich hier schildere, spielt sich tatsächlich in Sápmi ab - und zwar schon seit langem. Manchmal ist die Realität schlimmer als die Fiktion."
    Das ist das Erschreckende daran, es ist nicht nur ein Roman, sondern spiegelt die Realität wider. Meine Reaktion darauf war, sobald es mir möglich ist, selbst hinzufahren, um dem Volk durch mein Interesse an ihrer Kultur meine Solidarität auszusprechen. Nur dadurch kann die Mehrheitsgesellschaft dazu gebracht werden die Sámi zu respektieren.

    Wir leben in einer Welt, wo viele 'indigene' Völker um ihr Überleben kämpfen. Nicht weitab am Amazonas, sondern auch mitten in Europa (es gibt einige traditionelle Kulturen in Europa). Wir leben in einem 'Europa der Vielfalt', wo jedoch Menschen aufgrund ihrer Herkunft bedroht sind. Es werden sogar Kriege deswegen geführt, weil Nachbarn sie nicht mit ihrer eigenständigen Kultur respektieren. Weil sie sich nicht anpassen an das, was ihnen als Norm auferlegt wird. Weil sie im Einklang mit der Natur leben und keinen Wert auf diese menschenverachtende Modernisierung legen.

    Mein Respekt an die Autorin für dieses Meisterwerk!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    katrin k., 03.11.2022

    Als Buch bewertet

    Auf Skiern fährt die kleine 9-jährige Samin Elsa zum Rentiergehege ihrer Familie. Stolz will sie beweisen, dass sie eine echte Rentierhirtin ist und die Tiere allein füttern kann. Doch als sie dort ankommt wird sie Zeugin wie der Schwede Robert ihr geliebtes Rentierkalb Nástegallu brutal tötet. Als sie von ihm gesehen wird, droht er ihr. Fortan trägt Elsa nun ein dunkles Geheimnis mit sich herum, dass das Kind in schwere Gewissensnöte bringt, denn das Töten hört nicht auf. Immer öfter finden die Rentierhirten ihre Tiere grausam verstümmelt und zu Tode gequält vor. Über die Jahre wächst die Wut und Verzweiflung bei den Samen. Die Polizei stuft die Taten als Diebstähle von geringer Priorität ein und bleibt untätig. Elsa und ihre Familie kämpfen viele Jahre um ihr Recht und um Frieden zwischen den Samen und den schwedischen Dorfbewohnern.
    Dies war für mich ein sehr außergewöhnliches Buch. Das Volk der Samen kannte ich oberflächlich. Ihr Kampf um Anerkennung ihrer Rechte, war mir bisher jedoch verborgen geblieben. Wenn ich an Schweden denke, ist es für mich das Schweden von Astrid Lindgren. Ein Land wie Bullerbü, in dem alle Kinder glücklich zusammenleben. In diesem Roman von Ann-Helén Laestadius haben die Kinder der Samen Angst zu Schule zu gehen. Ihnen schlägt Hass und Gewalt entgegen. Sie werden beschimpft und verprügelt. Auch der Hass gegenüber ihren Rentieren hat mich sehr betroffen gemacht. Ihr Tod wurde oft billigend in Kauf genommen, um Samen zu schaden. Was mir gut gefiel, war das es in diesem Roman nicht nur Gut und Böse gab, sondern die Auseinandersetzung mit beiden Seiten. Die Autorin thematisiert auch die altmodischen und starren Konventionen der Samen. Das Ablehnen und Abgrenzung von jedem der nicht zu ihrem Volk gehörte oder nicht konservativ leben möchte, war ebenso ein Thema wie die überholten Rollenbilder von Mann und Frau.
    Das Siedlungsgebiet der Samen (Sápmi) erstreckt sich über Teile Schwedens, Finnlands, Norwegen bis zur russischen Halbinsel Kola. Doch bisher wurden die Samen ausschließlich von Norwegen unter den Schutz der internationalen ILO-Konvention 169 gestellt. Dies lässt Bullerbü in meinen Augen leider zerbröseln. Dieses Buch dagegen ist absolut lesenswert und besonders!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Verena L., 01.11.2022

    Als Buch bewertet

    Ein Jahreshighlight!

    In „Das Leuchten der Rentiere“ durfte ich viel über die Kultur der Sámi, dem indigenen Volk Skandinaviens, lernen. Der Roman beginnt mit einer sehr eindrücklichen Szene, als die 9jährige Elsa allein auf dem Weg zu den Rentieren ist. Diese werden von Sámi-Familien halbwild gehalten, ihre Lebensweise ist eng mit den Tieren verknüpft. Elsa muss mit ansehen, wie ihr Kalb brutal gewildert wird. Bisher konnte die Familie die Gräuel von ihr fernhalten, doch von nun an, versucht sie zu verstehen: warum unternimmt die Polizei nichts, obwohl es wieder und wieder passiert? Drohungen, Rassismus, die Folgen des Klimawandels, Angst, Hoffnungslosigkeit und die hohe Suizidrate v.a. unter den jungen Sámi gehören zum Alltag. 10 Jahre später hat sich nichts geändert: aus der Perspektive der Wilderer wird die brutale Jagd beschrieben. Aus Spaß quälen und foltern sie die Ren zu Tode, so langsam es nur irgendwie geht.

    Die tiefe, über Generationen gefestigte Verbindung die die Sámi zu den Rentieren haben, kann von Außenstehenden nie ganz nachempfunden werden. Viele der Rentierhalter scheinen resigniert zu haben: neben den Wilderern machen auch die Folgen des Klimawandels immer mehr Schwierigkeiten. Hinzu kommen einige selbst gemachte Probleme: das patriarchalische System sieht für Frauen wie Elsa, die ihr Leben den Ren widmen möchte, keinen Platz vor. Mit großer Leidenschaft kämpft sie für ihre Überzeugungen, auch wenn es wirkt, als träte sie gegen Windmühlen an.

