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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Heidi K., 20.10.2019 bei bewertet

    Inhalt und meine Meinung:
    Der schwarze Farmer Tucker Caliban streut an einem Nachmittag im Juni 1957 Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Die ganze schwarze Bevölkerung der fiktiven Kleinstadt Sutton im Nirgendwo der Südstaaten macht sich gemeinsam mit ihm auf den Weg. Die Weißen stellen Mutmaßungen um die Beweggründe der schwarzen Bevölkerung an und wissen nun nicht mehr, wie sie die Felder bestellen sollen. William Melvin Kelley beschreibt detailliert, nachdenklich und emphatisch die Beweggründe Kapitel für Kapitel, mal sarkastisch und mal mitfühlend. Der Roman hat mich bewegt und nach dem Lesen nachdenklich zurückgelassen. Unbedingt empfehlenswert.

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  • 4 Sterne

    Martin S., 02.09.2019 bei bewertet

    Wiederentdeckung

    Im Jahre 1957 hat es der Farbige Tucker Caliban mit seiner kleinen Familie zu einem eigenen Haus mit angrenzendem Ackerland gebracht. Dies ist in den Südstaaten zur damaligen Zeit schon eine Sonderstellung, so dass es zu großem Unverständnis führt, als Tucker eines Morgens seiner Felder mit Salz bestreut, die Tiere tötet und sein Haus niederbrennt. Im Zuge dessen verlässt er den kleinen Ort und löst damit eine Welle von Abwanderungen anderer Farbiger aus. Nach kurzer Zeit leben nur noch Weiße in dem Ort und alle fragen sich, wie es dazu kommen konnte...

    Der Hoffmann und Campe Verlag hat den bereits im Jahre 1962 geschriebenen und damals auch prämierten Roman neues Leben eingehaucht. Die Rassenproblematik ist ein Dauerthema in den USA und so ist es auch naheliegend diesen besonderen und etwas in der Versenkung verschwundenen Roman wieder ins Licht zu stellen. Der Autor William Melvin Kelley erzählt die Geschichte in einem ruhigen und manchmal schon poetischen Schreibstil, der der Geschichte eine Tiefe verleiht. Es erfordert beim Lesen schon die Aufmerksamkeit des Lesers und die eine oder andere Aussage darf auch gerne hinter-dacht werden. Es war für mich wirklich bemerkenswert, wie Kelley die unaufgeregten Geschichten seiner Protagonisten erzählt und mich dabei völlig in den Bann gezogen hat. Gerade die unterschied-lichen Perspektiven lassen das Erzählte sehr authentisch wirken und führt die damalige Welt, in der es gerade begann, das Wort "Nigger" von der Agenda zu streichen, sehr real vor Augen.

    "Ein anderer Takt" ist aus meiner Sicht ein wertvolles und wichtiges Buch sowohl zur damaligen aber leider auch noch in der aktuellen Zeit. Der Autor William Melvin Kelley begegnet dem Thema des Rassismus auf seine ganz eigne Art und Weise und zeigt auf, dass man manchmal etwas erst dann wertschätzen kann, wenn man es nicht mehr hat. Ich empfehle das Buch daher sehr gerne weiter und bewerte es mit guten vier von fünf Sternen.

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  • 4 Sterne

    Christine G., 04.09.2019 bei bewertet

    "Ein anderer Takt" von William Melvin Kelley ist eine Neuauflage seiner Romans aus dem Jahre 1962 mit dem Titel "A Different Drummer".

    In der Kleinstadt Sutton, die durchaus auch existiert haben könnte, spallten sich die Gemüter zwischen Schwarz und Weiß. Es wird so dahingenommen, da die Schwarzen zum Teil immer noch für die Weißen arbeiten, wie schon ihre versklavten Großeltern. Eines Tages aber verbrennt Tucker Caliban sein Hab und Gut und zieht mit seiner Familie in den Norden. Ihm fogen alle "Nigger" und hinterlassen ratlose Weiße. Wer soll jetzt die unbequemen Arbeiten erledigen?

    Mich hat dieses Buch sehr fastziniert, da es aus der Sicht der Weißen erzählt wird.
    Hier wird sehr verdeutlicht das Schwarze Menschen zur zweiten Klasse gehören. Was sich aus meiner Sicht gesehen, nie ändern wird.
    Kelly versteht es aus Sicht der verschiedenen Charaktere zu berichten, die den Leser in eine Welt eindringen lassen und in seinen Bann ziehen.
    Der schlichte Schreibstil entspricht der damaligen Zeit und man kann sich bildlich in die Südstaaten hinein versetzen.
    Allerdings muß ich leider sagen, nimmt das Vorwort einiges an Spannung raus und hätte besser an den Schluß gehört, wobei es mir aber sehr gut gefallen hat, das Leben des Autors kennen zu lernen.
    Eine klare Weiterempfehlung.

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  • 3 Sterne

    Dark Rose, 04.09.2019

    Ein wiederentdecktes Juwel der amerikanischen Literatur – wenn auch nicht konstant auf einem Level


    „Ein anderer Takt“ ist keineswegs eine Neuerscheinung im klassischen Sinne. Das Buch ist in den USA bereits 1962 erschienen, mitten in einer Zeit, in der sich die USA keineswegs durch ihren Umgang mit der farbigen Bevölkerung des Landes hervortaten. Im Gegenteil, genau diese Missstände der damaligen Zeit greift Kelley in seinem Debütroman auf und zeichnet eine kontrafaktische Geschichte, die zum Nachdenken anregt, vor allem da das Thema Rassismus und Diskriminierung heute wieder so aktuell ist, wie schon lange nicht mehr.

