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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Morten, 08.04.2022

    Wie ein Blitz ist dieses Buch. Unglaublich grell. Und schnell vorbei. Viel zu schnell? Nein. Sein Nachhall, der Donner, wirkt lange und laut.

    Die Protagonistin arbeitet im Finanzsektor. Hat sich aus prekären Verhältnissen hochgearbeitet. Führende Position, Eigentumswohnung in London, keinerlei Sorgen. Finanzieller Art. Denn sie ist eine Frau. Und schwarz. Und somit Opfer von Sexismus und Rassismus. Mal offen und direkt, wie bei einer Begegnung mit einem Betrunkenen in der Bahnstation. Meist versteckt oder (gar-nicht-mal-so-)nett verpackt, in zynischen Bemerkungen von Kollegen oder den Eltern ihres Freundes, die sie eh nur als „die aktuelle Freundin ihres Sohnes“ sehen.

    Natasha Brown erzählt ihre Geschichte, aber auch die einer ganzer Generation von Menschen anderer Herkunft, von Frauen, von Rollenbildern und Rollen in diesem Theater, das wir Leben nennen. Ohne etwas vorweg nehmen zu wollen, um den Nachhall dieses Buches nicht zu zerstören: Manche Themen sind in den letzten Jahren publik geworden dank #metoo und BLM, manche sind neu, aber eigentlich auch nur für die Leser:innen, die nicht davon betroffen sind, die diese Erfahrungen nicht gemacht haben.

    Brown gelingt dabei eine starke Dramaturgie – von „random Einzelfällen“ (die natürlich keine sind) zum Leben der Protagonistin. Von ihrem Berufsalltag hin zu ihrer Beziehung mit einem Sohn reicher, einflussreicher Eltern und weiter zu ihrer Krebserkrankung, die sie nicht behandeln lassen möchte, da der Krebs der Gesellschaft mehr schmerzt als der in ihrer Brust.

    Und obwohl „Zusammenkunft“ so kurz wie eine Novelle erscheint, so steckt auf den 113 Seiten mehr als in manchem 400 Seiten-Roman. Mehr Inhalt, mehr Tiefe, mehr Gewicht. Es ist schnell gelesen. Aber vorbei ist es damit noch lange nicht. Achtet auf den Nachhall – und nehmt etwas davon mit in euer Verhalten!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Frederike Z., 14.02.2022 bei bewertet

    "Sie ist da. Angst. Jeden Tag ist eine Möglichkeit, es zu versauen, jede Entscheidung, jedes Meeting. Es gibt keinen Erfolg, nur das vorläufige Abwenden des Versagens. Angst. Vom Vibrieren und Klingeln meines Weckers, bis ich mich wieder schlafen lege. Angst." (S. 37)

    Aufsteigen, nach oben kommen, Teil der sozialen Oberschicht sein – das war schon immer ihr Ziel. Das Ziel der jungen Frau, der Kampf all der Menschen vor ihr. Doch was ihr fehlt, sind Geld und Kontakte, für sie gibt es keinen ‚easy way up‘, denn sie ist Schwarz. Und als Schwarze Frau muss sie für alles und gegen alles kämpfen: für Anerkennung, für Respekt; gegen die abschätzigen Blicke, gegen die Vorurteile, gegen die Gesellschaft. Doch all ihre Anstrengungen, die Jahre der Ungewissheit haben sich ausgezahlt: Sie ist Teil des Londoner Finanzwesens, wird befördert und von ihrem reichen, weißen Freund bei einer Gartenparty offiziell in die Familie eingeführt. Es scheint alles perfekt – wenn da nicht diese Sache wäre, die alles andere plötzlich unwichtig erscheinen lässt, denn lohnt es sich noch zu kämpfen?

    Wir leben in einer Welt, in der gesellschaftlicher Status, Reich- und Besitztümer, Hautfarbe und Herkunft über unser Leben und unser Handeln entscheiden, über Sieg und Niederlage. In ihrem Debütroman „Zusammenkunft“ (OT: Assembly, aus dem Englischen von Jackie Thomae) erzählt Natasha Brown von Misogynie und Rassismus, von Herkunft und unendlichem Schmerz, der aus all diesen Dingen resultiert. Mit schneidender Klarheit und einzigartigem Stil seziert sie, welche Auswirkungen der seit Jahrhunderten in der Gesellschaft verankerte Rassismus auf das Leben der jungen Frau hat: All ihre Erfolge, all ihre Niederlagen scheinen mit ihrer Hautfarbe verbunden, sei es die Beförderung, um eine Diversitätsquote zu erfüllen, weil „Frau und Schwarz“, oder die Beziehung zu ihrem Freund, der in seiner weißen, altreichen und privilegierten Welt den Status des wertfreien Kosmopoliten innehat. Sie ist sich dessen bewusst und stellt sich ihr Leben immer wieder in Frage: Wozu all die Anstrengung, wenn es, wenn sie eh nie genug sein wird? Da scheint es Schicksal zu sein, dass sie sich gegen alle weiteren Kämpfe stellt, die die Diagnose ihrer Ärztin bedeuten würden – und für ihre allmähliche, schmerzhafte Transzendenz.

