Der Totenleser
Neue unglaubliche Fälle aus der Rechtsmedizin
Nahezu täglich hat Michael Tsokos es mit Toten zu tun, die auf spektakuläre Weise ums Leben gekommen sind und die Frage aufwerfen: War es Suizid, war es ein Unfall - oder war es sogar Mord? Der bekannte Rechtsmediziner schildert hier die...
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Produktinformationen zu „Der Totenleser “
Nahezu täglich hat Michael Tsokos es mit Toten zu tun, die auf spektakuläre Weise ums Leben gekommen sind und die Frage aufwerfen: War es Suizid, war es ein Unfall - oder war es sogar Mord? Der bekannte Rechtsmediziner schildert hier die unglaublichsten Fälle aus seiner eigenen Erfahrung.
Klappentext zu „Der Totenleser “
Nahezu täglich hat Michael Tsokos es mit Toten zu tun, die auf spektakuläre Weise ums Leben gekommen sind und die Frage aufwerfen: War es Suizid, war es ein Unfall ? oder war es Mord? In seinem zweiten Buch ist der bekannte Rechtsmediziner dem Tod erneut auf der Spur und schildert weitere unglaubliche Fälle aus eigener Erfahrung.Lese-Probe zu „Der Totenleser “
Der Totenleser von Michael TsokosRätselhafte Verfolger
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Es war Spätsommer, als im Binnenhafen einer norddeutschen Stadt die Leiche eines Mannes aus dem Wasser gezogen wurde. Ein Hafenarbeiter hatte der Polizei gemeldet, dass eine leblose Person ungefähr fünf Meter von der Hafenböschung entfernt im Wasser trieb. Als die Einsatzkräfte der Wasserschutzpolizei den Mann herausgezogen hatten, brachen sie noch vom Boot aus per Funk den eingeleiteten Notarzteinsatz ab. Hier wäre jegliche ärztliche Hilfe zu spät gekommen, denn schon ein erster oberflächlicher Blick zeigte, dass längst die Leichen - fäulnis eingesetzt hatte.
Die Beamten der Wasserschutzpolizei legten den Toten auf das Deck des Bootes. Er trug Jeans und eine per Reißverschluss geschlossene Windjacke, darunter ein T-Shirt. Der linke Fuß steckte lediglich in einer schwarzen Tennissocke, der rechte Fuß war nackt. Die Beamten machten sich daran, die völlig durch - nässte und verschmutzte Kleidung des Toten auf Ausweispapiere oder andere Identitätshinweise zu durch - suchen. In der Innentasche der Jacke wurden sie fündig: Neben ein paar völlig aufgeweichten Geldscheinen fand sich dort ein Personalausweis, ausgestellt auf den Namen Holger Wehnert, achtundzwanzig Jahre alt, wohnhaft in einer Kleinstadt nur wenige Kilometer von dem Binnenhafen entfernt. Das Alter von achtundzwanzig Jahren mochte zwar zu dem Toten passen, die Gesichtszüge der Wasserleiche aber waren aufgrund der fortgeschrittenen Leichenfäulnis nicht mehr zu erkennen. Damit schied ein Vergleich mit dem Foto auf dem Personalausweis aus. Die Beamten gaben die Personalien Wehnerts an die Einsatzzentrale weiter, damit von dort aus überprüft werden konnte, ob diese Person vielleicht bereits »polizeilich in Erscheinung getreten« war. Im Klartext: ob ihn jemand als vermisst gemeldet hatte oder Vorstrafen oder gar ein aktueller Haftbefehl gegen ihn vorlagen.
Als die Wasserschutzpolizisten den Toten nun genauer untersuchten, entdeckten sie schlitzförmige Stoffdefekte im Brustbereich des T-Shirts. Also schob einer der Beamten das T-Shirt des Mannes hoch: Der Mann hatte mehrere Stichverletzungen in der Brust. Damit war der Tote im Hafen ein Fall für die Mordkommission...
