Merken
Merken
 
 
lieferbar
versandkostenfrei

Bestellnummer: 129144235

Buch (Gebunden) 25.00
Dekorierter Weihnachtsbaum
In den Warenkorb
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
Alle Kommentare
  • 3 Sterne

    5 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 21.05.2020

    Als Buch bewertet

    Anstrengend, aber nicht schlecht

    Puh, dieses Buch ist eine Herausforderung. Ich bin hier ganz unbedarft herangegangen, ohne mich vorher groß zu informieren. Entsprechend schwer fiel mir der Einstieg. Ich hatte zunächst kaum eine Ahnung, wovon die Autorin redet, was der Sinn dieses Romans ist, worum es eigentlich geht. Als ich ein wenig recherchiert hatte, gelang es mir besser, das erwähnte Gebiet diesseits und jenseits der Grenze, das Land jenseits der See und die verschiedenen Religionen und Paramilitärs einzuordnen und in die Handlung hineinzufinden. Aber was heißt hier Handlung? Handlung gibt es eher wenig - alles ist aus der Sicht der namenlosen Erzählerin geschildert und besteht zu einem Großteil aus deren Gedanken. Seitenlange Monologe erleichtern das Lesen nicht gerade. Es ist schwer, die Konzentration aufrechtzuerhalten, wenn einem zwischendurch kein Absatz zum Verschnaufen geboten wird.

    Dabei ist nicht nur die Protagonistin ohne Namen. Nein, alle Figuren werden nur mit ihrer Funktion bzw. einer Art Spitznamen benannt, z.B. Milchmann (der gar kein Milchmann ist), Vielleicht-Freund, Schwester Eins oder Schwager Drei. Das ist schon sehr gewöhnungsbedürftig.

    Die Autorin hat eindeutig etwas zu sagen. Ich frage mich nur, warum sagt sie es nicht einfach? Warum redet sie ellenlang um den heißen Brei herum und kommt nicht zu Potte? Warum packt sie ihre Aussage in dermaßen verschwurbelte Sätze? Warum macht sie es dem Leser künstlich so schwer?

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Zauberberggast, 16.02.2020

    Als Buch bewertet

    "Milchmann" objektiv zu bewerten, fällt mir wahnsinnig schwer. Ginge es nach der reinen Lektüreerfahrung, würde ich es schlecht bewerten, denn es ist es ein unendlich anstrengendes und zähflüssiges Buch. Ein Buch, das man mehrmals abbrechen möchte, es in die Ecke schleudern um es nie wieder zu öffnen. Und dann öffnet man es doch wieder und wird hineingezogen in eine Literatur voller Sprachgewalt und eine fiktionale Welt voller buchstäblicher Gewalt. "Milchmann" ist nämlich auch auf seine Art brilliant, gesellschaftskritisch, politisch, wagemutig, experimentell und unvergleichlich einzigartig. Ob es den renommierten Booker-Preis 2018 zurecht gewonnen hat? Ich kann es nicht beurteilen, da ich die Mitbewerber nicht gelesen habe. Die Auszeichnung hat aber sicher nicht nur politische Hintergründe.

    Die Erzählweise ist speziell. Stellenweise entfaltet sie eine gewisse Sogwirkung, meistens ist sie aber ermüdend, lamentierend, enervierend. Der retrospektive innere Monolog der Ich-Erzählerin, der vorwiegend aus Litanei-artigen, teilweise halbseitigen Mammutsätzen und einer sperrigen Syntax besteht, verlangt dem Leser einiges ab, vor allem aber ein hohes Maß an Konzentration. Der Roman ist per se eine einzige Digression. Vom eigentlichen Thema, nämlich dem Stalking der Ich-Erzählerin durch den Milchmann, wird ständig abgeschweift, obwohl es am Anfang vorwiegend um das Thema geht - was gleichermaßen verwirrend ist.

    Die Handlung ist denkbar dünn wie einfach: Eine 18-jährige Ich-Erzählerin, deren Namen wir nicht erfahren, lebt in einer ungenannten Stadt (Belfast in den 1970er Jahren), in der Bespitzelung, Gewalt, ziviler Ungehorsam und Terror alltäglich sind. Sie ist das mittlere Kind und eine von sehr vielen Töchtern einer 11-köpfigen Familie , wobei ihr Vater - der an einer psychischen Krankheit litt - und einer ihrer Brüder bereits verstorben sind (Letzterer aufgrund eines Anschlags).
    Die Ich-Erzählerin macht sich verdächtig, weil sie scheinbar subversive Verhaltensweisen an den Tag legt, wie im Gehen zu lesen. Das ist ihre Art des Eskapismus, genau wie ihre Lektürewahl, die moderne Literatur ausklammert und die des 19. Jahrhunderts bevorzugt. Dieses unkonforme, unpolitische Verhalten ruft den ominösen Milchmann auf den Plan, der die sie bis zu seinem gewaltsamen Tod stalken wird. Die Bedrohung, die von Milchmann ausgeht, ist vage, subtiles Stalking, immer in der Schwebe und Psychoterror pur.
    Das Stalking wiederum führt zu einer verhängnisvollen Spirale der Verdächtigungen, zu einer Hexenjagd, in der die Ich-Erzählerin zur Zielscheibe wird. Anna Burns zeigt hier gewissermaßen eine verkehrte Welt auf: Ein Verhalten wie das der Ich-Erzählerin, obwohl harmlos, erregt unangenehme Aufmerksamkeit. Ein guter bzw. “normaler” und unpolitischer Mensch zu sein ist verdächtig und subversiv, Mord, Gewaltexzesse und Erfahrungen des sinnlosen Todes hingegen alltäglich und Teil des Straßenbildes.

    Anna Burns legt den Nordirlandkonflikt unters Messer ihrer Protagonistin, die ihn mit schmerzhafter Klarheit und Detailliertheit seziert. Das Sujet ist sicher für jeden Außenstehenden gewöhnungsbedürftig. Die Tatsache, dass man in ständiger Bedrohung lebt, nur weil man der falschen Religion angehört - ob man sie jetzt praktiziert oder nicht - ist harte Realität. In dieser Gesellschaft, in diesem Land, in dieser Stadt, in der die Ich-Erzählerin vor sich hin existiert, möchte niemand leben. Ich habe noch nie so oft das Wort "Autobombe" in einem einzigen Text gelesen.

    Kann eine Geschichte funktionieren, in der niemand, der darin vorkommt, einen echten Namen hat? Ja, kann sie. Nach einer gewissen Lesezeit hat man sich daran gewöhnt und es fühlt sich völlig natürlich an. Namen werden zu Platzhaltern in einer Gesellschaft, in der in Schubladen gedacht wird: Irgendwer Mc Irgendwas, Vielleicht-Freund, Themenfrauen, Tablettenmädchen, Mittelschwester, Atomjunge, Milchmann. Dennoch: Als dann neben dem Milchmann auch noch der "Echte Milchmann" auftaucht, wird es langsam anstrengend, die Figuren voneinander zu unterscheiden. Die kleinen Schwestern der Ich-Erzählerin ("Mittelschwester"), drei an der Zahl und alle unter zehn Jahren alt, sind sowieso ein Kollektiv. Sie zeichnen sich alle durch Hochbegabung und nicht-altersentsprechende Intellektualität und Belesenheit aus.
    Der Tenor der ganzen Anonymität: Alle sind austauschbar und besondere Merkmale gehören nicht in diese Gesellschaft, die nichts mehr scheut als Individualität. Namen verleihen Identität und Einzigartigkeit - etwas das hier nicht erwünscht ist.

