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  • 4 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 16.10.2019

    Feinsinnige Analyse
    Kelleys Roman „Ein anderer Takt“ erscheint mit einem Vorwort von Kathryn Schulz und klingt mit einem Statement von Jessica Kelley über ihren Vater aus. Beide stellen uns den recht unbekannten William Melvin Kelley und seinen Werdegang vor, beschreiben seine Schreibkunst und analysieren die Hintergründe für das In-Vergessenheit-Geraten seines Werkes. Das Wiederentdecken dieses Autors stellt für mich eine echte Bereicherung dar.

    Zunächst war es für mich etwas befremdlich, stets und ständig von Negern oder noch schlimmer Niggern zu lesen, weil dieser Sprachgebrauch im hier und jetzt doch sehr anstößig wirkt. Wenn man sich jedoch bewusst macht, dass „Ein anderer Takt“ im Amerika von 1962 erschienen ist, würden durch die Anpassung der Sprache historische Tatsachen beschönigt, verwässert, ganz und gar verändert werden. Der Sinn und die Aussagekraft des Romans würden verloren gehen.

    Kelley beschäftigt sich in seinem Roman mit den Herausforderungen der beginnenden Aufhebung der Rassentrennung, mit denen sich sowohl Weiße und Schwarze auseinandersetzen müssen. Er entwirft dafür eine Utopie, wonach beginnend mit dem schwarzen Farmer Tucker Caliban die gesamte Farbige Bevölkerung eines fiktiven Bundesstaats diesen in Richtung Norden verlässt und damit den ansässigen Weißen Landbesitzern die Arbeitskräfte entzieht. Die Schwarzen nutzen die Chance auf ein von Weißen emanzipiertes Leben, wie es in Tuckers Statement von S. 267 ganz besonders deutlich wird: „Man hat nur eine einzige Chance: wenn man kann und wenn man will. Wenn eins davon fehlt, braucht man‘s gar nicht erst zu versuchen.“ Ziemlich hilflos bleiben die Weißen zurück. Wer soll ihre Felder bestellen? Wer die Pacht, von der sie leben, bezahlen?

    Mit unterschwellig anhaltendem Spott betrachtet Kelley die wenig gebildeten Weißen, die einem stumpfsinnigen Alltag auf der Veranda eines Ladens frönen. Sie richten ihre Ansichten und sogar ihren gesamten Tagesablauf an einem alten Rollstuhlfahrer aus, so als würden sie dem „Ältesten“ ihrer Art überall hin folgen. Einer echten wertschöpfenden Tätigkeit geht fast niemand nach. Auf mich wirken die Weißen im Boreout gefangen. In diesem Mikrokosmos der Veranda schafft es Kelley, die feinen Unterschiede in der Haltung gegenüber Schwarzen zwischen den einzelnen weißen Charakteren herauszuarbeiten. Er lässt durch bewusste Lücken dem Leser Raum zum Weiterdenken und für eigene Interpretation.

    Wohlwissend, dass Kelley zur Veröffentlichung erst Mitte Zwanzig war, möchte ich seiner Feinsinnigkeit verbunden mit der klugen Pointierung höchsten Respekt zollen. Sein Gespür für die Menschen, ihre Haltung und der daraus resultierenden Gefahr, die bis heute aktuell ist, hat mir gefallen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    forti, 04.09.2019 bei bewertet

    William Melvin Kelleys Debüt versetzt den Leser in die Südstaaten der USA Ende der 1950'er Jahre. Wie auf ein geheimes Signal hin, verlassen alle Schwarzen den unbenannten Bundesstaat. Die weiße Bevölkerung bleibt ratlos zurück, sucht Erklärungen, weiß nicht, ob und wie sie reagieren soll. Es ist klar, dass dieser Exodus einen Wendepunkt bedeutet.

    Dabei schreibt der afro-amerikanische Autor ausschließlich aus der Sicht der weißen Bevölkerung, was ein interessanter Schachzug ist – nicht nur, weil die genauen Umstände des massenhaften Aufbruchs mysteriös bleiben. Der tief verwurzelte Rassismus und der Glaube an die Legitimität einer weißen Vorherrschaft wird gerade durch diese Erzählform in verschiedenen Facetten beschrieben und es wird deutlich, dass sich diese Ansichten durch alle Bevölkerungsschichten ziehen. Das ist erschreckend, auch wenn bis zum Schluss die Hoffnung bleibt, dass sich an diesem System doch noch etwas ändern kann.

    William Melvin Kelleys im Original bereits 1962 veröffentlichtes Debüt erscheint in Deutschland zu einem Zeitpunkt, in dem der Rassismus nicht nur in den USA wieder auf dem Vormarsch ist. Ein wichtiges, erschreckendes und mahnendes Buch.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 04.09.2019 bei bewertet

    Hier hat der Verlag eine gute Arbeit abgeliefert, denn die Buchausgabe ist hervorragend aufgemacht, mit eindrucksvollem Cover, kenntnisreichen Vorwort über das Werk des fast vergessenen Autors sowie ein Nachwort von der Tochter des Autors. Das ist eindrucksvoll, dafür hat mich der eigentliche Text lange Zeit zunächst nicht sehr überzeugt. Aufgrund des Autorenportraits und des Entstehungszeitraums (1962) lag die Vermutung nahe, dass der Roman in die Nähe von James Baldwin reicht. Dem ist aber nicht so, die Stile beider Autoren sind sehr unterschiedlich und bei James Baldwin brannte der Funke deutlich mehr.
    Dennoch hat Ein anderer Takt (Originaltitel: A different drummer) einiges zu bieten. Das Buch hat eine außergewöhnliche Idee und ein paar stilistische Feinheiten. Am besten gefielen mir die Tagebucheintragungen im letzten Drittel des Romans, die den Zeitraum 1931 bis 1938 und sogar noch darüber hinaus abdecken und ein klares Bild der rassistischen Stimmung der Zeit zeigen. Auch die pessimistischen Schlußpassagen sind eindrucksvoll.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Langeweile, 04.09.2019 bei bewertet