Zwei Stunden später wurde der Tote im Institut für Rechtsmedizin eingeliefert, wo bereits die zuständige Staatsanwältin und die zwei mit diesem Fall betrauten Beamten der diensthabenden Mordkommission anwesend waren sowie ein Fotograf der Spurensicherung. Bei Opfern von potentiellen Tötungsdelikten ist in der Regel ein Vertreter der Staatsanwaltschaft bei der Obduktion anwesend. Nach der Strafprozessordnung (StPO) liegt es zwar im persönlichen Ermessen des zuständigen Staatsanwalts (oder der Staatsanwältin), an einer Obduktion teilzunehmen, in Berlin ist dies jedoch immer der Fall, wenn der Verdacht auf ein Tötungsdelikt im Raum steht. Außerdem besucht er oder sie auch noch vorher den Tatort beziehungsweise Leichenfundort, um sich selbst ein Bild zu machen, statt sich auf Berichte und Fotos zu verlassen.
Auf jeden Fall sind bei der Obduktion die zuständigen Ermittler der Kriminalpolizei anwesend, weil der Informationsaustausch so deutlich einfacher ist. Beispiels - weise kann der Obduzent dem anwesenden Kommissar relevante Details gleich am Leichnam demonstrieren.
Bei der äußeren Leichenschau konnte ich vor allem präzisieren, was auch die Wasserschutzpolizisten schon gesehen hatten: Die vier leicht schräg gestellten, zwischen 1,2 und 1,8 Zentimeter langen Stoffdefekte in Jacke und T-Shirt korrespondierten wie zu erwarten mit vier Stichverletzungen in der Brust des Mannes. Da der Tote sich in dieser Bekleidung längere Zeit im Wasser befunden hatte, war es nicht weiter verwunderlich, dass die entsprechenden Kleidungsstücke keine Blutflecken aufwiesen. Der Stoff war jeweils glatt durchtrennt und nicht etwa an den Rändern gerissen, was für ein scharfes Messer als mutmaßliche Tatwaffe sprach. Ansonsten gab es keine Anzeichen für Schnitte oder Stiche, weder an der Oberbekleidung des Toten noch an seiner Jeans. An dem im Wasser ausgeblichenen schwarzen Kunstledergürtel hing eine Messergürteltasche aus Leder. Ein dazugehöriges Messer gab es nicht.
Während der Leichenschau erhielt einer der anwesenden Ermittler den Anruf eines Kollegen, der wichtige neue Informationen hatte:
Alfred Wehnert, der Vater von Holger Wehnert, hatte elf Tage zuvor bei der Polizei eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Dabei hatte er unter anderem erzählt, dass sich sein Sohn in den letzten Wochen vor seinem Verschwinden sehr eigenartig und völlig anders als sonst verhalten habe: Holger Wehnert rief seinen Vater in dieser Zeit einige Dutzend Male an, manchmal auch mitten in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden und behauptete immer wieder und »in wirren Sätzen«, dass verschiedene Personen ihn unablässig beobachten und verfolgen würden. Sein Vater hatte ihm anfangs geraten, zur Polizei zu gehen, doch das lehnte Holger Wehnert strikt ab. Seine Anrufe wurden von Mal zu Mal bizarrer, bis er irgendwann die Vermutung äußerte, bei seinen Verfolgern könnte es sich um Agenten eines ausländischen Geheimdienstes handeln, die ihn rekrutieren und im Falle seiner Weigerung ganz sicher töten wollten. Daraufhin riet sein Vater ihm dringend, einen Nervenarzt aufzusuchen. Kurz darauf rissen die befremdlichen Anrufe seines Sohnes so unvermittelt ab, wie sie begonnen hatten. Bevor Alfred Wehnert seinen Sohn schließlich bei der Polizei als vermisst meldete, hatte er noch drei Tage lang vergeblich versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Doch konnte er ihn weder telefonisch erreichen, noch traf er ihn in seiner Wohnung an. Auch in dem Tonstudio, in dem Holger Wehnert als Tontechniker arbeitete, wusste keiner der Kollegen etwas über seinen möglichen Verbleib - er war seit über einer Woche nicht mehr zur Arbeit erschienen. Das alles hörte sich einigermaßen undurchsichtig an, und weder die Ermittler noch ich wussten so recht, was wir von der Geschichte halten sollten.
Immerhin hatte der Vater bei der Vermisstenanzeige zwei wertvolle Hinweise gegeben, an denen wir überprüfen konnten, ob es sich tatsächlich um seinen Sohn handelte. Holger Wehnert besaß zwei auffällige körperliche Merkmale: einen in seine rechte Leistengegend tätowierten blauen Delphin und eine dritte Brustwarze unter seiner eigentlichen linken Brustwarze.
