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  • 5 Sterne

    mabuerele, 22.07.2023

    Als Buch bewertet

    „...Es war ein wunderbarer Sonntag. Föhn hatte die Schleier des morgendlichen Nebels zerrissen, und Nechyba spürte an diesem 5. März zum ersten Mal, dass der Frühling nahte. Auf seinem
    Spaziergang atmete er mehrmals tief durch und empfand tiefe Zufriedenheit mit Gott und der Welt...“

    Wie immer war Nechyba auf den Weg ins Café Jelenik. Dort wartete nicht nur ein Kaffee, sondern auch die Zeitung auf ihn. Noch wusste er nicht, dass dieser 5. März 1933 dunkel in Erinnerung bleiben würde. Seit gestern war der österreichische Nationalrat beschlussunfähig. Außerdem waren diesem Tag Wahlen in Deutschland.
    Der Autor hat einen spannenden historische Roman geschrieben. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet, der Aufbau des Buches allerdings ungewöhnlich. Drei Personen stehen im Mittelpunkt. Das ist zu meine der pensionierte Ministerialrat Nechyba, zum anderen der Kellner Engelbert Novak im Café Jelenik und zum dritten der Hausmeister Rudolf Loibelsberger.
    Während ich erfahre, wie sich diese Personen verhalten, werden gekonnt Zeitungsausschnitte eingeflochten, die die politische Entwicklung in Deutschland und in Österreich wiedergeben. Dabei ist die Regierung in Österreich gerade dabei, sämtliche bürgerlichen Rechte abzubauen. Viele träumen von einem starken Mann, wie er in Deutschland gerade im Kommen ist. Gewalt auf der Straße bleibt nicht aus.
    Ab und an durchsetzt ein feiner Humor die Geschichte.

    „...Ein Wiener Ober, der sofort herbeieilte, wenn man ihn rief, hatte keine Berufsehre im Leib. Das konnte man Herrn Engelbert nicht nachsagen...“

    Noch getrauen sich auch manche Zeitungen in Deutschland unverblümt ihre Meinung zu schreiben.

    „...Deutschland ist nur noch ein geografischer Begriff. Aus den Reihen der zivilisierten Menschheit ist es gestrichen und nichts ist für dieses Land mehr übrig, solange es nicht die Herrschaft der Hitler und Göring abschüttelt, als Hass, Verachtung und Abscheu...“

    Lange allerdings würde es solche Zeitungsartikel nicht mehr geben. Die Gedanken des Nationalsozialismus und des Antisemitismus schwappen sehr schnell nach Österreich über. Im Parteienspektrum ändert sich einiges. Aus Gegner werden Parteigenossen.
    Engelbert hat Angst um seine Verlobte, die Jüdin ist. Zu viele Meldungen aus Deutschland, was mt jüdischen Frauen geschieht, die einen deutschen Freund haben, verunsichern ihn. Er will sie schützen und dringt er auf eine schnelle Heirat. Nechyba wird Trauzeuge.
    Der Zerfall der Familie Loibelsberger ist ein Synonym für den Zerfall des Staates. Der Vater fällt immer wieder durch seine Unbeherrschtheit auf. Trotzdem gibt es Szenen, in denen deutlich wird, dass er seinen kleinen Sohn Erich mag.
    Ein Personenregister und ein Glossar ergänzen das Buch. Außerdem gibt es Links zum virtuellen Zeitungslesesaal.
    Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt auf besondere Weise, wie Österreich sich Schritt für Schritt von der Demokratie entfernt hat. Die politischen Ereignisse haben tief in die Familien eingegriffen.

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  • 5 Sterne

    Adelheid S., 21.07.2023

    Als Buch bewertet

    Der pensionierte Ministerialrat und vormalige Oberinspector Josep Maria Nechyba ist 1933 zunehmend beunruhigt, als zuerst das Parlament ausgeschalten wird und Dollfuß autoritär zu regieren beginnt. Zudem wird nur einen Tag später die NSDAP in Deutschland stärkste Partei. Der nationalsozialistische Terror kommt auch nach Österreich.

