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  • 5 Sterne

    9 von 11 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    mimitatis buecherkiste, 05.10.2022

    Als Buch bewertet

    Vor fast drei Jahren veränderte sich das Leben von Bird, als seine Mutter Margaret fortging, sie verließ ihn und seinen Vater, kam nie mehr zurück. Zu Hause wird nicht mehr über sie gesprochen, es ist, als habe sie nie existiert, und Bird heißt nun Noah. Als er per Post eine seltsame Zeichnung erhält, ist er überzeugt davon, dass diese von seiner Mutter stammt. Er beginnt nachzuforschen, was schlimme Folgen nach sich ziehen kann, schließlich ist PACT in Kraft und Kinder können verschwinden, wenn die Regierung es will. Es sind harte Zeiten und Ungehorsam wird gnadenlos bestraft.

    „Der Preserving American Culture and Traditions Act, PACT, das Gesetz zur Erhaltung amerikanischer Kultur und Traditionen. In der Vorschule nannten sie es ein Versprechen: Wir versprechen, die amerikanischen Werte zu schützen. Wir versprechen, aufeinander aufzupassen. Jedes Jahr lernen sie das Gleiche, nur in bombastischeren Worten.“ (Seite 22)

    Schon nach den ersten Seiten ist mir klar, dass die Geschichte sich nicht in unserer Zeit abspielt. Erst sind es Hin- und Verweise auf ein Gesetz, das mir vollkommen unbekannt ist, dann aber Geschehnisse, die ich mir kaum vorstellen kann. Der erste Teil dreht sich hauptsächlich um Bird, um seine kindliche Sicht; was er glaubt, was passiert ist beziehungsweise an was er sich erinnert. Diese Sicht ist unvollständig, verzerrt und nicht immer stimmig, was natürlich damit zusammenhängt, dass Bird ein Kind ist und zum Zeitpunkt des Verschwindens von Margaret nicht mal neun Jahre alt. Die vielen Hinweise und Andeutungen, was geschah, sind zwar interessant und machen mich neugierig, aber es ist ein ruhiger Teil, der nicht sonderlich aufregend ist. Dennoch bin ich seltsam gebannt und gespannt darauf, ob ich mehr über die Vergangenheit erfahren werde.

    Im zweiten Teil ist es soweit, endlich werden meine Fragen beantwortet und die Lücken gefüllt. Nun bin ich mir sicher, dass ich eine Dystopie lese, dass die Story mehr Fiktion als Realität ist, obwohl erschreckende Parallelen nicht von der Hand zu weisen sind, wenn auch die Ethnie nicht stimmt. Rückwirkend ergibt sich nun erstaunlicherweise eine komplett andere Richtung, was mich staunen und durch die Seiten fliegen lässt. Die Welt, die Celeste Ng vor meinen Augen entstehen lässt, macht mir Angst, denn so abwegig ist eine solche nicht. Ein Szenario, das so ähnlich bereits in vielen Teilen der Welt für viele Menschen Realität ist, abscheulich und verachtend, erschütternd und krank.

    Ich hatte keine Ahnung, wie dieses Buch enden könnte und war gespannt auf die Auflösung im dritten Teil. Das Ende ist anders als gedacht, allerdings könnte ich mir kein anderes vorstellen, weil es so gut zum Gesamtbild passt. Es ist ganz schön traurig, aber auch traurig schön. Emotional und ergreifend endet die Erzählung und stimmt mich nachdenklich, wozu auch das Nachwort der Autorin beiträgt, das einiges erklärt. Ein wunderbares Buch über ein Thema, das wohl alle angeht, ob sie Kinder haben oder auch nicht. Über eine Ungerechtigkeit, die gerade überall auf der Welt tatsächlich passiert. Grandios umgesetzt und in eine Geschichte verpackt, die berührt, erschüttert und hoffentlich aufrüttelt. Volle Punktzahl mit Sternchen gibt es dafür von mir. Lesen!

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Celia K., 07.11.2022

    Als Buch bewertet

    Ich habe mich wirklich sehr gefreut auf dieses Buch weil ich Celest Ng bereits in den letzten Jahren verfolgt habe, seit sie im Buchclub von Reese Witherspoon gefeatured wurde.

    Schon auf den ersten Seiten habe ich gemerkt dies ist ein ganz besonderes Buch, denn es erzählt nicht nur die Geschichte von Bird der seine Mutter sucht, sondern transportiert über die Handlung etwas viel tiefgründigeres.
    Die Geschichte spielt in Cambridge und New York in einer fiktiven Gegenwart oder naher Zukunft und doch hatte ich immer wieder das Gefühl es wird mir eigentlich ein Spiegel für die Probleme der aktuellen Zeit und Situation auf der Welt vorgehalten. Bird sucht also seine Mutter. Es ist schnell klar, das in dieser Parallelwelt, die Asiaten geächtet werden und es zur neuen Staatssicherheitsform PACT in den USA, eine Protestorganisation gibt, deren Motto " unsere verschwundenen Herzen" ist.
    Es wird auch schnell klar, dass Birds Mutter irgendwie in diese Protestorganisation verstrickt ist, denn der Slogan kommt von ihr.
    Bird wird von seinem Vater alleine aufgezogen und dazu angehalten nicht aufzufallen und möglichst in der Masse unterzutauchen, doch eines Tages erreicht Bird ein Brief seiner Mutter und er begibt sich auf die Suche nach ihr.
    Was mich am meisten an diesem Buch bewegt hat, ist die Tiefe die diese Geschichte hat. Es geht um so viel mehr als nur um die Suche eines Kindes nach seiner Mutter, sondern u die Frage nach dem "Warum" und wie weit Menschen sich durch die Obrigkeit des Staates beeinflussen lassen.
    Besonders aktuell finde ich dieses Thema lesenwert und dabei kam bei mir natürlich unwillkürlich die Frage auf, wie die Autorin es gemacht hat so aktuell zu sein mit ihrem Thema, denn als sie dieses Buch geschrieben hat, war dies ja vor einigen Monaten oder Jahren und doch könnte ich mir keinen passenderen Zeitpunkt denken in dessen Kontext dieses Buch herausgegeben werden könnte.

    Besonders berührt hat mich dieses Buch, da es auch um verlorene Kinder geht und dies ja aktuell auch im Krieg der Fall ist, das Kinder ihren Eltern entrissen und somit ihrer Identität beraubt werden. Ausserdem geht es wie immer um das Thema Angst und das viel zu oft die Menschen einfach eine Personengruppe heraussuchen und diese verantwortlich machen für das allgemeine Unglück und dann einen Schuldigen haben der bekämpft werden kann.

    Ich möchte dieses Buch wirklich jedem ans Herz legen denn es ist einfach wunderbar und so tiefgründig, dass es noch lange nachhält und es sich sicher lohnen würde das Buch auch ein weiteres mal zu lesen.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Moontales, 29.09.2022

    Als Buch bewertet

    Sprach- und bildgewaltige, berührende Geschichte

    "Unsere verschwundenen Herzen" spielt in einem dystopischen Amerika und erzählt eine berührende Geschichte über eine Familie, die durch den Versuch der Regierung, die amerikanische Kultur zu bewahren (d.h. die Ausdrucksweise jeder anderen Kultur einzuschränken), auseinandergerissen wird. Unsere Hauptfigur Bird entdeckt einen mysteriösen Brief, der an ihn adressiert ist. Damit beginnt seine Reise, um seine Mutter zu finden, eine chinesisch-amerikanische Dichterin, die gezwungen war, die Familie zu verlassen, als Bird noch klein war. Während wir Bird auf seiner Reise begleiten, erfahren wir mehr über seine Familie und jeden herzzerreißenden Moment, der zum Weggang seiner Mutter führte.