    Ein starkes Gefühl, das ich beim Lesen hatte, war Hilflosigkeit. Hilflosigkeit gegen schier übermächtige Feinde: die unvorstellbare Brutalität der Wilderer, der Rassismus, die Perspektivlosigkeit. Gleichzeitig aber auch Bewunderung: Elsa gibt nie auf; schöpft Kraft in der Natur, in den Tieren, in ihrer Kultur – die sie gleichzeitig immer wieder hinterfragt. Neugierde und die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren und entsprechend zu handeln – das ist die Zukunft. Ein beeindruckender Roman, mit einer Protagonistin, die mir lange in Erinnerung bleiben wird.

    Die fiktionale Geschichte basiert, wie Autorin Ann-Helén Laestadius, selbst gebürtige Sámi, im Nachwort berichtet, auf wahren Begebenheiten.

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  • 4 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Christiane F., 04.10.2022

    Als eBook bewertet

    Das Leuchten der Rentiere
    Ann-Helén Laestadius,
    übersetzt von Maike Barth

    Die Sámi Elsa ist neun Jahre alt, als sie beobachtet, wie ihr junges Rentierkalb ermordet wird. Sie hat den Täter erkannt, bestreitet dieses aber später vor der Polizei und ihren Eltern - viel zu gross ist ihre Angst vor dem Täter Robert.

    Elsas Eltern sind, wie viele andere Samen auch, Rentierhalter. Die Tiere werden von Generation zu Generation an die Söhne weitervererbt.

    Immer wieder kommt es vor, dass Rentiere von Wilderern erst gequält und anschließend getötet werden.
    Die Polizei guckt weg. Sie behandeln diese toten Tiere als Sachbeschädigung und legen diese Anzeigen, ohne weitere Ermittlungen, zu den Akten.

    Die Samen sind eine Minderheit und es fehlt an gesellschaftlicher Akzeptanz. Ihr heutiges Siedlungsgebiet, Sápmi, erstreckt sich von der Gemeinde Idre in der Provinz Dalarnas län im Süden über die nördlichen Teile Schwedens, Norwegens und Finnlands.

    In drei Teilen schreibt Ann-Helén Laestadius ihre Geschichte über Elsa, deren Familie und den Kampf gegen die Unterdrückung, Rassismus und Gleichberechtigung.

    Meine Meinung:
    Auch wenn das Buch, gerade zu Beginn, kleinere Längen hat, konnte mich das Buch überzeugen.
    Der Einblick in den Konflikt der Samen zu ihren Nachbarstaaten hat mich schockiert. Der Rassismus und auch die Tierquälerei der Wilderer waren so realistisch dargestellt, dass ich das Buch zur Seite legen musste.

    Die Traditionen der Samen und die Landschaftsbeschreibungen sind wunderbar herausgearbeitet, ich hatte zeitweise das Gefühl mitten im Geschehen zu sein.
    Da ich wenig über die Problematik in Fennoskandinaviens wusste, bin ich froh diesen Rückstand aufgeholt zu haben.
    Sehr Lesenswert!

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  • 5 Sterne

    Luise_Dez, 01.11.2022

    Als Buch bewertet

    Die Autorin Ann-Helén Laestadius, erzählt in ihrem ersten Roman für ein erwachsenes Publikum, „Das Leuchten der Rentiere“, eine erstaunliche und beeindruckende Geschichte über das Leben und die Kultur der Samen im äußersten Norden Skandinaviens.

    Inhalt:
    Die unvergessliche Geschichte eines Sámi-Mädchens, das in einer im Verschwinden begriffenen Welt für seinen Platz im Leben kämpft. Ein Roman, so fesselnd und bezaubernd wie die schneebedeckte Weite, in der er spielt.

    Die Sámi Elsa ist neun Jahre alt, als sie allein Zeugin des Mordes an ihrem Rentierkalb wird. Der Täter zwingt sie, zu schweigen. Sie kann nichts tun und fühlt sich doch schuldig, gegenüber ihrer Familie und allen, die ihr nah sind, denn wieder einmal sieht die Polizei keinerlei Anlass, in einem Verbrechen zu ermitteln. Elsas Rentier gilt schlicht als „gestohlen“. Als die Bedrohung der Sámi und ihrer Herden dramatisch zunehmen und auch Elsa selbst ins Visier des Haupttäters gerät, findet sie endlich die Kraft, sich ihrer lange unterdrückten Schuld, Angst und Wut zu stellen. Aber wird sie etwas ausrichten können gegen die Gleichgültigkeit der Behörden und die Brutalität der Täter?

    Meine Meinung:
    Der Autorin ist es mit ihrem ruhigen und bildhaften Schreibstil hervorragend gelungen, mich in eine fremde Kultur im äußersten Norden Skandinaviens in eine mir vorher total fremde Welt, zu entführen.

    Das Buch ist in drei grobe Abschnitte gegliedert, in denen die Geschichte über Elsa und ihrer Familie sowie den Kampf gegen die Unterdrückung und für mehr Gleichberechtigung, mit sehr detaillierten und interessanten Szenen erzählt wird. Auch die Liebe zu der Rentierhaltung kommt deutlich und ausführlich zur Sprache.

    In der scheinbar idyllischen Landschaft treiben Wilderer ihr Unwesen und Elsa wird Zeugin des Mordes an ihrem Rentier und der Täter zwingt sie zu schweigen. Eingeschüchtert und mit dem Tode bedroht, schweigt sie und trägt diese Last fortan mit sich. Die Polizei ahndet die Wilderei nicht als schweres Verbrechen, sondern nur als Diebstahl. Der Täter macht weiter, geschützt durch die Dorfgemeinschaft und die Untätigkeit der Polizeibehörde. Die Tierquälerei der Wilderer wird sehr realistisch geschildert.