    Letztlich sorgte die Gewalt gegen die Bürgerrechtsaktivisten dafür, dass der aufstrebende Schriftsteller Kelley mit Frau und Kind das Land verließ.

    Dieser Roman, der erst vor kurzem wiederentdeckt wurde, erschien nun, 57 Jahre später auf Deutsch und ist leider in gewissem Sinne sehr aktuell.

    Das Buch beginnt mit einem Vorwort, in dem die Zusammenhänge erläutert werden. Wer war William Melvin Kelley? Welchen Hintergrund hatte er? Wie wurde sein Buch damals aufgenommen?



    1957, in einer fiktiven Stadt, in einem fiktiven Staat, zwischen Alabama und Mississippi, mitten in den Südstaaten der USA gelegen, verstreut der farbige FarmerTucker CalibanSalz auf seinen Feldern, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und verlässt den Staat gen Norden. Ihm folgen immer mehr und mehr Farbige, ein richtiger Exodus setzt ein und schließlich ist der Staat der einzige, in dem es keine farbigen Einwohner mehr gibt.

    Zunächst bekümmert dies die Weißen nicht sonderlich, immerhin wollten sie sie ja eh nicht in ihren Schulen, in ihren Läden und allgemein nicht in ihrem Staat. Der Gouverneur verkündet: „Es gibt keinen Grund zur Sorge. Wir haben sie nie gewollt, wir haben sie nie gebraucht, und wir werden sehr gut ohne sie zurechtkommen; der Süden wird sehr gut ohne sie zurechtkommen. Auch wenn unsere Bevölkerungszahl um ein Drittel verringert ist, werden wir prima zurechtkommen. Es sind noch immer genug gute Männer da.“ (William Melvin Kelley: Ein anderer Takt (Leseexemplar), S. 36.)

    Doch irgendwann wird den Weißen klar, dass nun niemand mehr da ist, der die Läden fegt oder die anderen Arbeiten macht, für die sich die nicht farbige Bevölkerung zu fein war. Was wird nun aus diesem Staat, ohne Farbige?



    Die Handlung ist beinahe ausschließlich aus der Sicht der Weißen Bevölkerung erzählt und springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her, je nachdem, welchem Charakter gerade gefolgt wird.

    Mich hat das Buch am Anfang total begeistert. Ich muss vorneweg schicken, dass ich eine große Schwäche für kontrafaktische Geschichten habe, also „was wäre, wenn“-Szenarien. Ich liebe es sie selbst im Kopf durchzuspielen aber noch mehr liebe ich es, sie zu lesen.

    Der Erzählstil ist sehr durchmischt. Er ist an jeden einzelnen Charakter angepasst. Man merkt teilweise gar nicht, wie die Seiten verfliegen. Teilweise zieht es sich aber auch sehr. Vor allem die Kapitel in der Vergangenheit haben sich für mich manchmal wie Kaugummi gezogen. Natürlich sind sie auch interessant und wichtig, immerhin sucht man ja nach Hinweisen auf das „Warum“. Aus heutiger Sicht fallen besonders bestimmte Sätze auf, in denen der unterschwellige Rassismus deutlich wird, die jeweiligen Protagonisten des Kapitels, sich dessen aber überhaupt nicht bewusst werden.

    An dieser Stelle muss ich auch dem Übersetzer, Dirk van Gunsteren, ein großes Kompliment aussprechen! Es war bestimmt nicht einfach, diese vielen Stile so rüberzubringen.



    Fazit: Dieses Buch ist ein unglaublich eindringliches Buch, dass einen vor allem am Schluss den Kopf schütteln lässt und für Gänsehaut sorgt.

    Ich fand es allerdings sehr schade, dass der Hauptfokus nicht auf der Zeit des Exodus oder kurz danach lag, sondern vorwiegend auf der Vorgeschichte aller Charaktere, die am Schluss anwesend sind. Was da passiert kann ich natürlich nicht verraten.

    Besonders die Kapitel über den Exodus und die Zeit kurz danach gefielen mir extrem gut. Wäre das restliche Buch auch so ausgerichtet gewesen, hätte es von mir ganz klare 5 Sterne bekommen. So hat es aber dazwischen sehr viele Längen. Die Kapitel sind wichtig, ganz klar, sonst versteht man die Charaktere und deren Handeln am Ende nicht, aber für mich haben sie sich gezogen wie Kaugummi.

    Von mir bekommt das Buch deswegen 3 Sterne.

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  • 4 Sterne

    brauchnix, 05.09.2019 bei bewertet

    Ein ungewöhnlicher Roman, denn er beschreibt eine Situation, die so nie stattgefunden hat ist aber kein SF oder Fantasy-Roman sondern einer, der das Zeitgeschehen nur in ein neues Gewand verpackt.

    Das Ganze spielt sich in der kleinen fiktiven Stadt Sutton im Süden der USA ab und beginnt im Juni 1957 als sämtliche schwarzen Mitbürger ihre Habseligkeiten packen, alles Haus und Gut vernichten und dann geschlossen die Stadt und den Staat verlassen. Ohne Angabe von Gründen, ohne dass man erkennt, warum sie dies tun und wer sie dazu veranlasst hat.

    Die Weißen beobachten diesen Exodus verwirrt, überrascht später verstört und erschrocken, denn nun droht alles in der kleinen Stadt zusammenzubrechen, denn die Schwarzen, haben die Stadt am Laufen gehalten und niemand weiß, was zu tun ist.