    Obwohl dieses Buch als dystopisch bezeichnet wird, scheint es gar nicht so weit von unserer heutigen Gesellschaft entfernt zu sein; das Schweigen derjenigen, die sich gegen die Ungerechtigkeiten in der Welt aussprechen, und die Fähigkeit aller anderen, diese Ungerechtigkeiten, die direkt vor ihren Augen geschehen, zu ignorieren. Der Schreibstil der Autorin ist sehr eindrücklich und regt zum Nachdenken an. Das Buch klingt definitiv noch lange Zeit nach und bewegt, obwohl es recht "leise" geschrieben ist.

    Jeder Aspekt dieses Buches hat mich sehr bewegt, dass ich am Ende fast nur noch weinen konnte. Es ist eine Geschichte über Familie und Freundschaft, Rassentrennung, Veränderung und die Kraft der Stimme.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseratte1310, 29.09.2022

    Als Buch bewertet

    Ein Brief seiner Mutter bringt den zwölfjährigen Noah dazu, einiges in seinem Leben zu hinterfragen. Warum ist seine Mutter vor drei Jahren aus seinem Leben verschwunden und warum hat sich sein Vater so verändert? Nach Unruhen wurde in Amerika ein Gesetz erlassen, das wieder Sicherheit und Stabilität bringen sollte. Doch PACT sorgt für Misstrauen und Unterdrückung. Noah, der früher Bird genannt wurde, macht sich auf die Suche nach seiner Mutter.
    Diese Dystopie zeigt ein Szenario auf, welches nicht unrealistisch erscheint. Die Geschichte spielt in einem Amerika in naher Zukunft. Wenn etwas nicht richtig läuft, ist man geneigt, einen Schuldigen zu finden. Hier sind es nicht Menschen, denen man unamerikanisches Gedankengut und unpatriotisches Verhalten unterstellt, allen voran den asiatisch-stämmigen Menschen. Kinder werden aus angeblich unpatriotischen Familien genommen, Bücher werden zensiert und verbrannt, Denunziantentum wird gefördert. Alles schon mal dagewesen.
    Margaret Miu, Birds Mutter, ist drei Jahre zuvor verschwunden. Noah lebt mit seinem Vater beengt und zurückgezogen. Da über die Mutter nicht mehr geredet werden darf, erinnert sich Bird kaum noch. Doch der Brief seiner Mutter und seine Nachforschungen holen viele Erinnerungen hoch. Er will wissen, warum sie ihn verlassen hat. Dabei entdeckt er, dass es im Geheimen Widerstand gibt. Ich konnte mich in Bird hineinfühlen, aber auch das Verhalten seines Vaters konnte ich nachvollziehen, auch wenn ich mir ein wenig mehr Courage gewünscht hätte.
    Es ist eine Geschichte, die unter die Haut geht. Dabei hätten die Emotionen ruhig noch deutlicher dargestellt werden können. Dafür war die bedrückende und bedrohliche Atmosphäre in diesem tyrannischen Überwachungsstaat gut dargestellt
    Eine spannende und bedrückende, aber auch berührende Geschichte.

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  • 5 Sterne

    4 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Alina, 25.09.2022

    Als Buch bewertet

    Eindringlich - eine Dystopie, die keine ist

    Nach schweren wirtschaftlichen Krisen und Unruhen, findet sich die USA der nahen Zukunft wieder in einer scheinbaren Stabilität. Diese allerdings beruht auf neuen Gesetzen und Systemen, angeblich zur Wahrung der „amerikanischen Kultur“: Bücher werden entfernt, Internetzugang und Meinungsfreiheit sind stark zensiert, die Diskriminierung von Asiaten bleibt ungestraft und die Kinder von Menschen, die als unpatriotisch gelten, werden von ihren Familien getrennt.
    Seit dem seine Mutter Margaret, eine chinesisch-amerikanische Schriftstellerin, die Familie verließ als Bird neun Jahre alt war, lebt der nun 12-Jährige zusammen mit seinem Vater ein weitgehend ruhiges Leben. Doch als ein Brief seiner Mutter bei ihm eintrifft beginnt er (gefährliche) Fragen zu stellen…

    „Unsre verschwundenen Herzen“ ist ein dystopischer Roman, aber er fühlt sich so nah an unserem Hier und Jetzt und enthält so viele aktuelle Bezüge, dass das Wort Dystopie ihm fasst nicht gerecht wird.
    „Birds und Margarets Welt entspricht nicht unbedingt der unsrigen, aber irgendwie tut sie es doch.“
    Gleichzeitig zeichnet die Autorin wunderbare Symbole der Hoffnung: der (künstlerische) Widerstand, der Zusammenhalt und die Liebe, die zwischen den Figuren herrscht und nicht zuletzt die Bücher und Bibliotheken als Orte der Zuflucht.
    Der Roman ist auch eine Hymne an die Bedeutung der Bücher, Bibliotheken und Worte dieser Welt - den wie ihre Zensur immer wieder zeigt, fürchten autoritäre Regime und Tyrannen ihre Macht überall. Dieser Roman zeigt eindringlich, was ein einzelner Mensch und seine Geschichten und Wörter bewirken kann, aber auch um welchen persönlichen Preis.

    Wie schon bei ihren beiden Vorgängern gelingt Celeste Ng der perfekte Spagat zwischen Spannung, komplexen Beziehungsdynamiken und stark gezeichneten Charakteren, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben. Ngs Schreibstil ist dabei so ruhig und berührend und sie schafft es die Hilflosigkeit und Angst, ebenso wie die Hoffnung und Liebe glaubhaft einzufangen.

    Ich finde man kann „Unsre verschwundenen Herzen“ durchaus als einen „klassischen“ Ng bezeichnen - ein tief bewegender, eindringlicher, hoch aktuell und zwischen Dystopie und Hoffnung schwankender Roman, der eine klare Leseempfehlung verdient!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Buecherseele79, 03.10.2022

    Als Buch bewertet

    Amerika lebt neu, lebt anders. Nach jahrelanger wirtschaftlichen Instabilität und daraus entstehenden Protesten und Gewalt müssen sich alle an den "PACT" halten - dieser Verabschiedung sorgt für die Sicherheit der Amerikaner. Jedoch leiden gerade asiatisch aussehende Menschen und diesem Gesetz, auch der zwölfjährige Bird. Als er Post von seiner Mutter erhält will Bird alles wagen und beginnt seine Suche nach ihr...

    "So machte sie es immer, wenn sie ihm Geschichten erzählte. Sie öffnete Welten, durch die Magie einsickern konnte und alles möglich wurde. Nachdem sie weg war, hatte er aufgehört, an solche Fantasien zu glauben. Zarte, falsche Träume, die im Licht des Morgens zerfielen." (Seite 129)

    Der Titel " Unsere verschwundenen Herzen" wird noch intensiver und berührender wenn man dieses neue Buch von Celeste Ng gelesen hat.

    Der Schreibstil ist wieder einnehmend, bildhaft und berührend. Ich konnte nach kurzer Zeit das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

    Diese neue Welt, die Celeste Ng hier kreiert hat ist kalt, gefährlich und gefühlt lauern an jeder Ecke Gefahren, gerade für Menschen die asiatische Züge haben, wie der zwölfjährige Bird.

    Bird und sein Vater leben alleine, sie versuchen sich durchzuschlagen. Wegsehen, weglaufen, Fall bloß nicht auf Bird - dieses Mantra muss sich Bird täglich anhören, auch ist die Mutter kein Gespräch zwischen Vater und Sohn. Die Postsendung verändert aber alles.