    Die Einblicke in den Konflikt der Samen zu ihren Nachbarstaaten und die feindseligen Spannungen zwischen den Samen untereinander sowie die Kluft mit den anderen Dorfbewohnern, sind sehr authentisch beschrieben.

    Fazit:
    Die Autorin hat das Leben in Abgeschiedenheit und Einsamkeit, die langen dunklen Nächte, die tief verschneiten Wälder, die Weite des Landes und die Liebe zu den Rentieren, mit ihren fiktiven Charakteren, packend erzählt. Diese bewegende Geschichte, konnte mich bis zum Ende fesseln und mir die unbekannte Kultur der Sámi und die Tierwelt im äußersten Norden Skandinaviens, näher bringen.
    Von mir 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    R.S., 21.10.2022

    Als Buch bewertet

    Fesselnder Einblick in das Leben und die Kultur der Samen

    4.5/5

    "Das Leuchten der Rentiere" von Ann-Helén Laestadius ist ein sehr atmosphärisch düsteres und fesselndes Buch. Es ist ein fiktionaler Roman, der auf wahren Begebenheiten berührt.

    Es erzählt die Geschichte von Elsa, einer Samin, die in einer Rentierzüchterfamilie aufwächst und die als Kind Zeugin wird, wie ihr Rentier ermordet wird. Die Folgen und die Angst, die das schreckliche Ereignis bei ihr auslösen, begleiten sie ein Leben lang, da immer mehr Rentiere ermordet und gequält werden.
    Zudem erzählt der Roman auch von der Lebensweise der Rentierzüchter, von dem generationenübergreifenden Trauma, das jeder Same in sich trägt und die Diskriminierungen, denen sie als ethische Volksgruppe ausgesetzt sind.
    Ebenso handelt der Roman von Trauer und Wut. Die Samen kämpfen für ihre Rechte und ihre Existenz, aber ihre Schreie stoßen auf taube Ohren. Die brutale Tötung von Rentieren wird als Diebstahl eingestuft, die Fälle werden von der Polizei abgeschlossen, bevor es zu einer Voruntersuchung kommt und die Schweden schüren ihren eigenen, seit Generationen bestehenden Hass, wo sie nur können.
    Das Buch zeigt die feindseligen Spannungen zwischen den Samen und anderen Dorfbewohnern, aber auch zwischen den Samen untereinander auf. Sie leben in einer patriarchalischen Gesellschaft, in der von den Söhnen erwartet wird, dass sie die Aufgaben der Rentierzucht übernehmen. Die Frauen sollen sich auf Haus und Kinder konzentrieren. Diese Denkweise führt häufig zu psychischen Erkrankungen.
    Neben den Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen, die die Sami erfahren, ist der Roman aber auch voller Herz für die Rentierhaltung, die Familie, die Freunde und das Leben der Samen. Es wird deutlich, dass die Rentierhaltung viel mehr als nur ein Beruf für sie ist, es ist ein Teil ihres Lebens.

    Insgesamt ist "Das Leuchten der Rentiere" ein sehr bewegendes und lehrreiches Buch, das zwar fiktiv ist, aber auf realen Verbrechen an den Sami beruht und mit ruhiger, aber eindringlicher Sprache einen Einblick in das Leben der Samen im heutigen Schweden gibt sowie die Kluft zwischen Ihnen und den anderen Dorfbewohnern beschreibt.
    Laestadius gelingt es, die Ausweglosigkeit der Situation eindrücklich zu vermitteln. Das mangelnde Interesse der Polizei und die schwedische Gesetzgebung, die nicht die richtige Bezeichnung für die begangenen Straftaten bereithält. Anfangs noch etwas langsam erzählt, nimmt der Roman im weiteren Verlauf immer mehr an Fahrt auf und wird zum Ende hin richtig spannend. Trotz des traurigen und tragischen Themas ist die Geschichte nicht ohne Hoffnung und allein schon wegen des tollen atmosphärischen Schreibstils, der es schafft, einen das Leben und die Kultur der Samen näher zu bringen, lesenswert.

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  • 5 Sterne

    AnnaMagareta, 08.10.2022

    Als Buch bewertet

    Das Leben am Polarkreis – berührend & packend

    „Das Leuchten der Rentiere“ der schwedischen Journalistin und Autorin Ann-Helén Laestadius , die eine und gebürtige Sámi ist, gibt einen interessanten Einblick in die Kultur dieses Volkes.

    Mit neun Jahren muss die kleine Sámi Elsa mit ansehen, wie ihr Rentier Nástegallu ermordet wird. Bevor der Wilderer flieht, bringt er sie durch eine kleine Geste zum Schweigen, was sie im weiteren Verlauf ihres Lebens zutiefst belastet.
    Das gewilderte Rentierfleisch lässt sich gut verkaufen und es kommt immer wieder zu Diebstählen, gegen die die Behörden nicht vorgehen. Viele Jahre später will Elsa etwas dagegen unternehmen, stößt aber auf Widerstände, die auch aus ihren eigenen Reihen kommen.

    Der Schreibstil der Autorin ist ruhig aber auch sehr intensiv. Sie beschreibt die wundervolle nordische Landschaft sehr bildhaft und vermittelt durch einzelne Ausdrücke der Samen gut die Kultur und die dort vorherrschende Atmosphäre.