    Als in einem fiktiven Ort in den Südstaaten ein Farbiger sein Vieh tötet ,seine Felder vernichtet, sein Haus zerstört und mit seiner Familie den Ort verlässt und die gesamte schwarze Bevölkerung ihm folgt,sind die anderen Anwohner fassungslos.
    Wer soll denn jetzt die Arbeit verrichten ,für welche sich die Weißen zu schade sind, ist nur eine der Fragen, die man sich stellt.
    Die Kluft zwischen Farbigen(Ich benutze ausdrücklich nicht das Wort Neger, obwohl es in diesem Buch mehrmals auftaucht),wird deutlich zum Ausdruck gebracht. Das Buch spielt in den 50 er Jahren, einige Relikte haben sich aber leider bis in die heutige Zeit erhalten.
    Ich musste mich zuerst in den etwas ungewöhnlichen Schreibstil hereinfinden,dann jedoch konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
    Es macht betroffen und regt zum Nachdenken an.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Beust, 10.09.2019 bei bewertet

    Was wäre, wenn eines Tages alle Schwarzen eines US-Bundesstaates ihre Koffer packen, einander an die Hand nehmen und aus Nimmerwiedersehen über die Grenze in den Rest der USA gingen? Diese Idee ist großartig, sie ermöglicht ein analytisches Gedankenspiel, das ich so noch nicht gesehen habe: Nimm doch einmal die Schwarzen geografisch aus einem rassistischen Südstaat heraus und guck, was übrig bleibt. Dass der Anblick des Restes nicht schön sein würde, kann man sich vorher denken, dass aber die Weißen mit ihren rassistischen, antimodernen und vordemokratischen Gedankenkernen so kümmerlich wirken, ist die literarische Leistung dieses Romans.

    Die erstaunliche Geschichte des Befreiungsschlags der Schwarzen beginnt mit einem unbeugsamen schwarzen Afrikaner, einem just in die Sklaverei geratenen Häuptling, der sich nicht unter das Joch der Baumwollfarmer des fiktiven Südstaates zwischen Alabama, Mississippi und Tennessee beugen ließ. Drei Generationen später pulsiert das „Blut des Afrikaners“ (S.39) noch immer stark in Tucker Caliban, Nachkomme des Afrikaners, dessen Familie seit der Ankunft in Amerika für dieselbe weiße Familie Willson arbeitet. Caliban? Kein Zufall - der Wilde aus Shakespeares „Sturm“ steht für das ungezügelt natürliche, für den Drang nach Freiheit, aber auch für die freiwillige Unterordnung unter die zivilisierende Kultur. Tucker entscheidet sich als Erster zum Aufbruch, und alle anderen im Land machen es ihm nach.

    Tucker betreibt den Aufbruch von allen auch am bedingungslosesten, er zerstört wie Hernán Cortés seine Schiffe und verunmöglicht die Rückkehr: Er verbrennt sein Haus, tötet das Vieh und salzt die Felder, auf dass sie unfruchtbar würden. Keiner, der nach dem Wegzug der Schwarzen hierher kommt, soll von den Früchten seiner Arbeit profitieren.

    „Wir werden sehr gut ohne sie zurecht kommen“, höhnen die Weißen auf der Veranda, als sie die Schwarzen ziehen sehen. Das darf getrost bezweifelt werden. Umgekehrt ist umso deutlicher: Die Schwarzen brauchen die Weißen nicht, erst recht nicht, um zu besseren Menschen zu werden, wie der „gute Weiße“ Dewey Willson III. es versucht. Im Gegenteil: „Die Tuckers werden aufstehen und sagen: Ich kann tun, was ich will, ich brauche nicht auf jemanden zu warten, der mir die Freiheit gibt – ich kann sie mir selbst nehmen. […] Ich kann tun, was ich will, und ich kann es selbst tun.“ (S. 198) Die Ablehnung gegenüber spirituellen Zauberkünstlern selbsternannter Befreiungskirchen spricht aus diesen Zeilen wie auch die Nähe zum Marxismus, die der schwarzen Befreiungsbewegung immer innewohnte: „Es kann die Befreiung der Arbeiter nur das Werk der Arbeiter sein“, dichtet Bertolt Brecht im „Einheitsfrontlied“.

    Es sind die klaren Gedanken hinter der Romanhandlung, die ihn so wertvoll und sein Wiederlesen zum Gewinn machen. Literarisch erscheint es mir kein großer Wurf zu sein, zahlreiche Weiße zu Wort kommen zu lassen, die ihre Erfahrungen mit Tucker Caliban und ihre Anschauung und Bewertung des großen Tages des Auszugs wiedergeben. Insbesondere Willsons Tagebuch taugt in Tonfall und Erzählweise nicht als Tagebuchtext.

    William Melvin Kelley ist ein bemerkenswerter Beitrag zur Lösung der Rassenfrage gelungen, dessen Stärke im Gedanken, nicht in der Erzählung liegt. Und das könne auch nur wenige Romane auf ihren Buchdeckel schreiben.