    Man könnte jetzt dastehen und sagen dass sowas in unserer modernen Gesellschaft nicht möglich wäre. Aber wer das Weltgeschehen verfolgt und dieses Buch liest weiss - dich, es gibt Dinge die schon so geschehen sind, andere sind erst vor kurzem passiert und wer weiss wie es, mit der aktuellen Lage der Welt, weitergehen wird. Das macht dieses Buch so authentisch und glasklar.

    Was genau passierte und wie sich diese Entwicklungen bewegen konnten erfahren wir Leser sehr genau. Und viele Gründe gehen unter die Haut und lassen einen schwer los.

    Für mich ist Celeste Ng mit ihrem neusten Werk ein Realitätsbezug gelungen der aktuell oft passiert ist. Brillant.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Xana, 12.12.2022

    Als Buch bewertet

    Unsre verschwundenen Herzen hat mich sehr berührt. Ich finde das Buch gleichzeitig sehr tragisch und besonders schön und kann es jedem weiterempfehlen, der schöne Tragik mag.

    Es geht um Bird, dessen Mutter ihn und seinen Vater verlassen hat. Sie hatte letztendlich auch gute Gründe dafür, die ich nicht spoilern möchte. Birds Mutter ist Asiatin und Asiaten sind in der Welt dieses Buchs starken Ressentiments ausgesetzt. Kinder werden ihren Eltern einfach weggenommen und niemand weiß genau, wie viele Kinder insgesamt betroffen sind und ob sie je zurück können. Dementsprechend muss auch Bird so Einiges aushalten, was auch seinem Vater Leid bringt.

    Ich mag an diesem Buch vor allem den schönen Schreibstil, der gewissermaßen sehr ruhig ist und die Geschichte einfach dahinfließen lässt. Die Autorin schafft es sehr gut, die dystopische Welt zu beschreiben und die Folgen von manchen Drifts unserer Gesellschaft zu umreißen.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jacqueline W., 20.12.2022

    Als Buch bewertet

    „Unsre verschwundenen Herzen“ von Celeste Ng macht alleine schon mit seinem Titel neugierig auf mehr. Was ist mit den verschwundenen Herzen gemeint? Warum sind sie verschwunden? Und können sie wiedergefunden werden? Anhand des Covers lässt sich da noch nicht so viel erahnen und mit dem Titel könnte jede Geschichte behandelt werden. Liest man sich dann jedoch den Klappentext durch, wird schnell klar, dass es sich hierbei um eine Dystopie handelt, die in unserer Welt gar nicht so unwahrscheinlich erscheint. Wenn dies aber die Wirklichkeit wäre, wäre es schrecklich.

    Bird, ein zwölfjähriger Junge, lebt zusammen mit seinem Vater auf dem Campus von Harvard, denn dort ist sein Vater in der riesigen Bibliothek angestellt. Die beiden leben, nach dem Fortgehen von Birds Mutter, ein bescheidenes Leben. Sie verhalten sich unauffällig und leben so, wie es die Regierung für „normale“ und „richtig“ befindet. Denn vor gut zehn Jahren traten Gesetze in Kraft, die die amerikanische Kultur schützen sollen. Dabei trifft es oft asiatisch aussehenden Mitbürger der USA sehr hart, denn ihnen gibt man die Schuld an der damaligen Krise. Darunter fallen auch Bird und seine Mutter. Dies ist wohl einer der Gründe, warum sie ihren Sohn verlassen hat. Sie wollte ihn beschützen und davor bewahren aus der Familie gerissen zu werden. Denn genau das passiert unter anderem mit den Kindern asiatisch aussehender Familien: Sie werden aus ihrem gewohnten Umfeld genommen und in Pflegefamilien untergebracht oder zur Adoption freigegeben. Mit dem Verschwinden von Birds Mutter geht aber noch viel mehr einher… Und genau diese Hintergründe möchte Bird erfahren und stellt Nachforschungen an. Wird er seine Mutter finden und erfahren, warum sie ihn damals verlassen hat? Wird sich jemand gegen dieses System der USA stellen und versuchen etwas zu unternehmen um die entführten Kinder wieder zu ihren Familien zu bringen?

    Vorab kann ich sagen, dass ich die Geschichte an sich sehr spannend finde. Ein Was-Wäre-Wenn-Szenario wie dieses ist gar nicht so unwahrscheinlich, das hat uns unsere bisherige Geschichte gelehrt. Schrecklich wäre es aber wirklich sehr, weshalb ich froh bin, dass es sich hierbei nur um eine Dystopie handelt. (Dies bedeutet aber nicht, das asiatisch stammende Menschen es in vielen Teilen der Welt nicht trotzdem schwer haben, wie wir im Nachwort des Buches erfahren). Was mit den asiatisch aussehenden Menschen passiert, ist wirklich grauenhaft und man mag sich das gar nicht so recht vorstellen. Sie haben kein Ansehen, verlieren ihre Kinder und müssen sich ruhig und unauffällig verhalten, damit ihr Leben geschützt bleibt. Was ist das dann für ein Leben? Oft war ich regelrecht geschockt über das, was in dem Buch passiert und wie die Menschen behandelt werden. Doch leider hat es mich nicht zu 100 % packen können. Der erste Teil des Romans wird aus der Sicht von Bird erzählt. Hier spielt das Kindliche noch mit rein und es ist etwas mysteriöser, da er auf der Suche nach seiner Mutter diversen Hinweisen folgen muss. Dennoch zieht sich dieser Teil schon sehr in die Länge. Später wechseln die Perspektiven und man sieht die Geschichte aus der Sicht von Birds Mutter. Ihre Gedanken ganz ungefiltert wahrzunehmen ist auch nicht schlecht, aber der erste Teil des Buches hat mir deutlich besser gefallen. Insgesamt fand ich die Geschichte aber sehr wirr und oft haben mir Erklärungen gefehlt. Die Geschichte hat sich auch sehr zäh dahingezogen und war durch den Schreibstil oft nicht so leicht zu lesen. Ich kam einfach nicht so gut und flüssig voran. Auch das Ende hat mich eher unbefriedigt zurückgelassen. Es lässt viel Platz für eigene Interpretationen und Spielraum, allerdings hatte ich doch noch so viele Fragen! Wie bereits gesagt, die Story an sich ist schon sehr spannend, nur leider hat mich die Umsetzung nicht wirklich überzeugen können. Das Buch hatte aber auch seine guten Momente, die ich nicht außer Acht lassen möchte. Es hat mich an manchen Stellen doch tief berühren können, aber dies wahren einfach nicht die vorherrschenden Gefühle.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Isabel R. (engi), 24.10.2022

    Als Buch bewertet

    Als ich gesehen hatte, dass die wunderbare Autorin Celeste Ng ein neues Buch geschrieben hatte, war ich sofort Feuer und Flamme. Ohne groß den Klappentext zu lesen, hatte ich es schon auf der Wunschliste und bestellt. Leider ein Fehler, wie sich beim Lesen rausstellen sollte. Während der Schreibstil definitiv wieder die von ihr gewohnte Qualität aufweist, kam ich mit dem Inhalt so gar nicht zurecht. Es handelt sich diesmal um einen Roman, der in der Zukunft spielt und diese so unwirtlich darstellt, dass man augenblicklich froh ist, dass die Welt dieses Stadium noch nicht erreicht hat und hoffentlich auch nie erreichen wird. Einer der Hauptcharaktere ist der kleine Noah, genannt Bird, der alleine mit seinem Vater in einem Wohnheim der Universität aufwächst. Seine Mutter ist aus seinem Leben verschwunden und niemand darf auch nur ihren Namen erwähnen, hat sie sich doch vor Jahren durch scheinbar aufwieglerische Aktionen zur Persona non grata gemacht. Die Welt, in der Vater und Sohn leben, ist geprägt von Entbehrungen aber auch Missgunst und Bespitzelungen. Menschen mit asiatischem Aussehen werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Birds Mutter ist eine Asiatin …