    Anhand von Elsas Schicksal bekommt man einen gute Einblick in das Leben der Sámen, die gerne unter sich bleiben und ihren Traditionen nachgehen. Traditionen, die für viele von uns nicht ins heutige Zeitbild passen. So kann eine Frau keine Rentierherde besitzen und wenn sie heiratet, gehört alles ihrem Mann, der die Entscheidungen für sie übernimmt. Sie leben von ihren Tieren und lieben diese. Dabei kämpfen sie nicht nur mit den Vorurteilen der übrigen Bevölkerung, sondern auch mit dem Klimawandel, durch den die Weidemöglichkeiten geringer werden.

    Elsa ist eine starke Protagonistin, die wie alle Samen ihre Rentiere liebt und eine eigene Rentierherde besitzen möchte. Das passt natürlich nicht zu der Lebensphilosophie der Samen.

    In ihrem Nachwort erläutert Ann-Helén Laestadius dass die Geschichte um Elsa fiktiv ist, nicht aber das hier geschilderte Leben der Samen und die Vorurteile mit denen sie leben müssen.

    Ich habe in diesem Buch, mit dem die Autorin zahlreiche unterschiedliche Themen - Probleme der Sámi, Wilderei, Klimawandel… - anspricht, eine Menge Neues über die Kultur der Sámi erfahren. Die Handlung ist spannend, brisant und berührend, so dass sie bei mir zahlreiche unterschiedliche Emotionen hervorgerufen hat. Es ist weder ein Krimi noch ein Sachbuch, hat aber von beidem etwas und regt zum Nachdenken an. Ich habe es gerne gelesen.

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  • 5 Sterne

    Frechdachs, 25.10.2022

    Als Buch bewertet

    Auf den Spuren des indigenen Naturvolks der Samen im hohen Norden Europas

    Die Autorin Ann-Helén Laestadius nimmt uns in ihrem Buch "Das Leuchten der Rentiere" mit in den hohen Norden Europas zum letzten indigenen Stamm der Samen.
    Die schwedische Journalistin und Autorin Laestadius ist selbst gebürtige Sámi und entstammt einer Rentierhalterfamilie. Diese sehr enge Verbindung mit der samischen Kultur und deren Traditionen merkt man dem Werk dann Seite für Seite an.
    Das Cover gibt vielleicht einen kleinen (verzerrten) Vorgeschmack auf den eigentlichen Inhalt des Buches.
    Für mich ist es sehr magisch gehalten.
    Die rastende Rentierherde in der Weite der Winterlandschaft und eine magische Lichtstimmung mit Polarlichtern am Himmel.
    Zur Story selbst möchte ich gar nichts spoilern sondern verweise hier auf den Klappentext des Buches.
    Wer sich auf das Buch einlässt, wird unumwunden in die Story rund um die junge und kleine Sámi Elsa hineinkatapultiert.
    Ich wurde sehr schnell mit den Handelnden und dem Plot selbst warm.
    Wer jetzt vielleicht aufgrund des freundlich wirkenden Covers denkt, es wäre ausschließlich ein Wohlfühlroman, der täuscht sich jedoch gewaltig.
    Schlussendlich wird im Roman das harte und karge Leben des indigenen Stammes der Samen beschrieben und mit einer dramatischen Story verknüpft.
    Ich selbst hatte viel zu romantische Vorstellungen vom Leben hoch oben im Norden. Das Buch öffnete mir dann sehr gut die Augen über die Lebensweise, die Kultur, die Traditionen und auch die Bräuche des samischen Stammes.
    Das Buch wirkt vor allem durch seine tiefgängige dramatische Erzählweise und der authentischen Schilderung der vielschichtigen Probleme, mit denen sich die Samen dann in ihrem normalen Alltag konfrontiert sehen (z.B. Tötung von Rentieren, der offene Hass gegen die Samen, Selbsttötungen etc.).
    Mit ihrem Buch macht Laestadius das letzte indigene Volk im hohen Norden dann für alle Interessierten sichtbar. Sie thematisiert das harte Leben und die Konflikte zwischen den Samen und der anderen schwedischen Bevölkerung in authentischer Art und Weise.
    Für mich enthält das Buch ein sehr starkes Plädoyer für mehr Toleranz untereinander und gleichzeitig verleiht es dem indigenen Volk der Samen eine starke Stimme, die endlich gehört werden möchte.

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  • 5 Sterne

    duenefi, 18.10.2022

    Als Buch bewertet

    Eindringlich, beklemmend, tragisch und dennoch wunderschön!

    "Das Leuchten der Rentiere" von Ann-Helén Leastadius ist im Oktober 2022 als gebundenes Buch mit Schutzumschlag bei Hoffmann und Campe erschienen und umfasst 448 Seiten.

    Zum Inhalt:
    Eines Tages hat die 9jährige Sámi Elsa das Bedürfnis, ihr Rentier Nástegallu zu besuchen. Sie stapft durch die winterliche Landschaft und kurz bevor sie ihr Ziel erreicht, muss sie beobachten, wie ein Mann sich über ein soeben getötetes Rentier beugt. Es ist Elsas Tier. Als der Täter das Mädchen bemerkt, droht er ihr mit einer Geste, sie zu töten, falls sie nicht schweigt...So gilt das Tier lediglich als gestohlen und die Polizei unternimmt wieder einmal nichts.

    Meine Eindrücke:
    Ann-Helén Leastadius hat hier einen sehr einfühlsamen und beklemmenden Roman geschrieben, in dem sie über das Leben der Samen berichtet, die einstigen Nomaden, denen vielfach nach wie vor mit Misstrauen und Vorurteilen begegnet wird.
    Der ungesühnte wiederholte Mord an ihren Rentieren ist der Aufhänger für die Geschichte der Autorin.
    Ich war sehr schnell mittendrin im Geschehen, in der klirrenden Kälte, der wunderschönen weißen Landschaft, die durch die detaillierten und bildhaften Schilderungen lebendig vor meinem inneren Auge entstand.
    Die Einblicke in die fremde Kutur empfand ich als tief und teils sehr bedrückend. Ich habe hier viel gelernt und mitgelitten.
    Gerade durch die eher leise, ruhige Schreibweise, die perfekt passt, wird das Geschehen besonders eindringlich herübergebracht.

