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Franziska Kurz
Franziska Kurz
4.5Sterne
(2)

Fesselnde Vergangenheit

Neue historische Romane entführen uns in vergangene Zeiten

Foto klein: Kulturjournalistin/Moderatorin Franziska Kurz

Neues historisches Lesefutter vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert

Ein Beitrag von Kulturjournalistin/Moderatorin Franziska Kurz

Sie sind besser als jede Zeitmaschine: historische Romane, die uns eintauchen lassen in längst vergangene Zeiten. Ich habe 5 Neuerscheinungen für Sie gelesen, deren Geschichten vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert reichen.
Mit dabei: der neue Band der Waringham-Saga von Bestsellerautorin Rebecca Gablé – ein Must-Read für alle Fans der Reihe und für alle, die Mittelalterromane verschlingen. Denn der Band kann ganz unabhängig von den Vorgängern gelesen werden. Achtung Bridgerton-Fans: Viele Infos, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie mich so faszinieren, liefert ein Sachbuch zur Regency-Zeit (was trug man damals eigentlich unter der edlen Robe und noch viel mehr). Berührenden Lebensgeschichten spüren wir nach in Romanen, die im 20. Jahrhundert spielen – allen voran die Jahrhundert-Trilogie von Carmen Korn, die es neu als Weltbild-Ausgabe gibt.

Gehen Sie auch so gerne auf Zeitreise? Dann lassen Sie mich in den Kommentaren gerne wissen, was ihr liebstes historisches Buch ist.

Meine Zeitreise-Lesetipps für diesen Herbst:

Rebecca Gablé: Drachenbanner

Der lang erwartete siebte Teil der Waringham-Saga ist da! Wir erfahren alles über die Jahre zwischen 1238 und 1265 in England aus drei Perspektiven:
Einmmal aus der Perspektive des hohen Adels, wie der eigensinnigen und mutigen Prinzessin Eleanor, der Schwester von König Henry, und ihrem strategisch denkenden und schlachtenerprobten Gemahl Simon de Montfort.
Ihr zur Seite steht ihre liebste Hofdame Adela of Waringham aus dem Landadel, die wie Eleanor einen sehr viel stärkeren Charakter zur Schau stellt, als Frauen in dieser Zeit generell zugestanden wurde – ob adlig oder nicht.
Der Blick aus der dritten Sichtweise ist die der Bauern und Leibeigenen, die ohne Rechte völlig ihrem Herrn ausgeliefert sind. Alles gehört ihm: ihre Kinder, Kleider, Häuser und Felder. Viele wollen dagegen aufbegehren, einem davon sehen wir auf seinem Weg hinein in die Welt zu: Bedric Archer, einem Bogenbauer, dessen Weg von Rache und Liebe gleitet wird.
In England stellt sich in den 27 Jahren des neuen Waringham-Bandes eine ganz entscheidende Frage: wie wird die Herrschaft eines Königs legitimiert? Ist es Gottesgnadentum (das ist der Glaube, dass die Königswürde durch Geburtsrecht und Gottes Gnade vererbt wird und damit jedes Wort gegen den König ein Wort gegen den göttlichen Willen ist) und seine Alleinherrschaft damit wirklich gottgewollt und unumstößlich? Oder ist ein König einfach ein Mensch mit Fehlern und angewiesen auf Beratung?
Bevor wir hierauf eine Antwort erhalten, geht es um Liebe, Freundschaft, Verrat und es werden Schlachten geschlagen – ein monumentales Epos auf über 900 Seiten, ideal für den Herbst und Winter, am besten häppchenweise genossen. Vielleicht auch schon eine Weihnachtsgeschenkidee?
Falls Sie sich gefragt haben, woher der Titel kommt: ein Drachenbanner wird auf einer Schlacht von einem Heer vor sich hergetragen. Es bedeutet, dass der Feind keine Gnade zu erwarten hat, keine Gefangenen gemacht werden. Die Waringham-Saga kann unabhängig voneinander gelesen werden, aber sie baut aufeinander auf: Band 1 heißt „Das Lächeln der Fortuna“.

