Abschied (PDF)
Erzählung
»Alle glücklichen Familien gleichen einander. Nur die unglücklichen sind jeweils auf ihre eigene Weise unglücklich.« Mit diesem Satz beginnt Tolstois Roman »Anna Karenina«.
Sabine Peters Erzählung variiert gewissermaßen dieses Thema: Wir alle verlieren...
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Produktinformationen zu „Abschied (PDF)“
»Alle glücklichen Familien gleichen einander. Nur die unglücklichen sind jeweils auf ihre eigene Weise unglücklich.« Mit diesem Satz beginnt Tolstois Roman »Anna Karenina«.
Sabine Peters Erzählung variiert gewissermaßen dieses Thema: Wir alle verlieren eines Tages Vater und Mutter. Wir alle erleben diesen Abschied im Beziehungsgeflecht der Familie, aus der wir kommen. Aber den Schmerz des Verlusts erlebt jeder auf seine eigene Weise.
Sabine Peters erzählt das letzte Lebensjahr, Krankheit und Tod des sprachmächtig dominanten Vaters »Doktor Phil«. Seine Frau und die vier Töchter, von denen er immer nur als Eins, Zwei, Drei und Vier spricht, durchleben diese Zeit, mal näher, mal distanzierter. Immer aber ist es das gemeinsame Leben in der Familie, auf das der Blick fällt. Es sind die immergleichen quälenden Fragen, die allen Familienmitgliedern bis zum Überdruß bekannt sind. Und doch sind es diese Fragen, die noch am Lebensende gestellt werden.
Sabine Peters gelingt es in ihrer Erzählung, einer Familie Sprache zu geben. Überhaupt ist die Gefühlswelt dieser bürgerlichen Kleinfamilie eine Sprachwelt, die nach eigenen Regeln und Gewohnheiten funktioniert und die von der Autorin behutsam und genau nachgezeichnet wird.
Sabine Peters Erzählung variiert gewissermaßen dieses Thema: Wir alle verlieren eines Tages Vater und Mutter. Wir alle erleben diesen Abschied im Beziehungsgeflecht der Familie, aus der wir kommen. Aber den Schmerz des Verlusts erlebt jeder auf seine eigene Weise.
Sabine Peters erzählt das letzte Lebensjahr, Krankheit und Tod des sprachmächtig dominanten Vaters »Doktor Phil«. Seine Frau und die vier Töchter, von denen er immer nur als Eins, Zwei, Drei und Vier spricht, durchleben diese Zeit, mal näher, mal distanzierter. Immer aber ist es das gemeinsame Leben in der Familie, auf das der Blick fällt. Es sind die immergleichen quälenden Fragen, die allen Familienmitgliedern bis zum Überdruß bekannt sind. Und doch sind es diese Fragen, die noch am Lebensende gestellt werden.
Sabine Peters gelingt es in ihrer Erzählung, einer Familie Sprache zu geben. Überhaupt ist die Gefühlswelt dieser bürgerlichen Kleinfamilie eine Sprachwelt, die nach eigenen Regeln und Gewohnheiten funktioniert und die von der Autorin behutsam und genau nachgezeichnet wird.
Lese-Probe zu „Abschied (PDF)“
Abschied (S. 5) Und er heißt Doktor Phil und schreit Mama, Mama. Langer langer Flur, in der neuen Wohnung der Eltern, Marie und die Mutter stehen in dicken Mänteln im Eingang der Wohnung. Mama, Mamska.
Hohes Rufen von hinten, vom Ende des Flurs, die Tür am Ende des Flurs zum Bad ist weit offen. Die Mutter läuft dorthin. Im Laufen wirft sie ihren Mantel ab, den Marie auffängt. Marie schüttelt Schneeregentropfen von Mutters Mantel. Die Badezimmertür schließt sich hinter den Eltern.
Mutters Stimme, nicht schlimm, ist zu verstehen, diesmal nicht schlimm. Das Rauschen von Wasser. Es fließt aus einem der Hähne, fließt, fließt, du packst schon aus, hat die Mutter im Laufen der Tochter gesagt. Käse in den Kühlschrank.
Gemüse in den Korb auf dem Balkon. Den Stollen für Weihnachten? Wahrscheinlich auch auf den Balkon. Nicht vergessen, den eigenen Mantel auszuziehen, aufzuhängen. Marie zupft die beiden Mäntel auf ihren Bügeln zurecht. Sonst tut es die Mutter. Warten, Lauschen. Und jetzt ist es ja wieder gut und jetzt gehst du ins Wohnzimmer und erholst dich vom Schreck in der Morgenstunde und bald gibt es Mittagessen, Papilio. Der Vater wankt durch den Flur.
Er trägt ein blütenweißes Oberhemd, darüber eine weinrote Weste, Kaschmir, die Hosen haben Bügelfalten. Er trägt graue Socken, schwarze Schuhe. So ist mein Junge anständig. Properes Kerlchen. Die Mutter redete sonst manchmal so. Früher. Neuerdings, jetzt im Winter, spricht sie wenig.