    Allerdings: Wo ist eigentlich der Humor? Ist es ein spezieller nordirischer Insider-Humor, den Außenstehende einfach nicht begreifen oder ein solcher, der in der Übersetzung verloren geht? Geschmunzelt habe ich vielleicht an einer oder zwei Stellen. Alles in allem aber ist das Buch ein zutiefst ernstes, wenig erfreuliches, oft deprimierendes.

    Der Roman ist auch ein feministisches Manifest. Es geht mitunter darum, wie Frauen sich - weitgehend alleine - ihre Welt erschaffen und wie Männer versuchen, sie wieder einzureißen bzw. in ihren Grundfesten zu erschüttern. Männer (symbolisch: der Milchmann) bedrohen mit ihren Gewaltfantasien, ihrer Doktrin, ihrem Stalking und ihrem Machtstreben die komplexe (der Himmel ist bunt), differenzierte, vielfarbige, literarisch-künstlerische Existenz des Weiblichen (symbolisch: die Ich-Erzählerin).

    "Milchmann" ist innovativ, ein literarisches Experiment, prädestiniert um zu polarisieren.
    Dieses Buch ist eine Challenge, eine literarische Tour-de-Force, eine Bergbesteigung, ähnlich wie "Ulysses" von James Joyce. Man hat nach der Lektüre das Gefühl, einen literarischen Berg bestiegen zu haben, zufrieden, dass man den Aufstieg geschafft hat, aber auch froh ihn wieder verlassen zu dürfen.

    “Milchmann” ist keine leichte Lektüre, sondern eine, die dem Leser ein hohes Maß an Konzentration und Bereitschaft für sprachliche Komplexität abverlangt. Wenn man sich aber darauf einlassen möchte, eröffnet das Buch manchem Leser vielleicht eine neue Sicht auf die Dinge, das Schöne hinter dem Grausamen und die vielen bunten Farben des Himmels, der alles andere als nur blau ist.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    booklover2011, 29.04.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Bedrückende und bedrohliche Stimmung in einer Konfliktregion

    Inhalt (dem Klappentext entnommen):
    »Der Tag, an dem Irgendwer McIrgendwas mir eine Waffe auf die Brust setzte, mich ein Flittchen nannte und drohte, mich zu erschießen, war auch der Tag, an dem der Milchmann starb.« Mit Milchmann legte Anna Burns das literarische Großereignis des vergangenen Jahres vor. Ein Roman über den unerschrockenen Kampf einer jungen Frau um ein selbstbestimmtes Leben – weltweit gefeiert und ausgezeichnet mit dem Man Booker Prize.

    Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines mächtigen und erschreckend älteren Mannes auf sich, Milchmann. Es ist das Letzte, was sie will. Hier, in dieser namenlosen Stadt, erweckt man besser niemandes Interesse. Und so versucht sie, alle in ihrem Umfeld über ihre Begegnungen mit dem Mann im Unklaren zu lassen. Doch Milchmann ist hartnäckig. Und als der Mann ihrer älteren Schwester herausfindet, in welcher Klemme sie steckt, fangen die Leute an zu reden. Plötzlich gilt sie als »interessant« – etwas, das sie immer vermeiden wollte. Hier ist es gefährlich, interessant zu sein.

    Doch was kann sie noch tun, nun, da das Gerücht einmal in der Welt ist? Milchmann ist die Geschichte einer jungen Frau, die nach einem Weg für sich sucht – in einer Gesellschaft, die sich ihre eigenen dunklen Wahrheiten erfindet und in der jeglicher Fehltritt enorme Konsequenzen nach sich zieht.

    Meinung:
    Die langen, verschachtelten Sätze machen es einem nicht leicht beim Lesen, auch gibt es immer wieder gedankliche Abschweifungen in Erinnerungen und (auf den ersten Blick) Belanglosigkeiten. Es ist meiner Meinung nach kein Buch zum Nebenbei lesen, man muss sich konzentrieren und zwischen den Zeilen lesen. Aber wenn man sich an den Schreibstil gewöhnt hat, dann geht es zwar nicht locker-leicht, aber doch besser voran mit dem Lesen.
    Das Buch ist aus der Ich-Perspektive der namenlosen, 18-jährigen Protagonistin geschrieben, so dass man ihre Gedanken und Gefühle hautnah miterleben kann. Die Nebencharaktere sind ebenfalls namenlos und werden z.B. als Schwager Eins, Schwager Zwei, etc. benannt.
    Die authentischen Charaktere sind mit ihren Stärken und Schwächen sowie Gefühlen sehr gut dargestellt und beschrieben worden, so dass ich nicht anders konnte, als mit ihnen mitzufühlen und mitzuleiden. Auch die Nebencharaktere sind gut dargestellt worden, vor allem die kleinen Schwestern der Protagonistin waren mit ihrer liebenswert-vorlauten Art ein Lichtblick, auch wenn sie wie viele der Nebencharaktere überzeichnet waren.

    Obwohl kein Handlungsort genannt wird, kann man sich Nordirland mit etwas Hintergrundwissen zusammenreimen, doch die Geschichte lässt sich auch auf andere Regionen der Erde übertragen.
    Die Protagonistin lebt in einem Konfliktgebiet, die bedrohliche Atmosphäre der damaligen Zeit gelingt der Autorin sehr eindrücklich. Die Protagonistin liest auch im Gehen, was bei allen anderen auf Unverständnis stößt, denn so hat sie die Umgebung nicht im Blick, aber als Leser/in versteht man, dass sie so ihre Umgebung und die dauerhafte, drohende Gefahr ausblenden möchte im Sinne von „sehe ich dich nicht, siehst du mich nicht“.
    Als wäre das Leben nicht schon schwer und kompliziert genug, wird sie vom Milchmann, einem Paramilitär, gestalkt, der ihr immer mehr zusetzt und sie mehr und mehr in die Ecke drängt. Durch die Ich-Perspektive fühlt man mit der Protagonistin mit, fühlt ihre Hilflosigkeit und Verzweiflung, sowohl was das ungute Gefühl im Hinblick auf den Milchmann betrifft, als auch im Hinblick auf die Gerüchte, die über sie beide im Umlauf sind. Die Situation wird für sie noch erschwert, da sie keine Person hat, an die sie sich wenden kann, die ihr beisteht, denn in der damaligen Situation und der tagtäglichen Konfrontation mit Gewalt und Tod sehen die Anderen in der Verfolgung durch den Milchmann keine Gefahr, da sie nicht körperlich besteht. Neben dieser Thematik geht es auch um das Aufwachsen und die unterschwellige Spannung in einem Konfliktgebiet, die Zuschreibung von Rollen bzw. was „normales“ Verhalten ist und wer somit aus dem Rahmen fällt, wie z.B. das unterwegs lesende Mädchen. Überwiegend herrscht im Buch eine bedrückende und bedrohliche Stimmung, sowohl durch die gesellschaftliche Situation zur damaligen Zeit, aber auch durch die Bedrohung durch den Milchmann. Doch es blitzt immer wieder schwarzer Humor durch und es gibt einige Szenen zum (Auf-)Lachen.