    Ein wenig kann ich nachvollziehen, warum die Autorin ein Thema dieser Art aufgegriffen hat. Ihre Eltern wanderten damals aus Hong Kong aus, vielleicht hatten auch sie es zu Anfang nicht immer leicht. Warum sie allerdings diese Variante eines Romans wählte, erschließt sich mir leider nicht ganz. Ich denke, die Zielgruppen ihrer beiden früheren Bestseller erreicht sie damit nicht wirklich. So kann ich selbst dann leider auch nur drei von fünf Sternen vergeben und werde mir merken, mir doch vorab den Klappentext näher anzuschauen, auch wenn ich den Autor noch so gerne mag.

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  • 5 Sterne

    EmiliAna, 05.12.2022

    Als Buch bewertet

    Die Welt, in der Celeste Ngs dritter Roman 'Unsere verschwundenen Herzen' (im amerikanischen Original 'Our Missing Hearts') spielt, ist erschreckend! Nach einer wirtschaftlichen Krise, auf die nicht näher eingegangen wird, die wie das bei Krisen nun einmal so ist, zu heftigen Unruhen führte und einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung die Lebensgrundlage entzog, ist vermeintlich Ruhe eingekehrt. Wie ist das geschehen, fragt man sich. Nun, es wiederholte sich etwas, das sich schon viele Male zuvor in der Geschichte der Menschheit ereignet hat – man fand einen Schuldigen, dem man die ganze Malaise aufbürdete, organisierte eine demagogisch clevere Hetzkampagne und verkündete gleichzeitig, dass man unbedingt wieder zurück müsse zu den Traditionen und Tugenden, die das Land – in vorliegender Geschichte die Vereinigten Staaten von Amerika – einst groß gemacht hatten. PACT wurde gegründet, der 'Preserving American Culture and Tradition Act'! Das klingt harmlos genug, denn schließlich ist es doch durchaus löblich, die eigene Kultur und die alten Traditionen hochzuhalten, nicht wahr? So mögen sich die Amerikaner, wie viele andere Völker vor ihnen, denen man mit solchen und ähnlichen Parolen eine Diktatur aufgedrückt hatte, die nur vordergründig das Leben der Menschen verbesserte, gedacht haben. Aber wie das Diktaturen nun einmal so an sich haben, war es nun vorbei mit der Freiheit! Jeder begann jeden zu bespitzeln, das Denunziantentum feierte also fröhliche Urständ – und scheint ohnehin im Menschen angelegt zu sein. Man muss es nur von staatlicher Seite sanktionieren. Jeder, der nicht ins System passt, hat Repressalien zu befürchten, jeder, der es wagt, eine Meinung zu äußern, die konträr ist zum verordneten Denken, genauso.
    Aber kommen wir nun zu dem Roman, der mich ob seiner erschreckenden Realitätsnähe gehörig durchgeschüttelt hat und der mich auch noch nach beendeter Lektüre verfolgt, geradezu heimsucht! Die Hauptperson ist der 12jährige Junge Noah, der sich allerdings Bird nennt. Öffentlich darf er das zwar nicht mehr, dennoch bleibt er bei dem Namen. Bird ist Bird – und ich denke, das passt so, vor allem, nachdem man allmählich mehr erfährt über ihn und sein Heranwachsen mit den unzähligen Märchen und Geschichten seiner Mutter. Er lebt mit seinem Vater, einem ehemaligen Harvard-Dozenten, in einer winzigen Wohnung im Studentenheim in Cambridge. Ein sehr eingeschränktes Leben freilich, das von den ständigen Weisungen des Vaters geprägt ist, den Kopf geduckt zu halten, so wenig zu sagen, wie möglich, sich vorwiegend zu Hause aufzuhalten, unsichtbar zu sein in einem Wort. Es könnte brenzlig werden, wenn Bird, auf welche Art auch immer, auffallen würde. Der Grund dafür ist zum einen die Tatsache, dass seine Mutter chinesischer Abstammung ist – es sind also hier die Chinesen, die als Sündenböcke für alles Böse, das dem Land und seiner Bevölkerung widerfahren ist, herhalten müssen. Anklänge finden sich ja leider auch in der Realität, allzumal die Amerikaner eine Tradition haben, wenn ich das einmal so nennen möchte, im Wittern antiamerikanischer Aktivitäten. Man denke nur an die unselige Kommunistenhatz des vom Verfolgungswahn gepeinigten Senators McCarthy in den späten 40er und frühen 50er Jahren... Und zum anderen ist Birds Mutter, Margaret, vor einigen Jahren ins Visier der PACT-Hüter geraten und sah sich schließlich gezwungen, sich von Mann und Sohn zu trennen, um vor allem den Jungen zu schützen. Eine besonders perfide Maßnahme, die man ersonnen hatte, um aufmüpfige Eltern gefügig zu machen, ist es nämlich, ihnen in Nacht- und Nebelaktionen die Kinder wegzunehmen, um sie in systemtreuen Familien, Kinderheimen oder wo auch immer unterzubringen.
    Es ist dieses Verbrechen, das den Hintergrund der Handlung bildet, das sie trägt und gegen das sich Unbekannte, Mutige, solche mit Zivilcourage mit merkwürdigen, doch stets aufsehenerregenden Aktionen zur Wehr setzen. Immer geht es darum, 'die verschwundenen Herzen' zurückzubringen, ein Synonym für all die gestohlenen Kinder. Diese Zeile aus einem völlig missinterpretierten Gedicht Margarets, somit auch der Hauptgrund für ihr letztliches Verschwinden, wurde zum Slogan derjenigen, die das Unrecht bekämpfen, im Untergrund, unerkannt. Schließlich macht sich Bird, der mit offenen, wenn auch bemüht niedergeschlagenen Augen durch sein reduziertes Leben schleicht, entschlossen auf die Suche nach seiner Mutter, über die sich sein Vater beharrlich ausschweigt. Was hat es mit ihrem Verschwinden wirklich auf sich, warum hat sie, die er so schmerzlich vermisst und an die er wunderschöne Erinnerungen bewahrt hat, die ihm einen Hauch jener Geborgenheit vermitteln, die er bei Margaret immer verspürte, ihn verlassen? Während er sie in New York sucht, begreift er langsam das Ungeheuerliche, in das sich eine ganze Nation erstaunlich willig fügt. Und als er dann seine zunächst seltsam verändert erscheinende Mutter endlich findet, die beiden zögernde Schritte aufeinander zu machen und Margaret immer weiter erzählt, von sich selbst, von Bird, von der Krise und dem, was danach kam, wächst ein neues Verständnis in ihm, Verständnis für seine Mutter, für das, was sie, die nie politisch war, bevor man sie an den Pranger stellte, bewegt und was sie kompromisslos und mit größtem Engagement verfolgt, nämlich all die verschwundenen Herzen, die ihren Eltern gestohlenen Kinder ausfindig zu machen. Er versteht, dass diese Kinder zurückgebracht werden müssen – und er vertraut seiner Mutter, die in einer so spektakulären wie für sie gefährlichen Aktion die unterwürfige Nation aufrütteln möchte. Botschaften dieser Art setzen sich in den Köpfen fest, werden weitergegeben – bis, und darauf hofft Margaret, eine Lawine ins Rollen kommt, die den Riss in dem System aus subtilem Terror, offenen Grausamkeiten, Denunziantentum und himmelschreiendem Unrecht, der haarfein ja bereits da ist, der Diktaturen von Beginn an anfällig dafür macht, zu einem riesigen Spalt machen und eines Tages das Ganze einfach zum Einstürzen bringen wird...
    Summa summarum: Mit 'Unsere verschwundenen Herzen' habe ich etwas Außergewöhnliches, nämlich etwas außergewöhnlich Gutes gelesen! Etwas, das beileibe nicht alle Tage seinen Weg zu mir findet und das ich deshalb als Perle bezeichnen möchte. Es hält durchgängig sowohl inhaltlich als auch sprachlich sein hohes Niveau, hat beachtliche Tiefe, wenn man denn imstande ist, sie zu erkennen, gibt Denkanstöße, macht betroffen und nachdenklich, klingt nach, ist also genau das, was ich von einem anspruchsvollen Roman erwarte und worauf ich nach vorhergehender Lektüre der beiden ersten Romane der Autorin gehofft hatte. Dieser hier ist sogar noch besser, noch intensiver. Und trotz des beängstigenden – weil vorstellbar und, wie bereits erwähnt, schon dagewesen – Themas empfinde ich diesen Roman als ein einziges Lied der Hoffnung. Was für eine mächtige Parabel, in der harte Realität mit feinster, zartester Poesie einhergeht. Unvergleichlich! Genau wie alle Protagonisten, ausnahmslos, hervorragend sind, Leuchtpunkte in einer dunklen Welt. Ich bin begeistert – und das ohne jede Einschränkung!