    Das Cover ist wieder perfekt gelungen. Es zeigt die Pallas Athene von Gustav Klimt, die auch vor dem österreichischen Parlament zu sehen ist. Damit passt es perfekt zum Buch, aber auch zu den bisherigen Bänden um Nechyba.

    Nechyba, der kaffeetrinkende, zeitungslesende, teilweise mürrische Mann, der gerne politisiert, kocht und ißt, ist mir ja schon als Oberinspector ans Herz gewachsen. Und jetzt noch mehr, da er jetzt Rapid-Fan ist.

    Der Schreibstil des Autors ist ausgezeichnet - die Charaktere als auch die Orte werden hier perfekt beschrieben, sodass man sich ein Bild von Wien um das Jahr 1933 vorstellen kann. Dazu gehört natürlich auch eine sehr gute Recherche dazu.

    Ansonsten ermittelte Nechyba ja immer (außer in einem Kochbuch); hier ist er allerdings schon in Pension und hat damit keinen Fall zu bearbeiten. Und trotzdem folgt man Nechyba seinen gewohnten Gang, der aber in diesem Buch nur um die politische Lage 1933/1934 geht.

    Das Buch beginnt mit einem Namensregister von allen realen Personen und einigen Kurzinfos.

    Das Buch wird aus Sicht von 4 Personen erzählt, wovon 3 davon ihre Sicht der Politik von sich geben, während sie Zeitung lesen - vornehmlich die Arbeiterzeitung und die Kronen-Zeitung.

    So bekommt man Zeitungsartikel zu lesen, die am Ende des Buches auch durch QR-Codes original in der Zeitung nachgelesen werden können.
    Vor den QR-Codes und als Fußnoten am Seitenende sind österreichische Wörter ins hochdeutsche übersetzt, sodass man das Buch auch als Leser aus Deutschland gut lesen kann. Für mich als Österreicher war es allerdings nicht notwendig.

    Dazu verstecken sich im Buch auch einige leckere Rezepte und es gibt natürlich auch das eine oder andere Schicksal - unter anderem auch von Verwandten des Autors.

    So wird reale Geschichte mit Fiktion vermixt und das ganze auf Zeitungsartikeln aufgebaut. Wie das gemacht wird, ist einfach genial.

    Schade nur, dass dies wohl der letzte Band um Nechyba bleiben wird.

    Fazit: Geschichte in eine Geschichte verpackt. 5 von 5 Sternen

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  • 5 Sterne

    Martin S., 01.09.2023

    Als Buch bewertet

    Österreich am Scheideweg

    Joseph Maria Nechyba blickt auf seine lange und erfolgreiche Zeit als Oberinspector und Ministerialrat zurück und genießt seinen wohlverdienten Ruhestand. Das Land Österreich befindet sich allerdings im Umbruch und die Politischen Bestrebungen im Land beunruhigen den eigentlich sehr entspannten Nechyba. Die Nazis gewinnen immer mehr die Oberhand und gerade der Einfluss aus dem benachbarten Deutschland ist nicht zu übersehen. Die täglichen Nachrichten, die Nechyba den Zeitungen entnimmt, sind stets düster und mit zunehmender Zeit hält die Zensur immer mehr Einzug. Willkürliche Gesetze werden beschlossen, und das Leben in Österreich ist für viele Bürger nicht mehr sicher...