Es war Spätsommer, als im Binnenhafen einer norddeutschen Stadt die Leiche eines Mannes aus dem Wasser gezogen wurde. Ein Hafenarbeiter hatte der Polizei gemeldet, dass eine leblose Person ungefähr fünf Meter von der Hafenböschung entfernt im Wasser trieb. Als die Einsatzkräfte der Wasserschutzpolizei den Mann herausgezogen hatten, brachen sie noch vom Boot aus per Funk den eingeleiteten Notarzteinsatz ab. Hier wäre jegliche ärztliche Hilfe zu spät gekommen, denn schon ein erster oberflächlicher Blick zeigte, dass längst die Leichen - fäulnis eingesetzt hatte.
Die Beamten der Wasserschutzpolizei legten den Toten auf das Deck des Bootes. Er trug Jeans und eine per Reißverschluss geschlossene Windjacke, darunter ein T-Shirt. Der linke Fuß steckte lediglich in einer schwarzen Tennissocke, der rechte Fuß war nackt. Die Beamten machten sich daran, die völlig durch - nässte und verschmutzte Kleidung des Toten auf Ausweispapiere oder andere Identitätshinweise zu durch - suchen. In der Innentasche der Jacke wurden sie fündig: Neben ein paar völlig aufgeweichten Geldscheinen fand sich dort ein Personalausweis, ausgestellt auf den Namen Holger Wehnert, achtundzwanzig Jahre alt, wohnhaft in einer Kleinstadt nur wenige Kilometer von dem Binnenhafen entfernt. Das Alter von achtundzwanzig Jahren mochte zwar zu dem Toten passen, die Gesichtszüge der Wasserleiche aber waren aufgrund der fortgeschrittenen Leichenfäulnis nicht mehr zu erkennen. Damit schied ein Vergleich mit dem Foto auf dem Personalausweis aus. Die Beamten gaben die Personalien Wehnerts an die Einsatzzentrale weiter, damit von dort aus überprüft werden konnte, ob diese Person vielleicht bereits »polizeilich in Erscheinung getreten« war. Im Klartext: ob ihn jemand als vermisst gemeldet hatte oder Vorstrafen oder gar ein aktueller Haftbefehl gegen ihn vorlagen.
Als die Wasserschutzpolizisten den Toten nun genauer untersuchten, entdeckten sie schlitzförmige Stoffdefekte im Brustbereich des T-Shirts. Also schob einer der Beamten das T-Shirt des Mannes hoch: Der Mann hatte mehrere Stichverletzungen in der Brust. Damit war der Tote im Hafen ein Fall für die Mordkommission...
Zwei Stunden später wurde der Tote im Institut für Rechtsmedizin eingeliefert, wo bereits die zuständige Staatsanwältin und die zwei mit diesem Fall betrauten Beamten der diensthabenden Mordkommission anwesend waren sowie ein Fotograf der Spurensicherung. Bei Opfern von potentiellen Tötungsdelikten ist in der Regel ein Vertreter der Staatsanwaltschaft bei der Obduktion anwesend. Nach der Strafprozessordnung (StPO) liegt es zwar im persönlichen Ermessen des zuständigen Staatsanwalts (oder der Staatsanwältin), an einer Obduktion teilzunehmen, in Berlin ist dies jedoch immer der Fall, wenn der Verdacht auf ein Tötungsdelikt im Raum steht. Außerdem besucht er oder sie auch noch vorher den Tatort beziehungsweise Leichenfundort, um sich selbst ein Bild zu machen, statt sich auf Berichte und Fotos zu verlassen.
Auf jeden Fall sind bei der Obduktion die zuständigen Ermittler der Kriminalpolizei anwesend, weil der Informationsaustausch so deutlich einfacher ist. Beispiels - weise kann der Obduzent dem anwesenden Kommissar relevante Details gleich am Leichnam demonstrieren.