    Es ist keine leichte Lektüre, was sowohl die verschiedenen ernsten Themen betrifft, aber auch schweift die Protagonistin in ihren Gedanken immer wieder ab, was mir das Lesen doch erschwert hat. So gibt es wunderbare 4 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung (aber unbedingt vorher einen Blick in die Leseprobe werfen, ob man mit dem Schreibstil zurechtkommt), wenn man sich für gesellschaftliche Missstände, die Rolle der Frau und einen Einblick in den nordirischen Konflikt interessiert.

    Fazit:
    Keine leichte Kost, man muss sich beim Lesen konzentrieren, aber die bedrückende und bedrohliche Stimmung im Konfliktgebiet aber auch im Hinblick auf das Stalking, wie verzweifelt und hilflos die Protagonistin ist, gelingt der Autorin sehr eindrücklich.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Amena25, 21.02.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Eindringlich - und anstrengend


    Schon der Titel verrät, dass es hier nicht um einen 08/15-Roman geht.
    »Der Tag, an dem Irgendwer McIrgendwas mir eine Waffe auf die Brust setzte, mich ein Flittchen nannte und drohte, mich zu erschießen, war auch der Tag, an dem der Milchmann starb. Er wurde von einem staatlichen Mordkommando erschossen, und der Tod dieses Mannes war mir herzlich egal.« So beginnt der Roman, der u.a. mit dem Man Booker Prize 2018 ausgezeichnet wurde.
    Stilistisch ist der Roman eine echte Herausforderung. Ellenlange Sätze, Wortneuschöpfungen wie der ,,Vielleicht-Freund“ oder die Betitelung der Brüder und Schwestern mit ,,Ältere Schwester“ oder Bruder 1 sind originell, witzig, weisen aber auch auf eine gewollte Anonymisierung hin.
    Inhaltlich geht es um eine junge Frau, die, vermutlich in Belfast in den 70er/80er Jahren, auf der richtigen Seite der Straße, auf der richtigen Seite des Meeres lebt, aber Probleme damit hat, sich ihrer Umgebung anzupassen. Als intellektuelle, lese- und sportbegeisterte junge Frau passt sie schlecht in die von ungeschriebenen Gesetzen und Zwängen bestimmte Gesellschaft.
    Mit ihrem ,,Vielleicht-Freund“ führt sie eine gute Beziehung, ohne ihn allerdings jemals ihrer Familie vorzustellen, geschweige denn sich von ihm heimfahren zu lassen. Dafür wohnt er im falschen Viertel. Als die namenlose Erzählerin das Interesse des ,,Milchmanns“ auf sich zieht, eines einflussreichen Mannes, versucht sie zwar, dieses Interesse abzuweisen und Begegnungen mit ihm zu vermeiden. Allerdings vermag sie auch nichts gegen die schnell kursierenden Gerüchte, die ihr eine Affäre mit dem älteren, verheirateten Mann andichten.
    Nur sehr mühsam schafft es die Ich-Erzählerin, ihren Weg hin zur Selbstbestimmung zu finden. Dieses Ringen spiegelt sich im Roman auch in relativer Handlungsarmut wider. Umso ausführlicher und eindringlicher dagegen legt die Ich-Erzählerin ihre Gedanken, Zweifel und Emotionen dar, gespickt mit schwarzen Humor und Absurditäten. So fühlt man sich zwar sprachlich gut unterhalten, wünscht sich des öfteren allerdings etwas mehr Handlung.
    Auch ist mal stellenweise versucht, die Ich-Erzählerin zu schütteln und sie dazu zu bringen, sich ihrem ,,Vielleicht-Freund“ oder jemand anderem zu öffnen und ihren Kampf um Selbstbestimmung aktiver zu führen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    4 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gerda, 03.03.2020

    Als eBook bewertet

    Ein irritierendes Buch. Es fällt so aus dem Rahmen. Es gibt keine Namen, keine Hinweise wo dieser Roman spielt und in welcher Zeit. Und doch drängt sich der Nordirland Konflikt auf.

    Was für eine schreckliche Zeit. Die Einwohner müssen sich entscheiden auf welcher Seite sie stehen, bzw. die Religion gibt es vor. Jede Abweichung von der Normalität wird beobachtet und kommentiert. Es könnte auch der Tod für denjenigen bedeuten.

    Hier gehen wir ein Stück des Weges mit der mittleren Tochter. Sie zieht die Aufmerksamkeit des Milchmannes auf sich. Wodurch genau, wird nicht erklärt.

    Die junge Frau sträubt sich, sie weiß genau was hier passiert und fühlt sich von allen verlassen und unverstanden. Der Milchmann agiert geduldig und manipulativ.

    Ein Roman auf den man sich einlassen muss. Er ist nicht einfach zu lesen. Es werden so viele verstörende Themen angesprochen. Die Preise hat er zu Recht erhalten.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    M., 08.03.2020

    Als Buch bewertet

    Anspruchsvoller, themenreicher und sehr sprachmächtiger Roman

    Nordirland, Belfast, 1979 - einerseits – andererseits sicher auch eine Parabel für sämtliche Gesellschaften, insbesondere bürgerkriegsbetroffene, aber auch Gesellschaften mit patriarchalischen, religiösen oder totalitären Strukturen.

    Die eigenwillige und kluge Icherzählerin beschreibt, wie sie Stalkingopfer und infolge Opfer von Gerüchten und letztlich Opfer der Verhältnisse wird. Der Milchmann spürt ihr nach, obwohl verheiratet, möchte er sie zur Geliebten. Er ist ein hohes Tier unter den politischen Rebellen, den „Verweigerern“. Ihr wird schnell ein Verhältnis angedichtet. Weder ihr Vielleicht- Freund glaubt ihr, noch ihre Mutter. Viele Freunde hat sie nicht. Und eigentlich möchte sie sich nicht mit der grausigen Realität auseinandersetzen, stattdessen versinkt sie lieber in der Literatur des 19. Jhdts. Dennoch läuft sie durchaus mit wachen Augen durch die Gegend, erkennt vieles, nur was sie selbst betrifft, nimmt sie nicht wahr bzw. verdrängt sie.