    Eine ungewöhnliche Geschichte erzählt aus der Sicht der zurückbleibenden Weißen. Ich musste fast schmunzeln über ihr Verhalten, ihre dümmliche Art dies alles abzutun und dann zu erkennen, dass sie jetzt erst merken, was sie an den schwarzen Mitbürgern hatten und was sie ihnen vorenthalten haben.

    Das Buch liest sich schnell und hinterlässt ein Gefühl, dass die Geschichte sich auch heute noch in vielen Städten der USA so ähnlich ereignen könnte. Also immer noch aktuell.

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  • 4 Sterne

    Annegret H., 02.11.2019 bei bewertet

    Zu Beginn habe ich die Sprache dieses ursprünglich 1962 erschienen Romans als etwas altbacken empfunden und habe eine Weile gebraucht, um mich einzulesen. Dann hat „Ein anderer Takt“ aber eine ziemliche Sogkraft entwickelt. Der schwarze Autor William Melvin Kelley wagt ein spannendes Gedankenexperiment: Wie reagieren die Weißen, wenn plötzlich alle Schwarzen einen fiktiven Bundesstaat im Süden der USA Richtung Norden verlassen? Dabei treten die Abgründe der Rassentrennung und des Rassismus anschaulich hervor, denn Kelley schreibt hauptsächlich aus der Perspektive der Weißen – sie beobachten den plötzlichen Aufbruch und versuchen ihn einzuordnen. Beeindruckend, dass es sich hier um Kelleys Debutroman handelt. Er hat trotz seines Alters leider nichts an Aktualität eingebüßt.
    Ein Vorwort einer Buchkritikerin und ein Nachwort der Tochter des Autors ordnen den relativ kurzen Roman sowie Kelleys gesamtes schriftstellerisches Schaffen ein.

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  • 4 Sterne

    Leserin, 06.11.2019 bei bewertet

    Der Roman "Ein anderer Takt" wurde wiederentdeckt. Er wurde bereits vor 60 Jahren veröffentlicht und hat an Aktualität nichts verloren. Er spielt in den USA in einem kleinen Ort in den Südstaaten. Der afroamerikanische Farmer vernichtet sein Hab und Gut und verläßt mit anderen Bewohnern seinen Heimatort weil er nicht mehr als Unterdrückter leben will. Zurück bleiben nur die Weißen, die rätseln warum es so gekommen ist.
    Der Schreibstil ist gut zu lesen, geht teilweise unter die Haut und der Roman regt stark zum Nachdenken an. Er kann an vielen Stellen auch in die heutige Zeit versetzt werden und ist teilweise aktueller denn je.
    Es ist kein leicht zu lesender Roman den man so nebenbei liest, sondern - zumindest bei mir - einer zum Nachdenken.

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  • 4 Sterne

    vielleser, 05.11.2019

    Der Roman "Ein anderer Takt" wurde wiederentdeckt. Er wurde bereits vor 60 Jahren veröffentlicht und hat an Aktualität nichts verloren. Er spielt in den USA in einem kleinen Ort in den Südstaaten. Der afroamerikanische Farmer vernichtet sein Hab und Gut und verläßt mit anderen Bewohnern seinen Heimatort weil er nicht mehr als Unterdrückter leben will. Zurück bleiben nur die Weißen, die rätseln warum es so gekommen ist.
    Der Schreibstil ist gut zu lesen, geht teilweise unter die Haut und der Roman regt stark zum Nachdenken an. Er kann an vielen Stellen auch in die heutige Zeit versetzt werden und ist teilweise aktueller denn je.
    Es ist kein leicht zu lesender Roman den man so nebenbei liest, sondern - zumindest bei mir - einer zum Nachdenken.

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  • 3 Sterne

    Kaffeeelse, 28.02.2021

    "Ein anderer Takt" ist ein Buch mit einer wunderbaren Idee! In einem fiktiven Bundesstaat der USA, der zwischen Alabama und Mississippi gelegen ist, wandern mit einem Mal alle Schwarzamerikaner aus und die restliche Bevölkerung ist verwirrt. Was für ein genialer Einfall!!! Thematisch ist das richtig klasse gemacht! Verdeutlicht es doch auch die Bedeutung dieser Bevölkerungsschicht in den Südstaaten. Dazu muss man überlegen, dass dieses Buch 1962 in den USA herauskam und 2019 nur leider "etwas" verspätet auf Deutsch erschien. Für mich war dieses Buch aber leider nicht vollkommen angenehm. Der Autor versucht seine Geschichte von verschiedenen Personen zu verschiedenen Zeiten erzählen zu lassen und zerreißt damit in meinen Augen den Erzählfluss. Obwohl die Verbindungen zu den anderen Personen/zu den anderen Kapiteln im Buch erzählt werden, wirkt das Ganze in meinen Augen nicht zusammenhängend, sondern auseinandergerissen und irgendwie auch nicht ausgefeilt und etwas unfertig. Dann wirkt das Geschriebene auch unglaublich kalt und ernüchternd, obwohl mich das Buch thematisch erreichen müsste/erreichen sollte. Nur bei einigen, wenigen Stellen/Kapiteln erspüre ich eine gewisse Nähe zu den Protagonisten und so etwas wie einen kleinen empathischen Hauch. Und als letzten negativen Punkt, der Autor verschenkt es sich auch noch einen gewissen Effekt zu beschreiben. Was passiert denn mit diesem Staat ohne seine schwarzamerikanischen Bewohner? Oder wäre das damals dann zu viel gewesen? Das hätte das Ganze noch viel heftiger werden lassen. Obwohl dieser letzte genannte Punkt gegenüber den vorigen Punkten nicht so ins Gewicht fällt. Dennoch hätte dieses Buch in meinen Augen überarbeitet werden müssen, denn die Idee des Buches ist genial und daraus hätte man einen richtigen Kracher zaubern können/zaubern müssen! Die Idee des Buches ist definitiv 5 satte Sterne wert. Die Umsetzung schraubt dieses Buch auf 3 Sterne herunter. Sehr schade!!!