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  • 5 Sterne

    4 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Verena W., 04.09.2019

    Jeder kann seine Fesseln lösen

    "Warum zerstört Tucker sein Eigentum?" fragen sich die Einwohner von Sutton, einem fiktiven Ort in einem fiktiven Südstaatenland der USA, entgeistert. Der afroamerikanische Farmer Tucker Caliban, Abkömmling ehemaliger Sklaven, ruiniert eines Tages sein Ackerland, indem er eine Fuhre Salz „sät“, er erschießt sein Vieh, brennt sein Haus nieder und zieht mit seiner Familie und nur wenig Gepäck auf und davon. Der schwarze Teil der Bevölkerung Suttons scheint - nach dem ersten Erstaunen - Tuckers Beweggründe begriffen zu haben und folgt seinem Beispiel, so dass nach und nach zunächst die Stadt und dann der Bundesstaat seine farbigen Arbeitskräfte verliert.
    Eine direkte Antwort auf das "Warum" gibt der Autor in seinem Roman nicht. Er nähert sich der Rassenproblematik schrittweise, indem er sie aus den Perspektiven unterschiedlicher (allerdings nur weißer) Personen aus Tuckers Umgebung beleuchtet. Durch die differenzierten Gedanken und Erinnerungen der einzelnen erzählenden Charaktere erstellt Kelley nicht nur ein Porträt Tuckers, sondern setzt ihn und sein folgenreiches Handeln zugleich in den großen Kontext von Rassentrennung und Bürgerrechtsbewegung der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Sein schlicht gehaltener Schreibstil - verständlich für alle Leserschichten - passt sich dabei dem Ton der Bevölkerung an und lässt die Figuren authentisch erscheinen.
    Obwohl Tucker selbst gar nicht zu Wort kommt, ist er es, der den Rhythmus des Romans bestimmt; mit seinem für die Weißen unbegreiflichen Akt, der Vernichtung seiner bisherigen Lebensgrundlage, ändert er den Takt, nach dem das Leben in Sutton jahrzehntelang ablief, in einer Art gewaltlosem Widerstand.
    Kelleys Roman, bereits 1962 in New York erschienen, aber jetzt zum erstenmal ins Deutsche übersetzt, hat nicht an Aktualität eingebüßt - rassistisches Gedankengut wird wohl immer einen Nährboden haben. Umso wichtiger ist es, dass Autoren wie William Melvin Kelley Gehör verschafft wird!

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  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Maike R., 06.10.2019

    Tucker Caliban, ein junger schwarzer Mann aus der kleinen Stadt Sutton im Süden der USA, brennt seinen Hof nieder, tötet sein Vieh und kehrt mit seiner Familie dem Bundesstaat den Rücken. Ihm folgen innerhalb weniger Tage alle schwarzen Bewohner Suttons. Ratlos beobachten ihre weißen Nachbarn das Geschehen und machen sich ihre ganz eigenen Gedanken…

    Mit „Ein anderer Takt“ erscheint dieses Jahr eine Neuauflage von William Melvin Kelleys erstem Roman „A Different Drummer“, der seit seiner Erstveröffentlichung 1962 zunehmend in Vergessenheit geraten ist und dabei leider kaum an Relevanz verloren hat. Dem eigentlichen Roman vorangestellt ist ein kurzes Vorwort von Kathryn Schulz, das das Leben und vor allem das Gesamtwerk Kelleys beleuchtet und den entsprechenden Kontext für die Lektüre liefert.

    Mit Sutton schuf Kelley eine relativ durchschnittliche Südstaatenkleinstadt der 60er Jahre. Es existiert eine unausgesprochene Zwei-Klassen-Gesellschaft; die Nachfahren der Sklaven arbeiten zu einem großen Teil noch für dieselben Familien, denen ihre Vorfahren dienen mussten. Das Wort „Nigger“ ist in besseren gesellschaftlichen Kreisen zwar inzwischen verpönt, begegnet dem Leser aber doch alle Nase lang. Auffallend ist, dass die afroamerikanischen Bewohner Suttons mit ihrem „Auszug aus Ägypten“ zwar die Akteure der Geschichte darstellen – erzählt wird diese aber ausschließlich aus Sicht der weißen Bevölkerung, die damit auch die Deutungshoheit über die Ereignisse für sich beansprucht. Geschildert werden die einzelnen Kapitel aus Sicht unterschiedlicher Charaktere, so kommen außer der Familie Willson, für die die Calibans seit Generationen arbeiten, auch die einfachen Männer aus der Stadt zu Wort. Empathisch zeichnet Kelley jeden einzelnen seiner Charaktere. Besonders herausgestochen haben für mich jedoch die Kapitel aus Sicht des achtjährigen Mister Leland.

    William Melvin Kelley versteht es, den Leser mit seinem schlichten und doch poetischen Schreibstil zu fesseln. Des Öfteren musste ich beim Lesen eine kurze Pause einlegen, um mir einzelne Sätze noch einmal auf der Zunge zergehen zu lassen. Das Beeindruckendste an diesem Roman ist für mich jedoch die Differenziertheit, mit der Kelley den Rassismus in Sutton zeichnet, der sich während der Erzählung auf einer feinen Linie zwischen subtil und brutal bewegt, und den Leser so immer tiefer in das soziale Gefüge der damaligen Zeit zieht.

    Mich konnte der Autor in den letzten Tagen trotz engem Zeitplan definitiv fesseln. Aus dem Kopf gehen wird mir diese Geschichte nicht so bald. Absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miloliest, 25.09.2019

    Mich haben schon das Vorwort und die Einführung mitgerissen und begeistert. William Melvin Kelley studierte in Harvard, brach das Studium jedoch im letzten Semester ab, denn er erkannte, dass das Schreiben allein seine Passion war. Selbst als sich nach den beiden ersten Büchern der Erfolg in dem Maße nicht mehr einstellte, schrieb er weiter. Wie schade, dass der Autor die Neuauflage von "Ein anderer Takt" nicht mehr erlebt hat, denn er starb 2017 in Harlem.