    Ihre Lebensrealität ist allgemein sehr bedrohlich, was sehr eindrücklich geschildert wird. Sie lebt in einer „permanent alarmbereiten Gesellschaft“ mit Überwachung, hoher Gewaltbereitschaft und der ständigen Gefahr von (sexuellen) Übergriffen, Bomben und Busentführungen. Die Menschen sind daher paranoid, niemand sagt, was er wirklich denkt, niemand zeigt sich, wie er wirklich ist. Es besteht eine riesige Fassade, es heiratet sogar niemand den, den er wirklich liebt, weil es zu allem noch einengende Religionsvorschriften, starre Traditionen und Konventionen gibt. Die Menschen leben somit oft eine Doppelmoral, es wird wichtig, was die anderen über einen denken und Gerüchte erhalten eine große Macht.

    Es ist eine patriarchalische Gesellschaft in der diese junge Frau Opfer männlicher Gewalt wird. Dieser Prozess wird sehr gut und sehr berührend beschrieben. Die Ich Erzählerin zieht sich immer mehr in sich zurück, bis sie letztendlich kapituliert, was wirklich schmerzhaft anzusehen ist. Es fehlten ihr auch stets die richtigen Worte, um sich verständlich zu machen. Auch das ist immer wieder Thema des Romans - das Unaussprechliche. Immer wieder wird sichtbar gemacht, wie wichtig das Aussprechen, das Erfassen und damit einhergehende Verdinglichung der Wirklichkeit ist, um Selbstwirksamkeit und innere Ruhe, trotz relativer Machtlosigkeit, zu erlangen.

    Die Autorin lässt nah an den Gedanken der Ich-Erzählerin teilhaben. Diese schildert Wahrnehmungen, Empfindungen, reflektiert diese, setzt sie in Zusammenhänge und hinterfragt sie immer wieder. Sie verfügt über keine Sicherheiten, kein Vertrauen, daher ist sie stets voller Zweifel, was sich streckenweise recht anstrengend liest. Eine für mich besonders einprägsame Szene spielt während eines Französischkurses, in dem es, kurz gesagt, darum geht, dass die Wirklichkeit nicht Schwarz-Weiß zu sehen ist, sondern in den mannigfaltigsten Farben erscheint. Das fand ich literarisch so phantastisch gemacht, dass ich das bestimmt nie vergessen werde.

    Die Autorin ist ungemein sprachmächtig und zeigt eine große Lust am Formulieren und Wortschöpfungen. Der Schreibstil hat mir gut gefallen! Die Lektüre ist anspruchsvoll, ich benötigte volle Konzentration, fand aber auch viele interessante Gedanken und Beschreibungen. So inspirierte der Roman mich einerseits und brachte mich zum Nachdenken. Anderseits berührte er mich aber auch sehr, erweckte Mitgefühl, bedrückte und ließ mich traurig werden. Gleichzeitig amüsierte ich mich jedoch auch über diesen hintergründigen, etwas schwarzen und trockenen Humor.
    Etwas genervt war ich aufgrund einer Redundanz, man hätte großzügiger kürzen können, zudem auch die letzten 50 Seiten für mich eher unnötig waren.

    Der Roman ist sehr komplex. Politische, feministische, psychologische und soziologische Themen, aber auch Fragen über Wahrnehmung, Sprache und Erkenntnis werden hier dargestellt.
    Mir gefiel dieser etwas eigenwillige Roman sehr gut, er klingt immer noch nach und wird mich auch weiterhin beschäftigen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 3 Sterne

    15 von 19 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 21.05.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Anstrengend, aber nicht schlecht

    Puh, dieses Buch ist eine Herausforderung. Ich bin hier ganz unbedarft herangegangen, ohne mich vorher groß zu informieren. Entsprechend schwer fiel mir der Einstieg. Ich hatte zunächst kaum eine Ahnung, wovon die Autorin redet, was der Sinn dieses Romans ist, worum es eigentlich geht. Als ich ein wenig recherchiert hatte, gelang es mir besser, das erwähnte Gebiet diesseits und jenseits der Grenze, das Land jenseits der See und die verschiedenen Religionen und Paramilitärs einzuordnen und in die Handlung hineinzufinden. Aber was heißt hier Handlung? Handlung gibt es eher wenig - alles ist aus der Sicht der namenlosen Erzählerin geschildert und besteht zu einem Großteil aus deren Gedanken. Seitenlange Monologe erleichtern das Lesen nicht gerade. Es ist schwer, die Konzentration aufrechtzuerhalten, wenn einem zwischendurch kein Absatz zum Verschnaufen geboten wird.

    Dabei ist nicht nur die Protagonistin ohne Namen. Nein, alle Figuren werden nur mit ihrer Funktion bzw. einer Art Spitznamen benannt, z.B. Milchmann (der gar kein Milchmann ist), Vielleicht-Freund, Schwester Eins oder Schwager Drei. Das ist schon sehr gewöhnungsbedürftig.

    Die Autorin hat eindeutig etwas zu sagen. Ich frage mich nur, warum sagt sie es nicht einfach? Warum redet sie ellenlang um den heißen Brei herum und kommt nicht zu Potte? Warum packt sie ihre Aussage in dermaßen verschwurbelte Sätze? Warum macht sie es dem Leser künstlich so schwer?

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 2 Sterne

    17 von 31 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    sommerlese, 23.02.2020

    Als Buch bewertet

    Mit ihrem Roman "Milchmann" hat die irische Autorin Anna Burns den Man Booker Prize 2018 gewonnen. Das Buch erscheint im Tropen Verlag.


    Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines mächtigen und erschreckend älteren Mannes auf sich, Milchmann. Es ist das Letzte, was sie will. Hier, in dieser namenlosen Stadt, erweckt man besser niemandes Interesse. Und so versucht sie, alle in ihrem Umfeld über ihre Begegnungen mit dem Mann im Unklaren zu lassen. Doch Milchmann ist hartnäckig. Und als der Mann ihrer älteren Schwester herausfindet, in welcher Klemme sie steckt, fangen die Leute an zu reden. Plötzlich gilt sie als »interessant« – etwas, das sie immer vermeiden wollte. Hier ist es gefährlich, interessant zu sein. (Klappentext)

    Vor dem Hintergrund Nordirlands zeigen sich die Probleme und der gewalttätige Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Autobomben und Gewalt sind an der Tagesordnung. Auch die Erzählerin ist davon betroffen, dieser Konflikt bestimmt den Alltag der Menschen und beeinflusst sie in ihrem Tun. Die bedrohliche Situation, herrschende Moralvorstellungen und das Gerede der Mitmenschen betreffen auch die Erzählerin, ihr wird eine Beziehung zum Milchmann vorgeworfen, dabei verabscheut sie ihn aufs tiefste. Der feministische Ansatz ist hier noch der entscheidende Inhalt, der mir beim Lesen interessant vorgekommen ist.