Carmen Korns Jahrhundert-Trilogie: Töchter einer neuen Zeit, Zeiten des Aufbruchs und Zeitenwende

4 Frauen, die im Hamburger Uhlenhorst zur Welt kommen, leben, lieben und arbeiten, begegnen uns in Carmen Korns Jahrhundert-Trilogie zwischen 1919 und 1999. Ida, die Tochter aus höherem Haus, Henny und Käthe, die Hebammen werden, und Lina, die Lehrerin mit Reformwunsch, wachsen uns ans Herz.
Ihnen sehen wir zu, wie ihr Alltag, ihr Leben vorüberziehen und neue Generationen heranwachsen, während der Erste und Zweite Weltkrieg und seine Folgen Hamburg und Deutschland verändern. Es folgen Wirtschaftswunder, Mauerbau und -fall, Angst vor der RAF und mehr.
Carmen Korn bettet deutsche Geschichte ein in Freundinnenleben von vier sehr verschiedenen Frauen: wir haben progressives Denken, liberale Wünsche, Zögern und Zaudern, Mut und Traurigkeit, immer wieder Liebe, aber auch Verlust – und über allem unverbrüchliche Freundschaft und Zusammenhalt.
Alles nebeneinander, alles nachvollziehbar – wir wandern mit Henny, Käthe, Lina und Ida durch 80 Jahre, sorgen uns um sie in Bombennächten und Flucht, freuen uns an Feiern und Liebe und leiden mit ihren Verlusten.
Mich hat diese Trilogie an eine Mischung aus den "Wunderfrauen" von Stephanie Schuster und in der Vielfalt der Figuren ein wenig an "Effingers" von Gabriele Tergit erinnert. Die 3 Bände sind nun im schönen Weltbild-Schuber verfügbar.

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Hanna Caspian: Schloss Liebenberg. Hinter dem hellen Schein

Im frühen 20. Jahrhundert wird vieles von Preußens Politik auf Schloss Liebenberg entschieden, von wo aus einer der besten Freunde des Kaisers über sein Fürstentum herrscht. Die Dienerschaft des Schlosses bekommt davon wenig mit, für sie zählt oft nur: wenig Schlaf, viel zu tun, kleinere Intrigen untereinander und manchmal die Hoffnung auf ein besseres Leben.
Als die junge Adelheid ihre Stelle als Stubenmädchen antritt, kann sie ihr Glück kaum fassen. Sie, die Tochter eines Tagelöhners, als Stubenmädchen mit eigener Kammer im Schloss! Und so macht sie sich daran, immer unsichtbar, sauber und höflich zu sein und viel zu lernen. Zunächst scheint ihr das auch zu gelingen, fast zu gut, denn sie zieht Neid auf sich. Währenddessen wird das Fürstenhaus gebeutelt von gelangweilten Komtessen, aufziehenden Skandalen und einem Zuviel an kaiserlichem Interesse. Hanna Caspian, die Schöpferin der Bestseller-Reihe rund um Gut Greifenau, hat mit "Hinter dem hellen Schein" einen neuen Serienauftakt vorgelegt, in dem die Bediensteten die Hauptrolle spielen. Alles, was wir über die Fürstenfamilie wissen, erfahren wir aus der Sicht von Stubenmädchen, Dienern, der Mamsell oder der Gouvernante, die die drei halbwüchsigen Komtessen beaufsichtigt. Das liest sich amüsant, vor allem, weil wir wissen, dass einfach weitergeredet wird, wenn Personal den Raum betritt - als hätten dieses weder Ohren, noch ein Hirn oder Gefühle.

Wer Downton Abbeys Szenen aus der unteren Etage geliebt hat, wird Schloss Liebenberg ins Herz schließen. Band 2, "Hinter dem falschen Glanz", erscheint übrigens am 1.2.2023.