    „Zusammenkunft“ ist ein Kunstwerk, ein literarisches Stakkato, das mit kurzen, kräftigen Schlägen all die Ungerechtigkeiten herausschreit. Sie sind der Soundtrack für die Metaphern, die ihr sprachliches Genie sichtbar machen, und die Bilder, die sie beschreibt. Natasha Brown beweist, dass es nicht vieler Worte bedarf, um viel zu sagen – auf die Art und Weise kommt es an, und das zeigt sie mit ihrem Debüt eindrucksvoll. Was für ein Buch!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    steffi k., 27.01.2022

    Anspruchsvoll
    Bücher, die sich nicht sofort inhaltlich und sprachlich offenbaren sind anspruchsvoll , aber viel interessanter als flache Geschichtenerzählung.
    Ich bin mir sicher , dass die Meinungen der Probeleser sehr auseinander gehen werden, denn das Debüt von Natasha Brown ist wirklich ungewöhnlich und schwierig für Leser, die gerne linearen Handlungssträngen folgen.
    Ich habe mich gerne auf dieses Buch eingelassen, denn es ist außerordentlich klug, auch wenn es uns mit vielen ungeliebten , verdrängten Wahrheiten konfrontiert. Vor uns haben wir ein Werk, das zwar handlich mit nur reichlich 100 Seiten scheint , aber definitiv kein Buch für einen gemütlichen Nachmittag ist.
    Natasha Brown schildert das Leben einer schwarzen britischen Frau , gefangen zwischen gelungenem sozialen Aufstieg und beginnender Krankheit. Maßgebend sind aber der alltägliche Rassismus und Sexismus.
    Die Erzählerin findet sich wieder in einer Atmosphäre von verdrängtem Kolonialismus, kapitalistischer Ausbeutung und täglichem Mobbing. Alles macht sich fest an ihrer Hautfarbe, die ihr sogar als Vorteil dargestellt wird; der aktuellen "Diversitätswelle" hätte sie ihre Karriere zu verdanken.

    Der Erzählstil der Autorin ist äußerst ungewöhnlich, Orten und Gedanken wechseln oft lediglich fragmentartig dargestellt, manchmal glaubt man Gedichte zu lesen.
    Ein glückliches Ende wird nicht geboten, das Ende ist überhaupt offen. Wer genau schaut , merkt , dass nach den Anmerkungen ,die letzten 5 Doppelseiten leer sind!
    Das verstehe ich als eine Anregung zum Nachdenken und Reflektieren über Möglichkeiten und Notwendigkeiten. Was ist Selbstbestimmung? Wer kann sich die leisten? Was ist der Unterschied zwischen Geld und Vermögen?
    Viele interessante Fragen , auf die uns dieses beeindruckende Debüt schonungslos stößt.
    „Zusammenkunft“ ist ein ungewöhnlicher Zugang zur Literatur mit dem Thema Alltagsdiskriminierung , der sicher polarisiert.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    iGirl, 15.03.2022 bei bewertet

    Geschichte einer verletzten Seele

    Natasha Brown kannte ich bisher nicht, bin aber überzeugt davon, dass man von ihr noch einiges hören wird. Bereits zu Beginn der Geschichte spuckt sie uns Sätze entgegen, die ihre gefühlte Erniedrigung und ihren Ekel transportieren. Reflektiert und detailliert schildert 'sie', die Protagonistin, ihre verwirrende, verstörende und schonungslose Gedankenwelt. Sie hat sich nach oben gekämpft, ist intelligent und erfolgreich und sieht sich dennoch konfrontiert mit abschätzigen Bemerkungen und 'männlichem' Verhalten ihrer Kollegen zu ihrem 'Schwarzsein' und 'Frausein'. Sie ist eine Meisterin der Verdrängung, sogar ihrer Krankheit, dem Krebs - doch zu welchem Preis? Sie schafft es mit 'ihm, dem Sohn' in den Olymp der besitzenden Weißen aufzusteigen und teilnehmen zu dürfen an der Zusammenkunft. Doch will sie das alles wirklich?