    Die Erzählerin ist gerade mal 18 Jahre alt, hat ihren Vater und Brüder verloren und wenn es nach ihrer Mutter ginge, wäre sie bereits verheiratet. Ihr stellt ein älterer Mann nach, der Milchmann, dem sie lieber aus dem Weg geht. Sie fühlt sich aber auch vom allgemeinen Misstrauen und der täglichen Gewalt bedrängt. Gerne hätte ich mit der Erzählerin ihre Erlebnisse, Gefühle und Gedanken mehr geteilt. Doch sie springt von einem Thema zum nächsten, was konfus wirkt und sehr erschwerend zu lesen ist. Die Ablehnung gegen den Milchmann ist aber noch das offensichtlichste, was man mitbekommt. Sie versucht, ihr Leben selbst zu bestimmen und sich vor männlichen Andeutungen und Übergriffen zu schützen, das wird deutlich. Aber insgesamt ist der Inhalt zu wirr und konfus und lässt einfach zu wünschen übrig. Deshalb konnte mich die Geschichte mit ihren monoton und endlos aufgezählten Belanglosigkeiten über die volle Länge des Buches einfach nicht mitnehmen. Ich war mehr als einmal versucht, das Buch abzubrechen.


    Der besondere Schreibstil hat schon etwas, er ist mit den grübelnden Betrachtungen teilweise brillant, dann aber durch die langen und verschachtelten Sätze auch sehr schwer zu lesen. Oft fehlt einfach der Bezug zu den aktuellen Vorgängen, die Erzählerin schweift ab, hinterfragt die Rollen von Männern und Frauen und deutet immer wieder die Unterdrückung und das machohafte Verhalten von Männern an.


    Anfangs noch interessant, aber über die Länge des Buches hat mich die Betitelung der Charaktere immer mehr gestört. Sehr vage und distanziert nennt die junge Frau keine wirklichen Namen, nennt sie Tablettenmädchen, Schwester 1 oder Schwager 2, also unbestimmte Personen, die an mir vorbeischwimmen und mich nicht erreichen. Ich konnte mir von den Personen kein Bild machen, zu undeutlich verschwimmen die Figuren durch die Namenlosigkeit.


    Dieses ungewöhnliche Buch findet sicherlich Leserinnen, die es wertschätzen. Man muss lange Sätze mögen und sich ziemlich hindurchkämpfen, deshalb lässt es mich leider enttäuscht zurück.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Webervogel, 23.03.2020

    Als Buch bewertet

    Anstrengend und Eindruck hinterlassend

    Mit „Milchmann“ verlangt die Autorin Anna Burns ihren Lesern einiges ab. Zum Beispiel stilistisch: Die Namen ihrer Protagonisten werden nicht genannt, nur ihre Spitznamen oder auch Bezeichnungen, die ausschließlich die namenlose Hauptfigur verwendet. Da gibt es „Vielleicht-Freund“, „Tablettenmädchen“ „Irgendwer McIrgendwas“, „Kleine Schwestern“ und natürlich „Milchmann“, nach dem dieser Roman benannt ist. Auch die Ich-Erzählerin wird ihrer jeweiligen Rolle gemäß angesprochen, z.B. als „Vielleicht-Freundin“, „Älteste Freundin“, „Tochter“ und „Mittelschwester“. Welche Position „Milchmann“ ihr zugedacht hat, ist allerdings lange unklar. Sicher ist nur: Der wesentlich ältere Mann sucht die Nähe der 18-Jährigen. Und dadurch fällt sie plötzlich auf, obwohl sie niemals auffallen wollte, denn das kann in einer Gesellschaft, in der jeder jeden belauert und verdächtigt, nur gefährlich werden.
    Der Roman spielt in den 1970er Jahren in Nordirland, wobei letzteres zu keinem Zeitpunkt explizit genannt wird. Es gibt sehr viel „uns“ und „die anderen“, wobei letztere sich noch einmal in die „auf der anderen Seite der Hauptstraße“ und die „auf der anderen Seite der See“ aufspalten. Es herrschen jede Menge ungeschriebener Verhaltensregeln, z.B. Paramilitärs zu unterstützen, in keinem Fall ein Krankenhaus aufzusuchen und nicht im Gehen zu lesen.

    Apropos lesen: Wie liest sich das Ganze denn nun? Wie sich vielleicht schon erahnen lässt: verwirrend. Anstrengend. Dass das Buch in größten Teilen als ein langer, innerer Monolog der zunehmend verunsicherten und verängstigten Hauptfigur daherkommt, macht die Lektüre nicht einfacher. Über lange Strecken passiert wenig, stattdessen wird viel reflektiert, wobei manchmal auch schwarzer Humor aufblitzt und die Absurdität der ganzen Situation immer stärker herausgearbeitet wird. Dabei hatte ich oft das Gefühl, dass mir zwischen den Zeilen eine ganze Menge entgehen könnte, da ich einfach viel zu wenig über die nordirische Geschichte weiß.
    Unverwechselbar ist der Roman zweifellos, inhaltlich und stilistisch habe ich sicher noch nichts Derartiges gelesen. Die eindringlichen Beschreibungen des Lebens in einer toxischen, von Willkür und allgemeinem Misstrauen geprägten Atmosphäre werden mir sicherlich im Gedächtnis bleiben. Beeindruckt hat mich „Milchmann“; weiterverschenken würde ich dieses Buch jedoch nicht. Der Roman ist eher schwere Kost – ob man sich darauf einlassen will, muss jeder für sich selbst entscheiden.

    Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    AnnaMagareta, 14.03.2020

    Als Buch bewertet

    Anspruchsvoll – anstrengend - lohnenswert

    „Milchmann“ ist der erste Roman der Autorin Anna Burns, der in Deutsch veröffentlicht wurde. Die verschiedenen Auszeichnungen, die der Roman erhielt, haben mich neugierig gemacht und ich war gespannt, ob der Roman meinen Erwartungen entsprechen würde.

    Anna Burns berichtet aus der Ich-Perspektive der Protagonistin erzählt. Sie wird von einem wesentlich älteren und einflussreichen Mann – dem Milchmann – gestalkt und zieht dadurch die Aufmerksamkeit der Leute auf sich, die ihr eine Affäre anhängen. Dies ist aber nur das Grundgerüst des Romans, in dem es vielmehr – um die politischen und religiösen Konflikte, die Menschen und das gesamte Zeitgeschehen der 1970er Jahre in Irland – geht.

    Die Ausdrucksweise der Autorin erfordert viel Aufmerksamkeit. Die Sätze sind lang und verschachtelt und der Schreibstil subtil, trocken und sarkastisch.

    Die Charaktere haben keine Namen, sondern werden durch ihren Bezug zu der Protagonistin oder andere Eigenarten benannt. Dadurch fand ich es schwierig eine Verbindung zu ihnen aufzubauen und sie blieben mir eher fern. An einigen Stellen ging mir die Autorin ein wenig zu sehr ins Detail und ich hätte gerne auf die brutalen Einzelheiten und das daraus folgende Kopfkino verzichtet.

    In dem Buch steckte neben der Geschichte um die Protagonistin und den Milchmann so viel an historischen Hintergründen, Andeutungen, Fakten, die sich bis in die Gegenwart ziehen, dass es wahnsinnig aufwühlend ist und eine unglaubliche Brisanz enthält.