Sie hat sich aufs Horchen verlegt. Mutters Ohren. Mutters Ohren sind Federn, sind Flügel, die Mutter ist ein Vogel, fliegt auf, fliegt hoch, um ihren Jungen zu finden, ihren Mann. Sie findet den Vater überall.
Es sind nicht mehr viele Punkte verblieben, zu denen die Mutter fliegt in diesem Winter, im Dezember 2001. Alle Punkte heißen Rheinstraße. In der Rheinstraße heißen die Punkte Wohnzimmer, Eßzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad.
Der Vater liegt im Wohnzimmer auf seinem Sofa. Seine Augen sind
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geschlossen. Die Mutter rührt in der Küche in einem Topf. Marie deckt den Tisch. Es hat sich ergeben, daß die Mutter bei Tisch das Wort übernimmt. Tischvorsitz.
Der Vater krümmt sich auf seinem Stuhl. Seine Nase hängt fast im Teller. Das Hemd ist blütenweiß. An seiner Nase hängt ein Tropfen. Es ist alles anders. Neben dir, das Taschentuch! Der Ausruf der Mutter fliegt über den Tisch. Der Vater fährt zusammen.
Er greift nach dem Tuch. Marie nimmt noch mal Salat. Salat ist naß, er rutscht leicht. Alle drei stochern im Essen. Die Mutter strengt sich an, sie sagt, in der Stadt vorhin.
Der verrückte Bäcker am Markt. Der hat gehört, sie wollen den Luisenplatz aufreißen. Die Busse sollen wieder am Luisenplatz die Haltestelle haben. Der Vater legt den Kopf in die rechte Schulter zurück und sieht zu ihr auf.
Er zwinkert ihr zu. Eher ist es ein Blinzeln. Als hätte er Mühe, alles richtig zu sehen. Ja, sagt die Mutter, die Stadtverwaltung, sie lächelt den Vater an und schüttelt den Kopf.
Bekloppte Fußgängerzone. Auch Marie macht mit. In ihrer Schulzeit sind die Busse alle abgefahren ab Luisenplatz, anfangs, und irgendwann, vielleicht zu Abiturzeiten, ist es geändert worden.
Verrückter Städtebau. Eben, sagt die Mutter, hüh, hott. Fußgängerzone, Busse, mal so, mal so. Die wissen auch nicht, was sie wollen. Mit dem Luisenplatz. Sie beugt sich über den Tisch, nimmt Vaters Gabel.
Der Vater macht den Mund auf. Zwei Gabeln Bohnen, das schaffst du. Die Mutter fragt die Tochter, ob sie auf dem Markt am Obststand vorhin die dicke Alte an Krücken gesehn hat. Frau Müller. Deren Tochter ging mit Maries Schwester zur Schule. Wie hieß die Müllertochter. Marie und die Mutter besinnen sich.
Kein Name will kommen. Egal. Marie zerdrückt die letzte Kartoffel in Soße. Soße ist naß. Die Müllertochter jedenfalls. Die bei dem Vater das Abitur gemacht hat, die Mutter lächelt den Vater an, die Müllertochter sitzt inzwischen in der FDP, schreibt Reden. Oder war es die CDU? Pressereferentin in Berlin. Noch eine Gabel, bittet die Mutter den Vater, dann kannst du dich hinlegen.
Der Vater krümmt sich auf seinem Stuhl. Seine Nase hängt fast im Teller. Das Hemd ist blütenweiß. An seiner Nase hängt ein Tropfen. Es ist alles anders. Neben dir, das Taschentuch! Der Ausruf der Mutter fliegt über den Tisch. Der Vater fährt zusammen.
Er greift nach dem Tuch. Marie nimmt noch mal Salat. Salat ist naß, er rutscht leicht. Alle drei stochern im Essen. Die Mutter strengt sich an, sie sagt, in der Stadt vorhin.
Der verrückte Bäcker am Markt. Der hat gehört, sie wollen den Luisenplatz aufreißen. Die Busse sollen wieder am Luisenplatz die Haltestelle haben. Der Vater legt den Kopf in die rechte Schulter zurück und sieht zu ihr auf.
Er zwinkert ihr zu. Eher ist es ein Blinzeln. Als hätte er Mühe, alles richtig zu sehen. Ja, sagt die Mutter, die Stadtverwaltung, sie lächelt den Vater an und schüttelt den Kopf.
Bekloppte Fußgängerzone. Auch Marie macht mit. In ihrer Schulzeit sind die Busse alle abgefahren ab Luisenplatz, anfangs, und irgendwann, vielleicht zu Abiturzeiten, ist es geändert worden.
Verrückter Städtebau. Eben, sagt die Mutter, hüh, hott. Fußgängerzone, Busse, mal so, mal so. Die wissen auch nicht, was sie wollen. Mit dem Luisenplatz. Sie beugt sich über den Tisch, nimmt Vaters Gabel.
Der Vater macht den Mund auf. Zwei Gabeln Bohnen, das schaffst du. Die Mutter fragt die Tochter, ob sie auf dem Markt am Obststand vorhin die dicke Alte an Krücken gesehn hat. Frau Müller. Deren Tochter ging mit Maries Schwester zur Schule. Wie hieß die Müllertochter. Marie und die Mutter besinnen sich.