Eva Grübl: Botschafterin des Friedens

1905 hat Bertha von Suttner den Friedensnobelpreis erhalten für ihr berühmtestes Werk "Die Waffen nieder!" und ihre andauernde Arbeit für den Frieden auf der Welt. Der neu erschienene Roman "Botschafterin des Friedens" zeichnet den Weg dieser einzigartigen Frau nach von ihren 30ern bis zu ihrem Tod. Es geht um ihre Herkunft, Liebe, finanzielle Sorgen, ihre Freundschaft mit Alfred Nobel, ihre Ehe mit dem jüngeren Arthur von Suttner – und Zeitgeschichte.
Denn Bertha von Suttners Antrieb für den Frieden beginnt mit dem Krieg, den sie selbst miterlebte. Durch Schilderungen von Müttern und Überlebenden, mit Trauma, Not und Angst erleben wir, wenn auch sanfter geschildert durch Eva Grübl, die Schrecken von Krieg und Schmerz mit. Wir sehen, wie aus Berthas junger Sorglosigkeit ernsthaftes Engagement und das Entdecken von schriftstellerischem Talent wird. So wird sie zu der Ikone der Friedensbewegung, als die wir sie heute kennen und zu der Frau, die von vielen verehrt wurde.

Wer etwas lernen möchte über die Begründerin des Pazifismus, aber dabei nicht nur trockene Fakten, sondern auch Lebens- und Liebesgeschichte lesen will, ist bei "Botschafterin des Friedens" genau richtig. Dieser autobiografische Roman unterhält, vermittelt Wissen und zeigt uns einmal mehr, dass Engagement für Großes und Wichtiges auch unter schweren Bedingungen entstehen kann.

Ian Mortimer: Im Rausch des Vergnügens. Eine Reise in das England von Jane Austen und Lord Byron

Haben Sie die Bridgerton-Reihe gelesen oder die bezaubernde Serie auf Netflix gesehen und sich danach gefragt, wie das Leben damals wirklich war? Oder sind Sie Fan von Jane Austen und sind schon eingetaucht in das Leben der englischen Ladies und Gentlemen der Recency-Zeit, möchten aber mehr wissen?
Dann folgen Sie Ian Mortimer auf eine Art Zeitreise ins England der Jahre 1789 bis 1830, wo all diese Bücher spielen. Er langweilt uns nicht mit Herrschafts- oder Schlachtenabfolgen, sondern erklärt uns ganz viel vom Alltag dieser Epoche: was Butter gekostet hat, wie Ehen zustande kamen, wie Duelle abgesprochen und ausgefochten wurden. Welche Tänze in Mode waren und wie man sich kleidete in welchem Stand und Beruf. Er gibt uns sehr interessante Einblicken in Sachen Regency-Unterwäsche, Benimmregeln und Berechnungen, was der Lebensunterhalt kostete.

Kurz und gut: Dieses Buch könnten wir uns unter den Arm klemmen, wenn wir einmal wie in der Edelstein-Trilogie von Kerstin Gier durch die Zeit fallen sollten. Wir wissen, was eine Zeitung kostete, wie die Lage bei den Ärmsten aussah, auf welchem Stand die Medizin oder Technik waren und wie die Rechtslage in Ehen war - alles, was man und frau im Falle einer Zeitreise wissen sollte...

Mortimers Zeitreise-Sachbücher sind auch über diesen Band hinaus zu empfehlen, ich habe zum Beispiel dank ihm schon tief ins Mittelalter hineingeschnuppert.

Franziska Kurz ist seit Juli 2020 Moderatorin bei #Weltbildliest. Seit 2015 bereichert sie mit ihrem Blog "franzi liest" die wunderbare Welt der Bücher und Buchfans. Als Literatur- und Kulturjournalistin ist sie regelmäßig zu Gast bei Radio und TV und schreibt für zahlreiche Frauen- und Lifestyle-Magazine. Das "Münchner Kindl" bezeichnet sich selbst als buch- und wortverliebt, als Taschensammlerin und Spasüchtige. Mehr von ihr auf www.franzi-liest.de.

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