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  • 3 Sterne

    Maria B., 08.09.2019

    Mühsame Befreiung

    Eine Gruppe von weissen Männern verfolgt perplex, wie die ehemaligen Sklaven ihrer Gemeinde Sutton und bald auch die der umliegenden Orte mit Koffern in den Zug steigen und das Südstaatenland verlassen. Zwar geben sich die Schwarzen nach wie vor unterwürfig, auch weil sie immer noch von oben herab behandelt werden, doch nun wollen sie nur noch selbstbestimmt leben. Die vertraute Welt scheint kopfzustehen, und niemand begreift, was da geschieht. Die grösste Sorge der Weissen lautet: Wie sollen wir jetzt ohne schwarze Arbeiter zurechtkommen?
    Aus der Sicht von verschiedenen Mitgliedern der Familien Leland und Willson wird teils dieser Exodus und teils die Vergangenheit kommentiert. Ausser der Erkenntnis, dass es den Schwarzen jetzt einfach reicht und sie für niemanden mehr arbeiten wollen, bleibt unklar, warum dieser radikale Exodus eigentlich stattfindet. Auch bei aufmerksamem Lesen sind die zeitlichen Abläufe für mich verworren geblieben. Der gegen Schluss geschilderte Gewaltakt erklärt zwar manches, fügt sich aber nicht so richtig in den Ablauf ein. Weitgehend bin ich im Nebel getappt. Mehr Klarheit schaffen David Willsons datierte Tagebuchaufzeichnungen ab 1931.
    Die Sprache ist salopp, sobald die Schwarzen zitiert werden. Anschaulich erzählt, fesselt die Geschichte den Leser bald, und die Geschichte liest sich flüssig. Lesestoff über das Thema "Schwarz sein in Amerikas Südstaaten" sollte unbedingt geschrieben und gelesen werden, und es gibt zum Glück einiges davon. Insgesamt bin ich aber eher enttäuscht, da ich von einer "literarischen Sensation" mehr erwartet habe. Tut mir leid.

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  • 3 Sterne

    Michael B., 08.11.2019

    Aktueller als einem lieb sein kann...
    William Melvin Kelley (1937-2017) hat sich in seinem 1962 erstmals erschienenen Buch einem leider wieder brandaktuellen Thema gewidmet: Dem Rassismus. Das Besondere: Kelley, selbst Farbiger, wählt die Perspektive der Weißen und siedelt die Handlung in den 'Südstaaten' an. Die Handlung ansich ist wenig spektakulär (siehe Klappentext), aber multiperspektivisch aufbereitet. Ein Kernthema ist der Verlust der Würde: "Wenn Tucker was verloren hat, aber gar nicht wusste, dass er es hatte, kann er doch nicht wissen, dass er es verloren hat. (...) Nur wenn man weiß, dass man was hat, kann man wissen, dass man es verloren hat..." Vielleicht einer der Schlüsselsätze: "Bis dahin kann ich nur sagen, mein Sohn wird nicht für Sie arbeiten. Er wird sein eigener Boss sein. Wir haben lange genug für Sie gearbeitet, Mister Willson. Sie haben versucht, uns zu befreien, aber wir wollten nicht gehen, und jetzt müssen wir uns selbst befreien." und: " Man hat nur eine einzige Chance: Wenn man kann und wenn man will. Wenn eins davon fehlt, braucht man's gar nicht erst zu versuchen:" Und am Ende steht die Rückeroberung der Würde und die Gewalt der Weißen.

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  • 5 Sterne

    1 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ruth L., 03.09.2019 bei bewertet