    Ich habe bereits einige Bände aus der Reihe um den gemütlichen und sehr gescheiten Oberinspector Nechyba gelesen und war jedes mal begeistert. Ich habe daher mit viel Vorfreude die Reise ins Jahr 1933 angetreten und der bildreiche, sowie der damaligen Zeit perfekt angepasste Schreibstil, führte mir die Geschehnisse wieder einmal lebendig vor Augen. Im Gegensatz zu den vorherigen Bänden, in denen jeweils ein Kriminalfall im Vordergrund stand, dürfen wir im neunten Band zwar "nur" Nechyba in seinem Ruhestandsdasein begleiten, aber der -Autor Gerhard Loibesberger versteht es perfekt, die spezielle Atmosphäre einzufangen und die historisch so unglaublich wichtige Zeit zu dokumentieren. Das Ganze wirkt hervorragend recherchiert und die häufig verwandte Mundart trägt zur hohen Authentizität des Erzähltem bei. Über die jeweiligen Zeitungsberichte wird die fesselnden Entwicklung, deren schrecklichen Auswüchse uns allen mehr als bekannt sind, hervorragend aufgearbeitet.

    Insgesamt handelt es sich bei "Zerrüttung" zwar um die Fortsetzung der historischen Krimi-Reihe, ohne aber irgendwie inhaltlich vergleichbar zu sein. Bei dem Buch handelt es sich aus meiner Sicht um eine wichtiges Stück Zeitgeschichte, welches auf eine raffinierte Art und Weise dem Leser nahe gebracht wird. Ich empfehle den Roman sehr gerne weiter und bewerte ihn mit den vollen fünf von fünf Sternen.

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  • 5 Sterne

    Siglinde H., 24.07.2023

    Als Buch bewertet

    1933 Österreichs Weg in die Dunkelheit
    Obwohl Oberinspector Nechyba in diesem Roman eine wichtige Rolle spielt, ist es kein Krimi. Dennoch halten mich die realen Ereignisse in Atem. Nechyba ist der aufmerksame Zeitungsleser und Beobachter der Veränderungen in seinem privaten Umfeld. Und ich als Leser erlebe den rasanten Umbau Österreichs in eine Kopie Nazideutschland durch ihn hautnah mit.

    Zudem schildert der Autor das Schicksal einzelner Personen aus Nechybas Bekanntenkreis exemplarisch und füllt die politischen Tatsachen und sozialen Verhältnisse mit Leben. Besonders berührt haben mich der kleine Erich und der Oberkellner aus dem Cafe Jellinek. Erich ist der kleine Sohn des Hausmeisters, der unter den unvorhersehbaren Wutausbrüchen des Vaters leidet. Der Oberkellner Nowak hat mit der Jüdin Dorli seinen sicheren Hafen gefunden und sieht nun seine Liebe bedroht.

    Was den Roman für mich besonders lesenswert macht, sind die authentischen wiedergegebenen Zeitungsartikel. Nechyba ist ein begeisterter Zeitungsleser und so über die aktuellen Entwicklungen gut informiert und somit auch ich. Erschreckend fand ich, dass man durch diese Berichte wissen konnte, was Faschismus bedeutet : Bücherverbrennungen, Zensur, Versammlungsverbote, politische Attentate, Todesstrafe .

    Gebrochen und desillusioniert durch die politischen Entwicklungen stirbt Nechyba im Sommer 34. Gut, dass er die weiteren Entwicklungen nicht mehr erleben musste.

    Für mich ist der Roman ein bewegendes und lebendiges Zeitdokument. Niemand soll sagen, er habe nichts gewusst.

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  • 5 Sterne

    Leseratte, 19.07.2023

    Als Buch bewertet

    Es ist soweit. Nechyba, der pensionierte Ministerialrat und vormalige Oberinspektor will seinen wohlverdienten Ruhestand genießen. Doch Gerhard Loibelsberger lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Es ist die Zeit der Machtübernahme der Nazis, die eine grauenvolle Zukunft erahnen lässt.

    Die Idee, Originalzitate aus den Jahren 1933 - 1936 zu verwenden und diese in Verbindung mit Nechybas jetzigen Pensionärsdasein zu bringen ist einzigartig umgesetzt. Man sitzt fast mit Nechyba im Café Jelinek mit am Tisch - kennt die Sprüche von Ober Engelbert und verfolgt so die brisanten Szenen in der Weltgeschichte. Parallel dazu erzählt Gerhard Loibelsberger von einer Familie und deren Zusammenbruch. Nach und nach erfährt man mehr und so erhalten alle Protagonisten ihr ganz persönliches Schicksal zugeschrieben. Beide Geschichte führt er in einem brillanten Schreibstil, mit viel Wiener Schmäh gekonnt zusammen. Harmlos und entspannend als Ausgleich dazu sind Nechybas appetitanregende Kochkünste und sein unbändiger Hunger auf Köstlichkeiten geschildert.

    Hilfreich sind die Fußnoten, das ausführliche Glossar (für alle "Nichtösterreicher") sowie das Personenregister.

    Fazit: Absolut lesenswert, weil gelungen, ehrlich und wahr geschrieben und basierend auf historischen Fakten. Klare Leseempfehlung von mir und 5 Sterne!

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  • 4 Sterne

    renate w., 14.08.2023

    Als Buch bewertet

    Auch wenn seine Frau Aurelia nicht mehr arbeiten müsste, genießt der pensionierte Ministerialrat und ehemaliger Oberinspector des k.k. Polizeiagenteninstituts Joseph Maria Nechyba seinen wohlverdienten Ruhestand am liebsten alleine in seinem Lieblingscafe Jelinek, wo er seine tägliche Arbeiter - Zeitung zu seiner Lektüre zählt. Bis zu dem Zeitpunkt als sich im Jahre 1933 die politische Entwicklung in Österreich in eine gefährliche Richtung entwickelt und auch dass Hitler in Deutschland an die Macht kommt lässt viele davor zittern, was noch auf sie zu kommen wird.
    In dem Roman ,,Zerrüttung“ lässt der Autor Gerhard Loibelsberger eine Zeit aufleben, die geprägt ist von Angst, Verzweiflung, Wut und Hoffnungslosigkeit.Textpassagen, die er mit originalen Zeitungsausschnitten eingefügt hat, lassen die ganze Geschichte noch intensiver erleben und man wird Zeuge, wie die Menschen damals immer mehr ihrer Rechte und Freiheiten beraubt wurden.
    Besonders an dem Roman ist auch, dass Protagonisten aus der Familie des Autors eine tragische Geschichte zu erzählen haben. Diese Szenen sind geprägt von Hilflosigkeit und Wutausbrüchen, wo besonders der kleine Erich zu leiden hat. Hier hat der Autor als Fußnote eine Übersetzung aus dem Wienerischen eingefügt. Da in dem Roman viele Dialoge im Dialekt gesprochen werden, gibt es auch noch am Ende ein Glossar mit den Wiener Ausdrücken.
    Wer sich für die Originalen Zeitungsausschnitte interessiert die in der Geschichte vorkommen, kann am Ende mit vielen QR Codes diese nachlesen.
    Es ist ein eher ,,ruhiger“ Roman wo man sich keine Action oder großartige Spannung erwarten darf. Es ist ein eintauchen in eine Zeit wo man miterleben kann, wie die erste Republik langsam, aber sicher unter zu gehen droht, sowohl von korrupten und skrupellosen Politikern innerhalb Österreichs, als auch von außen, mit der Machtübernahme Hitlers und deren Folgen.
    Man begleitet gemütlich Nechyba bei seinen täglichen Ausflügen ins Cafe wo man das Gefühl hat, dass hier die Zeit stehen geblieben ist und man das Flair von damals spüren kann. Wie gewohnt entführt er auch dieses Mal seine Leser in seine Küche, wo er das eine oder andere kulinarische Schmankerl zubereitet.
    Das Ende hat mehrere traurige und berührende Überraschungen parat, mit denen man sicherlich nicht gerechnet hätte.