    Ein anderer Takt, dieser Begriff ist einem Zitat entnommen und bedeutet, dass jeder seinen eigene innen Rhythmus in sich trägt, welcher von den anderen respektiert werden sollte.

    Diesem inneren Takt folgen die Protagonisten des Romans, in dem sie alles was sie besitzen zurücklassen, um diejenigen, welche ihren Takt bisher bestimmten, zurückzulassen.

    Ich war bewegt und schockiert von den zuweilen grotesken Ausführungen und Betitelungen in der Geschichte. Die schwarze Bevölkerung wird überzeichnet-brutal und unberechenbar dargestellt. Die weiße Bevölkerung als selbsternannte Obrigkeit der Gesellschaft. Die Afrikanisch stämmigen werden vom Autor aus der Perspektive der Weißen, nicht als Bürger sondern Eigentum und "die Anderen" gezeichnet. Die Szenen ziehen sich und fordern mich als Leser heraus, genau hinzusehen und auszuhalten.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge H., 01.09.2019 bei bewertet

    Rassismus der nicht endet
    Der Autor William Melvin Kelly Lebte von 1937 bis 2017. Sein Roman „Ein andere Takt“
    spielt um 1957. Er wird ungewöhnlich von dem dunkelhäutige Autor aus der Sicht der Weißen geschrieben. Ein Lob an der Hoffmann &Campe Verlag, das er dieses brillante Werk herausgegeben hat.
    Er ist ein Zeugnis der amerikanischen Minderheitenpolitik, die immer noch aktiv ist.

    Man erfährt, wie der Vorfahre des 1957 lebenden Tucker Calibans mit seinem Sohn als Sklave nach Sutton im Süden der USA eintrifft. Die Geschichte ist wie üblich grausam und brutal. Da wird schnell gemordet, es kommt auf ein Menschenlehnen nicht an.
    Als um 1962 die farbige Bevölkerung plötzlich aus dem Ort verschwinden sind die Weisen aufgebracht und suchen bis zum Ende Schuldige. Das Ende wird nicht direkt beschrieben aber doch angedeutet.
    Ein anderer Takt ist eine bewegendes Stück Zeitgeschichte, eine gute Literatur.

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    solveig, 04.09.2019 bei bewertet

    Jeder kann seine Fesseln lösen...

    "Warum zerstört Tucker sein Eigentum?" fragen sich die Einwohner von Sutton, einem fiktiven Ort in einem fiktiven Südstaatenland der USA, entgeistert. Der afroamerikanische Farmer Tucker Caliban, Abkömmling ehemaliger Sklaven, ruiniert eines Tages sein Ackerland, indem er eine Fuhre Salz „sät“, er erschießt sein Vieh, brennt sein Haus nieder und zieht mit seiner Familie und nur wenig Gepäck auf und davon. Der schwarze Teil der Bevölkerung Suttons scheint - nach dem ersten Erstaunen - Tuckers Beweggründe begriffen zu haben und folgt seinem Beispiel, so dass nach und nach zunächst die Stadt und dann der Bundesstaat seine farbigen Arbeitskräfte verliert.
    Eine direkte Antwort auf das "Warum" gibt der Autor in seinem Roman nicht. Er nähert sich der Rassenproblematik schrittweise, indem er sie aus den Perspektiven unterschiedlicher (allerdings nur weißer) Personen aus Tuckers Umgebung beleuchtet. Durch die differenzierten Gedanken und Erinnerungen der einzelnen erzählenden Charaktere erstellt Kelley nicht nur ein Porträt Tuckers, sondern setzt ihn und sein folgenreiches Handeln zugleich in den großen Kontext von Rassentrennung und Bürgerrechtsbewegung der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Sein schlicht gehaltener Schreibstil - verständlich für alle Leserschichten - passt sich dabei dem Ton der Bevölkerung an und lässt die Figuren authentisch erscheinen.
    Obwohl Tucker selbst gar nicht zu Wort kommt, ist er es, der den Rhythmus des Romans bestimmt; mit seinem für die Weißen unbegreiflichen Akt, der Vernichtung seiner bisherigen Lebensgrundlage, ändert er den Takt, nach dem das Leben in Sutton jahrzehntelang ablief, in einer Art gewaltlosem Widerstand.
    Kelleys Roman, bereits 1962 in New York erschienen, aber jetzt zum erstenmal ins Deutsche übersetzt, hat nicht an Aktualität eingebüßt - rassistisches Gedankengut wird wohl immer einen Nährboden haben. Umso wichtiger ist es, dass Autoren wie William Melvin Kelley Gehör verschafft wird!

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 16.10.2019 bei bewertet

    Feinsinnige Analyse
    Kelleys Roman „Ein anderer Takt“ erscheint mit einem Vorwort von Kathryn Schulz und klingt mit einem Statement von Jessica Kelley über ihren Vater aus. Beide stellen uns den recht unbekannten William Melvin Kelley und seinen Werdegang vor, beschreiben seine Schreibkunst und analysieren die Hintergründe für das In-Vergessenheit-Geraten seines Werkes. Das Wiederentdecken dieses Autors stellt für mich eine echte Bereicherung dar.

    Zunächst war es für mich etwas befremdlich, stets und ständig von Negern oder noch schlimmer Niggern zu lesen, weil dieser Sprachgebrauch im hier und jetzt doch sehr anstößig wirkt. Wenn man sich jedoch bewusst macht, dass „Ein anderer Takt“ im Amerika von 1962 erschienen ist, würden durch die Anpassung der Sprache historische Tatsachen beschönigt, verwässert, ganz und gar verändert werden. Der Sinn und die Aussagekraft des Romans würden verloren gehen.