    Immer wieder werden längst vergessene Werke neu aufgelegt. So gilt es nun den Debütroman von William Melvin Kelley neu zu entdecken. 1962 unter dem Titel „ A Different Drummer“ erschienen, machte das Buch seinen jungen Autor schlagartig berühmt.
    Der Roman spielt in einem kleinen Dorf namens Sutton in einem fiktiven Staat im Süden Amerikas. Hierher kam vor über 100 Jahren mit einem Sklavenschiff ein hünenhafter Afrikaner mit einem kleinen Jungen auf dem Arm. Er kann fliehen, unternimmt Raubzüge und befreit andere Sklaven, bis er entdeckt und getötet wird. Sein kleiner Sohn ist der Urgroßvater von Tucker Caliban, dem Helden des Romans.
    Dieser geht im Juni 1957 auf sein Feld, streut Salz darauf, erschießt sein Vieh und verbrennt seine Farm. Danach verlässt er mit Frau und Kind den Ort und zieht nach Norden. Damit löst er einen Exodus aus. Alle Schwarzen verlassen in den nächsten Tagen ihr Heim und ziehen weg. Der Staat ist nun auf einmal ohne schwarze Bevölkerung.
    Es gibt unterschiedliche Reaktionen darauf, von Genugtuung ( „ Wir haben sie nie gewollt, wir haben sie nie gebraucht, und wir werden sehr gut ohne sie zurechtkommen,...“) aber auch Bedenken, wer in Zukunft die viele Arbeit tun wird („ Ich hab noch nie einen Weißen gesehen, der einen Laden ausfegt, immer nur Farbige.“)
    Kelley erzählt seine Geschichte einzig aus der Perspektive der Weißen. Das sind die Männer auf der Veranda, ein kleiner Junge, aber vor allem die Familie Willson. Bei ihnen lebte Tuckers Familie, anfangs als Sklaven, später als Bedienstete. Bis eines Tages Tucker aus dieser Rolle ausbricht und von ihnen ein Stück Land kauft. ( „..., mein Sohn wird nicht für Sie arbeiten. Er wird sein eigener Boss sein....jetzt müssen wir uns selbst befreien.“)
    Jede der erzählenden Figuren erinnert sich an seine Begegnungen mit Tucker und versucht hinter die Beweggründe für dessen Tun zu kommen. Diese unterschiedlichen Perspektiven werfen einen vielschichtigen Blick auf das Geschehen. Kelley zeigt dabei den alltäglichen Rassismus in seinen unterschiedlichen Prägungen. Auch liberale und aufgeschlossene Menschen sind nicht gefeit dagegen. Und am Ende eskaliert die Situation und der Pöbel zeigt nochmals sein hässliches Gesicht.
    Kelley erzählt ruhig und sachlich, mal poetisch. Er gibt jeder Figur seine eigene Stimme. Manches wird erst im Nachhinein verständlich.
    Dem Buch vorangestellt ist ein informativer Text über den Autor ( Leben, Werk und Bedeutung ) und am Ende erinnert sich die Tochter an ihren Vater.
    „Ein anderer Takt“ ist ein wichtiges, auch heute noch bzw. wieder aktuelles Buch, das sich zu lesen lohnt.

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  • 5 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Maike R., 17.09.2019 bei bewertet

    Tucker Caliban, ein junger schwarzer Mann aus der kleinen Stadt Sutton im Süden der USA, brennt seinen Hof nieder, tötet sein Vieh und kehrt mit seiner Familie dem Bundesstaat den Rücken. Ihm folgen innerhalb weniger Tage alle schwarzen Bewohner Suttons. Ratlos beobachten ihre weißen Nachbarn das Geschehen und machen sich ihre ganz eigenen Gedanken…

    Mit „Ein anderer Takt“ erscheint dieses Jahr eine Neuauflage von William Melvin Kelleys erstem Roman „A Different Drummer“, der seit seiner Erstveröffentlichung 1962 zunehmend in Vergessenheit geraten ist und dabei leider kaum an Relevanz verloren hat. Dem eigentlichen Roman vorangestellt ist ein kurzes Vorwort von Kathryn Schulz, das das Leben und vor allem das Gesamtwerk Kelleys beleuchtet und den entsprechenden Kontext für die Lektüre liefert.

    Mit Sutton schuf Kelley eine relativ durchschnittliche Südstaatenkleinstadt der 60er Jahre. Es existiert eine unausgesprochene Zwei-Klassen-Gesellschaft; die Nachfahren der Sklaven arbeiten zu einem großen Teil noch für dieselben Familien, denen ihre Vorfahren dienen mussten. Das Wort „Nigger“ ist in besseren gesellschaftlichen Kreisen zwar inzwischen verpönt, begegnet dem Leser aber doch alle Nase lang. Auffallend ist, dass die afroamerikanischen Bewohner Suttons mit ihrem „Auszug aus Ägypten“ zwar die Akteure der Geschichte darstellen – erzählt wird diese aber ausschließlich aus Sicht der weißen Bevölkerung, die damit auch die Deutungshoheit über die Ereignisse für sich beansprucht. Geschildert werden die einzelnen Kapitel aus Sicht unterschiedlicher Charaktere, so kommen außer der Familie Willson, für die die Calibans seit Generationen arbeiten, auch die einfachen Männer aus der Stadt zu Wort. Empathisch zeichnet Kelley jeden einzelnen seiner Charaktere. Besonders herausgestochen haben für mich jedoch die Kapitel aus Sicht des achtjährigen Mister Leland.

    William Melvin Kelley versteht es, den Leser mit seinem schlichten und doch poetischen Schreibstil zu fesseln. Des Öfteren musste ich beim Lesen eine kurze Pause einlegen, um mir einzelne Sätze noch einmal auf der Zunge zergehen zu lassen. Das Beeindruckendste an diesem Roman ist für mich jedoch die Differenziertheit, mit der Kelley den Rassismus in Sutton zeichnet, der sich während der Erzählung auf einer feinen Linie zwischen subtil und brutal bewegt, und den Leser so immer tiefer in das soziale Gefüge der damaligen Zeit zieht.

    Mich konnte der Autor in den letzten Tagen trotz engem Zeitplan definitiv fesseln. Aus dem Kopf gehen wird mir diese Geschichte nicht so bald. Absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    2 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 07.09.2019

    Juni 1957 in den amerikanischen Südstaaten. Seit Tagen schon beobachten die Einheimischen, dass sich die Schwarzen aufmachen und in Scharen die Stadt Sutton verlassen. Busse, Züge, alle Verkehrsmöglichkeiten sind überfüllt, die gesamte schwarze Bevölkerung ist mit ihrem Hab und Gut auf den Beinen. Die Weißen schauen zu, verwundert, belustigt. Das größte Gesprächsthema ist jedoch Tucker Caliban, der seinem Herrn wenige Monate zuvor ein Stück Land abgekauft hatte, auf das er nun Salz gestreut und das zugehörige Wohnhaus niedergebrannt hat. Was bringt die Menschen dazu, einfach aufzubrechen und wegzugehen? Und wie soll man das finden? Gut, dass sie endlich weg sind oder wird das doch unangenehme Folgen haben?