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  • 5 Sterne

    Katharina G., 05.10.2022

    Als Buch bewertet

    Die Handlung des Romans dreht sich um den jungen Bird der mit seinem Vater in Amerika lebt. Das von Angst und antiasiatischem Rassismus zerfressene Land hat versucht sich durch Gesetze selbst zu isolieren und so eine Art totalitäre Klassengesellschaft erschaffen.Das alles ist für Bird sein normaler Alltag, er kennt es nicht anders. Was er allerdings nicht versteht ist die für ihn nicht nachvollziehbare Angst seines Vaters vor etwas das er nicht kennt und sein extremer beschützerinstinkt, das verschwinden seiner Mutter, einst eine Revolutionärin und Poetin, und auch in seinen Augen aggressive Verhalten seiner Schulkollegin die in einer Pflegefamilie lebt. Sein ganzes Leben wurde er davor gewarnt das "antiamerikanisches Verhalten" gefährlich ist. Unhinterfragt bleibt das bis zu dem Tag an dem er versucht den Gedichtband seiner Mutter zu finden und, auch durch den Einfluss seiner Schulkollegin die bei Pflegeeltern lebt um sie "vor den schlechten antiamerikanisches Einflüssen ihrer Eltern zu beschützen" bemerkt das sein ganzes Leben kontrolliert wird und die Dinge sich ändern sollten. Er ist sich bald im klaren darüber das er seine Mutter um jeden Preis finden muss um herauszufinden was damals wirklich passiert ist als sie ihn und seinen Vater verließ. Allerdings rechnet er anfangs nicht mit einer Geschichte von solchem Ausmaß. Stück für Stück eröffnet sich ihm die Geschichte seiner Familie und somit auch die Geschichte vieler anderer Familien die Opfer der Antiasiatischen totalitären Politik wurden. Nun müssen sie versuchen die verschwundenen Herzen wieder zurückzubringen.

    Dieser Roman zeigt deutlich das Menschen die in Angst leben zu fast allem Fähig sind und wie Angst die Menschlichkeit im Menschen langsam zerfrisst.
    Das Buch hat mich mit seiner ungemein tollen Sprache, seiner geschliffenen Wortwahl und einer Handlung die einem ans Herz geht und an sehr bekannte dystopisch Romane erinnert tief berührt, zum Nachdenken angeregt und begeistert.

    Das Thema finde ich auch sehr aktuell da man seit Anfang der Corornazeit einen starken Anstieg an Antiasiatischem Rassismus beobachten musste und es nach wie vor immer wieder totalitäre Machthaber gibt die strengstens gegen Widerstand angehen. Ein wirklich hochinteressanter, sprachlich toller und aufwühlender Roman mit einem Protagonisten dem man nur das beste wünscht. Was ich auch einen sehr interessanten Aspekt Fand ist das in diesem Buch die Bibliothekare und Bücher als Hüter der geheimsten Nachrichten hervorgehoben werden. Sie verwalten verschlüsselte Nachrichten die dabei helfen sollen die Kinder die von ihren Eltern getrennt wurden wieder in ihre Ursprungsfamilie zurückzubringen. Ein wirklich unglaublich spannender Roman.

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  • 5 Sterne

    Morten, 05.10.2022

    Als Buch bewertet

    Die deprimierendsten Dystopien? Sind die realistischen. Die keine Aliens, keine Naturkatastrophen brauchen, um die Welt und die Gesellschaft an den Abgrund zu schieben, sondern menschliches Verhalten. Das so nah am aktuellen Weltgeschehen ist, dass es nur einen Funken und etwas Unaufmerksamkeit benötigt, bis aus Fiktion Wahrheit wird. Celeste Ng schafft dieses Gefühl von Ohnmacht und Verzweiflung mit „Unsre verschwundenen Herzen“ in Perfektion.

    Bird lebt mit seinem Vater im obersten Stock eines Studentenwohnheims, seit sie aus ihrem alten Leben flüchten mussten, seitdem seine Mutter sie verlassen hat. Warum? Das wird nach und nach klarer. Die große Rolle dabei spielt PACT – ein patriotisches Gesetz, das die Rechte und das Leben chinesisch-stämmiger Amerikaner und ihrer Unterstützer einschränkt. Bis hin zum Verlust ihrer Kinder, die in Pflegefamilien entrissen werden. Die verschwundenen Herzen.

    Der Roman ist in der nicht allzu fernen Zukunft angesiedelt, vermutlich in den 2030er Jahren, nicht viel später. Zehn Jahre vor der Handlung versank das einst freie Amerika in einer Wirtschaftskrise, die China in die Schuhe geschoben wurde. Kein unrealistisches Szenario in Zeiten von Corona, Krieg und Trumpismus. Mit einem harten Gesetz wurden unamerikanische und pro-chinesische Einflüsse unter Strafe gestellt. Bücher verbrannt. Menschen getötet, während Polizei und Politik wegschauten. Doch langsam macht sich zarter Widerstand in der Gesellschaft breit. Und das unter einem Motto, das sehr viel mit Bird zu tun hat.

    „Unsre verschwundenen Herzen“ ist brutal zu lesen. Allein schon für alles, was während der Lektüre im Kopf passiert, was zwischen den Zeilen steht. Wer ein bisschen das Geschehen in den USA, den Drift der Republikaner und ihrer Anhänger seit Beginn des Jahrtausends verfolgt hat, der weiß, wie der aufrührerische Politikstil funktioniert, der im Roman zu PACT führte.