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  • 3 Sterne

    Streiflicht, 17.08.2023

    Als Buch bewertet

    Hier ist der Name Programm

    Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut, weil es so spannend klang und ich den Ermittler bisher auch nicht kannte. Ich hatte auf Spannung gehofft – zu einer Zeit, die für Europa sehr verändernd war. Interessant fand ich hier den Blickwinkel aus Österreich auf Deutschland, denn so hatte ich die Zeit noch nie beschrieben gelesen.

    Leider war ich sehr schnell ernüchtert, weil der gute Herr Nechyba immer nur kocht, einkauft oder im Kaffeehaus sitzt und Zeitung liest. Bis Seite 100 hatte ich mir immer noch erhofft, dass etwas mehr passiert – dem war leider nicht so. Ich fand es immer noch gut, die Ereignisse in Deutschland aus Sicht der Österreicher und der verschiedenen österreichischen Zeitungen nachzuverfolgen, aber mir fehlte einfach die Handlung.

    Und dann ist auch das Umfeld einfach nur düster und traurig. Man könnte auch sagen, am Ende sind alle tot (stimmt natürlich nicht, aber so hab ich es empfunden). Ja, es ist scheinbar der Abschluss der Reihe und es ist eine schlimme Zeit, aber dennoch hatte ich mir mehr vorgestellt. Der Autor schreibt, dass das Buch auf wahren Tatsachen beruht, dennoch hätte ich mir mehr Hoffnung am Ende gewünscht. Leider bliebt mir auch die Figur des Nechyba – den auch seine Frau immer nur beim Nachnamen nennt, was ich sehr befremdlich fand – eher fern. Mich hat das Buch auch irgendwie zerrüttet. Was ich gut gelungen fand, ist, wie der Autor die Atmosphäre eingefangen hat. Man merkt, die es immer düsterer wird und wie die Menschen nach und nach die Hoffnung verlieren, wie Angst, Hass und Elend um sich greifen. Schade, dass mich das Buch nicht erreichen konnte.

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  • 5 Sterne

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    Ernst H., 30.07.2023

    Als Buch bewertet

    1933 – Schicksalsjahr für Österreich

    „Zerrüttung“ von Gerhard Loibelsberger ist, obwohl Joseph Maria Nechyba als einer der Protagonisten agiert, kein Kriminalroman, sondern ein auf Fakten basierender historischer Roman.

    Klappentext:
    Joseph Maria Nechyba genießt seinen wohlverdienten Ruhestand. Was den pensionierten Ministerialrat und vormaligen Oberinspector des k. k. Polizeiagenteninstituts aber zunehmend beunruhigt, ist die politische Entwicklung: Österreich wird unter Kanzler Dollfuß aufgrund des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes aus dem Jahr 1917 autoritär regiert. In Deutschland ist Hitler Reichskanzler. Der nationalsozialistische Terror setzt mit aller Macht ein und schwappt immer heftiger nach Österreich über. Hass, Intoleranz, Verleumdung und Unversöhnlichkeit sorgen für ein Klima der Zerrüttung.

    Das Cover zeigt, passend zur gesamten Nechyba-Reihe, Gustav Klimts Bild der Pallas Athene, jener Göttin, deren Statue groß und mächtig vor dem österreichischen Parlament steht, jenem Gebäude, wo die Regierenden im Jahr 1933 Entscheidungen trafen, die einen fatalen Stein ins Rollen brachten.

    „Zerrüttung“ ist zwar kein Nechyba-Krimi, schließt diese Reihe jedoch endgültig ab. Nechyba fungiert als einer der Protagonisten, doch ist es nicht von Belang, die Vorgängerbände gelesen zu haben. Soweit für die Verständlichkeit seines Charakters erforderlich, wird seine Vorgeschichte erwähnt. Nichtsdestotrotz würde ich die Krimis sehr empfehlen; sie bieten neben Spannung vor allem ein wunderbares Bild von Wien ab der Jahrhundertwende.