    William Melvin Kelley wuchs in der Bronx auf und studierte in New York und Harvard. Bis zu seinem Tod 2017 lehrte er an verschiedenen Colleges. Selbst hat er nur vier Romane und ein Band mit Kurzgeschichten veröffentlicht. „Ein anderer Takt“ hat er mit nur 24 Jahren bereits 1962 geschrieben – Mitten in der heißesten Phase der Rassendiskussion. Lange Jahre war der Text vergessen, die Journalistin Kathryn Schultz, die u.a. für den New Yorker schreibt, entdeckte das Buch zufällig und hat ihm so den Weg zurück ins öffentliche Bewusstsein geöffnet.

    In elf Kapiteln berichten die Einwohner der Kleinstadt von den merkwürdigen Vorgängen. Es ist keine gewalttätige Revolte, sondern ein stummer Protest. Im Zentrum steht die Familie Willson, Nachfahren des Konföderierten Generals Dewey Willson, der einst vehement für die Erhaltung der Sklaverei kämpfte. Ab den 1930er Jahren jedoch mehren sich neue Gedanken und die Kinder Dewey III und Dymphna wuchsen mit den Calibans schon eher wie Geschwister auf. Nur so war es auch möglich, dass Tucker Caliban Land erwerben kann, um sein eigener Herr zu werden.

    Neben dieser Selbstbefreiung und kritischen Haltung gegenüber der Rassentrennung jedoch – eher ungewöhnlich zu jener Zeit an jenem Ort – kommen auch die anderen Stimmen zu Wort, die vermutlich eher die Meinung der weißen Mehrheit repräsentieren dürften:

    „Wir haben sie nie gewollt, wir haben sie nie gebraucht, und wir werden sehr gut ohne sie zurechtkommen; der Süden wird sehr gut ohne sie zurechtkommen.“

    Endlich sind die Schwarzen weg, die ihr Land besetzen und ihnen die Arbeit wegnehmen und außerdem können sie dann auch keine Aufstände wie in den Nachbarstaaten anzetteln. Doch bald mehren sich auch die Bedenken, womöglich gibt es plötzlich zu viel Arbeit für zu wenig Arbeiter und wenn das Land nicht ordentlich bestellt werden kann, wird auch die Ernste notgedrungen schrumpfen und die Lebensmittel knapp werden. Die Stimmung schlägt um und verkehrt sich in Hass, offenbar wollen die einstigen Sklaven ihnen auch noch in ihrer Abwesenheit schaden. Ein Schuldiger muss her und dieser wird gefunden und zur Rechenschaft gezogen – auch wenn er unschuldig ist, aber solche Details sind unerheblich, wenn die Massen in Rage geraten.

    Wie einst Moses das Volk Israel aus der Sklaverei Ägyptens führte, befreit nun Caliban – in Anlehnung an Shakespeares Kannibale aus „Der Sturm“ – sein Volk. Es bedarf jedoch keiner Plagen, sondern schlicht der Erkenntnis, dass man die Ketten abstreifen kann und der nötige Mut, dies auch wirklich zu tun.

    Sollte Literatur die Kraft haben, die man ihr bisweilen zuschreibt, hat der Text das Potenzial nicht nur Augen zu öffnen, sondern Menschen den Mut zu schenken, aktiv zu werden und ihr Schicksal zu bestimmen. Bei der aktuellen politischen Lage in den USA, wäre dies mehr als wünschenswert, wenn sich Geschichte nicht rückwärts bewegen soll.

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  • 5 Sterne

    1 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseratte1310, 27.09.2019

    Der junge schwarze Farmer Tucker Caliban macht eines Tages im Jahr 1957 etwas Unerhörtes. Er streut Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh und brennt sein Haus nieder. Dann verlässt er mit Frau und Kind den kleinen Ort Sutton und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Im folgen die anderen Schwarzen des Ortes, dann die der umliegenden Orte. Fassungslos beobachten die weißen Bewohner von Sutton das Geschehen. Während sich manche freuen, sind andere erschüttert, denn wer soll nun die Arbeiten erledigen.
    Der Autor William Melvin Kelley erzählt diese Geschichte fast ausschließlich aus der Perspektive der weißen Bewohner. Seit eh und je hatte die weiße Bevölkerung Sklaven, die sie als ihren Besitz betrachteten. Sie als Menschen zu sehen, kam ihnen nicht in den Sinn, und schon gar nicht als Menschen mir Rechten. Warum dieser Exodus so plötzlich stattfand, bleibt unklar.
    Der Schreibstil ist glar und gut zu lesen. Allerdings erfordert das Lesen des Romans auch die volle Aufmerksamkeit. Auch die Charaktere sind gut und authentisch dargestellt.
    Der Rückblick am Anfang des Buches ist schon sehr erschütternd.
    Was aber hat die Schwarzen nun dazu bewogen, alles hinter sich zu lassen? Die Weißen spekulieren über die Gründe. Auch wenn sie glauben, dass sie verstanden haben, so wollen sie doch nicht begreifen, dass ihr Verhalten und ihre Sicht daran schuld sind. Sie benötigen die Schwarzen, damit ihre Felder bestellt werden können. Ihre Hilflosigkeit verwandelt sich in Wut.
    Die Sklaverei wurde zwar bereits 1865 in den Vereinigten Staaten durch einen Zusatzartikel zur Verfassung abgeschafft, aber erst 1868 erhielten sie die Bürgerrechte. Das war die eine Seite, doch die Realität war anders. Aber auch in den Staaten, wo man die Schwarzen nicht auf Plantagen benötigt wurden, wurden sie diskriminiert. Seither hat sich einiges geändert und dennoch hat sich viel zu wenig geändert. Man muss nur einmal die Berichte in den Medien verfolgen.
    Dieses Buch ist ein beeindruckendes Plädoyer gegen Rassismus und Diskriminierung.