    Das Buch ist ungewöhnlich geschrieben, fordert mich als Lesende zu hoher Konzentration, um den Gedankenfetzen folgen zu können und doch bleibt für mich vieles offen. Einerseits finde ich das schade, andererseits bietet es viel Raum für meine eigene Interpretation. Ich hatte das Gefühl im Kopf von 'ihr', der Protagonistin, zu sitzen und dort jedes Wort, direkt an mich gerichtet, aufzunehmen. Insgesamt ist 'Zusammenkunft' ein bedrückender, aber auf alle Fälle lesenswerter Roman, zu einem höchst aktuellen Thema unserer Zeit, betrachtet durch die Augen einer betroffenen schwarzen Frau.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sabine M., 24.02.2022 bei bewertet

    Natasha Brown hat mit ihrem kurzen Roman ein einzigartiges Kunstwerk geschaffen. Noch nie habe ich ein ähnliches Buch gelesen. Mit einem ungewöhnlichen, knappen und präzisen Schreibstil, der gleichzeitig verblüfft und schockiert, erzählt sie uns die Geschichte einer jungen, schwarzen Frau, die ihr ganzes Leben um Anerkennung und Gleichberechtigung kämpft. Die einfach nur dazu gehören möchte, auch wenn sie im falschen Geschlecht und in der falschen Hautfarbe geboren wurde. Die dann, als sie endlich erreicht hat, was sie möchte, auch noch mit einer schrecklichen Diagnose konfrontiert wird.

    Sich mit ihr zu identifizieren ist einfach für mich, obwohl ich zwar nie mit Rassismus kämpfen musste, aber als Frau natürlich oft genug Sexismus und Ungerechtigkeiten erfahren habe. Und auch wenn das Buch nur knappe 113 Seiten umfasst und schnell gelesen ist, lässt es mich atemlos und wütend zurück. Die Autorin braucht nicht viele Worte, um das ganze Elend zu beschreiben. Aber die, die sie verwendet, sind äußerst geschickt gewählt. Sie peitscht sie förmlich heraus und trifft mühelos Punkt für Punkt. Trifft mit einer gnadenlosen Härte, so dass es fast weh tut und den Leser zum Nachdenken bringt. Wir haben zwar erst Ende Februar, aber der Roman gehört jetzt schon zu meinen diesjährigen Highlights und ich kann ihn nur jedem ans Herz legen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kaffeeelse, 13.11.2022

    Natasha Brown ist mit ihrem Buch "Zusammenkunft" ein intensiver und auch poetischer Blick auf eine Ausgegrenzte und auf die Folgen des Ausgrenzens gelungen. In einem sehr eigenen und auch recht verknappten Schreibstil schildert Natasha Brown ihren Blick auf unsere von der Gier beherrschte Gesellschaft, blickt hier auf Großbritannien. Doch sehe ich dieses Land nur als ein Beispiel an und beziehe dieses Buch auf unsere ganze westliche Welt. Unsere ach so heilige Welt. Unsere scheinheilige Welt.

    Nur wer etwas leistet, bekommt etwas. Und dies tut die Protagonistin. Sie leistet viel. Sie leistet und leistet und leistet. Diese schwarze Frau in unserer weißen Welt. Eine schwarze Frau in unserer patriarchalen Welt. Die Vorzeige-Frau. Die Vorzeige-Schwarze. Einen Freund aus einer der uralten reichen Familien des Landes. Einer weißen reichen Familie. Und sie eine Schwarze. Wen heiratet sie da? Und wen sehen ihre baldigen Familienangehörigen?

    Das ganze Buch besteht aus vielen klugen und auch richtigen Gedanken. Doch dennoch wirkt es auch etwas einseitig in seinem negativen Blick. Dies ist sicher so gewollt. Denn diese Gedanken haben ja auch ihre Berechtigung und ihren Sinn. Doch etwas weniger hätte mir hier besser gefallen. Denn dieses etwas einseitige, diese ganzen verschiedenen Thematiken empfand ich insgesamt betrachtet als etwas zu viel des Guten. Und durch dieses zu viel des Guten schleicht sich leider auch ein Hauch von Ungläubigkeit mit ein. Und dies schadet der Thematik und dem Buch in meinen Augen. Das etwas offen gelassene Ende wertet diesen Kanon des Negativen wieder etwas in meinen Augen auf. Und trotz meiner Kritik empfinde ich das Buch ja dennoch als ein gutes und richtiges und wichtiges Buch. Denn Nachdenken lohnt sich ja bekanntlich immer!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    büchernarr, 30.01.2022

    Eine brillante, wilde und leidenschaftliche Debütnovelle, die ich als privilegierte weisse Frau sehr schwierig bewerten kann. Ich kann durchaus verstehen, warum manche meinten, es hätte das erste Buch auf der Booker Liste sein sollen, aber ich vermute, dass es zu kurz war – das Buch ist in weniger als ein paar Stunden zu lesen. Aber die Wirkung ist überwältigend, denn die Protagonistin betont die vernichtenden Auswirkungen von Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Kapitalismus und Klasse und wie sie trotz ihrer sozialen Mobilität – Universität, Job in der Stadt, eigene Wohnung – mit ihren eigenen Bedürfnisse umgeht.
    Browns Erzählerin, mit der sie viele biografische Details teilt, ist eine grosse Leistungsträgerin, von der erwartet wird, dass sie verkörpert, was jungen schwarzen Frauen in der angeblich fairen britischen Gesellschaft möglich ist. Die Schlussfolgerung, die sie zieht, ist logisch und verheerend zugleich. Das Buch hat mehr Wirkung als viele Bücher, die drei- oder viermal so lang sind – ein Buch, das sich mit roher Gewalt auf den Leser stürzt.