    Es ist kein Roman, der unterhält und mit dem man sich wohlfühlt, aber einer der aufrüttelt, erschreckt und den man lange im Gedächtnis behält.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 2 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    makkipakki, 19.04.2020

    Als Buch bewertet

    Die Ich-Erzählerin ist achtzehn Jahre alt und wird begehrt. Zu ihrem Leidwesen jedoch nicht von einem gleichaltrigen Jungen Mann, sondern einem doppelt so alten. Und schon beginnt ein Roman über die Rolle von Mann und Frau in Nordirland des letzten Jahrhunderts.

    Das Cover ist schlicht, zeigt nur den Titel, keine klar zu erkennenden Figuren. Die Farbgestaltung ist aber recht ansprechend und in gewissem Maße ein Eyecatcher. Das keine wirklich identifizierbaren Figuren auf dem Cover sind, ist definitiv Vorbote für die Handlung.
    Die Handlung ist irgendwie ein einziger Monolog und plätschert so vor sich hin. Klar gibt es den einen oder anderen Spannungsmoment. Allerdings doch recht wenige und dann irgendwie auch nicht so wie erhofft. Während der Klappentext noch ganz Verheißungsvoll klang, ist das Buch irgendwie langweilig.
    Die Personen haben keine Namen, das belastet mich als Leser sehr, den Cousin 2 und 3 kann ich so noch schlechter unterscheiden. Wahnsinnig, was so ein Name ausmacht, aber dadurch, dass sie in diesem Buch gänzlich fehlen und jeder nur nach seiner Job oder anderen Merkmalen benannt wird, verlieren die Charaktere für mich an Tiefe. Einzig die Erzählerin lernen wir, zu, gut kennen.
    Sprachlich mag dieses Buch eine Innovation sein. Mich reizte es dann doch nicht so. Der monologartige Erzählstil, das verschmelzen von Vergangenheit und Gegenwart, alles das ließ mich irritiert als Leser zurück.

    Ich habe gekämpft mit diesem Buch, wirklich bis zum Schluss. Umsonst hat es sicher keine Preise bekommen, aber mich sprechen nicht unbedingt Bücher an, die ein Kunstwerk sind, sondern einfach Unterhaltungsliteratur. Und bei diesem Buch habe ich das Gefühl, dass ich eine bestimmte Ebene nicht verstanden habe.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 1 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marianne, 29.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Ein 18jähriges Mädchen leidet unter der unerwünschten Aufmerksamkeit eines doppelt so alten Mannes, dem sogenannten Milchmann. Viel zu oft erscheint er plötzlich an ihrer Seite. Dem Mädchen ist das sehr unangenehm, vor allem fürchtet sie sich vor den bösen Gerüchten, die dadurch über sie entstehen.

    Sie lebt in einer merkwürdigen Gesellschaft, in der die Rollen von Mann und Frau klar definiert sind, die Familien groß sind, und Angst das Leben bestimmt.

    Der Erzählstil dieses Buchs ist sehr ungewohnt. Es geschieht nicht viel in diesem langen Monolog der Erzählerin. Die Charaktere haben keine richtigen Namen, die Erzählerin ist einfach die mittlere Schwester, ihre Schwäger werden durchnummeriert, und ihr Freund ist noch nicht einmal das, sondern nur ein „Vielleicht-Freund“. Das hat vermutlich einen raffinierten literarischen Grund, nicht umsonst wird dieses Buch einige Buchpreise gewonnen haben. Aber für den gewöhnlichen Leser, der eine entspannendes Lese-Erlebnis sucht, wirkt das verwirrend. Es macht auch die Identifikation mit den einzelnen Personen schwerer.

    Der Hintergrund dieses Buchs ist der Nordirlandkonflikt in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Autorin hat selbst diesen Konflikt in ihren Jugendjahren erlebt. Das Buch gibt aber nur wenige Hinweise darauf, dass es diesen Konflikt zum Thema hat. Die Erlebnisse lassen sich auf das Leben in einem beliebigen totalitären Regime übertragen.

    Die Erzählweise ist nicht lesefreundlich, mit langen Kapiteln und Sätzen. Die Erzählerin schweift zwischen verschiedenen Themen hin und her. Stellenweise wirkt ihre langatmige Erzählung wie die Wiedergabe eines Traums. Manchmal schimmert ein bisschen versteckter Humor durch, was erfrischend wirkt. Doch durch die monotone Erzählweise wirkt das Buch insgesamt sehr emotionslos. Auch das ist sicher ein literarisches Mittel, das die Überlebensmechanismen der Menschen in dieser Zeit widerspiegelt, beim Lesen ist das aber eher unangenehm.

    Fazit: Ein störrisches Buch, das sicher einige begeisterte Leser finden wird. Schreibstil und Inhalt sind gewöhnungsbedürftig, darum wird es vermutlich viele Leser geben, die das Buch nach wenigen Seiten weglegen. Es ist wie bei der Kunst; einige lieben abstrakte, moderne Experimente, andere genießen eher ein schönes, wohltuendes Gemälde. Ein einfach zu lesender Roman ist dieses Buch sicher nicht.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 1 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marie aus E., 15.05.2020

    Als Buch bewertet

    So viele Preise hat das Buch gewonnen und so viele begeisterte Pressestimmen erhalten.

    "Komisch", "Unterhaltsam" "Sätze so ungewöhnlich und rhythmisch" sind Schlagworte aus Kritiken.
    Ich habe wohl ein anderes Buch gelesen. Sätze, die ellenlang und verschachtelt waren, keine Spur von Unterhaltung geschweige denn Komik boten und bei denen ich mich stundenlang durch das Buch gequält habe.

    Skizziert wurde das Leben im Krieg, einem religiös begründeten Krieg (dass es sich um den Nordirland-Konflikt handelt, hat sich mir aus der Lektüre heraus nicht erschlossen, ich habe zuerst eine Handlung in der Zukunft vermutet, war dann aber durch die Erwähnung von Hits der 80er irritiert). Die ständige Existenz von Denunziation, Gewalt, Tod und insgesamt eine von Männern dominierten Gesellschaft mit entsprechenden Wertevorstellungen wurde zwar gut transportiert, allerdings konnte mich die Handlung überhaupt nicht mitnehmen. Sie war mir zu diffus, zu schwammig, für über 400 Seiten gab es viel zu viele Wiederholungen.


    Dazu noch die Sprache - die Autorin lässt ihre Charaktere namenlos, die ausschließliche Verwendung der Familienstellung (kleine Schwestern, Schwager 1, Schwager 3 usw.) war auf Dauer sehr anstrengend zu lesen.
    Auch zur Erzählerin konnte ich keinerlei Bezug aufbauen.