    Kelley beschäftigt sich in seinem Roman mit den Herausforderungen der beginnenden Aufhebung der Rassentrennung, mit denen sich sowohl Weiße und Schwarze auseinandersetzen müssen. Er entwirft dafür eine Utopie, wonach beginnend mit dem schwarzen Farmer Tucker Caliban die gesamte Farbige Bevölkerung eines fiktiven Bundesstaats diesen in Richtung Norden verlässt und damit den ansässigen Weißen Landbesitzern die Arbeitskräfte entzieht. Die Schwarzen nutzen die Chance auf ein von Weißen emanzipiertes Leben, wie es in Tuckers Statement von S. 267 ganz besonders deutlich wird: „Man hat nur eine einzige Chance: wenn man kann und wenn man will. Wenn eins davon fehlt, braucht man‘s gar nicht erst zu versuchen.“ Ziemlich hilflos bleiben die Weißen zurück. Wer soll ihre Felder bestellen? Wer die Pacht, von der sie leben, bezahlen?

    Mit unterschwellig anhaltendem Spott betrachtet Kelley die wenig gebildeten Weißen, die einem stumpfsinnigen Alltag auf der Veranda eines Ladens frönen. Sie richten ihre Ansichten und sogar ihren gesamten Tagesablauf an einem alten Rollstuhlfahrer aus, so als würden sie dem „Ältesten“ ihrer Art überall hin folgen. Einer echten wertschöpfenden Tätigkeit geht fast niemand nach. Auf mich wirken die Weißen im Boreout gefangen. In diesem Mikrokosmos der Veranda schafft es Kelley, die feinen Unterschiede in der Haltung gegenüber Schwarzen zwischen den einzelnen weißen Charakteren herauszuarbeiten. Er lässt durch bewusste Lücken dem Leser Raum zum Weiterdenken und für eigene Interpretation.

    Wohlwissend, dass Kelley zur Veröffentlichung erst Mitte Zwanzig war, möchte ich seiner Feinsinnigkeit verbunden mit der klugen Pointierung höchsten Respekt zollen. Sein Gespür für die Menschen, ihre Haltung und der daraus resultierenden Gefahr, die bis heute aktuell ist, hat mir gefallen.

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  • 5 Sterne

    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 07.09.2019 bei bewertet

    Juni 1957 in den amerikanischen Südstaaten. Seit Tagen schon beobachten die Einheimischen, dass sich die Schwarzen aufmachen und in Scharen die Stadt Sutton verlassen. Busse, Züge, alle Verkehrsmöglichkeiten sind überfüllt, die gesamte schwarze Bevölkerung ist mit ihrem Hab und Gut auf den Beinen. Die Weißen schauen zu, verwundert, belustigt. Das größte Gesprächsthema ist jedoch Tucker Caliban, der seinem Herrn wenige Monate zuvor ein Stück Land abgekauft hatte, auf das er nun Salz gestreut und das zugehörige Wohnhaus niedergebrannt hat. Was bringt die Menschen dazu, einfach aufzubrechen und wegzugehen? Und wie soll man das finden? Gut, dass sie endlich weg sind oder wird das doch unangenehme Folgen haben?

    William Melvin Kelley wuchs in der Bronx auf und studierte in New York und Harvard. Bis zu seinem Tod 2017 lehrte er an verschiedenen Colleges. Selbst hat er nur vier Romane und ein Band mit Kurzgeschichten veröffentlicht. „Ein anderer Takt“ hat er mit nur 24 Jahren bereits 1962 geschrieben – Mitten in der heißesten Phase der Rassendiskussion. Lange Jahre war der Text vergessen, die Journalistin Kathryn Schultz, die u.a. für den New Yorker schreibt, entdeckte das Buch zufällig und hat ihm so den Weg zurück ins öffentliche Bewusstsein geöffnet.

    In elf Kapiteln berichten die Einwohner der Kleinstadt von den merkwürdigen Vorgängen. Es ist keine gewalttätige Revolte, sondern ein stummer Protest. Im Zentrum steht die Familie Willson, Nachfahren des Konföderierten Generals Dewey Willson, der einst vehement für die Erhaltung der Sklaverei kämpfte. Ab den 1930er Jahren jedoch mehren sich neue Gedanken und die Kinder Dewey III und Dymphna wuchsen mit den Calibans schon eher wie Geschwister auf. Nur so war es auch möglich, dass Tucker Caliban Land erwerben kann, um sein eigener Herr zu werden.

    Neben dieser Selbstbefreiung und kritischen Haltung gegenüber der Rassentrennung jedoch – eher ungewöhnlich zu jener Zeit an jenem Ort – kommen auch die anderen Stimmen zu Wort, die vermutlich eher die Meinung der weißen Mehrheit repräsentieren dürften:

    „Wir haben sie nie gewollt, wir haben sie nie gebraucht, und wir werden sehr gut ohne sie zurechtkommen; der Süden wird sehr gut ohne sie zurechtkommen.“

    Endlich sind die Schwarzen weg, die ihr Land besetzen und ihnen die Arbeit wegnehmen und außerdem können sie dann auch keine Aufstände wie in den Nachbarstaaten anzetteln. Doch bald mehren sich auch die Bedenken, womöglich gibt es plötzlich zu viel Arbeit für zu wenig Arbeiter und wenn das Land nicht ordentlich bestellt werden kann, wird auch die Ernste notgedrungen schrumpfen und die Lebensmittel knapp werden. Die Stimmung schlägt um und verkehrt sich in Hass, offenbar wollen die einstigen Sklaven ihnen auch noch in ihrer Abwesenheit schaden. Ein Schuldiger muss her und dieser wird gefunden und zur Rechenschaft gezogen – auch wenn er unschuldig ist, aber solche Details sind unerheblich, wenn die Massen in Rage geraten.