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  • 3 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kristall, 21.04.2022

    Klappentext:

    „Nach oben kommen. Das war immer der Plan. Seit Jahrhunderten. Dafür hat sie, dafür haben alle vor ihr gekämpft. Und als Schwarze Frau stand ihr letztlich nur ein Weg offen: Völlige Verausgabung, Oxbridge, Londoner Hochfinanz, ein Freund mit Geld so alt und dreckig wie das Empire. Doch als sie endlich eingeladen wird, Mitglied einer Familie, Angehörige einer Klasse, Teil eines Landes zu werden, muss sie am eigenen Körper erfahren, dass die erlittenen Ungerechtigkeiten tiefere Wurzeln geschlagen haben. Wie kann sie sich retten? Wie mit dem Erbe der Geschichte leben?“



    Autorin Natasha Brown hat mit „Zusammenkunft“ einen speziellen Roman verfasst. Ich konnte mich von Beginn an nicht richtig mit ihm anfreunden aber aufgeben mit lesen war ebenfalls keine Option. Ihre Geschichte rund um die namenlose Erzählerin hat ein gewisses Flair, eine gewisse Distanz, man weiß als Leser nicht so recht was man von der Protagonistin halten soll, wie man sie einschätzen soll. Wie schon gesagt, speziell eben. Brown spricht in ihrem kurzen Roman viele Themen an die die Menschen alle zusammen bewegen. Es geht um Werte, Rassismus uvm. aber ganz eindringlich eben auch um die Einstellung zu sich selbst. Sie verwebt viele Parts gekonnt aber dennoch bleiben sie am Leser nicht richtig haften. Vieles scheint als Klischee, aber ist es doch in der Realität normal. Jeder von uns hat schonmal etwas erlebt was auch unsere Protagonistin erlebt hat. Egal ob man Weiß oder Schwarz ist. Diese Geschichte bietet mit ihrem besonderen Schreibstil viel Denkpotential. Jeder Leser wird hier seine eigene Sicht haben und sich eine eigene Meinung bilden. In diesem Fall ist der Titel „Zusammenkunft“ treffend gewählt. Wir alle haben die gleichen Probleme…oder doch nicht?! Jeder macht daraus genau das was er daraus machen will. Diese Geschichte ist eine Art Zusammenkunft aber so richtig konnte ich mich nicht integrieren. Die Geschichte ist weder Fisch noch Fleisch für mich. Sie ist nicht schlecht aber auch nicht herausragend oder gar eine literarische Sensation wie überall angepriesen. Ich vergebe gute 3 von 5 Sterne aber mehr ist beim besten Willen nicht drin.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Alina, 18.01.2022

    Unbequemes, scharfsinniges Debüt einer wichtigen neuen Stimme

    Die namenlose, schwarze Protagonistin in Natasha Brown’s „Zusammenkunft“ steht kurz davor, alles zu erreichen, wofür sie immer gearbeitet hat. Studium in Oxbridge, Eigentumswohnung in London, eine weitere Beförderung in ihrem prestigeträchtigen Bankjob - und nun die Einladung zu einer Gartenparty auf dem Familienanwesen ihres vermögenden, weißen Freundes vor - ein weiterer Weg in das weiße Establishment des alten Geldes.
    Doch dann wird bei der Protagonistin eine Krankheit diagnostiziert, und ihr "Erfolg" fühlt sich plötzlich hohl an, sie ist desillusioniert von einer Karriere und einem Land, in dem sie täglich Rassismus und Sexismus ausgesetzt ist.

    Auf gerade einmal etwas mehr als 100 Seiten schildert Natasha Brown in einem berührendem Buch mit scharfen Blick das Leben und den sozialen sowie wirtschaftlichen Aufstieg einer schwarzen britischen Frau in einem Land, das seine koloniale Vergangenheit immer noch leugnet. Brown beleuchtet in flüchtigen, aber treffenden Fragmenten wie Rassismus das Leben der Erzählerin auf allen Ebenen beeinflusst und wie erschöpfend sich dies anfühlt: Ob sie auf der Straße offen beschimpft wird oder ihre Kollegen ihr suggerieren, ihre Beförderung habe sie der "Diversität" zu verdanken - keine Begegnung, keine Beziehung und kein Erfolg ist frei von Annahmen, die auf ihrer Hautfarbe beruhen.

