Die Abkanzelung

Dies ist moderne deutsche Zeitkritik, jedoch keine ätzende Satire, teilweise sogar lyrische Dichtkunst, etwa in den Gedichten über Hamburgs Flusslandschaft und seine Naturschönheiten.
Alles ist gereimt und das macht den besonderen Reiz der Rhapsodie aus. Die Reime sind nicht aufdringlich. Die Aussage ist oft pointiert, zum Beispiel „Die alte Chefin zeigte Führungsschwäche, / die alten Leute zahlten dann die Zeche“ oder : „Der Burgemeister wurde Borgemeister.“ Das Rathaus wird anschaulich-knapp beschrieben (mit nicht zu überhörenden moralisierenden, melancholischen Untertönen), desgleichen das einfache Holzhaus des Autors, das er verkaufen musste.
Die Anfangszeilen über die Elbphilharmonie lauten bezeichnenderweise: „ Ein steiler Wellenberg mit spitzen Kronen / auf einem Speicher aus gebrannten Ziegeln – / das Bauwerk kostet Hunderte Millionen, / die sich im Nachtragshaushalt trübe spiegeln.“
Die gesamte Palette peinlicher Vorkommnisse in der deutschen Politik und in der Welt (wie in Syrien und in der Ukraine) zur Zeit des Klimawandels und der Coronakrise ist zusammen mit einfühlsamen Passagen über die Großstadt an der Elbe zu einer gelungenen Mischung geworden, in der unsere heutige Gesellschaft mit den Augen eines scharfen Beobachters nüchtern und verständnisvoll dargestellt wird, recht selbstbewusst, nicht ohne Humor und manchmal mit einer gehörigen Portion Ironie.

Sehr lesenswert!