    Was bleibt, war das unbeschreibliche Gefühl der Erleichterung, als ich das Buch endlich "geschafft" hatte - und die Frage, warum ich nur nicht frühzeitig abgebrochen habe.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 1 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lesemone, 11.02.2020

    Als Buch bewertet

    Was an diesem Buch ein Weltbestseller sein soll, ist mir rätselhaft. Das war mit Abstand das fürchterlichste Buch, welches ich in den letzten Jahren gelesen habe und ich ärgere mich sehr, über die vergeudete Lesezeit! Die Autorin hat eine kalte, distanzierte Schreibweise, die bei mir absolut nicht ankam. Das Buch ist in lediglich 7 Kapitel aufgeteilt und dadurch sind die Kapitel ellenlang. Dazu kommt noch, dass die Geschichte in einem fortlaufend monotonen Stil erzählt wird. Es gibt keine Namen, was die Distanz zu den Charakteren noch verstärkt. Die Protagonistin erzählt vom Vielleicht-Freund, die Schwager sind durchnummeriert, ebenso die Schwestern. Die Mutter ist ständig in Panik weil die 16-jährige Protagonistin noch nicht verheiratet ist. Gehts noch? Außerdem holt die Autorin mit sehr vielen Nebensächlichkeiten zu weit aus. Sie lässt die Protagonistin ein paar Sätze schildern, um dann seitenweise mit was ganz anderem zu kommen, um dann danach wieder auf das eigentliche Thema zurückzukommen. Ich fand das Buch einfach nur schrecklich und kann leider keine Leseempfehlung aussprechen!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 1 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    m, 18.02.2020

    Als Buch bewertet

    Hat mich nicht beeindruckt
    Mir hat der "Milchmann" nicht gefallen, die Erwartungen durch Waschzettel und Leseprobe nach einem lesenswerten, interessanten Roman haben sich leider nicht erfüllt. Die Geschichte an sich ist meiner Meinung nach gar nicht richtig in Schwung gekommen, es wurde so viel "herumgeschwafelt", daß ich gar keine Lust hatte weiter zu lesen. Zudem fand ich es sehr die Geschichte störend, daß die Protagonistin und auch alle anderen Personen in der Geschichte keine Namen haben sonder mit Schwester 1, Schwager 3 oder ähnlichem bezeichnet wurden. So waar eine Identifizierung mit Personen der Geschichte nicht möglich. Außerdem habe ich die Kapitel als viel zu lang empfunden und irgendwie "ohne Punkt und Komma". Der Geschichte fehlen meiner Meinung nach die Höhen und Tiefen in der Handlung. Ganz klar, kein Buch für mich.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 1 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    meg, 18.02.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Hat mich nicht beeindruckt
    Mir hat der "Milchmann" nicht gefallen, die Erwartungen durch Waschzettel und Leseprobe nach einem lesenswerten, interessanten Roman haben sich leider nicht erfüllt. Die Geschichte an sich ist meiner Meinung nach gar nicht richtig in Schwung gekommen, es wurde so viel "herumgeschwafelt", daß ich gar keine Lust hatte weiter zu lesen. Zudem fand ich es sehr die Geschichte störend, daß die Protagonistin und auch alle anderen Personen in der Geschichte keine Namen haben sonder mit Schwester 1, Schwager 3 oder ähnlichem bezeichnet wurden. So waar eine Identifizierung mit Personen der Geschichte nicht möglich. Außerdem habe ich die Kapitel als viel zu lang empfunden und irgendwie "ohne Punkt und Komma". Der Geschichte fehlen meiner Meinung nach die Höhen und Tiefen in der Handlung. Ganz klar, kein Buch für mich.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 2 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    brauneye29, 24.02.2020

    Als Buch bewertet

    Zum Inhalt:
    Als junge Frau will man vieles, aber meistens nicht dass ein alter Mann Interesse für einen zeigt, auch wenn er mächtig ist. Als genau das aber passiert, versucht sie trotzdem alle darüber im Unklaren zu lassen, was wirklich dahinter steckt. Sie versucht ihren Weg zu gehen auch wenn die Gesellschaft, in der sie sich bewegt, Gerüchte erfindet und mögliche Fehltritt fatale Folgen haben könnten.
    Meine Meinung:
    So manche Bücher, die hoch gelobt werden, polarisieren. Dieses Buch ist so ein Buch. Wenn ich so manche Rezension lese, die total euphorisch daher kommt, bin ich eher auf der Seite, mich zu fragen, was die Leute in diesem Buch sehen. Mir sagt das Buch nichts, der Schreibstil ist irgendwie schwurbelig und liest sich auch nicht sonderlich gut. Die Geschichte ist für mich völlig uninteressant und nach meiner Meinung völlig überbewertet. Ich musste mich fast zusammen reißen, dass Buch überhaupt zu Ende zu lesen. bein, mein Buch ist das wahrlich nicht.
    Fazit:
    Nicht mein Buch

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    5 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    begine, 22.02.2020

    Als eBook bewertet

    Ungewöhnlicher Roman
    Die irländische Autorin Anna Burns schreibt mit „Milchmann“ einen ungewöhnlichen Roman. 2018 bekam sie für diesen Roman den Booker Prize.

    Dieses Buch ist ein einziges Vielleicht.
    Die Handlung findet während des Nordirlandkonflikts in den 70er und 80er Jahre statt. Es ist ein Roman ohne Namen und wird von einem Mädchen erzählt. Da gibt es den Milchmann. Den Chefkoch, vielleicht Freund , Tablettenmädchen, erste, zweite und dritte Schwester. Milchmann scheint ein gefährlicher Man zu sein.
    Die Protagonistin fantasiert vor sich her. Zwar zeigt sie uns auch die Turbulenzen der Zeit, aber so anonym ist es für mich etwas schwierig zu lesen. Ich konnte mich langsam in den Roman einlesen und war dann doch noch einigermaßen zufrieden.
    Über dieses Buch sollte sich jeder seine eigenen Gedanken machen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Rinoa, 08.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Dieses Buch ist anders: Es fordert einen, packt einen (manchmal auch da, wo es wehtut), es regt zum Nachdenken an, aber es ist auch, trotz des nicht einfachen Themas, unterhaltsam, skurril und gespickt mit feinem Humor.

    Am Ungewöhnlichsten war für mich, dass es keine Namen gibt. Andererseits birgt das auch keine Gefahr, die handelnden Personen zu verwechseln, sie sind klar nach Verwandtschaftsgrad oder auch Eigenschaften benannt, bleiben dadurch aber auch irgendwie gesichtslos und bedienen gewisse Stereotypen.
    Mir hat das beim Lesen allerdings keine Schwierigkeiten bereitet, im Gegenteil: Ich fand es äußerst passend zur ganzen Geschichte und dem Schreibstil der Autorin.

    Wobei wir schon beim nächsten Punkt wären. „Milchmann“ ist nicht einfach zu lesen, die Sätze und also Gedanken der Ich-Erzählerin sind lang, verschachtelt, manchmal verworren, stecken voller Wiederholungen, wirken teilweise distanziert und haben mich (trotzdem oder gerade deshalb) in einen regelrechten Strudel gezogen. Und es ist einfach großartig geschrieben.
    Atemlos bin ich den Geschehnissen und manchmal auch Nicht-Geschehnissen gefolgt, unfähig einfach aufzuhören, erst am Ende eines jeden langen Kapitels konnte ich kurz verschnaufen. Doch nur, um dann gleich wieder weiterlesen zu wollen, ja fast zu müssen.