Bei der äußeren Leichenschau konnte ich vor allem präzisieren, was auch die Wasserschutzpolizisten schon gesehen hatten: Die vier leicht schräg gestellten, zwischen 1,2 und 1,8 Zentimeter langen Stoffdefekte in Jacke und T-Shirt korrespondierten wie zu erwarten mit vier Stichverletzungen in der Brust des Mannes. Da der Tote sich in dieser Bekleidung längere Zeit im Wasser befunden hatte, war es nicht weiter verwunderlich, dass die entsprechenden Kleidungsstücke keine Blutflecken aufwiesen. Der Stoff war jeweils glatt durchtrennt und nicht etwa an den Rändern gerissen, was für ein scharfes Messer als mutmaßliche Tatwaffe sprach. Ansonsten gab es keine Anzeichen für Schnitte oder Stiche, weder an der Oberbekleidung des Toten noch an seiner Jeans. An dem im Wasser ausgeblichenen schwarzen Kunstledergürtel hing eine Messergürteltasche aus Leder. Ein dazugehöriges Messer gab es nicht.
Während der Leichenschau erhielt einer der anwesenden Ermittler den Anruf eines Kollegen, der wichtige neue Informationen hatte:
Alfred Wehnert, der Vater von Holger Wehnert, hatte elf Tage zuvor bei der Polizei eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Dabei hatte er unter anderem erzählt, dass sich sein Sohn in den letzten Wochen vor seinem Verschwinden sehr eigenartig und völlig anders als sonst verhalten habe: Holger Wehnert rief seinen Vater in dieser Zeit einige Dutzend Male an, manchmal auch mitten in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden und behauptete immer wieder und »in wirren Sätzen«, dass verschiedene Personen ihn unablässig beobachten und verfolgen würden. Sein Vater hatte ihm anfangs geraten, zur Polizei zu gehen, doch das lehnte Holger Wehnert strikt ab. Seine Anrufe wurden von Mal zu Mal bizarrer, bis er irgendwann die Vermutung äußerte, bei seinen Verfolgern könnte es sich um Agenten eines ausländischen Geheimdienstes handeln, die ihn rekrutieren und im Falle seiner Weigerung ganz sicher töten wollten. Daraufhin riet sein Vater ihm dringend, einen Nervenarzt aufzusuchen. Kurz darauf rissen die befremdlichen Anrufe seines Sohnes so unvermittelt ab, wie sie begonnen hatten. Bevor Alfred Wehnert seinen Sohn schließlich bei der Polizei als vermisst meldete, hatte er noch drei Tage lang vergeblich versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Doch konnte er ihn weder telefonisch erreichen, noch traf er ihn in seiner Wohnung an. Auch in dem Tonstudio, in dem Holger Wehnert als Tontechniker arbeitete, wusste keiner der Kollegen etwas über seinen möglichen Verbleib - er war seit über einer Woche nicht mehr zur Arbeit erschienen. Das alles hörte sich einigermaßen undurchsichtig an, und weder die Ermittler noch ich wussten so recht, was wir von der Geschichte halten sollten.
Immerhin hatte der Vater bei der Vermisstenanzeige zwei wertvolle Hinweise gegeben, an denen wir überprüfen konnten, ob es sich tatsächlich um seinen Sohn handelte. Holger Wehnert besaß zwei auffällige körperliche Merkmale: einen in seine rechte Leistengegend tätowierten blauen Delphin und eine dritte Brustwarze unter seiner eigentlichen linken Brustwarze.
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Autoren-Porträt von Michael Tsokos
Tsokos, MichaelProf. Dr. Michael Tsokos, Jahrgang 1967, leitet das Institut für Rechtsmedizin der Charité und das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin. Als Mitglied der Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes war er an zahlreichen gerichtsmedizinischen Projekten im In- und Ausland beteiligt, u.a. 1998 in Bosnien. Für seinen Einsatz zur Identifizierung deutscher Tsunami-Opfer in Thailand erhielt er 2005 den Medienpreis Bambi.
Bibliographische Angaben
- Autor: Michael Tsokos
- 2010, 256 Seiten, Maße: 12 x 18,9 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548373429
- ISBN-13: 9783548373423
- Erscheinungsdatum: 09.09.2010
Rezension zu „Der Totenleser “
»Sein neues Buch ist ein Thriller, den das wahre Leben schrieb.« Berliner Kurier, 09.09.10 »Es klingt alles so unwahrscheinlich, unplausibel. Aber das Material ist echt. Das macht die Berichte so erschütternd, so entsetzlich.« Berliner Morgenpost, Lucas Wiegelmann, 15.10.10 »Präzise und in unaufgeregtem Duktus werden Fälle geschildert, die sensibleren Lesern kräftig auf den Magen schlagen.« dpa, Susanna Gilbert-Sättele, 08.11.10
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