    Der 2023 erschienene und exzellent recherchierte Roman ist in einige mit Überschriften versehene, unterschiedlich lange Abschnitte unterteilt. Nicht nur die Liste der historischen Personen empfand ich als sehr hilfreich, sondern für Nicht-Österreicher einerseits das Glossar der Wiener Ausdrucke sowie die Übersetzungen in den Fußnoten. Für historisch sehr Interessierte ermöglichen die am Ende des Buches abgedruckten QR-Codes das Lesen der im Buch vorkommenden Zeitungsartikel im Original.

    Der Schreibstil ist flüssig und trotz der komplexen Thematik locker lesbar. Die mit vielen urwienerischen Ausdrücken sehr authentisch wirkenden Dialoge holen einen nicht nur gut in die Zeit, sondern machen die Personen lebendig und emotional. Die anschaulichen Beschreibungen meiner Heimatstadt, wo ich im Geiste so manche Strecke mit Nechyba mit spazierte, genoss ich ebenso wie Nechybas tiefsinnige Gedanken und diverse Stimmungsbilder. Nechybas Kochkünste lockern die doch recht erschütternde Thematik etwas auf, machten mich stets hungrig.

    Die Handlung erstreckt sich über eine Zeitspanne von rund einem Jahr und basiert auf den historischen Ereignissen insbesondere des Jahres 1933, dokumentiert durch Original-Zeitungsberichte. Ich muss zugeben, dass meine geschichtlichen Kenntnisse über diese Zeit sehr rudimentär sind. Etliche historische Persönlichkeiten waren mir bislang unbekannt, so manche Details und Zusammenhänge eröffneten sich mir erst durch die Lektüre. Die Art und Weise, wie der Autor die nüchternen Tatsachen verpackt und den Leser in diese Zeit hineinführt, macht den Reiz des Buches aus. Durch den Blick auf den ganz gewöhnlichen Alltag der Protagonisten werden die Auswirkungen der politischen Ereignisse auf das Volk augenscheinlich. Die Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich, da man auch in verschiedene Milieus blickt. Nechyba, der Oberkellner Novak und der Hausmeister Loibelsberger kennen einander persönlich, ihre Vorgeschichte, ihr Leben, ihr Schicksal differiert jedoch, ebenso wie ihre jeweilige Interpretation der Zeitungsartikel. Aber alle beobachten die politische Entwicklung mit Sorge.

    Die handelnden Personen, auch jene am Rande, sind gut vorstellbar beschrieben. Nicht nur der alternde, grantelnde Ministerialrat i.R. Nechyba, der erschüttert die Zeichen der Zeit als bedrohlich empfindet, seine religiöse, politisch etwas blauäugige Gattin Aurelia, die sich mehr um die wohlhabende Frau Schmerda kümmert als um ihren Ehemann, der böhmische Oberkellner Novak, der mit einer Jüdin verheiratet ist, und der cholerische Hausmeister Loibelsberger und dessen familiäre Krise. Wobei insbesondere letztere Figur nicht zufällig den Namen des Autors trägt, sondern einer seiner Großonkeln und tatsächlich Hausmeister in jenem Haus war. Dass der Autor einen Teil seiner eigenen Familiengeschichte mit in die Handlung verwoben hat, gibt dem Roman noch einen besonderen, sehr persönlichen Anstrich.

    Ob der in „Zerrüttung“ beschriebenen tragischen Ereignisse wirkt es vielleicht etwas eigenartig zu behaupten, es sei die Lektüre ein Lesegenuss gewesen. Doch in gewissem Sinne war es das. Mir wurden historische Fakten in einer Form präsentiert und bewusst gemacht, die dennoch eine Leichtigkeit in sich trug, in Person der Protagonisten, mit denen man mit lebt, mitfühlt.

    Dieses Buch sollte man unbedingt lesen!
    Selbstverständlich 5 Sterne.

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