    Der Erzählstil der Autorin ist ungewöhnlich, fast schon experimentell - der Text springt zwischen Orten und Gedanken, ist fragmentartig und teils bitterböse und sarkastisch.
    Eine prägnante, erschütternde Erzählung über Rassismus, Kolonialismus, Sklaverei, Kapitalismus, Sexismus und den damit verbundene alltäglichen Mikroaggressionen.
    Wer ein Fan von Büchern mit klaren, linearen Handlungssträngen und Auflösungen ist, wird hier eher nicht fündig. Dieses Buch ist umbequem und herausfordernd, es lädt ein zum Nachdenken und Reflektieren über Selbstbestimmung - hier wird kein „einfaches“ Ende geboten. „Zusammenkunft“ ist ein kurzes, aber starkes und beeindruckendes Debüt einer spannenden neuen Autorin, auf die ich auch in Zukunft sehr neugierig bin - absolute Leseempfehlung von mir!

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  • 2 Sterne

    Bücherfreundin, 29.04.2022

    Anstrengende Gesellschaftskritik
    Ich war sehr neugierig auf den Debütroman von Natasha Brown, da das 114 Seiten umfassende Buch überwiegend positiv besprochen wurde und in England als das erfolgreichste literarische Debüt des Jahres 2021 bezeichnet wird. 

    Der Roman erzählt die Geschichte einer dunkelhäutigen Britin jamaikanischer Herkunft, die aus sehr einfachen Verhältnissen stammt. Mit viel Ehrgeiz und Fleiß hat sie es zur erfolgreichen Investmentbankerin gebracht. Nahezu täglich ist sie Rassismus und Sexismus ausgesetzt.

    Die namenlose Ich-Erzählerin bereitet sich auf ein Gartenfest der Eltern ihres wohlhabenden weißen Freundes vor und lässt währenddessen ihren Gedanken freien Lauf. Einen Schwerpunkt dabei bildet die Auseinandersetzung mit einem gesundheitlichen Problem. Sie ist an Krebs erkrankt und muss wichtige Entscheidungen treffen. 

    Der unzusammenhängende und verwirrende Stil des Buches hat mich nicht begeistert. Ohne Zweifel ist "Zusammenkunft" ein scharfsinniger Roman mit einem sehr wichtigen Thema, der mich allerdings nicht in seinen Bann ziehen konnte. Die Protagonistin ist mir fremd geblieben und hat mich emotional nicht berührt.

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  • 5 Sterne

    Frau M. aus M., 02.02.2022

    Öffne deine Augen
    Das Buch "Zusammenkunft" von Natasha Brown will nicht unbedingt gefallen. Es will auch nicht unbedingt unterhalten. Vielmehr möchte es etwas mitteilen. Der Roman gibt ein Spotlight auf den jetzigen Stand der britischen Gesellschaft viele Jahre nach dem Ende der Kolonialgeschichte des Landes. Die Protagonistin, deren Namen wir nicht erfahren, hat jamaikanische Wurzeln. Trotz aller HIndernisse und Anfeindungen wegen ihres Geschlechts und ihrer Hautfarbe/Abstammung ist sie sehr erfolgreich in der Finanzbranche. Aber glücklich kann sie damit nicht sein. "Ich bin alles, was man mir befohlen hat zu werden. Es reicht nicht." Um sich zu schützen, spaltet sie sich ab und betrachtet die Dinge, als würden sie jemand anderem passieren. Mit diesem Blickwinkel ist der ganze Roman verfasst. Mit ihrem Freund, den sie nur, den "Sohn" nennt, verbindet sie eine "Intimität auf Distanz". Die Geschichte macht deutlich, dass die alten kolonialistischen Strukturen so mächtig sind, dass sie immernoch und bis auf weiteres Bestand haben. Die (ehemaligen) Sklaven können zwar gern mitmachen, jedoch stets zu den Bedingungen des Empires. Es bleibt eine Zusammenkunft ohne Integration. So bleibt der Heldin nur übrig, sich zu verbiegen. "Ich tauschte mein Leben ein gegen ein Scheibchen Mittelklassekomfort." Da es schon seit Generationen so geht, ist die alte Kultur, die alte Heimat verloren, die neue Heimat und Kultur lässt jedoch keinen Raum. Durch die Geschichte zieht sich die Krebserkrankung der Heldin, die sie sehr beschäftigt. Sie wird als möglicher Fluchtweg aus dem Zwang zur Mittäterschaft in Erwägung gezogen.
    "Zusammenkunft" ist ein sehr bitteres Buch. Ich finde es so wichtig, den Menschen mit kolonialistischem Migrationshintergrund in GB eine Stimme zu verleihen. Ich bin begeistert von der direkten und sehr bildhaften Sprache.