    Besonders gut gefallen haben mir die wechselnden Erzählperspektiven, und ich fand es kalsse, auch die Sicht des Täters hautnah mitzuerleben.
    Elsa und ihre Familie sind sympathische Charaktere, die mir sehr ans Herz gewachsen sind im Verlauf dieser zugleich wunderschönen und doch harten und tragischen Geschichte.

    Die Autorin vermittelt in ihrem Roman wunderbar, wie wichtig es ist, sich nicht unterzukriegen, Zusammenhalt und Loyalität zu bewahren. Dann kann man vieles schaffen und kommt sehr viel weiter im Leben.

    Mein Fazit:
    Ein Roman, der beeindruckt und noch länger nachhallt. Unbedingte Leseempfehlung, perfekt für lange Winterabende vor dem Kamin oder mit einer kuscheligen Decke auf dem Sofa...

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  • 5 Sterne

    Frauke C., 17.11.2022

    aktualisiert am 17.11.2022

    Als Buch bewertet

    Toller Kriminalroman mit Einblick in die Kultur der Samen

    Auch in Europa gibt es ein indigenes Volk, dessen traditionelle Lebensweise stark gefährdet ist - im Norden Skandinaviens leben die Samen. In ihrem Stammesgebiet wohnen inzwischen aber viele zugezogene Schweden, die die traditionelle Lebensweise missachten und die Samen z. T. anfeinden. Der Roman "Das Leuchten der Rentiere" ist nicht nur eine Kriminalgeschichte, sondern auch eine eindrucksvolle Einführung in diese mir bisher recht unbekannte Kultur.

    Das Buch beginnt im Jahr 2008, als die neunjährige Elsa sieht, wie ein Wilderer ihr Rentierkalb brutal ermordet. Als der Wilderer bemerkt, dass er beobachtet wird, gibt er Elsa zu verstehen, sie zu ermorden, wenn sie ihn verraten würde. Ausgehend von diesem Ereignis wird der Leser in die Welt der Samen versetzt. Ann-Helén Laestadius schildert eindrucksvoll das mühevolle Leben von Elsa, ihrer Familie und der Nachbarfamilie. Lebensgrundlage der Samen ist die Rentierzucht. Unter den zugezogenen Schweden gibt es jedoch Wilderer, die die Rentiere töten. Besonders dreist und quälerisch ist der Wilderer, der Elsas Rentierkalb ermordet hatte. In den 10 Jahren bis 2018 werden mehr als 100 Rentiere, die Elsas Familie gehören, getötet und obwohl Elsas Vater alle Tötungen anzeigt, hat die Polizei wenig Interesse daran diese Fälle zu verfolgen. Sie stellt die Ermittlungen immer wieder ergebnislos ein. Elsa jedoch ist zwischenzeitlich zu einer starken Frau herangewachsen, die sich für die Interessen der Samen einsetzt...

    Die Geschichte ist spannend geschrieben. Ich mochte das Buch gar nicht aus der Hand legen und kann den Roman wärmstens weiter empfehlen, weil er nicht nur spannend ist, sondern auch einen Einblick in die interessante Welt der Samen gibt.
    Das Buch enthält zahlreiche Originalwörter aus der Sprache der Samen, die in einem Glossar am Ende des Buches erklärt werden. Zudem ist jedes Kapitel mit einem samischen Wort überschrieben, diese Wörter werden jedoch leider nicht erklärt. Das finde ich ein bisschen schade, denn ich hätte beispielsweise gerne gewusst, was Guoktelogiguhtta auf Deutsch heißt ;-)

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  • 5 Sterne

    Dajobama, 29.09.2022

    Als Buch bewertet

    Das Leuchten der Rentiere – Ann-Helen Laestadius
    Ein wunderbarer Roman, der die kaum bekannte Welt der Samen im Norden Schwedens zugänglich macht.
    Das samische Mädchen Elsa ist erst neun Jahre alt, als sie mitansehen muss, wie ein Mann ihr Rentierkalb ermordet. Völlig eingeschüchtert behält sie das Gesehene für sich. Dennoch wird diese Tat noch über viele Jahre hinweg ihr Leben beeinflussen.
    Obwohl der Täter von Anfang an bekannt ist, hat dieser Roman durchaus Elemente eines Krimis und wird sogar richtig spannend. Und doch ist dieses Buch soviel mehr. Ein Hauptthema ist die Anfeindung der Samen (auch Lappen genannt) aus der übrigen schwedischen Bevölkerung. Sie werden beschimpft und unterdrückt. Und leider auch von der Polizei nicht wirklich ernst genommen. Die Autorin ist selbst samischer Abstammung und teilt viel Wissen über Kultur und Traditionen der indigenen Bevölkerung. Wichtigste Einnahmequelle und ebenso Teil ihrer Kultur ist die Rentierhaltung. Diese Tiere sind quasi Dreh- und Angelpunkt des Alltags und dadurch auch Angriffsziel Nummer eins. Viele junge Samen tun sich schwer damit, ihr Los anzunehmen und die Rentierhaltung unter Anfeindungen fortzuführen. Eine extrem hohe Selbstmordrate ist deshalb leider ebenso Thema dieses Romans.
    Elsa ist eine sehr starke Frau, eine Kämpferin, die zu ihren Wurzeln steht und die Arbeit mit den Rentieren trotz aller Widrigkeiten liebt. Es dauert ein bisschen, bis man sich in die Geschichte eingelesen hat, doch dann wachsen einem Elsa und ihre Familie und Freunde wirklich ans Herz.
    Sprachlich ist dieser Roman eher unauffällig. Es sind knappe, eher nüchterne Sätze, die die Autorin da aneinanderreiht und auf eine eigene Art eine tolle Atmosphäre schafft. Die Figuren erwachen zum Leben und das vor einer großartigen schneebedeckten Kulisse des hohen Nordens mit jeder Menge Rentiere im Hintergrund. Nach kurzer Eingewöhnzeit fand ich es wirklich toll. Sehr atmosphärisch und dicht mit jeder Menge Gefühle zwischen den Zeilen.
    Eine große Leseempfehlung für alle, die sich gerne mit anderen Kulturen in entlegenen Regionen auseinandersetzen! 5 Sterne!°

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  • 5 Sterne

    Anita, 13.11.2022

    Als Buch bewertet

    Wow! Was für ein Highlight!