    Und dieses brutale Kopfkino, das trotz des ruhigen Schreib- und Erzählstils den Puls in die Höhe und Tränen der Verzweiflung in die Augen treibt, macht Ngs dritten Roman zu einem der stärksten und vielleicht auch wichtigsten Bücher des Jahres. Daran ändert auch ein kleiner Bruch im Lesefluss durch einen Perspektivwechsel nach einem Drittel der Geschichte nichts. Spannend werden Handlungsfäden miteinander verknüpft, Birds Familiendrama immer klarer, für die Hauptfigur wie für Leser:innen gleichermaßen. Und am Ende? Bleibt vor allem eine Botschaft: dass es an der Gesellschaft ist, ein derartiges Zukunftsszenario zu verhindern.

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  • 5 Sterne

    Heather_H, 28.11.2022

    Als Buch bewertet

    *MEINE MEINUNG*
    Es gibt Bücher, durch die fliege ich hindurch, und es gibt Bücher, die lese ich langsamer. Achtsamer, genauer, weil ich befürchte, dass mir ein Detail entgehen könnte, das ich nicht missen möchte. Dieses Buch gehört zu den letzteren.

    Es hat mich ab der ersten Seite abgeholt, und bis zum Schluss nicht losgelassen. Die blumige, beschreibende, vergleichende Sprache der Autorin, die Bilder im Kopf schafft, Worte miteinander in Kontext setzt, die nicht zusammen gehören, aber zusammen Sinn ergeben, hat mich absolut fasziniert. Es war mein erstes Buch von Celeste Ng, aber definitiv nicht das letzte.

    Sie schafft eine düstere Dystopie, ein Jahrzehnt nach einer Krise mit verheerenden Auswirkungen - eine Gesellschaft in Angst, in der sich Denunziantentum und Rassismus ausgebreitet haben, und man auf der Straße zusammen geschlagen werden kann - einfach nur, weil man asiatisch aussieht. Und an vielen Stellen, an denen es mir eiskalt den Rücken hinunter lief, dachte ich: Das ist von unserer Welt, so, wie wir sie kennen, gar nicht so weit weg. Es ist gar nicht so unrealistisch, dass es dazu kommen könnte. Vielleicht ging mir die Geschichte auch deswegen so unter die Haut.

    Protagonist ist der zwölfjährige Bird, der eine Welt ohne die PACT-Gesetze, welche die Gesellschaft geformt haben, nicht kennt. Naiv und unschuldig, neugierig und wissenshungrig fängt er an, die Welt zu entdecken und zu verstehen und nimmt den Leser mit auf diese Reise. Diese Perspektive fand ich toll und überzeugend, die Charaktere stimmig und sorgfältig ausgearbeitet, mit viel Liebe zum Detail.

    Die Geschichte ist nicht neu: Ein totalitäres System, das Angst als Mittel zum Machterhalt nutzt und die Bürger unterdrückt. Und Widerstand, der sich im Untergrund bildet und mit lauten Aktionen auf sich aufmerksam macht oder leise und im Geheimen gegen das Regime arbeitet. Begeistert hat mich die Art, wie die Autorin diese Geschichte erzählt, wie realitätsnah sie sie darstellt, wie beängstigend das Szenario, das sie entwirft.

    Ich war ein wenig traurig, als ich das Buch beendet habe, weil ich gern noch länger gelesen, mich noch länger mit der Geschichte beschäftigt, gern noch mehr über die Figuren erfahren hätte.

    *FAZIT*
    Wer - wie ich - Dystopien wie z.B. Equilibrium oder Hüter der Erinnerung mag, wird an diesem Buch seine wahre Freude haben.

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  • 5 Sterne

    Maria B., 03.10.2022

    Als Buch bewertet

    Mut und selbstlose Liebe

    Angst und heimliches Weitergeben von verschlüsselten Nachrichten, Kontrolle und Verrat, Misstrauen und Verlust durchziehen den neuen Roman von Celeste Ng. Wieder legt sie ihren Finger auf eine problematische Stelle unserer Gesellschaft, diesmal fiktional. Big brother wird hier PACT genannt.
    Seine Mutter nannte den kleinen Jungen Bird, doch dann war sie spurlos verschwunden. Fortan muss er sich mit seinem korrekten Namen Noah nennen lassen. Sein Vater löscht alle ihre Spuren aus, für die Öffentlich gut sichtbar. Denn sie hat ein Gedicht geschrieben, von dem eine Zeile angeblich die rebellischen Bürger zum Widerstand aufrufe. Bird möchte herausfinden, wo seine Mutter ist und warum sie ihn verlassen hat.
    Da ist auch die rebellische Sadie, die ihren Eltern weggenommen wurde, um bei linientreuen Menschen aufzuwachsen. Mit ihr verbindet Bird eine feste Freundschaft. Auch sie will ihre Eltern finden und verstehen, warum sie nicht bei ihnen sein darf.
    Von einer überaus korrekten, ärmlichen Welt über einen kurzen Ausflug in den Luxus bis zum äußerst kargen Dasein führt Birds Weg zu seiner Mutter, die immer noch für die Rückführung von Kindern kämpft, und zwar mit einem unerwarteten Mittel. Schon glaubt der Leser, dass es ein Happy End gibt, als sich ein weiterer Abgrund öffnet.
    In diesem Roman geht es um Kontrolle und Ausgrenzung, Rassenhass und selbstlose Liebe, um Mut und Freundschaft. Celeste Ng errichtet vor uns eine Welt, wie sie durchaus sein könnte, gut vorstellbar im republikanischen Amerika oder diktatorisch regierten Ländern. Aus wechselndem Standpunkt schildert sie die Sichtweise von Bird, die Hintergründe für die Entscheidung seiner Mutter und die Verflechtung gegen Ende des Buches.
    Dass mit dem Coverbild Vorhänge gemeint sind, hinter denen die Nachbarn spionieren, ist schon ziemlich unklar. Für mich wirken diese hellblauen Säulen eher wie die Schneiden von Messern oder die Gitterstäbe einer Absperrung.
    Ich empfehle den Roman allen Lesern, denn er ist nicht nur hervorragend geschrieben, sondern öffnet uns auch die Augen vor den Gefahren, die einer Gesellschaft drohen, wenn die Obrigkeit das eigenständige Denken einschränkt.

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  • 5 Sterne

    cybergirl, 05.10.2022

    Als Buch bewertet

    Eine Dystopie die zur Realität werden könnte

    Bird ist 12 Jahre und lebt bei seinem Vater.
    Seine Mutter hat die Familie verlassen und sein Vater verbietet alle Erinnerungen an sie.
    Auch darf Bird seinen Kosenamen, den ihm seine Mutter gegeben hat nicht mehr benutzen, er heißt ab jetzt Noah was sein richtigen Namen ist.
    Die politische Lage im Land ist instabil.
    Es gibt Gesetzte die, die amerikanische Kultur bewahren sollen. Vor allem wird alles asiatisch aussehende diskriminiert.
    Kinder asiatischer Familien werden nicht selten zur Adoption gegeben.
    Als Bird einen Brief seiner Mutter erhält kommen vereinzelte Erinnerungen hoch.
    Er will verstehen warum sie die Familie verlassen hat.
    Bird macht sich auf die Suche, die ihn zu den Geschichten seiner Kindheit führt und zu seiner Mutter.

    „Unsere Verschwundenen Herzen“ ist der neue Roman von Celeste Ng.
    In der Geschichte begeben wir uns nach Amerika.
    Die Autorin hat hier eine fiktive Welt erschaffen.
    Die Welt ist bedrückend und beängstigend.
    Der 12-jährige Bird vermisst seine Mutter schmerzlich.
    Sie hat die Familie vor Jahren verlassen.
    Jetzt lebt er mit seinem Vater in einer kleinen Wohnung.
    Es gibt keine Erinnerungsstücke mehr an seine Mutter.
    Sein Vater lässt keine Fragen und Gedanken über seine Mutter zu.
    Bird ist nicht klar, dass sein Vater ihn nur schützen möchte.