    Wie einst Moses das Volk Israel aus der Sklaverei Ägyptens führte, befreit nun Caliban – in Anlehnung an Shakespeares Kannibale aus „Der Sturm“ – sein Volk. Es bedarf jedoch keiner Plagen, sondern schlicht der Erkenntnis, dass man die Ketten abstreifen kann und der nötige Mut, dies auch wirklich zu tun.

    Sollte Literatur die Kraft haben, die man ihr bisweilen zuschreibt, hat der Text das Potenzial nicht nur Augen zu öffnen, sondern Menschen den Mut zu schenken, aktiv zu werden und ihr Schicksal zu bestimmen. Bei der aktuellen politischen Lage in den USA, wäre dies mehr als wünschenswert, wenn sich Geschichte nicht rückwärts bewegen soll.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    jannis_valentin, 05.09.2019

    historische Geschichte mit erschreckender Aktualität

    kurz zum Inhalt:
    Das Buch ist von dem (schwarzen) Autor William Melvin Kelley handelt von dem schwarzen Tucker Caliban, der in Sutton, einer Südstaatenkleinstadt wohnt. Caliban streut Salz auf seine Felder, tötet sein, brennt seinen Hof nieder und verlässt mit seiner Familie den Bundesstaat Richtung Norden. Daraufhin folgt ihm kurze Zeit später nach und nach die gesamte schwarze Bevölkerung des Orts.
    Die weißen Bewohner verfolgen fassungslos den Exodus und sind ratlos. Was bringt den Tucker dazu, so plötzlich das Land zu verlassen? Wer kümmert sich um die Felder? Und wie sollen sie, als Weiße, überhaupt reagieren?
    Kelley beschreibt die Auswirkungen dieses kollektiven Auszugs der Schwarzen aus der Sicht der Weißen so, dass die liberalen Stimmen auf die rassistischen Traditionalisten treffen. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich diese explosive Mischung aus Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit in einer Eskalation entlädt.

    Meine Meinung:
    „Ein anderer Takt“ ist die Wiederentdeckung eines um 1962 als „A different dummer“ erschienen Werkes. Allerdings geriet dieses Buch völlig zu unrecht in Vergessenheit. Zu Unrecht, da die Thematik um die Rassendiskriminierung ja doch noch immer äußerst aktuell und brisant ist.
    Auch wenn das fiktive Buch eigentlich nicht mein Genre ist und ich mich mit der Bewertung eines Buch mit solchem Hintergrund und der Historie eines Weltklassikers etwas schwer tue, muss ich sagen, dass es mir gut gefallen hat.
    Besonders gut sagte mir die Erzählweise von Kelley zu: anti-chronologisch und aus den unterschiedlichsten Perspektiven von insgesamt acht Personen, wobei hier zudem noch jeweils unterschiedliche Textsorten verwendet wurden. Zwar war es durchaus etwas verwirrend, bzw. brauchte es die notwendige Konzentration, doch wurden so die unterschiedlichen Sichtweisen und Zusammenhänge gut deutlich.
    Die klare, einfache und doch ausgefallene Sprache, die vor rassistischen Begriffen kein Halt macht, verliehen der Geschichte die notwendige Authentizität und passt einwandfrei zu dem Buch.
    Kelley hat mit „Ein anderer Takt“ ein Buch geschrieben, dass meines Empfindens nach, weit mehr als eine bloße Darstellung vom Rassismus beinhaltet und thematisiert, sondern ebenso deutlich die Ungerechtigkeit durch Menschen zeigt, die meinen über dem Gesetz stehen zu müssen. Beachtlich finde ich ebenfalls mit welchem Sarkasmus, aber auch mit welchem überraschenden Mitgefühl ein wohl bemerkt schwarzer Autor vom weißen Amerika erzählt.
    Rund um ein Buch, das mehr verlangt als „nur“ gelesen zu werden. Ein Buch um sich näher mit der Thematik zu beschäftigen und was definitiv zum Nachdenken anregt.

    Fazit: 
    „Ein anderer Takt“ ist ein meiner Meinung nach sehr lesenswertes Buch, dem ich die Aufmerksamkeit wünsche, die es verdient. Ein Buch, das trotz der historischen Geschichte, eine höchst aktuelle Thematik hat und schon allein deshalb absolut empfehlenswert ist zu lesen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseratte1310, 27.09.2019 bei bewertet

    Der junge schwarze Farmer Tucker Caliban macht eines Tages im Jahr 1957 etwas Unerhörtes. Er streut Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh und brennt sein Haus nieder. Dann verlässt er mit Frau und Kind den kleinen Ort Sutton und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Im folgen die anderen Schwarzen des Ortes, dann die der umliegenden Orte. Fassungslos beobachten die weißen Bewohner von Sutton das Geschehen. Während sich manche freuen, sind andere erschüttert, denn wer soll nun die Arbeiten erledigen.
    Der Autor William Melvin Kelley erzählt diese Geschichte fast ausschließlich aus der Perspektive der weißen Bewohner. Seit eh und je hatte die weiße Bevölkerung Sklaven, die sie als ihren Besitz betrachteten. Sie als Menschen zu sehen, kam ihnen nicht in den Sinn, und schon gar nicht als Menschen mir Rechten. Warum dieser Exodus so plötzlich stattfand, bleibt unklar.
    Der Schreibstil ist glar und gut zu lesen. Allerdings erfordert das Lesen des Romans auch die volle Aufmerksamkeit. Auch die Charaktere sind gut und authentisch dargestellt.
    Der Rückblick am Anfang des Buches ist schon sehr erschütternd.
    Was aber hat die Schwarzen nun dazu bewogen, alles hinter sich zu lassen? Die Weißen spekulieren über die Gründe. Auch wenn sie glauben, dass sie verstanden haben, so wollen sie doch nicht begreifen, dass ihr Verhalten und ihre Sicht daran schuld sind. Sie benötigen die Schwarzen, damit ihre Felder bestellt werden können. Ihre Hilflosigkeit verwandelt sich in Wut.
    Die Sklaverei wurde zwar bereits 1865 in den Vereinigten Staaten durch einen Zusatzartikel zur Verfassung abgeschafft, aber erst 1868 erhielten sie die Bürgerrechte. Das war die eine Seite, doch die Realität war anders. Aber auch in den Staaten, wo man die Schwarzen nicht auf Plantagen benötigt wurden, wurden sie diskriminiert. Seither hat sich einiges geändert und dennoch hat sich viel zu wenig geändert. Man muss nur einmal die Berichte in den Medien verfolgen.
    Dieses Buch ist ein beeindruckendes Plädoyer gegen Rassismus und Diskriminierung.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    skandinavischbook, 30.11.2019