    Worum geht es?
    Elsa, ein junges samisches Mädchen, muss mit ansehen wie ihr Rentier ermordet wird. Und sie sieht auch den Mann, der die Tat begangen hat.

    Worum geht es wirklich?
    Kulturelle Wurzeln, Veränderungen und Rückzug.

    Lesenswert?
    Ja ja ja! Was für ein Highlight. Ein Buch, welches mit unglaublich bewegt hat, das berührend war und das einfach so viele Emotionen hervorgerufen hat.
    Es war lehrreich und informativ, was man über die sämische Kultur erfahren hat und wie viel Auswirkung der Klimawandel in bestimmten Regionen schon heute hat. Hiermit gehen die verschiedenen Generationen ganz unterschiedlich um.
    Dieses Buch fasst so viele Themen an und wird ihnen doch allen gerecht. Das ist grandios. Dazu zählen zum Beispiel der eben erwähnte Klimawandel, Generationen, alternde Menschen und der Umgang mit ihnen, Einsamkeit, Familienbande und der Umgang mit Gefühlen oder auch Depressionen. Zeitgleich geht es um eine männerdominierte Gesellschaft, junge starke Frauen auf der Suche nach Veränderung, verschiedene Lebenskonzepte, die Natur und diverse Ängste und Sorgen und Hoffnungen. Man erfährt nicht nur Dinge über die sämische Kultur, sondern auch über den Umgang der restlichen Bevölkerung mit den Samen und wie sich Frustration und Wut in diesem Aufeinandertreffen entladen können.
    Protagonistin Elsa fand ich wunderbar, ihre Entwicklung ganz großartig.
    Es gibt viele unschöne Szenen und dennoch hatte ich immer das Gefühl, dass die Autorin sich ihnen mit großem Respekt und Vorsicht nähert und niemals zu viel schildert nur für den Schockmoment.
    Generell habe ich das Buch als sehr vorsichtig und behutsam empfunden und dennoch bewegend und aufrüttelnd.
    Es erzählt viel über den Umgang mit indigenen Kulturen und wie aus Worten Hass und Taten werden.
    Der Schreibstil war sehr angenehm, die Naturbeschreibungen nicht zu viel und nicht zu wenig und die Kapitellängen eher kurz gehalten - das mag ich. Wie wunderschön das Cover ist, muss man vermutlich nicht erwähnen.
    Zusammengefasst: Richtig richtig gut. Sollte man lesen!

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  • 5 Sterne

    Elke H., 19.10.2022

    Als Buch bewertet

    Ann-Helén Laestadius kennt man in Schweden als Autorin von Kinder- und Jugendbüchern. Mit „Das Leuchten der Rentiere“ hat sie nun ihren ersten Roman für Erwachsene geschrieben, der 2021 als Buch des Jahres ausgezeichnet wurde. Zu Recht!

    Ausgangspunkt ist der Mord an Nástegallu, dem Rentierkalb der neunjährigen Elsa aus dem nordschwedischen Sápmi, Heimat ihrer samischen Rentierzüchterfamilie. Sie beobachtet die Tat, wird aber mit eindeutigen Gesten von dem Täter bedroht. Trauer und Angst sorgen dafür, dass sie schweigt, auch wenn immer wieder in den Herden abgeschlachtete und grausam verstümmelte Tiere auftauchen. Die Polizei geht diesen Vorfällen nicht nach und behandelt die Anzeigen lediglich als minderschwere Diebstahlsfälle.

    Elsa wird erwachsen, ihre Schuldgefühle machen der Wut Platz. Natürlich richtet diese sich in erster Linie gegen die angeblich tolerante schwedische Gesellschaft, die die Sámi diskriminiert und als Menschen zweiter Klasse behandelt, im konkreten Fall die Augen vor der Tatsache verschließt, dass die Rentierzucht für diese ethnische Volksgruppe nicht nur Existenzgrundlage sondern auch Ausdruck ihrer kulturellen Identität ist. Aber sie schaut auch kritisch auf die patriarchalisch geprägte Lebensweise ihrer Herkunftsfamilie, in der jede/r seinen Platz hat und bei Problemen auf Hilfe von außen verzichtet. Dieser Kampf an den verschiedenen Fronten geht nicht ohne Blessuren ab und bringt Elsa immer wieder in gefährliche Situationen.

    Laestadius demaskiert die angeblich so tolerante schwedische Gesellschaft, zeigt den Rassismus und die tagtäglichen Diskriminierungen innerhalb der Gesellschaft, mit denen die samischen Rentierzüchter und ihre Familien tagtäglich zu kämpfen haben. Gleichzeitig thematisiert sie aber auch die Gefahren des Klimawandels für den Fortbestand dieser indigenen Volksgruppe. All das verbindet sie in einer ruhigen, sensiblen Erzählweise zu einer runden Geschichte, die nicht nur berührt sondern auch tiefgehend über das Leben der Sámi informiert. Nachdrückliche Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    _Le4_, 10.10.2022

    Als Buch bewertet

    Im Buch geht es um Elsa, eine Sami, welche als Kind mitansehen muss, wie ihr Rentier getötet wird. Leider traut sie sich nicht, der Polizei den Täter zu sagen, da dieser sie bedroht. Es werden immer wieder Rentiere des Sameby, in dem Elsa lebt, getötet und die Täter kommen davon, weil die Polizei sich nicht kümmert. Die erwachsene Elsa entschließt sich jedoch schließlich, den Kampf gegen die Diskriminierung und die Mörder ihrer Rentiere aufzunehmen.