    In Amerika gibt es Gesetzte die, die amerikanische Kultur schützen sollen. Gleichzeitig wird alles asiatische hinterfragt und bekämpft. Bücher werden verboten.
    Es herrscht ein alles übergreifender Rassismus.

    Celeste Ng erzählt eine Geschichte die mir sehr an Herz gegangen ist.
    Der kleine Bird ist mir schnell ans Herz gewachsen.
    Ich habe ihn für seinen Mut und seine Liebe bewundert.

    Die Geschichte ist düster und beängstigend.
    Celeste Ng findet gewaltige Worte für ihre Geschichte.
    Sie erzählt in einer unglaublichen Sprachgewandtheit.
    Wie ein Sog wurde ich nach wenigen Seiten in das Buch hineingezogen.

    „Unsere verschwundenen Herzen“ ist einen Dystopie.
    Das Beängstigende ist, dass man sich vorstellen kann, dass diese Dystopie zur Realität werden könnte.

    Ein Buch das lange in mir nachklingen wird.

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  • 5 Sterne

    Kaffeeelse, 04.04.2023

    Als Buch bewertet

    Mit diesem Buch erreicht mich Celeste Ng vollkommen. Mit ihrem vorigen Buch "Kleine Feuer überall" schafft sie eine 4-Sterne-Bewertung bei mir. Aber bei diesem nachhallenden Buch hier greife ich zum verdienten fünften Stern.

    Celeste Ng erschafft in mir fast sofort eine Verbindung und erreicht mich vollkommen. Die Autorin trifft mit ihrer Geschichte, mit Bird und seinem Vater, mit der fehlenden Mutter Margaret Miu und ihrem Weggang, mit den Gründen für diesen Weggang fast sofort mein Herz. Dieser dystopische Staat und die Einteilung seiner Bürger und die Überwachung des Einzelnen durch den Staat knipsen mich auch fast sofort an. Ich bin hin und weg, wie man so schön sagt.



    Der amerikanische Traum und dieses Amerika First, schon seit dem 11. September 2001 lässt sich eine Veränderung im amerikanischen Denken, im amerikanischen Tun bemerken. Wenn man dies denn will. Wie wird es dann wohl amerikanischen Autoren gehen, die in diesem Land leben, mit seinem Tun konfrontiert werden und damit auch mit eigenen Ängsten. Und was tun Autoren dann? Sie schreiben gegen die eigenen Ängste an. Und lassen die Kultur zu einer Waffe gegen Überwachung und Angst werden. Eine Kultur, die hoffentlich viel Aufmerksamkeit erfährt. Denn diese Veränderungen zu mehr Überwachung sind wohl in vielen Winkeln der Erde zu finden, diese Angst vor dem Bürger blüht an verschiedenen Orten und in verschiedensten Institutionen. Das ist etwas, was Angst macht, nicht nur den Autoren, auch den normalen Menschen, die mit offenen Augen durch ihre Zeit schreiten.



    Und auch aus diesem Grund kann man nur hoffen, dass eben diese dystopischen Werke, die altbekannten, wie auch die neueren nie in Vergessenheit geraten und der Mensch wachsam gegen gewisses Tun in der Welt, in der Politik ist. Damit nicht erst die Kultur eine Waffe werden muss, wie in diesem beeindruckenden Buch von Celeste Ng.

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  • 5 Sterne

    _Le4_, 04.10.2022

    Als Buch bewertet

    Im Buch geht es um Bird, welcher eigentlich Noah heißt. Noah heißt er aber erst wieder, seit seine Mutter vor einer Weile verschwunden ist. Bird weiß, dass ihr Verschwinden etwas mit PACT zu tun hat. Dies ist ein Gesetz, welches nach einer schweren Krise den Frieden in der Gesellschaft bewahren soll. Daher sollen unamerikanische Werte verboten werden. Und um dieses Ziel zu wahren, ist in den Augen der Regierung jedes Mittel recht, was vor allem zur Diskriminierung asiatischer Menschen führt.
    Als Bird einen Brief von seiner Mutter bekommt, brechen alte Wunden plötzlich wieder auf und er muss sich entscheiden: Den Kopf gesenkt halten und nicht auffallen oder seine Mutter finden.

    Das Buch hat eine sehr beunruhigende Stimmung. Das Unwohlsein der Hauptcharaktere wird sehr gut herübergebracht. Man merkt, dass sie viele ihrer ganz alltäglichen Handlungen hinterfragen müssen, um keine negative Aufmerksamkeit zu erregen.
    Vor allem die Sichtweise durch Bird, der ja noch ein Kind ist, ist sehr spannend. Es macht das Ganze noch einmal interessanter, weil die Möglichkeiten eines Kindes noch beschränkter sind, wodurch man sich in dieser Welt noch etwas hilfloser fühlt.
    Die Welt, welche die Autorin aufbaut, wird stetig etabliert, umso weiter wir in die Geschichte eintauchen. So wird uns das Ausmaß des Schreckens konsequent weiter aufgezeigt. Man sieht immer mehr hinter die Fassade, an der Birds kindliches Ich zuerst noch festhielt.
    Die Story ist sehr erschreckend und es wird wirklich gut dargestellt, wie langsam aber sicher sich die Veränderungen einschleichen, bis sie so extrem sind, wie sie sind.
    Und selbst mit dieser Extremität ist es erschütternd, welche Parallelen man zur Geschichte und Gegenwart unserer Realität wahrnehmen kann.

    Die Geschichte ist herzzerreißend und berührend und zeichnet eine extreme, aber nicht unrealistische Welt ab, bei der jedem von uns daran liegen sollte, Schrecken wie diese zu verhindern.

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  • 5 Sterne

    Lisa, 29.11.2022

    Als Buch bewertet

    Poetische Dystopie - Ergreifend, erschreckend und fesselnd zugleich

    "Unsre verschwunden Herzen" der Autorin Celeste Ng, ist ein Roman welcher mir definitiv unter die Haut ging und mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Meisterhaft erzählt die Autorin von einer Welt, welche erschreckender weise gar nicht so unglaubwürdig erscheint. Nach einer Krise, wird ein Schuldiger gesucht und in Amerikas langjährigem Kontrahenten China gefunden. Was folgt ist eine glaubhafte und stufenweise Verfestigung von Hass und Rassismus gegen alle asiatisch gelesenen Personen. Celeste Ng beleuchtet in ihrem Roman sowohl die staatlichen Maßnahmen (welche in Form des PACT auftreten), als auch die oft sehr persönlichen Reaktionen von unterschiedlichen Menschen. Ungeschönt, aber dadurch umso glaubhafter geschildert, waren nicht alle Szenen leicht auszuhalten.

    Aufgeteilt in drei unterschiedliche Erzählperspektiven ergibt sich im Gesamten ein stimmiges Bild. Am liebsten mochte ich den ersten Teil des Buchs, welcher aus Sicht des 12-Jährigen Bird erzählt wird. Diese kindliche Perspektive, geprägt von einer ordentlichen Portion Naivität, ist wirklich großartig gelungen. Aber auch der zweite Teil, welcher anschließend aus Sicht von Birds Mutter erzählt, macht Sinn und bringt wertvolle Einsichten mit sich. Einzig am Ende verlor mich die Autorin aufgrund der erzwungenen Dramatik etwas. Trotzdem ist ihr Werk für mich ein absolutes 5- Punkte-Buch. Thematisch holte es mich absolut ab und trotz der teils poetischen Sprache, blieb der Schreibstil durchgehend angenehm lesbar. Gerne vergebe ich dafür volle 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung!
    Mein Fazit: Lesenswert, vielschichtig, wenn auch keine leichte Kost. Für diese Lektüre sollte man sich definitiv Zeit nehmen.