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  • 5 Sterne

    iGirl, 27.01.2022

    Geschichte einer verletzten Seele

    Natasha Brown kannte ich bisher nicht, bin aber überzeugt davon, dass man von ihr noch einiges hören wird. Bereits zu Beginn der Geschichte spuckt sie uns Sätze entgegen, die ihre gefühlte Erniedrigung und ihren Ekel transportieren. Reflektiert und detailliert schildert 'sie', die Protagonistin, ihre verwirrende, verstörende und schonungslose Gedankenwelt. Sie hat sich nach oben gekämpft, ist intelligent und erfolgreich und sieht sich dennoch konfrontiert mit abschätzigen Bemerkungen und 'männlichem' Verhalten ihrer Kollegen zu ihrem 'Schwarzsein' und 'Frausein'. Sie ist eine Meisterin der Verdrängung, sogar ihrer Krankheit, dem Krebs - doch zu welchem Preis? Sie schafft es mit 'ihm, dem Sohn' in den Olymp der besitzenden Weißen aufzusteigen und teilnehmen zu dürfen an der Zusammenkunft. Doch will sie das alles wirklich?

    Das Buch ist ungewöhnlich geschrieben, fordert mich als Lesende zu hoher Konzentration, um den Gedankenfetzen folgen zu können und doch bleibt für mich vieles offen. Einerseits finde ich das schade, andererseits bietet es viel Raum für meine eigene Interpretation. Ich hatte das Gefühl im Kopf von 'ihr', der Protagonistin, zu sitzen und dort jedes Wort, direkt an mich gerichtet, aufzunehmen. Insgesamt ist 'Zusammenkunft' ein bedrückender, aber auf alle Fälle lesenswerter Roman, zu einem höchst aktuellen Thema unserer Zeit, betrachtet durch die Augen einer betroffenen schwarzen Frau.

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  • 5 Sterne

    Sabine M., 24.02.2022

    Natasha Brown hat mit ihrem kurzen Roman ein einzigartiges Kunstwerk geschaffen. Noch nie habe ich ein ähnliches Buch gelesen. Mit einem ungewöhnlichen, knappen und präzisen Schreibstil, der gleichzeitig verblüfft und schockiert, erzählt sie uns die Geschichte einer jungen, schwarzen Frau, die ihr ganzes Leben um Anerkennung und Gleichberechtigung kämpft. Die einfach nur dazu gehören möchte, auch wenn sie im falschen Geschlecht und in der falschen Hautfarbe geboren wurde. Die dann, als sie endlich erreicht hat, was sie möchte, auch noch mit einer schrecklichen Diagnose konfrontiert wird.

    Sich mit ihr zu identifizieren ist einfach für mich, obwohl ich zwar nie mit Rassismus kämpfen musste, aber als Frau natürlich oft genug Sexismus und Ungerechtigkeiten erfahren habe. Und auch wenn das Buch nur knappe 113 Seiten umfasst und schnell gelesen ist, lässt es mich atemlos und wütend zurück. Die Autorin braucht nicht viele Worte, um das ganze Elend zu beschreiben. Aber die, die sie verwendet, sind äußerst geschickt gewählt. Sie peitscht sie förmlich heraus und trifft mühelos Punkt für Punkt. Trifft mit einer gnadenlosen Härte, so dass es fast weh tut und den Leser zum Nachdenken bringt. Wir haben zwar erst Ende Februar, aber der Roman gehört jetzt schon zu meinen diesjährigen Highlights und ich kann ihn nur jedem ans Herz legen.

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  • 5 Sterne

    Isabell R., 24.03.2022 bei bewertet

    Starkes Debüt über Rassismus, Seximus und Leistungsgesellschaft - eine brilliante Gesellschaftskritik
    In «Zusammenkunft» (im Original: Asseemby; übersetzt ins Deutsche von Jackie Thomae) analysiert und kritisiert die Autorin Natasha Brown in erzählerischen Handlungsfragmenten den Rassismus, Sexismus und den enormen Leistungsdruck in der britischen Gesellschaft und insbesondere der Upper Class. Die namenlose Ich-Erzählerin ist schwarz und hat sich ihre Führungsposition in einem Finanzdienstleistungsunternehmen nach ihrem Oxford-Studium hart erarbeitet. Oberflächlich scheint alles gut zu laufen im Job, mit der eigenen Wohnung in London, in der Partnerschaft mit ihrem Upper-Class Freund und dessen Familie. Dennoch zeigen die geschilderten Gedanken der Protagonistin ganz pointiert, was alles nicht gut läuft und wie stark der hohe Leistungsdruck und die Diskrimmierungen belasten und welchem psychischen Druck und Belästigung sie dadurch ausgesetzt ist. Dies zeigt sich vor allem in ihrem Umgang mit dem bei Ihr diagnostizierten Krebs.