    Ich hatte persönlich noch nicht besonders viele Informationen zur Kultur der Samen gesammelt, weswegen dieses Buch ein sehr interessanter Einblick dahingehend war.
    Die Charaktere des Buches sind sehr lebensecht und ich konnte mich sehr gut in sie einfühlen. Sie wirkten wie echte Menschen, deren Schicksal mir echt ans Herz ging. Der Kontrast zwischen der kindlichen Protagonistin und der erwachsenen war auch sehr spannend zu lesen.
    Die Probleme, mit denen sich die Hauptcharaktere auseinandersetzen mussten, sind sehr vielfältig und werden gut erkundet. Hierbei werden viele gesellschaftliche Probleme angesprochen. Hauptsächlich die Diskriminierung der Samen und die Folgen daraus, aber auch Sexismus und der Klimawandel werden beleuchtet. Diese ganzen Dinge werden sehr feinfühlig erkundet, was ich sehr fesselnd und bewegend fand.
    Das Buch wird im Laufe der Geschichte immer spannender und an manchen Stellen ist es so spannend wie ein Thriller, andere Stellen hingegen sind wieder etwas ruhiger. Die Geschichte ist sehr bedrückend und berührend. Mir standen oft die Tränen in den Augen.
    Die Story hatte meiner Meinung einen zufriedenstellenden Spannungsbogen, was bei anderen Büchern des Genres manchmal nicht so gegeben ist.

    Ich kann das Buch wirklich empfehlen. Mein Herz hängt immer noch an der Hauptcharakterin und auch vielen anderen Nebencharakteren. Es erzählt eine komplexe Geschichte, die es meiner Meinung nach auf jeden Fall wert ist, gelesen zu werden.

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  • 5 Sterne

    Karola D., 13.09.2022

    Als Buch bewertet

    Ein guter Lappe ist ein toter Lappe – ein spannender Kampf nicht nur ums Überleben der Samen.
    Die Reihenfolge der Wörter kann auch vertauscht werden. ›Ein toter Lappe ist ein guter Lappe‹ könnte es auch heißen. Die Botschaft ist klar, trotz der Satzstellung auf dem Zettel am Informationsbrett in der Schule von Elsa. Robert, ein Wilderer aus der Nachbarschaft, erkennt die Rechte indigener Völker nicht an und meint, Schweden sollte die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) weiterhin nicht unterschreiben entsprechend seinem Aufkleber ‚ ILO 169 nicht ratifizieren.‘ Durch dessen häufigem, teils qualvollem Töten der Rentiere aus Elsa’s Sippe und diversen üblen Bedrohungen erleben diese Familienmitglieder ein auch psychisch sehr belastetes Miteinander, ohne dass die Polizei trotz hundert Strafanzeigen der juristisch nur als Diebstahl gewerteten Untaten Roberts Herr werden will.
    Samisch zu sein bedeutet, seine Geschichte in sich zu tragen, als Kind vor dem schweren Rucksack zu stehen und sich zu entscheiden, ihn zu schultern oder nicht. Aber woher sollte man den Mut nehmen, sich für etwas anderes zu entscheiden, als die Geschichte der eigenen Sippe zu tragen und das Erbe weiterzuführen? Die Rentierhaltung ist so viel mehr als nur ein Beruf für die Sami, sie ist ein Teil ihres Lebensstils, bedrängt auch durch den dortigen Bergbau. Ihr Leben in alten Traditionen scheint sehr bedroht zu sein. So jedenfalls wirkt dieser sehr authentisch geschriebene Roman über das Leben der Samen auf mich.

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  • 4 Sterne

    alekto, 04.01.2023

    Als Buch bewertet

    Authentisch geschriebener, meditativer Roman über Rentiere, die Kultur der Samen und das Leben in der Kälte

    Eines Tages im Winter des Jahres 2008 macht sich die kleine Elsa auf den Weg zum Rentiergehege. Die ganze Strecke legt sie allein auf Skiern zurück, da sie nach ihrem Rentierkalb Nástegallu sehen möchte, um es zu füttern und vielleicht streicheln zu können. Doch als sie am Rentiergehege ankommt, findet sie dort Robert Isaksson vor, der ihr Rentier abgeschlachtet hat. Nástegallu, dem die Ohren abgeschnitten wurden, ist blutig, tot. Von Robert mit dem Tod bedroht, schweigt Elsa über das, was sie gesehen hat. Weder ihren Eltern noch ihrem großen Bruder und auch der Polizei gegenüber verrät sie nicht, dass Robert Isaksson ihr Ren getötet hat. Und so nimmt das Drama seinen Lauf.