    Meine Meinung:
    Mit einer erbarmungslosen, bildhaften und zum Teil zu tiefst erschütternden Sprache, schafft der Autor ein Werk, das zum Klassiker und zur Schullektüre unserer Zeit werden könnte.
    Dieses Buch setzt ein Plädoyer für Freiheit, für Menschlichkeit, es weist die Grausamkeit der damaligen Zeit auf .

    Dennoch schlägt der Autor einen ganz anderen Weg ein und beleuchtet diese Zeit aus der Sicht der weißen Bevölkerung, dennoch verliert er dabei die Authentizität der Zeit und die Menschlichkeit nicht aus den Augen. In meinen Augen sollte gerade aus diesem Grund, dieses Buch jeder gelesen haben, denn gerade in den Zeiten, die wir heutzutage wieder erleben, ist es umso wichtiger, dass uns die Augen geöffnet werden, damit sich Geschichte eben nicht, wie so oft wiederholt.
    Dieses Buch schafft Aufklärung, auf unbeschönigte Weise, es verstört, rührt zu Tränen und schafft einem Gänsehaut, weil man die reale Grausamkeit der Menschheit kaum mehr zu ertragen weiß.
    Durch episch gezeichnete Figuren, die man nur schwer vergessen wird, spiegelt er eines der grausamsten Szenarien im kleinsten Rahmen unserer Menschheit wieder und dies macht er bravourös, mit unfassbaren literarischen Können, welches den Leser staunen lässt.

    Mit Sätzen, die unter die Haut gehen, die poetisch und einprägsam zugleich sind, weiß es der Autor die Geschichte von einem ganz anderen Blickwinkel hinweg zu beschreiben.

    Fazit :
    Ein Roman, welcher Realismus und Fiktion meisterhaft zu einem Werk, ja zu einem Plädoyer zusammenführt.
    Ein episches Buch, welches spannend, verstörend, traurig und zu tiefst wachrüttelnd fungiert.

    Ein großes Werk!

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  • 5 Sterne

    Sabine W., 02.10.2019

    Wie findet man seinen eigenen Takt?
    Wenn sich jemand eine Farm kauft, rechnet niemand damit, dass er als ersten Arbeitsschritt Salz auf den Feldern verteilt, seinen Viehbestand schlachtet und das Farmhaus anzündet. Wenn es sich dabei außerdem um einen Farbigen handelt, ist das Erstaunen umso größer. Tucker Caliban zettelt mit seiner ungewöhnlichen Tat – die vor den Augen vieler Zuseher geschieht – einen regelrechten Exodus an: er verlässt nicht nur die Kleinstadt, sondern wandert in einen anderen Staat der USA aus - und alle Afro-Amerikaner des Südstaates tun es ihm gleich, bis nicht ein einziger mehr von ihnen im Land ist.
    Die verbliebenen Weißen sind daraufhin wie vor den Kopf gestoßen. In Rückblenden stellen sie Mutmaßungen über Tuckers Beweggründe an; sie legen ihre verschiedenen Sichtweisen über Tucker, vor allem aber auch über ihr eigenes Leben dar.
    „Rasse“ – leider auch in unserer Zeit immer noch ein sehr aktuelles Thema. Der farbige Autor des Romans kennt die Weißen gut, er analysiert, legt ihnen Worte in den Mund, die schlüssig scheinen, geht mit Sarkasmus an das Thema heran; aber er serviert dem Leser die Beweggründe Tuckers nicht auf dem Tablett, sondern bringt sie dem Aufmerksamen mit jedem Kapitel etwas näher. Dieses Buch beschert dem Leser so manches Aha-Erlebnis – es ist eben nicht alles so, wie es scheint.
    Der Stil des Romans ist sehr flüssig, recht angenehm und sehr ansprechend verfasst. Ein absolut lesenswertes Buch, das – leider – seit der Erstausgabe in den Sechziger Jahren nicht viel an Aktualität verloren hat.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge H., 01.09.2019

    Rassismus der nicht endet
    Der Autor William Melvin Kelly Lebte von 1937 bis 2017. Sein Roman „Ein andere Takt“
    spielt um 1957. Er wird ungewöhnlich von dem dunkelhäutige Autor aus der Sicht der Weißen geschrieben. Ein Lob an der Hoffmann &Campe Verlag, das er dieses brillante Werk herausgegeben hat.
    Er ist ein Zeugnis der amerikanischen Minderheitenpolitik, die immer noch aktiv ist.