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  • 5 Sterne

    1 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 30.11.2019

    Stell dir vor, es gibt einen Staat im Süden der USA, in dem es keinen einzigen Farbigen gibt. Denn an einem Tag im Juni 1957, da streut der schwarze Farmer Tucker Caliban Salz auf seine Felder, erschießt Pferd und Kuh, brennt das Haus nieder. Mit seinem Hab und Gut verlässt er Sutton und mit ihm geht die gesamte farbige Bevölkerung.
    Der Roman „Ein anderer Takt“ des afroamerikanischen Schriftstellers William Melvin Kelley (1937-2017) ist eine literarische Widerentdeckung, ein prägnantes Gleichnis für Gleichheit und Selbstbestimmung, ein „Was wäre wenn Spiel“, ein erzählerisches Kleinod. Die Handlung so wie der Ort, die Stadt Sutton ist Fiktion und doch damals wie heute immer noch relevant.
    Kelley schreibt aus vielen Perspektiven und interessanterweise immer aus der Sicht von Weißen. Es sind die Willsons, die im Mittelpunkt stehen, von Generation zu Generation immer wohlmeinender und respektvoller den Farbigen gegenüber. Hatte anfangs noch der „General“ den „Afrikaner“ besitzen, jagen, töten dürfen, kann Tucker Caliban, der Ururenkel des Sklaven, Land erwerben und bestellen.
    Prospero und Caliban sind zwei Figuren aus Shakespeares „Der Sturm“. Kultur und Wohlstand gegenüber der Natur, die es zu unterwerfen gilt. Prospero heißt hier Willson, und Caliban will sich befreien.
    »Man hat nur eine einzige Chance: wenn man kann und wenn man will. Wenn eins davon fehlt, braucht man’s gar nicht erst zu versuchen. ….Können und wollen – wenn eins von beiden fehlt, braucht man gar nicht erst drüber nachzudenken. Und wenn beides da ist und man’s vermasselt, kann man’s ein für alle Mal vergessen. Man kriegt nur eine einzige Chance, und das war’s dann.«
    William Melvin Kelley ist ein großartiger Beobachter und vielfältiger Erzähler. Die wild ungestüme Legende des „Afrikaners“ fesselt genauso, wie die naive Sicht eines achtjährigen Jungen, die leisen Töne junger Frauen. Spitzzüngig, schwarzhumorig und beängstigend zum Schluss.

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  • 4 Sterne

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miriam G., 09.10.2019

    Die erschreckende Vielfalt von Rassismus
    Die Südstaaten in den 60er Jahren: Ausgelöst durch das Verhalten Tucker Calibans – einem schwarzen Landbesitzer – macht sich innerhalb weniger Tage die gesamte afroamerikanische Bevölkerung auf, den Bundesstaat Richtung Norden zu verlassen. Zurück bleiben die Stadtbewohner, die nicht nur verwirrt, sondern im Laufe der Ereignisse auch immer wütender werden.
    Die Geschehnisse rund um Tucker werden dabei abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven – hauptsächlich der Weißen – erzählt. Es kommen sowohl seine Arbeitgeber Familie Willson, seine Frau, ein kleiner Junge aus der Nachbarschaft und viele weitere Personen zu Wort, die Tucker mehr oder weniger gut kannten. Dabei erfährt der Leser sehr viel über Tucker, ohne dass dieser selber zu Wort kommt. Dabei werden auch die – zum größten Teil sehr rassistischen – Gedanken der Bevölkerung deutlich. Lediglich junge, gebildete Personen, wie beispielsweise Dewey Willson, der Tucker bereits seit seiner Kindheit kennt, stechen heraus, obwohl auch sie nicht frei von rassistischen Denkmustern sind.
    Trotz dieser Vielschichtigkeit bleibt Tucker dem Leser bis zum Schluss mysteriös und rätselhaft. Zwar nähert sich der Roman der Frage an, warum er so gehandelt hat, jedoch bleiben einige Aspekte weiterhin ungeklärt – was mich jedoch nicht weiter gestört hat. Ein richtig hartes Stück ist das Ende des Romans, das mich schockiert zurückgelassen hat.
    William Melvin Kelley hat seinen Roman bereits vor über 50 Jahren veröffentlicht, dennoch denke ich, dass viele der Situationen und leider auch der Denkweisen leider noch höchstaktuell sind. Durch die unterschiedlichen Stimmen, mit denen Kelley seine Geschichte erzählt, wird deutlich, wie erschreckend vielfältig Rassismus ist – von offener und gewaltbereiter Abneigung bis hin zu leiser Akzeptanz. Ich denke, die Veröffentlichung dieses Romans ist vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Deutschland mit zunehmender Fremdenfeindlichkeit, genau richtig gewählt. Ich empfehle diesen Roman deswegen nicht nur denjenigen, die das Thema Rassismus in Amerika interessiert!
    Dass „Ein anderer Takt“ bereits in den 60er Jahren veröffentlicht wurde, merkt man der Sprache nicht an, was wahrscheinlich an der Übersetzung liegt. Hier fehlt mit deswegen etwas die Authentizität. Was mich (an der Übersetzung) ebenfalls etwas gestört hat: Auch bekannte amerikanische Lieder wurden leider ins Deutsche übertragen. Einen Pluspunkt gibt es für das detaillierte Vorwort, in dem man sehr viel über (den mit völlig unbekannten) Autor erfährt.