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  • 4 Sterne

    Ruth L., 24.11.2022

    Als eBook bewertet

    Eher ein Jugendbuch
    Der neue Roman der amerikanischen Autorin Celeste Ng spielt in den USA in nicht allzu ferner Zukunft. Nach einer Wirtschaftskrise, die das Land ins Chaos stürzte, hat ein autokratisches System die Herrschaft übernommen. Für den wirtschaftlichen Niedergang macht man China mit seiner neuen Weltmachtstellung verantwortlich. Seitdem sehen sich asiatisch aussehende Amerikaner zahlreichen Diskriminierungen und Diffamierungen ausgesetzt, die z.T. auch brutale Ausmaße annehmen. Ansonsten ist das Land wieder zur Ruhe gekommen. Maßgeblich dazu beigetragen hat PACT - „ Preserving American Culture and Traditions Act“, das Gesetz zur Erhaltung amerikanischer Kultur und Traditionen. Damit wird alles, was als „ unamerikanisch“ gilt, verfolgt und ausgemerzt. So werden Bücher verboten und eingestampft und als besonderes Druckmittel werden regimekritischen Eltern ihre Kinder entzogen und in Pflegefamilien untergebracht.
    Doch es regt sich Widerstand im Land.
    Der zwölfjährige Noah, genannt Bird, ist die Hauptfigur im Roman. Er lebt allein mit seinem Vater, einem ehemals angesehenen Linguisten, in einer winzigen Zwei- Zimmer- Wohnung auf dem Campus von Harvard. Hierher sind sie gezogen, nachdem seine Mutter vor drei Jahren die Familie verlassen hat. Von ihr, Tochter von Einwanderern aus Hongkong, hat Bird sein asiatisches Aussehen. Das macht ihn zum Außenseiter. Noch mehr allerdings, dass ein Gedicht seiner Mutter, das der titelgebenden „ verschwundenen Herzen“, zur Parole der Widerstandsbewegung wurde. Birds Vater tut deshalb alles, um seinen Sohn zu schützen und nirgends unliebsam aufzufallen.
    Doch eines Tages findet Bird einen Brief seiner Mutter mit einer geheimnisvollen Botschaft und er macht sich auf die Suche nach ihr.
    Celeste Ng hat hier eine Dystopie entworfen, die nah an aktuellen Strömungen liegt. Wie sie in ihrem Nachwort schreibt, nahm während der Corona- Pandemie die antiasiatische Diskriminierung stark zu, geschürt noch von Präsident Trump, der vom „ China- Virus“ sprach. Und in der amerikanischen Geschichte hat diese Diskriminierung Tradition, denke man nur an die Internierung japanisch- stämmiger Amerikaner während des Zweiten Weltkriegs.
    Wie Margaret Atwood in ihrer berühmten Dystopie „ Der Report der Magd“ greift Celeste Ng auf tatsächliche Geschehnisse aus der Geschichte zurück. So wurden in der DDR Eltern, die als Staatsfeinde galten, ihre Kinder weggenommen und in Kanada hat man über 100 Jahre lang indigene Kinder in christliche Internate gegeben und sie so ihrer kulturellen Identität beraubt. Das verschafft ihrem Roman Authentizität .
    Die Geschichte wird vorwiegend aus der kindlichen Perspektive Birds geschrieben. Dabei kommt man dieser Figur sehr nahe, nimmt Anteil an seinen Gefühlen und Gedanken. Ist er anfangs noch genervt von den Ängsten seines Vaters, seinem Duckmäusertum, versteht er im Verlaufe der Handlung, dass dies alles nur zu seinem Schutz und aus Liebe zu ihm geschah. Am Ende hat Bird auch verstanden, warum seine Mutter ihn verlassen musste und er kann sie bewundern für ihren Mut und ihren Einsatz. Mehr Happy- End gönnt uns die Autorin nicht und das ist gut so.
    Der Mittelteil gehört Margaret Miu, der Mutter. Sie erzählt ihre Geschichte, vom Aufwachsen als Migrationskind, das permanent zur Anpassung angehalten wird, vom Rückzug in die private Idylle, so lange, bis Wegschauen keine Option mehr ist. Diese mehr berichtende Erzählweise erschwert den emotionalen Zugang zu dieser Figur.
    Die Geschichte liest sich leicht und ist packend. Allerdings hat die Autorin ein Anliegen und eine eindeutige Botschaft, das gibt dem Roman etwas Konstruiertes und Schablonenhaftes. Die leicht märchenhaften Züge erschienen mir dagegen passend.
    Dass Celeste Ng der Poesie die Kraft zum Widerstand zuschreibt und Bibliotheken zu Orten der Auflehnung und der Zuflucht macht, erfreut natürlich jeden Bibliophilen, ist aber eher Wunschdenken.
    Für mich liest sich das Buch, trotz zahlreicher Verweise auf Reales, weniger als realistische Geschichte, sondern wie eine Parabel.
    Sprachlich konnte mich die Autorin nicht durchgängig überzeugen. Die kraftvolle Poesie kippt gegen Ende leider nahe hin zum Kitsch.
    „ Unsere verschwundenen Herzen“ ist eine spannende und bewegende Dystopie, die gegen staatliche Repressionen auf die Kraft von Liebe und Hoffnung setzt.
    Obwohl die Autorin hier hinter ihren ersten beiden Büchern erzählerisch und sprachlich zurückbleibt, so lohnt sich die Lektüre trotzdem. Vielleicht ist der Roman im Bereich „ Jugendbuch“ besser aufgehoben.

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  • 5 Sterne

    skandinavischbook, 30.10.2022

    Als Buch bewertet

    Meine Meinung:
    Dies war tatsächlich die erste Geschichte der Erfolgsautorin Celeste Ng und ich war wirklich mehr als begeistert.
    Dieses Buch ist für mich eines der literarisch überzeugendsten Bücher in diesem Jahr. Denn selten habe ich eine so faszinierende Art erlebt, wie eine Geschichte erzählt wird, so emotional, spannend und von literarischem Können geprägt, dass man voller Erstaunen dem Geschehen des Buches entgegen blickt und dieses kaum mehr aus der Hand legen kann.

    Ng erschafft eine Geschichte, die komplex und durch viele Personen geschildert wird. Dabei lösen die so fein und präzise, beinahe minutiös ausgearbeiteten Charaktere eine solche Sogkraft, durch ihre Ambivalenz aus, dass man erstaunt vor der Geschichte verweilt. Denn das großartige ist, ihre Charaktere sind keinesfalls perfekt, oder leicht zu durchschauen, sie sind zutiefst menschlich und dabei manchmal hassens- und liebenswert zugleich.
    Dabei setzt sie sich mit streitbaren, wichtigen und aktuellen Themen wie Rassismus auseinander, ohne dabei eine Meinung aufzuzwingen oder einseitig auf dss Geschehen zu blicken. Vielmehr macht sie dies mit viel Empathie und Glaubwürdigkeit!

    Mein Fazit:
    Ein unglaubliches spannendes Buch, das beinahe die Qualitäten eines Pageturners hat. Welches streitbare Themen und Charaktere hervorbringt, die ebenso vom Leben geprägt und vielschichtig gezeichnet sind, wie es das echte Leben ist. In meinen Augen ein zutiefst kluges und literarisch mehr als lesenswertes Buch!

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