    Man erfährt, wie der Vorfahre des 1957 lebenden Tucker Calibans mit seinem Sohn als Sklave nach Sutton im Süden der USA eintrifft. Die Geschichte ist wie üblich grausam und brutal. Da wird schnell gemordet, es kommt auf ein Menschenlehnen nicht an.
    Als um 1962 die farbige Bevölkerung plötzlich aus dem Ort verschwinden sind die Weisen aufgebracht und suchen bis zum Ende Schuldige. Das Ende wird nicht direkt beschrieben aber doch angedeutet.
    Ein anderer Takt ist eine bewegendes Stück Zeitgeschichte, eine gute Literatur.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    LeLo2, 01.09.2019

    "Ein anderer Takt" ist eine Übersetzung und Neuveröffentlichung des bereits 1962 unter dem Titel "A Different Drummer" von William Melvin Kelley erschienenen Romans. Ich habe diesen Roman dennoch als sehr interessant und aktuell auch für die heutige modernere Zeit empfunden.

    In einem sehr ausführlichen Vorwort wird zum einen erklärt, wie es zu dieser Neuveröffentlichung kam, zum anderen wird das Leben und das Werk des Autors gewürdigt. Als Nachwort wurde der Tochter des Autors ebenfalls Platz eingeräumt, um über ihren Vater zu sprechen. Beide Abhandlungen gefallen mir außerordentlich gut. Gerade weil "Ein anderer Takt" schon vor vielen Jahren erschienen ist und im Leben von William Melvin Kelley seit diesem Debüt-Roman vieles passiert ist und weitere Werke hinzugekommen sind, ist es schön darüber einen ergänzenden Überblick zu erhalten.

    Gleich zu Beginn des Buches findet sich ein sehr schönes, tiefgründiges Zitat von Henry David Thoreau, an welches der Titel angelehnt ist und das eine gute Einstimmung im den Roman bietet. Der Einstieg erfordert einen offenen, vorurteilsfreien Leser, der bereit ist sich an den früheren Sprachgebrauch zu gewöhnen und sich durch eine doch sehr abenteuerliche Geschichte zu kämpfen, die Mister Harper seinem Publikum vor dem Lebensmittelgeschäft erzählt. Ab da habe ich den Roman jedoch mit wachsender Begeisterung gelesen. Der Schreibstil ist insgesamt sehr flüssig und chronologisch. Geschrieben wird aus Sicht der 'Weißen, wie sie über Schwarze denken' . Es ist eine Perspektive, die nicht so häufig verwendet wird und deshalb einige interessante Denkanstöße liefert.

    Vor dem Hintergrund der Massenabwanderung der farbigen Bevölkerung aus den Südstaaten in den Norden wird in den einzelnen Kapiteln, die meist einen Namen als Überschrift tragen, erzählt, wie die jeweilige Beziehung zu Tucker Caliban, dem Auslöser für die Bewegung, war und welche Erfahrungen miteinander gemacht wurden. Manche Passagen waren amüsant, andere tragisch, andere sehr emotional. Erschreckend ist, welche Überlegenheit einige nur aufgrund ihrer Hautfarbe empfinden, wie sie andere Menschen herabsetzen, als minderwertig abstempeln und sie als bloßes Eigentum sehen. Etwas was auch heute leider noch in Teilen wiederzufinden ist und deshalb nichts an seiner Aktualität verloren hat.
    Einige der Dialoge im dem Roman waren besonders tiefgehend, schon fast mitreißend und haben einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.

    "Ein anderer Takt" von William Melvin Kelley ist ein interessantes zeitgenössisches Werk, das den Horizont erweitert und dessen Wiederentdeckung sich gelohnt hat. Es erfordert jedoch einen offenen, voruteilsfreien Leser, da die Ausdrucksweise zu paralysieren vermag.

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  • 5 Sterne

    Quincyliest, 18.09.2019

    Der Roman "Ein anderer Takt" von William Melvin Kelley wurde bereits vor 60 Jahren veröffentlicht und nun wiederentdeckt. Der Roman spielt in einem kleinen Ort in den Südstaaten der USA. 1957 versalzt der afroamerikanische Farmer Tucker Caliban seine Felder, tötet sein Vieh und brennt sein Haus nieder, anschließend verlässt er den Ort mit den übrigen Bewohner, aber WARUM??? Diese Frage stellt sich die weiße Bevölkerung und spekuliert über mögliche Gründe. Es ist die Weigerung der Afroamerikaner als Unterdrückte leben zu wollen. Das Thema der Rassendiskrimierung ist leider nach wie vor aktuell.
    In einem ausführlichen Vorwort erfährt der Leser viel über den Roman und auch über den Autor. Bsp. wird angemerkt, dass Kelley nach einer anfänglichen Phase des Erfolgs bereits zu Lebzeiten in Vergessenheit geriet. Völlig zu Unrecht, denn sein Roman ist hervorragend geschrieben.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    XYZ, 01.09.2019

    sehr aktuell und absolut lesenswert

    Alle schwarzen Bewohner eines Ortes verlassen ihre Häuser und Felder, die weißen Einwohner stehen vor einem Rätsel. Es scheint mit einer Geschichte eines übermenschlichen Afrikaners zusammenhängen.

    Ein spannendes Rätsel ist die Ausgangslage in diesem Buch - was ist der Grund für diese Geschehnisse?
    Der Schreibstil passt super dazu - direkt und ohne unnötigen Verschönerungen. Man kommt daher gut in die Geschichte hinein und wird mitgerissen von diesen Geschehnissen. Der Roman bietet viel Tiefgang in dieses Thema. Die Geschehnisse werden fast ausschließlich von den weißen Einwohnern geschildert.
    In diesem Buch schwingt viel mit - viel was auf unsere aktuellen Zeiten auch passend ist und daher hoffe ich, dass das Buch viele Leute erreichen wird, denn das Thema der Rassendiskrimierung ist leider nach wie vor aktuell.

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