    In kurzen Szenen und brilliant formuliert gelingt es Natasha Brown den allgegenwärtigen Rassismus, Seximus und Leistungsdruck herauszustellen und pointiert zu kritisieren. Ein starkes Debüt, das es auf wenigen Seiten schafft, viel Emotion und gerechtfertigte Kritik zu transportieren!

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  • 5 Sterne

    Mareen K., 15.02.2022

    „Zusammenkunft“ gilt im UK als erfolgreichstes literarische Debüt des vergangenen Jahres. Meiner Meinung nach absolut verständlich. Warum?
    Natasha Brown gelingt es, sich authentisch und sprachlich überzeugend mit Themen wie Diskriminierung und Rassismus auseinanderzusetzen, die in meiner Wahrnehmung in letzter häufiger in Romanen, aber bei weitem nicht so überzeugend und ausdrucksstark, aufgegriffen worden sind. Wer das schmale Büchlein mit seinen 113 Seiten und seinem grellen Cover sieht, mag zunächst von einem launigen, kurzweiligen Leseerlebnis ausgehen – doch weit gefehlt! Schon die ersten Seiten haben es in sich und sind auch sprachlich durchaus anspruchsvoll. Natasha Brown erzählt die Geschichte einer jungen, dunkelhäutigen Frau, die es durch ihren eigenen Aufstiegswillen beruflich Karriere in einer Bank in London macht. In dieser von Männern dominierten Welt der Hochfinanz hat sie es nicht leicht. Denn trotz ihrer Mühe, in diese Welt aufzusteigen, wird ihr doch permanent deutlich gemacht, dass sie dort eigentlich nicht hingehört. Davon dass hier viel autobiographisches eingeflossen ist, kann man ausgehen. Dies macht den Roman sehr authentisch und eindringlich. Eine klare Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    Jessi, 18.01.2022

    Ich bin zu tiefst beeindruckt. Toller Einband. Liegt gut in der Hand. Etwas dünn aber das ist okay. Ein (inhaltlich) schweres Buch leicht geschrieben. Was ich damit meine ist: Das Thema, um das es sich dreht, ist keins was so leicht hingenommen werden kann. Das Buch ist sehr tiefgründig. Regt einen selber zum Nachdenken an und zum Einfühlen. Mit 'leicht geschrieben' meine ich, schön geschrieben. Es liest sich wie ein Gedicht. Es ist voll mit Metaphern und Wortspielen und solchen Dingen. Einfach wunderschön. Es hat mir wirklich sehr gefallen. Ich finde es inspirierend. Ich finde es gut. Seit langem mal wieder ein wirklich wirklich gutes Buch. Von vorne bis hinten. Aber vielleicht etwas kurz. Ich hätte gern mehr gelesen. Aber das ist halt so. Das Buch mit seinen knapp über 100 Seiten ist wirklich etwas kurz, aber das schmälert nicht die Schönheit des Textes. Manchmal ist weniger mehr. Nur leider ist wenig, wenn es einem gefällt trotzdem wenig, wenn man gern mehr hätte. Ich kann das Buch auf jeden Fall allen weiterempfehlen! Es ist für Jedermann und Jederfrau und da es so kurz ist auch für lesefaule Menschen. Ein Blick in Buch wird man auf keinen Fall bereuen.

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  • 5 Sterne

    wortmelodie, 29.01.2022

    "Zusammenkunft" ist ein Buch, das man nicht "mal eben zwischendurch" liest. Es verlangt Aufmerksamkeit und Konzentration vom Leser, doch dafür wird man von Autorin Natasha Brown mit einem fast schon poetischen Schreibstil belohnt. In kleinen Fragmenten erzählt sie die Geschichte einer schwarzen Frau in Großbritannien, so komprimiert und verdichtet, dass auf den 114 Seiten wirklich nur das Nötigste erzählt wird.
    Natasha Brown greift dabei dennoch auf eine tiefgründige Art und Weise schwerwiegende Themen wie Rassismus und Sexismus auf, die subtil, aber dennoch in schonungsloser Ehrlichkeit von der Protagonistin geschildert werden. Dabei werden auch immer wieder Fragen aufgeworfen, die in einem größeren gesellschaftlichen, historischen oder politischen Zusammenhang stehen und den Leser zum Nachdenken anregen. Somit bleibt das Buch lange im Gedächtnis und "hallt nach", wenn man sich darauf einlässt.

    Insgesamt ist Natasha Brown hier ein ganz wunderbares, großes Debüt gelungen, das ich jedem, der sich mit dem Thema Rassismus und Sexismus auseinandersetzen möchte, nur wärmstens empfehlen kann!