    Ich war auch sehr gespannt, wie – wenn überhaupt – die Autorin die Geschichte auflösen wird; eine wirkliche Überraschung habe ich allerdings nicht erwartet, dafür waren zu viele (wichtige) Dinge bereits vorweggenommen worden.
    Trotzdem hatte ich mir doch ein bisschen mehr erwartet oder besser gesagt, etwas anderes; so ganz stimmig war es für mich nicht.

    Aber das ist eher Jammern auf hohem Niveau, denn ich kann vollkommen verstehen, dass Anna Burns für „Milchmann“ den Man Booker Prize erhalten hat. Auch wenn das Buch sicher polarisiert, mir hat es wirklich sehr gut gefallen.
    Ich kann nur jedem empfehlen, sich auf die Lektüre einzulassen, auch wenn der Beginn möglicherweise etwas zäh erscheint. Am Ende wird man mit großartiger Literatur belohnt.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    bookloving, 11.05.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    *Intensiver, aufrüttelnder aber sehr anstrengend zu lesender Roman*
    Der Roman » Milchmann « aus der Feder der nordirischen Autorin Anna Burns wurde bereits 2018 mit dem Man Booker Prize - dem bedeutendsten britischen Literaturpreis - ausgezeichnet und ist nun auch auf Deutsch erschienen.
    Es ist ein faszinierender, aufwühlender und äußerst eindringlich geschriebener Roman mit sehr bissigem Humor, der eine sehr ernste und erstaunlich aktuelle Thematik behandelt, macht er doch deutlich wie nachhaltig der Alltag durch einen Bürgerkrieg beeinträchtigt werden kann und welche Auswirkungen die permanente Gewalt auf die Zivilgesellschaft hat.
    Obwohl die Autorin bewusst den Handlungsort, die Schauplätze und sogar das Zeitkolorit weitgehend unkenntlich gemacht hat und beispielsweise mit „jenseits der See“ oder „jenseits der Grenze“ umschrieben hat, fällt einem die Verortung der Handlung nicht schwer. Ihre Geschichte ist während des Nordirland-Konflikts in den 1970ger Jahren in einem katholischen Viertel in Belfast angesiedelt – einem Bürgerkrieg, in dem Autobomben, Erschießungskommandos und Tote den Alltag beherrschten.
    Bereits der verstörende Beginn des Romans mit dem ersten Satz „Der Tag, an dem Irgendwer McIrgendwas eine Waffe auf die Brust setzte, mich ein Flittchen nannte und drohte, mich zu erschießen, war auch der Tag, an dem der Milchmann starb." konfrontiert uns mit einer schockierenden Welt voller Gewalt und Brutalität.
    Die 18-jährige namenlose Ich-Erzählerin schildert rückblickend über eine Verkettung von ungeheuerlichen Ereignissen, die man zunächst gar nicht richtig einzuordnen vermag. Unbeabsichtigt hat die junge Erzählerin die Aufmerksamkeit eines über 40-jährigen Manns, der ein hochrangiger und hochgeschätzter Untergrundkämpfer ist und von allen „Milchmann“ genannt wird, auf sich gezogen. Obwohl sie ihm keine Beachtung schenkt, lauert er ihr beim Joggen regelmäßig auf und stalkt sie hartnäckig. Schon bald gehen Gerüchte im Viertel um und ihr wird eine Affäre ihm unterstellt.
    Aus Sicht der Erzählerin erfahren wir hautnah wie sehr die permanente Angst vor Begegnungen mit Milchmann und die kursierenden Gerüchte ihr nicht nur psychisch sondern zunehmend auch physisch zusetzen.
    Die Autorin bedient sich einer besonderen, Mitte des 18. Jahrhunderts eingeführten, nicht-linearen Erzähltechnik, bei welcher der Erzählschwerpunkt weniger auf der eigentlichen Handlung liegt, sondern eher assoziative und sehr ausschweifende Betrachtungen an Erzähltes anknüpfen. Obwohl es anfangs äußerst schwierig ist, sich in den ungewöhnlichen und sehr anstrengenden Schreibstil der Autorin mit viel schwarzem Humor hineinzufinden, dauert es nicht lange, bis man dem sehr authentisch wirkenden, inneren Monolog und endlos mäandrierenden Gedankenfluss der Ich-Erzählerin gebannt folgt. Die sehr vielschichtig angelegte Protagonistin wird als eine eigenwillige, kritisch eingestellte und sehr clevere junge Frau geschildert, die am liebsten den Kopf in alte Schmöker aus dem 18. Jahrhundert steckt und im Gehen liest, um bloß nicht aufzufallen. Von allen Seiten wird sie mit verschiedensten Erwartungen konfrontiert und unter Druck gesetzt, so dass sie weit davon entfernt ist, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
    Sehr unmittelbar nehmen wir Anteil an der intensiven Innenansicht der Hauptfigur, ihren sehr abschweifenden Gedanken und ambivalenten Einstellung zu ihrem Alltag und dem Leben in ihrem Bezirk, das geprägt ist von Tratsch, Misstrauen, Verleumdungen, Bespitzelungen und permanenter Angst. Alles unterliegt den strengen, oft widersinnigen Regeln der Gemeinschaft, denen man sich unterzuordnen hat. Gekonnt beschwört die Autorin einen unglaublich komplexen, höchst beklemmenden und kafkaesk anmutenden Mikrokosmos herauf, der sich während der langandauernden Konflikte herausgebildet und immer absurdere Züge angenommen hat. Sie schildert anhand einer Vielzahl von Beispielen eine Gesellschaft mit komplexen Loyalitätsregeln, die totalitäre Züge trägt, und ein Urmisstrauen gegen die Staatsgewalt und ihre Einrichtungen besitzt und verdeutlicht, was alles unter dem schädlichen Klima von Unterdrückung durch das Patriachat und der Kirche schiefläuft.
    Faszinierend ist es mitzuerleben, wie die Protagonistin, die eigentlich unauffällig sein und sich aus den politischen Konflikten heraushalten möchte, mit ihrer schrägen, desinteressierten und distanzierten Art diesen seltsamen Mikrokosmos stört und zunehmend in den Augen der anderen suspekt erscheint. So verselbständigen sich allmählich die Gerüchte um sie immer mehr und eine Kaskade von fatalen Verwicklungen nimmt unaufhaltsam seinen Lauf. Doch in all dem Irrsinn und der Gewalt gibt es auch Hoffnungsträger wie die Themenfrauen und den Echten Milchmann.
    Trotz aller Surrealität erzählt Anna Burns aber auch eine sehr beklemmende, authentische Geschichte über gesellschaftliche Entwicklungen, die auch auf andere Regime oder Bürgerkriegsgebiete übertragbar ist und sogar als Mahnung vor aktuellen Entwicklungen gedeutet werden kann.
    FAZIT
    Ein unglaublich intensiver, aufrüttelnder Roman über das Leben im Nordirland der 1970er-Jahre, der einen noch länger beschäftigt! Eine sehr anstrengende, herausfordernde aber lesenswerte Lektüre!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein