Nix erledigt und trotzdem fertig mit der Welt: Bestsellerautor Tommy Jaud teilt Gute-Laune-Geschichten aus seinem (Ehe-)Alltag
Komm zu nix! Bestsellerautor Tommy Jaud und sein genial-komischer Kleinkrieg mit der Welt
Ein Interview von Kulturjournalistin Franziska Kurz
Was bringt Sie auf die Palme? Welchen Alltagsärger können Sie tagelang nicht vergessen? Den letzten nervigen Werbeanruf? Oder sind Sie vielleicht über die „zu verschenken“-Kiste auf dem Gehweg gestolpert? In seinem neuen Buch „Komm zu nix“ hat Comedy-Bestsellerautor Tommy Jaud genau solche Aufreger gesammelt und teilt sie in seiner unnachahmlichen Art, Lachflash-Garantie inklusive.
Aber schreibt Tommy Jaud nicht eigentlich Romane („Vollidiot“, „Resturlaub“…)? Genau das war das „Problem“: die Abgabe seines nächsten Buchs rückte immer näher, die Inspiration war nirgendwo zu finden, er wurde immer nervöser und verzettelte sich in alltäglichen Kleinkriegen mit der Welt. So entstand die Kurzgeschichtensammlung „Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig“.
Seit seinem ersten Megaerfolg "Vollidiot" (2004) gilt der gebürtige Franke Tommy Jaud als Garant für gute Laune. Neu erschienen ist jetzt seine Kurzgeschichtensammlung "Komm zu nix". Parallel tüftelt Jaud am Drehbuch für die Verfilmung seines Bestsellers "Hummeldumm". © Foto: Patrick Runte
Was ihm heute schon Blutdruck gemacht hat, was seine Frau damit zu tun hat und noch viel mehr zum Thema Alltagswahnsinn verrät Tommy Jaud im Interview
In deinem neuen Buch „Komm zu nix“ geht es um Alltägliches, das für höheren Blutdruck sorgt – was hat dich heute schon aufgeregt?
Tommy Jaud: Ganz ehrlich? Meine Frau! Als ich ihr beim Frühstück aufgeregt berichtete, dass unser Kohlendioxid-Warnmelder überraschend Testsieger bei Stiftung Warentest geworden war, blickte ich in leere Augen. Statt meine Begeisterung zu teilen, erzählte sie mir, dass die tolle Bluse, die sie sich schon kaufen wollte, nun um 10% herabgesetzt sei. Um sie zu ärgern, heuchelte ich übertriebenes Interesse und riet ihr zum sofortigen Kauf. Erst als ich einen Kuss für das großzügige Geschenk bekam, warf ich einen Blick auf unseren CO2-Messer. Der Wert war 1.789 ppm. Fachleute sagen, dass man ab 1.000 ppm nicht mehr klar denken kann.
...schaut mal, ich bin zwar freiberuflicher Autor und könnte eigentlich machen, was ich wollte... aber am Ende des Tages geht es mir auch nicht anders als Euch...
Wenn ich an Autoren für humorvolle Alltagsgeschichten denke, fällt mir als erstes Ephraim Kishon ein und sein Buch „…und die beste Ehefrau von allen“, bei dem ich mich sehr amüsiert habe. Gab es ein literarisches Vorbild für deine neuen Gute-Laune-Stories?
Tommy Jaud: Absolut. Ich liebe Ephraim Kishon und bin stolzer Besitzer seiner gesammelten Werke. Viele seiner Satiren entstanden, als ich selbst noch gar nicht lesen konnte. Da ich inzwischen sogar schreiben kann, fand ich es an der Zeit, einen neuen, witzigen Blick auf unser aller Alltagswahnsinn zu werfen mit dem Ziel meinen Lesern zu sagen: schaut mal, ich bin zwar freiberuflicher Autor und könnte eigentlich machen, was ich wollte... aber am Ende des Tages geht es mir auch nicht anders als Euch: am Abend bin ich fix und fertig und hab nix erledigt.
Du lieferst in „Komm zu nix“ viele Einblicke in euren gemeinsamen Alltag – sind die Geschichten eigentlich auch von deiner Frau freigegeben worden? Was ist eure Lieblingsepisode?
Tommy Jaud: Meine Frau hat die Geschichten nicht nur freigegeben, sie sind sogar mit ihr entstanden. Unvergesslich ist z.B., wie wir nach einem zweiwöchigen Detox-Aufenthalt in Thailand die halbe Flughafen-Lounge leergefuttert haben. Und dann gibt es noch meine Lieblingsgeschichte „Genussrechte“. Diese basiert auf dem kläglich gescheiterten Versuch, unseren Weinkonsum in der Fastenzeit einzuschränken. Nichts trinken fanden wir zu spießig und asketisch, also entwarfen wir optisch durchaus hochwertige Genussscheine im Wert eines Feierabend-Weins. Ich möchte das Ende nicht spoilern, aber Themen wie Kredite, Hyperinflation und Betrug spielten recht schnell eine Rolle.
Ich hab allerdings gelesen, dass es schon in der Antike Menschen gab, die an Burnout litten...
Was läuft eigentlich falsch, dass die meisten von uns immerzu gestresst sind vom Alltag und trotzdem das Gefühl haben, nichts zu schaffen?
Tommy Jaud: Wenn ich das wüsste, hätte es dieses Buch nicht gegeben. Ich kann nur vermuten, dass uns die neue Kleinteiligkeit des Alltags zu schaffen macht. Ich hab allerdings gelesen, dass es schon in der Antike Menschen gab, die an Burnout litten, weil sie sich über alles aufregten: den viel zu trockenen Sommer, die rücksichtslosen Kutscher und diese neue, woke Staatsform namens Demokratie. Was würde das nur für eine Welt werden, in der jeder noch so ungebildete Hufschmied bei allem mitentscheiden durfte?
Deine Bücher gelten als sichere Bank für Lachflashs beim Lesen. Wie groß ist der Druck für dich, immer noch lustiger zu sein als beim letzten Buch? Und über wessen Geschichten lachst du selber gern?
Tommy Jaud: Danke, aber ich muss hier leider korrigieren: es gibt keine sicheren Banken mehr. Außer natürlich die Sparkasse Koblenz, die macht einen sehr guten Eindruck. Druck habe ich bei „Komm zu nix“ überhaupt nicht verspürt, im Gegenteil: das humoristische Aufarbeiten meiner Unfähigkeit, Arbeit und Alltag zu gestalten, hat mir die Augen geöffnet und horrende Therapiekosten gespart.
Zurzeit lese ich übrigens den französischen Kinderbuchklassiker „Le Petit Nicolas“ im Original. Sehr, sehr lustig. Es ist natürlich recht einfaches und kindisches Französisch, aber auf unserer Reise durch die Provence habe ich mich mit diesem Wissen überall perfekt verständlich machen können. „Gib mir ein Eis oder ich fange an zu weinen!“ hat allerdings besser funktioniert als „Ich will keine Rechnung, ich will spielen!“
Franziska Kurz ist seit Juli 2020 Moderatorin bei #Weltbildliest. Seit 2015 bereichert sie mit ihrem Blog "franzi liest" die wunderbare Welt der Bücher und Buchfans. Als Literatur- und Kulturjournalistin ist sie regelmäßig zu Gast bei Radio und TV und schreibt für zahlreiche Frauen- und Lifestyle-Magazine. Das "Münchner Kindl" bezeichnet sich selbst als buch- und wortverliebt, als Taschensammlerin und Spasüchtige. Mehr von ihr auf www.franzi-liest.de.