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  • 5 Sterne

    Melanie B., 30.01.2022

    Tiefgründig
    Das Cover erscheint sehr geradlinig und zugleich auch etwas rätselhaft. Wie steht es mit dem Titel im Zusammenhang und vor allem mit dem Inhalt des Buches? Der Titel ist vielleicht noch naheliegend, aber der Inhalt ist nicht mal annährend so geordnet und geradlinig, auch nicht so einseitig, auch wenn die Ich-Erzählerin hier ganz klar aus ihrer Perspektive berichtet. Dabei läuft die Zeit schon weiter, aber es kommt in ihrer Erzählung, ja z.T. einer regelrechten Anklage gleich, immer wieder zu diversen Rückblenden. Des weiteren ist ihr Bericht nicht eindimensional, da verschiedene Themen aufgegriffen werden. Hier passt der Titel perfekt, auch wenn es bei der Zusammenkunft wohl um die Gartenparty geht, aufgrund derer sie sich diese Gedanken macht, denn hier kommen die Themen zusammen, werden gekonnt miteinander verwoben und es wird deutlich, warum Rassismus, Leistungsdruck in der Gesellschaft, Krankheit, Erfolg, Geschlechterrolle und die imperialistische Geschichte für die Erzählerin im Hinblick auf die Zusammenkunft so bedeutend sind.

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  • 5 Sterne

    Silvia L., 14.02.2022

    Das Cover gefiel mir zunächst gut, es ist irgendwie abstrakt, aber auch ein wenig vintagemäßig und auf jeden Fall auffällig und cool.
    Die Geschichte dreht sich um eine namenlose, dunkelhäutige Frau. Sie stammt von jamaikanischen Einwanderern ab und hat sich im Finanzsektor Londons wahnsinnig zäh hochgearbeitet. Aber ihr Herkunftshintergrund und ihre Hautfarbe gestalten das Leben immer wieder schwieriger und stellen die Frau vor neue Herausforderungen.
    Das Buch ist sehr kurz, aber die Autorin schafft es dennoch hier alles zu vermitteln, was ihr wichtig ist. Angst um die Karriere, demütigendes Verhalten ihr gegenüber, Wut und weitere verwirrende Gefühle. Die Protagonistin führt kein einfaches Leben und muss sich immer wieder behaupten.
    Auch der Sprach- und Schreibstil ist ungewöhnlich. Manche Passagen sind kurz, abstrakter und fetzenhaft. Das ist anfangs durchaus ungewohnt, aber nach ein paar Seiten sehr spannend und lesenswert!

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  • 4 Sterne

    Natascha B., 14.02.2022

    Die Ich-Erzählerin in Natasha Browns „Zusammenkunft“ ist zwar Protagonistin des Romans, aber, wie es scheint, nicht mehr die ihres eigenen Lebens. Ihre Familie stammt aus Jamaica, sie ist in sehr einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Aber sie hat es geschafft: Der perfekte Abschluss an einer renommierten Uni, die Beförderung, ein reicher Freund. Sie ist Bankerin und sitzt in einem Büro mit Glasfront und drei Monitoren, besitzt eine teure Eigentumswohnung in London. Stets ist sie bemüht, sich anzupassen, die „richtige Art“ von Diversität zu verkörpern, wie ihr Chef es nennt.
    „Der Druck ist immer da. Pass dich an, pass dich an … Lös dich auf im Schmelztiegel. Und dann fließ raus, gieß dich in die Form. Verbieg deine Knochen, bis sie splittern und knacken und die hineinpasst. Press dich in ihre Schablone. Pass dich an.“
    Diese Anpassung geht bis zur Entmenschlichung. Sie dissoziiert, hat kaum noch Zugang zu ihren eigenen Gefühlen. Als sie eine schreckliche Diagnose bekommt, sieht sie diese sogar als Ausweg aus einem Leben, mit dem sie sich nicht mehr identifizieren kann.
    Ihrem weißen Freund und dessen Familie gegenüber spielt sie weiter die Rolle, die von ihr erwartet wird, hört sich von männlichen Kollegen an, dass sie ihre jetzige Position auf Grund ihres Schwarz seins und nicht wegen ihrer Qualifikationen bekommen hätte.
    Trotz seiner Kürze hat der Roman eine unwahrscheinliche Kraft. Ein wenig hat er sich für mich angefühlt, wie ein Schlag in die Magengrube. Die pointierte, ausdrucksstarke Sprache braucht oft nur einen Satz, um ein Gefühl, eine Szene perfekt einzufangen. Sehr klar arbeitet Brown heraus, wie eine junge Schwarze Frau, in einem Umfeld, das sich mit der eigenen Toleranz brüstet, zugrunde geht. Und das, obwohl sie ihren Kollegen, ihrem Freund und dessen Familie überlegen ist. Die Anpassung, die von ihr gefordert wird, führt letzten Endes zur Selbstauslöschung. Eine große Empfehlung von mir.

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