    Im Winter des Jahres 2008 ist Elsa erst neun Jahre alt. Ihre Familie sind Samen, die als Rentierhalter leben. Elsa wohnt zusammen mit ihrem großen Bruder Mattias bei ihren Eltern. Das gelbe Haus nebenan gehört ihren Großeltern Áddjá und Áhkku. Im Ort besucht Elsa zusammen mit ihrer zwei Jahre älteren Freundin und Cousine Anna-Stina die samische Schule.
    Der Schock, mit dem das Leuchten der Rentiere beginnt, sitzt tief. Die junge Elsa findet ihr geliebtes Rentier Nástegallu tot auf. Den Verlust verkraftet sie nur schwer, da sie aus Furcht mit niemandem über dessen Mörder reden kann. Glaubwürdig schildert Ann-Helén Laestadius das Drama zu Beginn des Romans aus Sicht ihrer jungen Figuren. Neben der Perspektive von Elsa, aus deren Warte der Großteil der Ereignisse erzählt wird, umfasst diese aber etwa auch die Gedanken von Elsas großem Bruder Mattias. Dass Elsa noch so jung ist, ist dabei stets präsent, da die Sprache oft kindlich gehalten ist und Elsa viele Worte der erwachsenen Sprache nicht versteht. Abgesehen von Elsas ihrem Alter geschuldete, naive Sicht auf die Welt spielt Sprache von Beginn an eine zentrale Rolle in diesem Roman. Denn die Autorin lässt Elsa einige Worte der samischen Sprache erklären. So nennt Elsa ihre Großeltern etwa Áddjá (Großvater) und Áhkku (Großmutter). Abgerundet wird dies von einem Glossar, das sich am Ende findet und die in diesem Roman verwendete Begriffe der samischen Sprache erläutert.

    Das Buch ist keine leichte Kost, da die Autorin in realistischer Sprache und oft aus kindlicher Sicht die Ausgrenzung, die die Samen in der Vergangenheit erfahren mussten, aber auch in der Gegenwart noch zu erdulden haben, beschreibt. So wurden Elsas Großeltern gezwungen sesshaft zu werden, obgleich Elsa selbst zu jung ist, um die Bedeutung dieses Wortes wirklich zu verstehen. Elsas Großmutter musste die Nomadenschule besuchen und düstere Erinnerungen an diese Zeit verfolgen sie bis heute, wenn sie Elsa aus der Schule abholen muss. Elsas Mutter hingegen wurde von den Samen als Rivgu bezeichnet, da sie keine richtige Samin ist. Erst als Elsas Vater und sie geheiratet haben und Elsas Bruder geboren wurde, hat sich die Akzeptanz von Elsas Mutter verbessert.
    Im Hier und Jetzt leidet Elsa unter der Dunkelheit, in der das Haus ihrer Eltern nachts liegt, da die Laternen in diesem Teil des Dorfs abgeschaltet sind. Und als Elsas Vater den Tod des Rentiers bei der Polizei anzeigen will, wird er nicht ernst genommen. Die Polizei weigert sich zum Gehege des toten Rentiers zu kommen, um Spuren des Schneemobils vom Täter zu untersuchen. Und letztlich wird der Tod von Elsas Rentier nur als Diebstahl geahndet, obwohl das Kalb aus Grausamkeit ermordet wurde, um der Familie das Leben schwer zu machen.
    Auch wenn der Roman sich nicht in schönen Naturbeschreibungen ergeht, entwickelt dieser in seinem Verlauf dennoch einen fast meditativen Sog. So beschreibt die Autorin authentisch das ungewohnte Leben in absoluter Kälte, wenn es im Winter schon mal minus 20 Grad werden kann. Jede Pause, die auf dem Schulhof verbracht werden will, ist mit Mühen verbunden. Und jede zurückgelegte Strecke auf tief verschneiten Straßen bedeutet eine nicht zu unterschätzende Anstrengung. Dabei ist Elsa oft auf Skiern unterwegs bzw. mit ihrem Tretschlitten, als sie ihre Skier nach der Erfahrung mit ihrem toten Rentier nicht mehr sehen mag. In detaillierten Beschreibungen hat mir die Autorin dieses Leben, das so anders ist, näher gebracht. So sind etwa die Spiele von Elsa und ihrer Freundin Anna-Stina ungewohnt. Die beiden bauen gern Schneehöhlen und verbringen darin ihre Zeit, bis der Sauerstoff knapp wird. Aus Sicherheitsgründen müssen aber die Beine der Kinder immer draußen bleiben, damit diese schnell rausgezogen werden können, sofern die Höhle einstürzen sollte.

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  • 5 Sterne

    SalMar, 14.10.2022

    Als eBook bewertet

    Ganz besonderes, intensives Leseerlebnis im hohen Norden

    Elsa wächst im hohen Norden Schwedens im Schoß einer Sámi-Familie auf, die eine Rentierherde hält. Ihr Alltag ist von vielen Traditionen, aber auch Sorgen – insbesondere im Hinblick auf die Gefahren für die Rentiere durch Raubtiere und Wilderei – geprägt. Elsa erfährt dies im Alter von neun Jahren hautnah, als sie miterlebt, wie ein Wilderer ihr Rentierkalb tötet.
    Das Buch nimmt den Leser mit in eine andere Welt, in der Rentiere nicht nur einen Broterwerb, sondern einen Lebensinhalt darstellen, der das Leben der ganzen Familie bestimmt. Zunächst aus der Perspektive der 9jährigen Elsa und dann im Laufe der Jahre mit den Augen einer jungen Frau bekommt man einen sehr eindringlichen Einblick in das Leben dieser Sámi, der außerdem noch um weitere Perspektiven anderer Bewohner ergänzt wird.
    So fremd diese Welt auch scheint, die Erzählung ist sehr ergreifend und fesselnd, so dass man das Buch nur schwer beiseitelegen kann – auch wenn es nicht immer einfach ist, die Sorgen und Gefahren der Figuren mitzuerleben. Der unheimlich starken Protagonistin ist es zu verdanken, dass die Verzweiflung dabei nicht überhandnimmt.
    Für mich war die Geschichte um Elsa und ihre Familie ein ganz besonderes, intensives Leseerlebnis, beim dem ich viel über die Sámi gelernt habe, das mich aber auch emotional auf eine Reise mitgenommen hat, die ich so schnell nicht vergessen werde.

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