Kein Name will kommen. Egal. Marie zerdrückt die letzte Kartoffel in Soße. Soße ist naß. Die Müllertochter jedenfalls. Die bei dem Vater das Abitur gemacht hat, die Mutter lächelt den Vater an, die Müllertochter sitzt inzwischen in der FDP, schreibt Reden. Oder war es die CDU? Pressereferentin in Berlin. Noch eine Gabel, bittet die Mutter den Vater, dann kannst du dich hinlegen.
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Autoren-Porträt von Sabine Peters
Sabine Peters, geboren 1961 in Neuwied, Studium der Literaturwissenschaft, Politologie und Philosophie in Hamburg; nach 1988 als freischaffende Autorin und Kritikerin im Rheiderland/Ostfriesland. 2005 erhielt sie den Evangelischen Buchpreis. Heute lebt Sabine Peters in Hamburg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sabine Peters
- 2013, 3. Auflage, 144 Seiten, Deutsch
- Verlag: Wallstein Verlag GmbH
- ISBN-10: 3835306898
- ISBN-13: 9783835306899
- Erscheinungsdatum: 16.08.2013
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eBook Informationen
- Dateiformat: PDF
- Größe: 0.82 MB
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Pressezitat
"In ihrer Stimme vereint Sabine Peters die unversöhnten Widersprüche zwischen Zärtlichkeit und Überdruss, Witz und Entsetzen, Verstehen und Ergeben."[Quelle: Dorothea Dieckmann, Die ZEIT 25.09.03]
"Der Eindruck, den diese Erzählung hinterläßt, übertrifft manchen umfangreichen Roman."
[Quelle: Christoph Haas, Süddeutsche Zeitung, 03.02.2004]
"eine Familiendekonstruktion und die Beschreibung eines mühevollen Ausbalancierens von widersprüchlichen Befindlichkeiten."
[Quelle: Ulrich Rüdenauer, Frankfurter Rundschau]
"von berührender Intensität."
[Quelle: Michael Braun, Basler Zeitung, 07.11.2003]
"Das Projekt vom Frieden mit dem Vater läßt Peters eindringlich und glaubhaft am festgefügten Verhaltens- und Aktionsspielraum zwischen den Generationen scheitern."
[Quelle: Silvie Horch, Listen, Die Zeitschrift für Bücher, Heft 69, 09/10 2003]
Dennis Scheck empfiehlt "Abschied" in seiner Fernsehsendung "Druckfrisch" (ARD) am 2.11.03 "Sabine Peters ist eine virtuose Erzählerin, vor allem, was Stimmungen und die Analyse von Familienkonstellationen betrifft."
[Quelle: cho, Büchertipps des Monats September 2003, Webseite www.chrismon.de/cservice/rezensionen/emfehlungen/empf_aktuell.html]
"Nicht anders, sondern genau so wie von Sabine Peters beschrieben, funktionieren Familien"
[Quelle: Thomas Schaefer, Badische Zeitung, 06.09.03]
"Vielleicht gehört es zu einem wirklichen "Abschied", (...), dem Sterben offen und ehrlich ins Gesicht zu schauen - und sei es in der Literatur."
[Quelle: Detlef Grumbach, Rundfunkmagazin "Bücherlese", SR2 KulturRadio]
"Das Besondere, das besonders Schöne an dieser Erzählung ist gerade die genau beobachtete traurige Wirklichkeit."
[Quelle: Zsuzsanna Gahse, Neue Luzerner Zeitung, 15.11.2003]
"mit atemloser Genauigkeit, mit stimmigen Bildern und ohne Tabus und Beschönigungen."
[Quelle: Hans Heinrich Obuch, Radio Bremen]
"ein Kaleidoskop der Gefühle"
[Quelle: Carola Ebeling, taz Hamburg, 01.12.2003]
"Sabine Peters
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schildert in ihrem Buch das Sterben des Vaters ohne falsche Verklärung, doch in geradezu lyrischer Sprache."
[Quelle: Sascha, Jenas führende Hochschulzeitung, 06.05.2004]
"Es gelingt der Autorin, den Zustand, in den man beim Tod der Eltern gerät, erzählbar zu machen."
[Quelle: Günther Niet, Ostfriesen Zeitung]
"Ein stiller, behutsam und genau erzählter Text, in dem wir immer wieder unseren eigenen Erfahrungen begegnen."
[Quelle: Der evangelische Buchberater, Nov. 2004]
[Quelle: Sascha, Jenas führende Hochschulzeitung, 06.05.2004]
"Es gelingt der Autorin, den Zustand, in den man beim Tod der Eltern gerät, erzählbar zu machen."
[Quelle: Günther Niet, Ostfriesen Zeitung]
"Ein stiller, behutsam und genau erzählter Text, in dem wir immer wieder unseren eigenen Erfahrungen begegnen."
[Quelle: Der evangelische Buchberater, Nov. 2004]
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