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    Heidi K., 20.10.2019

    Inhalt und meine Meinung:
    Der schwarze Farmer Tucker Caliban streut an einem Nachmittag im Juni 1957 Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Die ganze schwarze Bevölkerung der fiktiven Kleinstadt Sutton im Nirgendwo der Südstaaten macht sich gemeinsam mit ihm auf den Weg. Die Weißen stellen Mutmaßungen um die Beweggründe der schwarzen Bevölkerung an und wissen nun nicht mehr, wie sie die Felder bestellen sollen. William Melvin Kelley beschreibt detailliert, nachdenklich und emphatisch die Beweggründe Kapitel für Kapitel, mal sarkastisch und mal mitfühlend. Der Roman hat mich bewegt und nach dem Lesen nachdenklich zurückgelassen. Unbedingt empfehlenswert.

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    steffi k., 09.09.2019

    Starke Erkenntnis
    Die kleine Stadt Sutton im Nirgendwo der Südstaaten. An einem Nachmittag im Juni 1957 streut der schwarze Farmer Tucker Caliban Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Ihm folgt die gesamte schwarze Bevölkerung des Ortes.
    Fassungslos verfolgen die weißen Bewohner den Exodus. Was bringt Caliban dazu, Sutton von einem Tag auf den anderen zu verlassen? Wer wird jetzt die Felder bestellen? Wie sollen die Weißen reagieren?

    Kelleys wiederentdeckter Roman, er erschien bereits 1962 in New York, ist heute ebenso aktuell wie damals. Rassistische Gedanken prägen auch heute noch das Leben vieler Amerikaner, vor allem auf dem Lande und in den kleinen Städten des Südens. Michelle Obama hat das in ihren Buch „Becoming“ klar nachgewiesen.
    Das Cover schlicht schwarz/weiß, ist eindrucksvoll gewählt.
    Tucker , der vermeintliche Protagonist kommt selbst nicht zu Wort kommt, obwohl der Anstoß des Romans ist und den „Takt“ vorgibt. Nun ändert sich dieser Takt.
    Reflektiert wird dieser Taktwechsel durch den Perspektivwechsel , den Kelley verwendet. Aus der jeweiligen Perspektive verschiedener Weißer – ausschließlich Weißer !- beleuchtet er die Ereignisse – eine eindrucksvolle Idee . Ein schwarzer Schriftsteller betrachtet sachlich , aber manchmal auch mit leichtem Spott, die Reaktionen des weißen Amerikas.
    Der letzte Teil des Romans rundet den entstandenen Eindruck ab und macht brutal deutlich, welche rassistische Stimmung herrschte und auch heute noch herrscht.
    Aber in den Tagebucheintragungen davor (S.267f)erfahren wir eine starke Erkenntnis , die auch unser Leben bestimmen sollte :“Man hat nur eine einzige Chance: wenn man kann und wenn man will. Wenn eins davon fehlt, braucht man’s gar nicht erst zu versuchen. …“

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    buchverrückt, 20.09.2019

    Ein anderer Takt erzählt die Geschichte einer Kleinstadt, in der alle Schwarzen ihren Besitz zerstören und die Stadt gesammelt verlassen.
    Das Vorwort erläutert uns, was für ein Mensch William Kelley war. Man freut sich dadurch noch mehr auf das Buch und die spannende Geschichte.
    Die Arroganz mit der die anderen Bewohner behaupten, man bräuchte die Schwarzen sowieso nicht ist einfach unfassbar und macht richtig wütend. Während der gesamten Lektüre ist man sich der bestürzenden Aktualität des Themas bewusst.
    Die Sprache ist sehr derb und rassistisch, man zuckt beim Lesen zusammen, weil man solche Begriffe nicht lesen möchte. Dennoch taucht man dadurch tief in die damalige Situation ein und es wird nichts beschönigt. Das Buch hat mich ab der ersten Seite gefangen genommen.
    Die Geschichte wird aus Sicht der Weißen erzählt, sie sind unbedarft und naiv und wissen gar nicht wie ihnen geschieht. Das ist natürlich keine Entschuldigung für ihr unmögliches, abstoßendes Verhalten. Ausgerechnet in diesem naiven Umfeld hat der kleine 8-Jährige, der von allen nur Mister Leland genannt wird, hat eine tolle Beobachtungsgabe, dadurch wird das Geschehen für den Lese sehr greifbar und authentisch. Besonders schlimm war es für mich zu erleben, wie die Kinder der Stadt am Anfang noch vorurteilsfrei sind und alle Menschen gleich behandeln, aber dennoch durch die Erwachsenen so vertraut mit alltäglicher Diskriminierung sind. Man ist bestürzt, wütend, traurig und fühlt sich hilflos.
    Der Schreibstil Kelleys ist geprägt durch seine Intelligenz. Die Sätze sind kurz, aber sie machen nachdenklich und sind so tiefgründig, dass sie noch lange nachwirken.
    Dieses Buch sollte jeder mindestens einmal gelesen haben. Es ist so wertvoll, dass es nie in Vergessenheit geraten darf. Zum Glück gibt es auch hier den ein oder anderen, der sich gegen Rassismus wehrt, aber das kompensiert leider nicht die Dummheit der Masse.
    Ein berührendes, aktuelles Buch, das mich sehr berührt hat.

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